Silvester-Krawalle - Berliner Polizei hat 102 Verfahren wegen Übergriffen auf Einsatzkräfte eingeleitet

Mo 09.01.23 | 17:04 Uhr
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Feuerwehrmänner löschen am 01.01.2023 an der Sonnenallee einen Reisebus, der von Unbekannten angezündet worden war. (Quelle: dpa/Paul Zinken)
Video: rbb24 Abendschau | 09.01.2023 | Boris Hermel | Bild: dpa/Paul Zinken

Die Berliner Silvesternacht beschäftigt nun das Abgeordnetenhaus. Während Innensenatorin Spranger über den Stand der Ermittlungen informiert hat, hat die CDU nach ihrer umstrittenen Forderung, Vornamen von Verdächtigen preiszugeben, nachgelegt.

  • erste Verfahren von der Polizei abgeschlossen und an die Staatsanwaltschaft übergeben
  • bereits rund 100 Uploads von Bildmaterial auf Hinweisportal der Polizei
  • Ermittler mit besonderer Begabung für Gesichtserkennung eingesetzt

Nach den Ausschreitungen in der Silvesternacht hat die Berliner Polizei erste Ermittlungen zu einigen Vorfällen beendet. Polizeipräsidentin Barbara Slowik teilte am Montag im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses mit, bis Freitag seien 22 Verfahren mit zehn Tatverdächtigen an die Staatsanwaltschaft übergeben worden.

Wegen Übergriffen auf Einsatzkräfte laufen nach Slowiks Angaben insgesamt 102 Verfahren: In 49 geht es um Übergriffe auf Polizeikräfte, in 53 auf die Feuerwehr.

Viele Videos und Bilder aus der Bevölkerung eingegangen

Zur Identifizierung der Tatverdächtigen wertet die Polizei unter anderem frei zugängliche Bilder und Videos aus dem Internet aus. Außerdem hat sie schon viele Rückmeldungen über ein Online-Hinweisportal zur Silvesternacht bekommen, das am 4. Januar eingerichtet wurde [be.hinweisportal.de]. Slowik berichtet, Bürgerinnen und Bürger hätten dort bisher rund 100 Datenpakete mit Bildern und Videos hochgeladen.

Um die enormen Mengen an Bildmaterial zu bewältigen und Tatverdächtige schnell zu identifizieren, setzt die Polizei nicht nur Software ein, sondern auch menschliche sogenannte Super-Recognizer, die eine besondere Begabung haben, Gesichter zu erkennen.

Silvester Krawalle

Slowik verteidigt Einsatzplanung der Polizei

Berlins Polizeipräsidentin hat im Innenausschuss auch die Einsatzplanung zur Silvesternacht verteidigt. Die Ausschreitungen und Angriffe auf Einsatzkräfte seien "so weder erwartbar noch prognostizierbar" gewesen, sagte Slowik.

Insgesamt hätten einschließlich Bundespolizei knapp 3.000 Einsatzkräfte zur Verfügung gestanden. Die Polizisten seien je nach Lage umgruppiert worden. Slowik wies auch Kritik zurück, dass ein bereit gehaltener Wasserwerfer nicht eingesetzt worden sei. Ein solcher Einsatz sei bei großen Menschenansammlungen sinnvoll, nicht aber bei kleineren Gruppen, die sich in Straßen schnell bewegten.

47 verletzte Beamte gezählt

Die Polizeipräsidentin schlüsselte zudem die Zahlen zu verletzten Beamten auf: Von 47 Verletzten seien 14 ambulant behandelt worden und fünf vom Dienst abgetreten. Besonders schwer seien die Verletzungen bei einem Beamten gewesen, den ein pyrotechnischer Artikel unter dem Helm getroffen habe. Ein weiterer habe einen unmittelbar aufgesetzten Schuss aus einer Schreckschusswaffe erlitten. Mit 31 Polizisten seien Gespräche zur psychischen Betreuung geführt worden.

Slowik wies auch Kritik daran zurück, dass alle 145 in der Silvesternacht festgenommenen Verdächtigen wieder auf freien Fuß gesetzt wurden. Es gebe nur sehr eingeschränkte Gründe für Gewahrsam, darunter Wiederholungsgefahr. Für die Anordnung einer Untersuchungshaft kämen nur drei Gründe infrage: Fluchtgefahr, Verdunklungsgefahr und die Schwere der Tat, was nur für "Schwerstverbrechen" gelte.

