Bund-Länder-Treffen am Donnerstag - Brandenburg sieht kleine Kliniken durch Reformpläne gefährdet

Do 05.01.23 | 08:52 Uhr | Von Andreas B. Hewel
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Symbolbild: Pflegepersonal in einem Gang einer Station im Krankenhaus.(Quelle:dpa/C.Soeder)
Audio: rbb24 Inforadio | 05.01.2023 | Vera Wolfskämpf | Bild: dpa/C.Soeder

Bundesgesundheitsminister Lauterbach will in der Bund-Länder-Runde am Donnerstag über ein mögliches Ende der Fallpauschalen für Kliniken sprechen. Brandenburg will eine Reform - sieht kleine Krankenhäuser aber durch die Pläne gefährdet. Von Andreas B. Hewel

Wie groß die Probleme bei der Finanzierung der Krankenhäuser inzwischen sind, wird die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) nicht müde zu beschreiben. Gerade die Kostensteigerungen im vergangenen Jahr haben nach ihren Analysen die Situation noch einmal zugespitzt. 87 Prozent aller Krankenhäuser in Deutschland hätten nicht genügend Rücklagen, um die Kostensteigerungen zu finanzieren.

Die Gesundheitsminister von Bund und Ländern sowie die Gesundheitspolitiker der Koalitionsfraktionen beraten am Donnerstag deshalb über die geplante große Krankenhausreform. Bei der Schaltkonferenz geht es um die konkrete Umsetzung von Vorschlägen einer Expertenkommission zur künftigen Klinikstruktur in Deutschland und zur Finanzierung der rund 1.900 Krankenhäuser.

Die DKG hatte schon im vergangenen Herbst die Alarmstufe Rot ausgerufen. Nicht nur schnelle Einmalhilfen fordert sie, das ganze Finanzierungskonzept der Krankenhäuser müsse umgestellt werden.

Das Ende der Fallpauschalen

Beim Bundesgesundheitsministerium rennen die Krankenhausbetreiber da offene Türen ein. Auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat sich eine grundlegende Umstellung der Krankenhausfinanzierung zum Ziel gesetzt. Die Fallpauschale, über die derzeit die Krankenhäuser fast ausschließlich finanziert werden, ist auch Lauterbach ein Gräuel. Sie sichert den Krankenhäusern pro Diagnosefall eine gewisse Summe Geld, gleich ob diese für die Behandlung ausreicht, zu viel ist für sie oder zu wenig. Im Durchschnitt sollten so die Kosten gedeckt werden.

Viele Fälle mit kurzen Krankenhausaufenthalten also rechneten sich für die Krankenhäuser besonders. Wozu das führte, kann man sich denken. "Wir haben in Deutschland viel zu viele Betten, die wir betreiben", klagt der Bundesgesundheitsminister. "Und wir haben zu viele stationäre Aufnahmen, die wir auch ambulant versorgen könnten für die gleiche Qualität." Andererseits jedoch wurden gerade zu Beginn der Corona-Pandemie im Eiltempo in Berlin neue Krankenhauskapazitäten in den Messehallen aufgebaut. Damals konnte es nicht Betten genug geben.

Die Pläne des Bundes

Im Dezember hat jetzt eine Regierungskommission ein Konzept vorgelegt, wie eine neue Finanzierung der Krankenhäuser aussehen sollte. Und das beinhaltet vor allem eines: weg von der Fallpauschale, hin zu einer gesicherten Finanzierung von Vorhalteleistungen, Versorgungsstufen und Leistungsgruppen. Krankenhäuser also sollen unter anderem Geld bekommen, einfach weil sie da sind und 24 Stunden am Tag die Versorgung von Patienten und Notfällen absichern. "Eine gute Grundversorgung für jeden muss garantiert sein und Spezialeingriffe müssen auf besonders gut ausgestattete Kliniken konzentriert werden", fordert Lauterbach. "Dafür müssen wir das Fallpauschalen-System überwinden. Wir haben die Ökonomie zu weit getrieben."

Und die Bürokratie, fügt die Krankenhausgesellschaft hinzu. 57 Prozent der angestellten Ärztinnen und Ärzte würden nach einer Erhebung des Marburger Bundes pro Tag mehr als drei Stunden mit Verwaltungstätigkeiten verbringen. Kostbare Zeit, die bei der Patientenbetreuung verloren geht. Auch das soll in der Krankenhausreform angegangen werden.

