Umstrittene Wahl - Zentralrat der Juden erkennt Joffe-Wahl in Berliner Gemeinde nicht an

So 03.09.23 | 22:30 Uhr
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Gideon Joffe, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Berlin, spricht in einer Rede (dpa/Christoph Gateau)
Audio: Antenne Brandenburg | 03.09.2023 | Po Keung Cheung | Bild: dpa

Der Sieger der Wahl zum Gemeindeparlament in der Jüdischen Gemeinde zu Berlin könnte erneut Gideon Joffe heißen. Doch die Wahl ist umstritten. So will der Zentralrat der Juden diese nicht anerkennen.

Der Zentralrat der Juden in Deutschland erkennt die Wahl zum Gemeindeparlament in der Jüdischen Gemeinde zu Berlin nicht an. Das hat er am Sonntagabend auf seiner Website mitgeteilt [zentralratderjuden.de]. "Entgegen einer Unterlassungsverpflichtung durch das unabhängige Gericht beim Zentralrat der Juden, hat die Jüdische Gemeinde zu Berlin die Wahl zur 20. Repräsentantenversammlung nun durchgeführt", heißt es dort.

"Das Gericht hat in einem Eilverfahren im Juli 2023 die Rechtswidrigkeit der im Mai 2023 neugefassten Wahlordnung festgestellt und der Jüdischen Gemeinde zu Berlin auferlegt, die Wahl bis zur Entscheidung des Gerichts in der Hauptsache zu verschieben oder auf der Grundlage der alten Wahlordnung vom Juli 2011 die Wahl bis zum 5.12.2023 durchzuführen." Deswegen werde "das Präsidium des Zentralrats entsprechend einer Empfehlung durch das Gericht entscheiden, wie damit weiter umzugehen ist."

Symbolbild: Berliner Wappen und Davidsstern der Neuen Synagoge Berlin. (Bild: dpa/ Sebastian Gollnow)
| Bild: dpa/ Sebastian Gollnow

Nur Kandidaten des Bündnis Koach! gewählt

Bei der Wahl zum Gemeindeparlament sind am Sonntag ausschließlich Kandidaten des Bündnis Koach! des bisherigen Vorsitzenden Gideon Joffe in die Repräsentantenversammlung gewählt worden. Joffe selbst erhielt dabei die meisten Stimmen (911).

Ein Sprecher der Gemeinde sagte, dass die konstituierende Sitzung der Repräsentantenversammlung voraussichtlich Ende September stattfinden wird. Dabei dürfte Joffe erneut zum Vorsitzenden gewählt werden.

Streit in der Gemeinde

Die Abstimmung wurde überschattet von heftigem Streit in der Gemeinde. Die Führung um Joffe (51) hatte Ende Mai die Wahlordnung geändert und unter anderem eine Altersgrenze von 70 Jahren für Kandidaturen eingeführt. Joffes Vorgängerin Lala Süsskind, 77, klagte dagegen erfolgreich vor dem Instanzgericht beim Zentralrat der Juden in Deutschland, das den Stopp der Wahl forderte. Joffe hält das Gericht jedoch für nicht zuständig und ging über das Urteil hinweg.

Kandidatur zurückgezogen

Ein Oppositionsbündnis namens Tikkun wollte ursprünglich gegen Joffe und seine Unterstützer antreten, zog aber die Kandidaturen aus Protest zurück und rief zum Boykott der Wahl auf. Tikkun hält diese für illegal und verlangt eine Wiederholung. Süsskind hat bereits Klage angekündigt. Zuletzt standen noch vier Tikkun-Kandidaten zur Wahl, sie erhielten aber alle viel weniger Stimmen als Joffe und seine Unterstützer.

Die Jüdische Gemeinde zu Berlin hat nach unterschiedlichen Angaben zwischen 8.200 und 9.000 Mitglieder und ist damit eine der größten in Deutschland.

Sendung: rbb24 spät, 03.09.2023, 21:45 Uhr

18 Kommentare

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  1. 18.