Frank Balzer, Innenpolitischer Sprecher der CDU im Abgeordnetenhaus warf der Landesregierung im Anschluss an die Sitzung mangelnden Aufklärungswillen vor. "Ein Großteil unserer Fragen zur Gewalt in der Silvesternacht blieb leider unbeantwortet", teilte er mit. Und weiter: "Es blieb unwidersprochen, dass es sich bei den Tätern fast ausschließlich um junge Männer mit Migrationshintergrund handelt."

Innenpolitiker der Fraktionen von SPD, Grünen und Linke warfen der CDU-Fraktion Populismus und Wahlkampf statt Interesse an sachlicher Aufklärung vor. Hintergrund ist ein Fragenkatalog für den Innenausschuss, in dem die CDU auch nach Vornamen von Tatverdächtigen mit deutscher Staatsangehörigkeit fragt. Die Diskussion um die Konsequenzen nach den Krawallen fällt mitten in den Berliner Wahlkampf für die Wiederholungswahl am 12. Februar.

Wegner will Täterkreis genau kennen

Der CDU-Landes- und Fraktionsvorsitzende Kai Wegner verteidigte dies erneut. "Ich halte es für ganz wichtig, den Täterkreis genau zu kennen. Das würde ich genauso sagen, wenn es Rechtsradikale oder Linksextreme wären", sagte er der "Welt".

"Es gibt Jugendliche, die hier geboren und aufgewachsen sind, einen deutschen Pass haben und sich trotzdem nicht dazugehörig fühlen, wo Integration nicht gelungen ist", wurde Wegner von der Zeitung zitiert. Je präziser man den Täterkreis benenne, desto effektiver könne man auch Präventionsangebote machen.

In der Silvesternacht waren in mehreren deutschen Städten Polizisten und Feuerwehrleute im Einsatz angegriffen worden, besonders heftig fielen die Attacken in Berlin aus. Auch in aus in einigen Orten in Brandenburg hatte es ähnliche Vorfälle gegeben. Polizei und Feuerwehr sprechen von einer neuen Intensität der Gewalt. Nach bisherigen Angaben sind bei der Polizei rund 40 Einsatzkräfte verletzt worden. Bei den Einsätzen der Feuerwehr seien 15 Retter verletzt worden, hieß es.

Sendung: rbb24 Inforadio, 09.01.2022, 06:20 Uhr

105 Kommentare

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  1. 105.

    Blödsinn. Wenn man solche Krawalle in Zukunft verhindern will, muß man die Problemgruppe kennen.
    Jeder Lehrer kennt auch seine Pappenheimer. Wenn er sie nicht kennt, will er sie kennenlernen.
    Hat nichts mit Rassismus zu tut.

  2. 103.

    Mit Rassisten und Rechtsextremen kann man nicht diskutieren, erst recht nicht respektvoll. Und wo Rechtsextreme mit 20 % und mehr gewählt werden ist die Integration (auch) gescheitert.

  3. 102.

    Bekanntlich hat der Versuch, die Silvesterkrawalle richtig einzuordnen, bereits zahlreiche journalistische Blüten hervorgebracht. Der Tagesspiegel etwa hatte behauptet, die „hohen Temperaturen“ an Silvester hätten die Randale „begünstigt“.
    Eva Quadbeck vom Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) ging im gestrigen Presseclub auf Phoenix aber noch einen Schritt weiter. Sie fledderte vor dem Fernsehpublikum eine seit den 2000ern beerdigte Debattenleiche und zerrte sie zurück auf den Diskurstisch der Bundesrepublik: Eine Erklärung für die Gewalt seien Videospiele.

  4. 101.

    Da bin ich ja mal gespannt auf die Urteile die da gesprochen werden und ob es denn auch noch so weit kommt.

  5. 100.

    "Gerade im FOCUS gelesen :38 Festgenommene,...", ja, steht auch im Tagesspiegel. Die Zahl von 145 Festgenommenen bezieht sich auf den gesamten Silvestertag, unabhängig von der vorgeworfenen Tat. Warum steht davon hier nichts, während selbst in der Abendschau von lediglich 37 Festgenommenen die Rede ist?