Brandenburg ist skeptisch

Im Brandenburger Gesundheitsministerium begrüßt man dennoch die Reformvorhaben nur bedingt. Hier ist man vor allem darauf bedacht, die 55 Krankenhausstandorte im Land zu erhalten. Die geplanten Erstattungen für Vorhalteleistungen an die Krankenhäuser könnten, so ein Sprecher des Ministeriums, zur Sicherung der Krankenhäuser beitragen. Auch die Stärkung der ambulanten Versorgung durch die Krankenhäuser will man gerne mittragen.

Doch zum Beispiel die geplante Zuteilung von Leistungsstufen sieht das Land skeptisch. Das könne zu schnell gerade kleine Krankenhäuser auf dem Land, die gewisse Leistungslevels nicht erreichten, in finanzielle Not bringen. Sie würden sich nicht mehr tragen und müssten in letzter Konsequenz geschlossen werden. Strukturbereinigung nennt man das nüchtern. Das könne in manchen Regionen in Nordrhein-Westfalen mit vielen Krankenhäusern ein notwendiger Schritt sein, so die Landeskrankenhausgesellschaft Brandenburgs. Gerade aber in den östlichen Bundesländern habe es einen solchen Strukturwandel in den 1990er Jahren bereits gegeben. Hier müsse der Bestand gesichert werden.

Der lange Weg zur Reform

Krankenhausplanung sei Ländersache, schallt es selbstbewusst aus dem Gesundheitsministerium in Potsdam. Dabei müsse es auch bleiben. Der Bund dürfe nicht durch strukturelle Finanzierungsvorgaben die Länder dieser Befugnis berauben. Die Länder selbst wüssten auch am besten, wo sie welche Krankenhäuser benötigen. Diese Kompetenz müsse gestärkt werden. Viel zu verhandeln also gibt es mit dem Bund. Der lange Weg zu einer Reform ist gerade erst eingeschlagen worden, doch nach dem Willen vieler Beteiligter soll er möglichst zügigen Schrittes zurückgelegt werden.

Sendung: rbb24 Inforadio, 05.01.2023, 8:20 Uhr

Beitrag von Andreas B. Hewel

13 Kommentare

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  1. 13.

    "Die Krankenhäuser haben jahrelang fette Renditen an Anteilseigner gezahlt, wo sind die jetzt?" Bei den Anteilseignern, Sie sagen es doch schon.

  2. 12.

    Wenn beide Systeme (gewinnorientiert vs. staatlich) zu Kostenauswüchsen (incl. Bürokratie) mit der Zeit führen, dann muss man einen ständigen und permanenten Wechsel über die Jahre organisieren. Es hilft nichts, die Arbeit muss gemacht werden und hört nie auf.

  3. 11.

    Sie werfen so ziemlich alles durcheinander, der Steuerzahler wird indirekt an den Kosten beteiligt, wenn die Klunik nicht kostendeckend arbeitet. Jemand der keine Steuern zahlt(Steuerfreibetrag)bezahlt trotzdem Krankenkassenbeiträge. Rentenkasse/Pflegegeldkassen sind ein ganz anderes Thema. Und was mich am meisten ärgert, Sie führen hier die Personalkosten als Preistreiber an? Löhne sind keine Gewinnbeteiligung! Das ist schon total an der Realität vorbei was Sie hier schreiben. Um die Arbeit in den Pflegeberufen überhaupt noch auf die Reihe zi bekommen, sah sich der Bundesminister Heil gezwungen MINDESTLÖHNE einzuführen. Und Ihrer Meinung nach können die Angestellten auch für weniger Lohn noch mehr arbeiten? Das der RBB so einen Kommentar veröffentlicht, der vor falschen Äußerungen nur so strotzt? Na ja. Sie kennen nicht einmal, wie sich die Finanzierung eines Krankenhauses zusammensetzt und erzählen hier von Gewinnbeteiligung bei Auszahlung von Löhnen?