    "...dass es Ihnen gut und sie ein gedeihliches und friedvolles Miteinander haben."
    Daran kann kein Zweifel herrschen, Gott ist ja mit ihnen... :-)

  2. 16.

    Das hat nicht einmal etwas mit historischer Verantwortung zu tun, sondern der Artikel behandelt einfach nur eines von vielen Themen. Artikel über Themen, die einen nicht interessieren, muss man ja nicht lesen. Wenn "Jockel" den Artikel trotzdem liest und kommentiert, verfolgt er vielleicht eine andere Absicht...

  3. 15.

    Was für Privilegien meinen Sie? Auf alle Fälle gilt es klarzustellen, dass der schlimmste Völkermord der Weltgeschichte auch nach 78 Jahren keineswegs verjährt ist.

  4. 14.

    Wir haben eine historische Schuld, daher scheint mir Ihr Beitrag nicht unbedenklich.

  5. 13.

    Ich verstehe absolut nicht um was es geht und auch nicht, was das mich angeht. Trotzdem wünsche ich der Berliner jüdischen Gemeinde und allen anderen jüdischen Gemeinden in Deutschland, dass es Ihnen gut und sie ein gedeihliches und friedvolles Miteinander haben.

  6. 12.

    Dieses Spektakel , zeigt mir , kein Steuergeld.
    Das hat mit Antisemitismus allerdings nichts zu tun.

  7. 11.

    Wie schön dass es die Möglichkeit gibt, Dinge die einen nicht interessieren, einfach nicht zu lesen. Alle jüdischen Leser möchten vielleicht durchaus vom öffentlichen Rundfunk informiert werden.
    Danke an den rbb, dass Sie darüber berichten. Nicht alle jüdischen Menschen sind in der Gemeinde und erfahren deshalb solche Dinge nicht.

  8. 10.

    Okay, Trump handhabt das auch so. Von einem Standard sind wir aber zum Glück weit entfernt...

  9. 9.

    Richtig, genauso wie in Deutschland auf Wahlen in der Türkei oder die Proteste in Frankreich zur Rentenreform oder ... bewertet bzw. berichtet wird.
    Auch da weiß/wußte ich nicht wer die Sympathien bekommen sollte.
    Ach wie einfach haben wir es dagegen mit unserer Politik und Wahlen.

  10. 8.

    Nope, Sind Steuergelder die die JGzB über den Staatsvertrag bekommt. Daher besteht ein öffentliches Interesse.

  11. 7.

    Wozu wird darüber ausführlich beim rbb berichtet?
    Die betrifft eine Glaubensgruppierung mit einem Anetil von ca. 0,2% der Berliner Bevölkerung.
    Vorab: Nein, das zu hinterfragen ist kein Antisemitismus.

  12. 6.

    Stimmt, ist eigentlich intern. Aber auch die aktuell noch gewährten Privilegien sollten hier nunmehr nach fast 100 Jahren wieder auf Normalstatus zurück gefahren werden. Es muss der Gleichbehandlungsgrundsatz gelten.

  13. 5.

    Das ist etwas sehr internes innerhalb einer Religionsgemeinschaft. Warum dringt denn alles in eine Öffentlichkeit, die teilweise mit dieser Information weder etwas anfangen will oder kann, geschweige denn verstehen. Aber immerhin, rbb ist dran, und bringt die Nachricht.

  14. 4.

    Was für ein Schnierentheater.

  15. 3.

    So einfach verhält es sich hier ja gerade nicht, da das unabhängige Gericht ja bereits im Vorfeld eine Wahl unter Anwendung der neuen Wahlordnung untersagt hat.

  16. 2.

    Ist das nicht eine interne Sache der Gemeinde?
    Warum muss denn die Öffentlichkeit über jede neue Wendung informiert werden?
    Ist eine Glaubensgemeinschaft mit ihren eigenen Regeln. Sollen die unter sich regeln, ist für alle außerhalb dieser Gemeinschaft komplett uninteressant.

  17. 1.

    Jo, Wahlen nicht anerkennen, wenn sie nicht der richtige gewinnt, scheint sich langsam zum Standard zu entwickeln.

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