    Wenn von 37 oder 38 Randalierern nur die Minderheit Migranten sind, warum wird dann auch vom RBB hier eine aberwitzige "Migrationsdebatte" entfacht? Wegen vielleicht 15 Migranten? 15 Migranten von über 800.000 in Berlin.

    Warum redet niemand vom Alkoholkonsum in der Silvesternacht und über den Zusammenhang von sinnloser Sauferei und enthemmter Gewalt? Nicht doch etwa, weil Saufen Teil deutscher Leitkultur ist?

  6. 99.

    Das sehe ich genauso, trotzdem finde ich das der Vergleich etwas hinkt. Die einen fühlen sich mit dem Auto unangreifbar und die anderen mit dem Böller in der Hand. Wo liegt der Nachholbedarf im gesellschaftlichen Umgang, bei den Böllern, dem Auto, oder den Menschen die damit nicht richtig umgehen können?

  7. 98.

    Selbst wenn einige Stigmatisierung betreiben sollten (hier spielen Sie sich zum Richter auf, wenn Sie dies so bewerten), ändert das ja nichts an der notwendigen Ursachenforschung, die Auffälligkeiten in der Zusammensetzung der Täterschaft einschließt.
    Und es ist eine lächerliche Teildebatte, wenn in Neukölln Polizisten und Feuerwehrleute u.a. mit Feuerwerkskörpern angegriffen wurden und hier dann plötzlich über Unsicherheit in Marzahn schwadroniert wird. Erst recht, wenn "Betroffene" anscheinend nicht wissen, wie deutlich sich die Bevölkerungsstruktur im Bezirk Marzahn-Hellersdorf in den vergangenen Jahren verändert hat.

  8. 97.

    "Allerdings ist das Böllern auf einen sehr kurzen Zeitraum beschränkt. ...... Wie wäre das Verhältnis, wenn 365 Tage im Jahr in Berlin geböllert werden darf?" Momentan vergeht kein Tag, an dem keine Angriffen mit Böllern passieren, obwohl es nicht erlaubt ist. Ich fürchte, der Vergleich wird am Jahresende pro Auto entschieden.

  9. 96.

    Gibt es, Rassismus ist vielfältig,wie man in ihrem Kommentar lesen kann.

  10. 95.

    Nicht untersuchen sondern mal einfach zuhören und respektvoll diskutieren. Und nicht arrogant von oben die Nazi-Keule schwingen. Menschen müssen anscheinend erst persönlich Erfahrung mit solchen Menschen machen und dann vielleicht akzeptieren das die Integration bei vielen gescheitert ist.

  11. 94.

    Es geht hier aber einigen nicht um Ursachenforschung sondern ausschließlich um Stigmatisierung und wenn sich Kai in Marzahn unsicher fühlt, was ich nachvollziehen kann, was ist daran eine lächerliche Teildebatte?

    Sie schwingen sich hier zum Richter auf, was Ihnen nicht zusteht.

  12. 93.

    Ich verstehe den Zusammenhang mit meinem Kommentar nicht. Gibt es überhaupt einen?

  13. 92.

    Wäre ich Polizistin/Polizist und würde ich "beschossen" werden, würde ich flüchten.Zumal mir verboten wäre, zurückzuschießen.
    Ich kann mir deshalb nicht vorstellen, dass man dann noch in eine Gruppe geht, um diejenigen festzunehmen, die mich oder meinen Polizeikollegen angegriffen haben. Zumal bekannt ist, dass es dann schnell zur Gruppendynamik kommt, um Festnahmen zu verhindern.

    Um so wichtiger wären Bodycams und Dashcams--aber auch Handyaufnahmen , um im Nachhinein Täter identifizieren zu können.

  14. 91.

    Im Stern ein Interview mit Mustafa Kaplan türkischstämmiger Anwalt von Stefan Ernst. Er sagte " als Jugendlicher war ich in einer türkischen Jugendgang, es wurden des öfteren deutsche Jugendliche ohne Grund verprügelt, das war Rassismus pur und keinen hat es interessiert. ". Als er die Verteidigung übernommen hat wurde er von allen Seiten angefeindet, von den Rechten , aber auch von der türkischstämmigen Bevölkerung. Er sagte weiter er wollte herausfinden was Ernst zu dieser Tat geführt hat und wie so er zu dem geworden ist. Er hatte im Gefängnis viele Gespräche mit ihm geführt und diese Gespräche waren sehr vertrauensvoll so Kaplan. Zum Abschluss sagte er unter anderen Umständen wenn das Leben beider anders verlaufen wäre, hätte man sich sogar vorstellen können befreundet zu sein. Es gibt bei allen Seiten Gründe warum sie zu dem geworden sind was sie sind und da muss man ansetzen, sonst ist man selbst nicht besser als der gegenüber.

