Kommentar | Gescheiterter Klima-Volksentscheid - Die Debatte wird bleiben

Mo 27.03.23 | 07:34 Uhr
  154
Archivbild: Grosse Plakattafel in Berlin zum Volksentscheid ueber die Klimapolitik in der Hauptstadt Die Botschaft lautet: " Volksenscheid am 26.03. Der Politik Ziele setzen. Berlin 2030 Klimaneutral." (Quelle: dpa/W. Rothermel)
Audio: rbb24 Inforadio | 27.03.2023 | Angela Ulrich | Bild: dpa/W. Rothermel

Der Berliner Volksentscheid für ein klimaneutrales Berlin im Jahr 2030 ist gescheitert. Kann sich der künftige Senat nun entspannt zurücklehnen? Ganz und gar nicht, kommentiert Angela Ulrich.

Gescheitert! Sechs! Setzen! Womöglich sogar: Klappe halten?

Nein, so sehen es die Macher des Klimavolksentscheids nicht, ganz und gar nicht. Nach ein paar Tränen und ein bisschen Enttäuschung, dass die nötigen Ja-Stimmen so klar verfehlt wurden, sagen sie umso entschiedener: Jetzt erst recht!

Und damit haben sie recht. Denn da sind einerseits die Fakten: Die Erderwärmung macht nicht erst einmal Pause, nur weil Berlin die Daumenschrauben beim Klimaschutz zunächst in der Schublade lässt. Es wird weiter heißer und trockener in der Stadt, unwirtlicher, weniger lebenswert.

Wer diese Stadt besser funktionieren lassen will, der muss nicht nur die Verwaltung reformieren. Der muss es auch schaffen, dass Berlin grüner und schneller abgas- und emissionsfrei wird. Dass Klimaschutz kein wolkiges Ziel, sondern noch mehr konkrete Aktion wird.

Ein Drittel bewegt das Klima

Denn – andererseits – ist da ja auch die Emotion. Gut ein Drittel aller Wahlberechtigten ist zur Abstimmung gegangen, obwohl es um nichts anderes ging – um keine Bundestags- oder Landtagswahl. Das zeigt: Das Thema Klima geht vielen eben nicht am Allerwertesten vorbei. Ein Drittel des Volkes bewegt das Klima.

Klar – es sind erstaunlich viele Nein-Stimmen gewesen. Alles Klimaschutz-Gegner? Das glaube ich nicht. Denn wer sich wirklich nicht für Klimaschutz interessiert, hätte den Volksentscheid auch elegant ignorieren können.

Dass so viele kamen, zeigt zweierlei: Einmal, dass es eine Menge Berlinerinnen und Berliner gibt, die eine lebenswertere Stadt wollen – die besser gerüstet ist gegen Hitzewellen und Dauerstau. Die auch bereit sind, persönlich umzusteuern für mehr Klimaschutz, und vehement Tempo einfordern. Gut so!

Und zum Zweiten auch eine Menge Bürgerinnen und Bürger, die sagen: Keine unrealistischen Ziele in Gesetze gießen, die wir eh nicht erreichen können. Eigentlich auch nicht verkehrt, wenn eine Demokratie sich nicht übernimmt.

Nicht unter "Ferner liefen" abzuhandeln

Was der künftige Berliner Senat davon mitnehmen sollte? Sich nicht fälschlich in Sicherheit zu wiegen, dass man den Klimaschutz flott unter "Ferner liefen" abhandeln könnte. Denn am Ende ist das nicht nur unfair, den Jungen gegenüber. Sondern rechnet sich auch nicht, weil Klimaschäden abzupuffern teurer werden wird, als jetzt für Klimaschutz und Klimatechnologien umzusteuern.

Und hat diese künftige Koalition nicht noch vor anderthalb Wochen lautstark damit angegeben, Klimaschutz ab sofort groß schreiben zu wollen? Dann wollen wir jetzt sehen, dass sie das ernst meint und verstanden hat, was mehr als 440.000 Berlinerinnen und Berliner wollen.

Denn auch wenn die riesigen grünen Kampagnen-Schilder auf den Straßen fix abgebaut werden – die Debatte, die der Klima-Volksentscheid angeregt hat, wird bleiben.

Sendung: rbb24 Inforadio, 27.03.2023, 06:20 Uhr

154 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 154.

    Als reiche Erbin eines Zigarettenclans hat die gut reden. Sie sollte ehrlich anpacken und nicht Worthülsen raus hauen und uns ein schlechtes Gewissen einreden. Könnten Sie einen Zigarettenkippenaufsammelroboter entwickeln oder finanzieren ? Das wäre eine tolle Tat.

  2. 153.

