GEW Berlin zu Förder-Aus für "Sprach-Kitas" - "Kindern werden wichtige Entwicklungschancen genommen"

Mo 01.08.22 | 15:27 Uhr
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Eine Erzieherin liest den Kindern eine Geschichte vor. (Quelle: dpa/Jens Büttner)
Bild: dpa/Jens Büttner

"Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist": Unter diesem Titel finanziert der Bund seit sechs Jahren zusätzliches Personal für Sprachförderung an Kitas. Nun will er sich aus der Finanzierung zurückziehen, die Länder sollen übernehmen. Das stößt auf Kritik - auch bei der Berliner Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW).

In einer Mitteilung der GEW Berlin vom Montag hieß es, die Gewerkschaft blicke deshalb "mit großer Sorge auf den Start des neuen Kita-Jahrs". Sie kritisierte die Bundesregierung, die im Koalitionsvertrag zugesichert hatte, "die Bildungsausgaben zu erhöhen und das Bundesprogramm 'Sprach-Kitas' zu verstetigen".

Jede achte deutschlandweit ist eine "Sprach-Kita"

Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie und der vielen geflüchteten Kinder aus der Ukraine hatten bereits Mitte Juli Bildungsgewerkschaften an das Familienministerium appelliert, das Förderprogramm weiterzuführen. Der Bund finanziert mit diesem Programm seit 2016 zusätzliches Personal an Kitas zur Sprachentwicklung. Gefördert werden vor allem Einrichtungen mit vielen Kindern mit Sprachförderbedarf.

Mit dem Aus für die "Sprach-Kitas" würden "Kindern schon beim Start in ihrer ersten Bildungseinrichtung wichtige Entwicklungschancen genommen", beklagte Christiane Weißhoff, die Leiterin des Vorstandsbereichs Kinder-, Jugendhilfe und Sozialarbeit der GEW Berlin, in der Mitteilung vom Montag. "Dabei haben Kinder ein Recht auf Bildung von Anfang an."

Nach Regierungsangaben werden mit dem Geld aus dem Förderprogramm derzeit etwa 8.000 halbe Stellen für Sprachbildung und Beratung an den Kitas fianziert. Im laufenden Jahr sind dafür Kosten von 248 Millionen Euro veranschlagt. Etwa jede achte der bundesweit rund 58.500 Einrichtungen ist den Angaben zufolge eine Sprach-Kita.

In Berlin nehmen mehr als 300 Kitas am Föderprogramm teil, vor allem in sogenannten Brennpunktvierteln. Die GEW Berlin fordert vom Senat eine "verbindliche Verstetigung von finanziellen Mitteln im Landeshaushalt für die Weiterführung der Sprachförderung".

Bund: Kitas sind Ländersache

Das Bundesfamilienministerium wies die Kritik am Ende der "Sprach-Kitas" zurück. Das Programm sei von Anfang an als befristetes Modellprojekt gedacht gewesen, hieß es zur Begründung. Die Zuständigkeit für Kitas liege bei den Ländern, sagte eine Sprecherin des Ministeriums. Sie verwies außerdem auf das Gute-Kita-Gesetz, das ursprünglich nur bis Ende dieses Jahres laufen sollte. Hier hat sich der Bund zu einer Verlängerung entschlossen und wird auch in den kommenden Jahren 2023 und 2024 jeweils bis zu zwei Milliarden Euro bereitstellen.

Das Geld können die Länder zum Beispiel in mehr Erzieherstellen, eine bessere Bezahlung des Personals, längere Öffnungszeiten für Kitas oder auch in die Neugestaltung von Räumen und Spielflächen investieren. Der Ministeriumssprecherin zufolge können die Mittel aber auch für die Fortführung des Sprach-Kita-Programmes genutzt werden. "Es liegt an den Ländern, welche Priorität sie im Bereich der frühkindlichen Bildung setzen und ob sie die Sprachförderung streichen oder nicht."

Das "Gute-Kita-Gesetz", wie es die einstige Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) getauft hatte, soll nach den Plänen der Ampel-Koalition bis zum Ende der Legislaturperiode zu einem "Qualitätsentwicklungsgesetz" weiterentwickelt werden. Die Sprachförderung soll dort nach Ministeriumsangaben ein zentrales Handlungsfeld sein.

Sendung: Inforadio, Nachrichten, 12.07.2022, 18:20 Uhr

2 Kommentare

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  1. 2.

    Die einzelne Bundesländer bestehen auf ihre Bildunghoheit, und jedes von ihnen verfährt nach belieben.
    Man braucht sich nur Berlin anzuschauen, vollmündig eine Bildungsoffensive versprochen, bald danach zurücgerudert und andere Prioritäten gesetzt.
    Tja, kein Wunder, dass der Bund die Finanzen jetzt da ausgibt, wo er darüber bestimmen kann, für das Ausgeben gibt es nun genug Bedürftige.

  2. 1.

    "...Chancen für Kinder, starke Familien und beste Bildung ein Leben lang...", "... Dazu stärken wir die frühkindliche Bildung...", "...Kinder verdienen beste Bildung. Jedes Kind soll die gleichen Chancen haben..."
    Koalitionsvertrag:
    https://www.bundesregierung.de/resource/blob/974430/1990812/04221173eef9a6720059cc353d759a2b/2021-12-10-koav2021-data.pdf?download=1

    Das sind nur einige Auszüge aus dem Koalitionsvertrag. Offensichtlich hat die Bundesregierung schon wieder vergessen, was die Ampel vollmundig vereinbart hat. Es ist eine Schande, dass man lieber große Konzerne hofiert und den Lobbyisten spielt, als da zu investieren, wo es tatsächlich sinnvoll ist: Bildung ist der Schlüssel zum Erfolg; und er fängt bei den Kleinsten an. Es war und ist ein Fehler, der FDP und ganz im Besonderen Hr. Lindner die Finanzpolitik zu überlassen!

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