  15. 90.

    Sie haben soo recht ... danke für Ihen Kommentar.

    Gerade in den Nachrichten:
    "Es kann Monate dauern die vielen Videos zu sichten und auszuwerten."
    Mit einer schnellen Bestrafung wird es wohl nicht werden.
    Wie soll man damit nur umgehen? Resignation oder Wut?


  16. 89.

    "Die Straftäter gehören bestraft, EGAL WELCHER ABSTAMMUNG. Aber alle, die auf diese oder jene Gruppe vonvMenschen zeigen, möchte ich mal etwas zu Bedenken geben. Der ach so "Deutsche" geht gern abends zum Späti, wer steht in dem Laden? Der Nächste isst gern einen Döner oder Chinesisch, Italienisch, Spanisch, Mexikanisch oder doch lieber beim Griechen. Und umgekehrt ist es genauso. Die Berliner Struktur wäre ohne die Menschen mit "Migrationshintergrund" die blanke Einöde." Absolut, so sehe ich das auch! Jetzt wäre es nicht schön, wenn die Politiker mal an einem Strang zögen .....

  17. 88.

    [...] Dazu muss man aber Ursachen dafür, warum Menschen gezielt andere Menschen, nämlich Polizisten und Feuerwehrleute angreifen, ergründen. Ob man will oder nicht, dazu gehört auch die Sozialisation der Täter. Und wenn die Bilder und Berichte den deutlichen Eindruck vermitteln, dass es sich bei den Tätern zum großen Teil um Angehörige bestimmter Einwanderungsgruppen oder auch um deren Nachfahren handelt, dann hat das nichts mit Stigmatisierung zu tun, sondern gehört zur Ursachenforschung dazu.

  18. 87.

    Ich lese hier, es wurden also doch nur 38 Personen wegen Angriffen mit Feuerwerk festgenommen, und die Mehrheit davon auch noch Deutsche?
    Ganz ehrlich, welches Argument soll diese Zahl bedienen? Dass wir zur Tagesordnung übergehen können? Oder vielleicht auch nur, dass es längst nicht gelang, alle Randalierer festzunehmen? Die Bilder der Silvesternacht haben deutlich gezeigt, was los war, hier aber werden „Whataboutism“-Debatten über angeblichen Rassismus geführt. Es ist aber kein Rassismus, wenn man möchte, dass auch die Menschen in Neukölln, völlig egal, wo sie und ihre Vorfahren herkommen, friedlich Silvester feiern können! (So wie es die Menschen in Marzahn übrigens konnten, um diese hier angedeutete lächerliche Teildebatte mal zu bewerten!) Dazu muss man aber Ursachen dafür, warum Menschen gezielt andere Menschen, nämlich Polizisten und Feuerwehrleute angreifen, ergründen. [...]

  19. 86.

    Ich habe nun bis zum jetzigen Zeitpunkt alle Kommentare durchgelesen. Und jeder drischt auf den anderen ein. Die Straftäter gehören bestraft, EGAL WELCHER ABSTAMMUNG. Aber alle, die auf diese oder jene Gruppe vonvMenschen zeigen, möchte ich mal etwas zu Bedenken geben. Der ach so "Deutsche" geht gern abends zum Späti, wer steht in dem Laden? Der Nächste isst gern einen Döner oder Chinesisch, Italienisch, Spanisch, Mexikanisch oder doch lieber beim Griechen. Und umgekehrt ist es genauso. Die Berliner Struktur wäre ohne die Menschen mit "Migrationshintergrund" die blanke Einöde. Denkt mal alle darüber nach. Und wie gesagt, wer Menschen verletzt oder Sachbeschädigungen begeht, der gehört bestraft, egal wer es war. Aber es ist total in Mode gekommen:"Die anderen sind Schuld". Diese Diskussion hier ufert echt aus. Wenn ihr so weitermacht, haben wir nächste Woche einen Bürgerkrieg?

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