    Das hat es in Berlin noch nie gegeben : ein Gemisch aus Schwarz-Rot-Blau und Randberlin , ,rund 423.000 . haben gegen eine klimaneutrales Berlin gestimmt - egal ob , 2030 oder 2045 , man ist sowieso dagegen Es ist zu befürchten , daß die „Rückschrittskoalition“ unter Leitung der CDU/SPD, diesen Auftrieb nicht mehr stoppen kann . Die CDU Bosse sind erfreut - die SPD Dame schleimt mit ,man will ja seine Wählerschaft nicht verlieren - " Nachtigal ick hör dir trapsen " : Kompromisse, Kompromisse , Kompromisse , falsche Versprechungen .Mit diesem Polster schaffen , die das nicht - auch nicht bis 2045 . Berlin , wieder mal von alten Kader , reingelegt .

  3. 152.

    "Die Natur braucht den Menschen nicht, aber wir brauchen die Natur."
    In der Natur ist nichts umsonst. Auch der Mensch nicht. Sie sehen dessen Bestimmung nicht? Macht nichts. Die ist trotzdem da. Sei es Leben zu erhalten oder zu transportieren oder der Erde zu nützen.

  4. 151.

    "Ich bin über das scheinheilige Friedrichshain-Kreuzberg und Neukölln zutiefst empört."

    Wow, ich wußte gar nicht dass Bezirke scheinheilig sein können.

    "Und dann das, beide Stadtteile mit dem höchsten Müllanteil Berlins, s. Grafik bei Link 3."

    Das könnte u.U. daran liegen dass diese Bezirke die höchste Einwohnerdichte haben?

    Nee, wäre zu einfach, glauben sie mal lieber der BZ. Oh man...

  5. 150.

    Die Morgenpost hat mittlerweile eine genauere Karte veröffentlich, wo wie abgestimmt worden ist. Auch die zeigt wieder die Spaltung zwischen Innenstadt und Randbezirken. Der Zustimmungsfleck ist bedeutend kleiner als es bei einer groben Betrachtung auf Bezirkseben den Anschein hat.

  6. 149.

    Mausi da haste recht: "Nein, das war eine völlig willkürliche und absichtliche Ausrede."
    Denn der Volksentscheid war definitiv wichtiger.
    Zumal RGR auch jetzt noch die Mehrheit hat. Das raffen nur ALL DIE ANDEREN nicht, stimmts?
    Nur Freunde sind sich einig, das wissen wir doch beide.

  7. 148.

    MINT-Fächer sind bei Studenten, insbesondere bei Studenten der Geisteswissenschaften, aufgrund Ihres Schwierigkeitsgrads (logisches Denken), überwiegend sehr unbeliebt.

  8. 147.

    Ich hoffe mal das diese Klimachaoten nun endlich begreifen das ihre Weltsicht die Mehrheit der Berliner nicht nur nicht interessiert, sondern noch von vielen abgelehnt wird. Frau Neubauer suchen sie sich ein neues Hobby mit dem sie hoffentlich weniger Leute nerven.

  9. 146.

    Heute vormittags sprach ein GRÜNER auf inforadio über den Volksentscheid und erforderliche Maßnahmen bis 2030: !Wir müssen die Wärmeversorgung ( der Stadt ) umbauen." Donnerwetter; wer ist WIR und welch Aufwand / welch Kostten sind damit verbunden ? Ich kann das Gequatsche von Parteileuten nicht mehr hören. Wer an die Bürger Berlins herantritt und diese Leistung abverlangt, der hat klar zu sagen was an Leistung zum Ziel gehört. Macht nur weiter so; euch nimmt keiner mehr ernst. Vorbild sein wäre aber ein guter Anfang. Ich werde nie im ADLON übernachten.

  10. 145.

    Ich habe ernsthaft Zweifel, daß Sie den verlinkten Artikel gelesen haben.

  11. 144.

    Mit dem einhalten von Zielen ist das in Berlin aber so eine Sache (siehe BER). Ich glaube niemand erwartet ernsthaft, dass Berlin bis 2030 klimaneutral wird. Wenn Berlin sich aber als Ziel setzt bis 2030 klimaneutral zu werden, könnte es bis 2045 tatsächlich klappen. Es ging lediglich darum ein ehrgeiziges Ziel zu schaffen um den Klimaschutz endlich voranzutreiben.

  12. 143.

    Jetzt haben Sie es aber allen, die Ihrer Einschätzung nach nichts machen wollen, gezeigt. Was ist denn Ihr persönlicher Beitrag oder machen Sie den auch von einem Abstimmungsergebnis abhängig? Sich auf der Straße festzukleben oder freitags zu demonstrieren, ist nun mal als Beitrag zum Klima- und Umweltschutz so wenig überzeugend wie das Licht am Brandenburger Tor für eine Stunde abzudrehen. Ich versuche zum Beispiel, nachhaltig zu leben, auch wenn mir das nicht immer gelingt. Ich wäre auch dafür, häufiger Aktions- oder Boykotttage durchzuführen. Man könnte ja mal die Berliner dazu aufrufen, einmal im Monat einen Tag ohne Plastikmüll zu leben. Selbst wenn sich dann nur 10% daran beteiligen, wäre damit schon viel gewonnen. Aber wahrscheinlich würden sogar mehr mitmachen, denn das wäre mal konkret und für jeden umsetzbar.