  4. 10.

    zu erst kommt dafür der Steuerzahler auf ob über Krankenkassen, Rentenkasse oder Pflegegeldkassen, aber auch direkt Zahlungen durch Patienten ( Zusatzleistungen )Die Frage stellt sich Treiben die Kosten den Wunsch nach höheren Löhnen ( Gewinnbeteiligungen des Personals), oder treiben die Lohnsteigerungen des Personals die Kosten der Öffentlichen privat geleiteten und Geführten Kliniken ????? Viel Mitarbeiter sehen nicht was sie sehen sollten. Höhere Löhne sind im Nachhinein das Ergebnis das immer mehr Arbeit auf sie zurück fällt gleichzeitig klagen das Personal das ihnen zu wenig Freizeit verbleibt.
    Was für ein Teufelskreis.!

  5. 8.

    Weil das Bergmann Krankenhaus der Stadt gehört. Und wer hat dafür gesorgt, dass in dem Klinikum die Serviceleistungen in Tochtergesellschaften ausgegliedert wurden? Damit für diese Beschäftigten ein niedriger Tarif gilt. Wohin dieses Sparen geführt hat, wurde bei dem Corona Ausbruch deutlich. Dazu gibt es einen Abschlussbericht. Aber ich wiederhole es gerne noch einmal:: soziale Einrichtungen sollten nicht gezwungen werden "schwarze Zahlen" schreiben zu müssen, egal in welcher Trägerschaft sich die Einrichtungen befinden. Übrigens, das Klinikum Niederlausitz wurde von der Sana AG übernommen. Noch Fragen?

  6. 7.

    Seit wann sind Krankenhäuser Privat? Sorry das stimmt so nicht sie werden Privatrechtlich Geführt. Ich empfehle ihnen mal die Beteiligungsgesellschaften der Städte / Kommunen ,Länder, Bundes einzusehen. Wenn also laut ihrer Aussage die Krankenhäuser Privat sind, wieso müssen dann immer Staatliche Einrichtungen Finanzausgleiche bezahlen. Bsp. Krankenhaus Potsdam nach Beendigung des Streiks/ Lohnerhöhung2021 war die Bergmann Klinik mit 30 Mill. Euro verschuldet wieso hat die Stadt Potsdam dafür gebürgt????

  7. 6.

    Es gibt viele Bereiche, die zu den hoheitlichen Aufgaben des Staates zählen- das Gesundheitswesen nicht. Das ist ein Fehler, der zu korrigieren ist.

  8. 5.

    Die Krankenhäuser haben jahrelang fette Renditen an Anteilseigner gezahlt, wo sind die jetzt? Warum geben sie nichts zurück? Profit wird gemacht, aber in schlechten Zeiten sucht man die ehemaligen Profitöre vergebens. Ein Unding. Aber Vater Staat zahlt ja.

  9. 4.

    Es ist erstaunlich, Frau Ministerin Nonnemacher sorgt sich um die Brandenburger Krankenhäuser. Wurden im Jahr 2022 zwei Krankenhäuser in Brandenburg in private Hnd veräußert? Weil doch wieder einmal die "Wirtschaftlichkeit" nicht gegeben war? So lange die sozialen Einrichtungen am Jahresende "schwarze Zahlen" schreiben müssen wird sich das nicht ändern. Und der Herr Bundesminister verkauft sein neues Einsparmodell als den großen und guten Plan unter dem Motto,"alles zum Wohle der Patienten/innen.

  10. 3.

    Ich verstehe immer noch nicht, wer den (privaten, öffentlichen) Krankenhäusern in Zukunft die Kosten zahlt, wenn es nicht die Patienten sind.
    Oder müssen die Patienten mit den Krankenhäusern über Preise verhandeln?

  11. 2.

    Ist doch kein Problem. Die Maskenpflicht im ÖPNV sorgt schon dafür, dass die Kliniken entlastet bleiben.

  12. 1.

    wenn geiz und Habgier weiter getrieben werden dann steht dem Gesundheitssystem und nicht nur dieser Wirtschaftszweig bald das Endgültige aus. Wir leben in einem Wirtschaftssystem was durch Permanente Streiks und dadurch treiben von Steuern, sowie Anpassung der Preise sich dauerhaft in einem/keinem Widerspruch stehen. Was soll das für ein Wirtschaftssystem sein ??? Streiken ----Steuern Abgaben Erhöhungen -----folgerichtig Preiserhöhungen. z.B. Ihr habt höhere Besoldung der Pflegekräfte gefordert und dafür sind die Pflegekosten erhöht worden, Kosten die durch Steuern sowie direkte Zahlungen der zu Pflegenden/ Heimbewohner zu erfolgen haben. ?????????????????????????????????????????????????????????

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