  13. 142.

    Das ZIEL, die Umweltzerstörung zu bremsen oder gar aufzuhalten, ist unstrittig, nicht aber die MITTEL oder WEGE dazu.
    Sich vom Ausland üppig bezahlen zu lassen - die sog. „Klima-Aktivisten“ erhalten monatlich das 2,4-fache des Bürgergeld-Regelsatzes -, Berufspendler durch Autobahnblockaden zu schikanieren und zu nötigen oder Kunstwerke zu schänden, kann kein legitimes Mittel dazu sein. Auch dieses „Volksbegehren“ wurde vom Ausland finanziert. „Lupenrein demokratisch“? - ich glaube nicht.

  14. 141.

    "Vor der letzten Generation hätte ich Achtung, bei Protesten in China, Russland..."

    Warum gehen Sie dann nicht mit gutem Beispiel voran? Ihr ganzer Kommentar lässt sich mit: "Macht was ich sage, nicht was ich tue" zusammenfassen. Sie wissen es muss etwas getan werden, Sie fordern internationale Zusammenarbeit, Sie wissen wo man dafür demonstrieren muss und erklären im Nachsatz noch Ihre Missachtung den Menschen gegenüber die das nicht tun - also warum tun Sie es nicht?

  15. 140.

    "Ich vermute eher, dass eine signifikante Teilmenge der Bürger gegen Klimaschutz ist. Ob es ne Mehrheit ist weiß ich nicht, das wurde ja bisher noch nie direkt abgefragt," Das Ergebnis wird von der genauen Fragestellung abhängen und welche Szenarien dazu besonders in den Vordergrund gerückt werden direkt vor der Abstimmung, auch bekannte Gesichter wirken oft richtugnsgebend - die breite Masse ist erstaunlich gut lenkbar in ihrer kundgetanen Meinung für Abstimmungen (die wahre persönliche Meinung mag davon abweichen).

  16. 137.

    Das aggressive ist doch das einzige, was bei Ihnen angekommen ist. Es wird sich schon seit Jahrzehnten um mehr Klimaschutz bemüht, anscheinend ohne dass Sie etwas davon mitbekommen hätten. Gucken Sie mal nach, wann die Grünen gegründet wurden. Oder wann es erste Hinweise auf den Klimawandel gab. Es wird eh Geld kosten. Ob viel Geld für Klimaschutz oder viel mehr Geld für Klimaschäden können wir uns jetzt noch aussuchen.

    "aber so will doch niemand mit Kriminellen etwas zu tun haben"
    Ja, das sieht man an den ganzen einsamen Kriminellen wie Hoeneß, der komplette FC Bayern ist ruiniert wegen ihm. Aber der hat ja nur ein paar Millionen Steuern für die eigene Tasche hinterzogen und nicht etwa einen(!) von 500.000(!) Staus pro Jahr (nur auf Fernstraßen!) in Deutschland ausgelöst um auf ein riesiges Problem hinzuweisen, das alle Menschen massiv betrifft. Nehmen Sie es mir nicht übel, aber das klingt nach einer ganz billigen Ausrede.

  17. 136.

    Das ist die ganz persönliche Meinung der Kommentatorin. Schön wäre eine Meinung von jemand, der Nein gestimmt hat zum Vergleich.

  18. 135.

    Der Volksentscheid enthielt eine Gesetzesverschärfung, damit die Politiker endlich mal ein Konzept entwickeln und dazu den Druck der Gesetze nutzen. Das Problem kann man nicht wegdiskutieren. Der rechtlich bindenden Lösungsstrategie weicht man aus, denn dann kann man auch niemand verantwortlich machen und es auch keiner Einklagen.
    CO2 Ausstoß auf 0 zu senken schafft man zum Beispiel nicht damit den Autoverkehr zu optimieren und dabei alle anderen Verkehrsmittel einzuschränken, wie es aktuell angestrebt wird.
    Zeit ist das Problem. Zu Teuer ist ein wildes Argument, wenn man bedenkt wie teuer es ohne Anpassung wird. Wir streiten auch schon längst nicht darum ob wir den Klimawandel aufhalten können, sondern es geht jetzt nur noch darum ihn nicht noch weiter zu Beschleunigen. Zurückdrehen ist selbst mit globaler Anstrengung ein utopischer Aufwand.
    Nicht schaffbar kann vor Gericht halten, wenn man sich wirklich anstrengt, aber dem stellt man sich ja noch nicht einmal.

Nächster Artikel