Jährlich um 2,9 Prozent - Landeseigene Wohnungsunternehmen dürfen Mieten wieder erhöhen

Mo 25.09.23 | 21:19 Uhr
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Symbolbild: Mietanstieg (Quelle: dpa/Christin Klose)
Audio: rbb24 Abendschau | 25.09.2023 | M. Küper | Bild: dpa/Christin Klose

Die landeseigenen Wohnungsunternehmen drängen auf mehr Mieteinnahmen. Der Senat hebt den Mietenstopp zum Jahresende zwar auf, hat eine mögliche Erhöhung aber bei 2,9 Prozent gedeckelt. Dafür sollen die Landeseigenen Gegenleistungen erhalten.

  • Mietenstopp endet zum Jahresende
  • Mieten landeseigener Unternehmen dürfen um 2,9 Prozent jährlich erhöht werden
  • Härtefallregelung: Kaltmiete darf nur 27 Prozent des Einkommens ausmachen
  • Singles sollen nur noch kleinere Wohnungen mieten dürfen - gibt aber keine konkrete Regel

Landeseigene Wohnungsunternehmen dürfen die Bestandsmieten in den kommenden drei Jahren um jährlich 2,9 Prozent erhöhen. Das geht aus dem Verhandlungsdokument hervor, das dem rbb vorliegt. Davon sind Mieter von etwa 350.000 kommunalen Wohnungen in der Hauptstadt betroffen. Damit endet der Mietenstopp, der noch bis Jahresende gilt und wegen der Energiekrise eingeführt worden war.

Die Verhandlungen des Berliner Senats mit den landeseigenen Wohnungsunternehmen berlinovo, degewo, Gesobau, Gewobag, Howoge, Stadt und Land und WBM über eine neue Kooperationsvereinbarung sind damit abgeschlossen. Das teilte die Stadtentwicklungsverwaltung bereits am Sonntag mit.

Linke will mit Mietenstopp fortführen

Die neue Vereinbarung soll ab dem kommenden Jahr die Regelungen ablösen, mit denen der Senat seit 2017 bezahlbare Mieten und die Schaffung neuer landeseigener Wohnungen durchsetzen wollte. Die Vereinbarung war zuletzt wegen der Corona-, Ukraine- und Energiekrisen von den Vorgängerregierungen mehrfach verlängert und ergänzt worden.

Die künftige jährliche Obergrenze für Mieterhöhungen war politisch besonders umstritten. Die laut des Verhandlungsdokumentes vereinbarten 2,9 Prozent liegen deutlich unter den gesetzlich erlaubten Erhöhungen. Am Rande der letzten Parlamentssitzungen war noch von 2,5 Prozent die Rede, berichteten Quellen aus der Koalition. Alles über 2 Prozent hält die Opposition öffentlichen Äußerungen zufolge nicht für vertretbar - wenn es nach den Linken ginge, würde der im vergangenen Herbst eingeführte Mietenstopp weiter gelten. Die Grünen erklären das Wohnungsbündnis für gescheitert, wenn sich selbst die landeseigenen Wohnungsunternehmen nicht mehr an die Regel halten, die eine Erhöhung von maximal zwei Prozent für einkommensschwache Haushalte vorsieht.

Nettokaltmiete soll 27 Prozent des Haushaltseinkommens nicht übersteigen

Senat und Unternehmen verhandelten auch über individuelle Obergrenzen, damit die Belastung durch die Nettokaltmiete nicht mehr als einen bestimmten Anteil des verfügbaren Haushaltseinkommens übersteigt. Danach darf die Nettokaltmiete nicht mehr als 27 Prozent des Haushaltseinkommens ausmachen. Bislang lag die Grenze bei 30 Prozent.

Betroffene Mieter können dann eine Absenkung der Miete beantragen. Die Wohnungsunternehmen dagegen drängen auf höhere Mieteinnahmen, auch wegen der zuletzt stark gestiegenen Bau- und Energiekosten. Der Senat will mit der neuen Vereinbarung unter anderem erreichen, dass die landeseigenen Unternehmen das im Koalitionsvertrag politische gesetzte Ziel von jährlich 6.500 fertiggestellten Neubauwohnungen auch tatsächlich umsetzen. Bisher wurde es deutlich verfehlt. Perspektivisch sollen 30 Prozent aller Wohnung in Berlin in der Hand des Landes sein.

Kleinere Wohnungen für Singles - aber nach welchen Kriterien?

Im Gegenzug will der Senat das Eigenkapital der Unternehmen stärken, indem ihnen landeseigene Grundstücke übertragen werden und sie Gewinne nicht abführen müssen. Auch die Bebauungsplanverfahren möchte der Senat deutlich verkürzen und über eine Änderung der Bauordnung Abläufe vereinfachen und beschleunigen. Damit die Mieter möglichst wenig von den Kosten für Neubau- und Modernisierungsmaßnahmen etwa beim Klimaschutz übernehmen müssen, sollen die Wohnungsunternehmen staatliche Förderprogramme in Anspruch nehmen.

Laut der Vereinbarung soll außerdem ein "angemessenes Verhältnis von Haushalts- und Wohnungsgröße bei der Neu- und Wieder­vermietung sichergestellt" werden, um den vorhandenen Wohnungsbestand "bestmöglich zu nutzen". Auf Anfrage der "B.Z." antwortete die Bauverwaltung, in große Wohnungen sollten Familien einziehen, kleine Wohnungen "sollten Singles vorbehalten sein."

Dem Bericht zufolge konnte der Senat aber weder konkret benennen, was "angemessen" in der Praxis bedeute, noch was er bei der Wohnungsgröße unter "klein" und unter "groß" verstehe. Es werde immer eine "konkrete Entscheidung im Einzelfall sein", zitierte die Zeitung den Senat. Eine frühere Fassung der Vereinbarung hatte es noch geheißen, es dürfe in Zukunft pro Bewohner nur noch ein Zimmer geben. Dieser Punkt wurde nun durch die allgemeine, unkonkrete Beschreibung ersetzt.

Vergabequoten für besonders bedürftige Menschen

Die neue Vereinbarung schreibt auch detailliert vor, wie viele Wohnungen die Landesunternehmen an Mieter mit Wohnberechtigungsschein vergeben müssen und sieht Quoten für besonders bedürftige Gruppen vor, wie Studierende, Gewaltopfer oder Obdachlose. Sie soll ab Anfang 2024 in Kraft treten und vier Jahre lang gelten.

Nach Ansicht des Berliner Mietervereins stellt diese Ausweitung der Zahl der Berechtigten für günstige Wohnungen ein größeres Problem dar als die gerade erlaubte Mieterhöhung. Mit-Geschäftsführerin Ulrike Hamann sagte am Montag in der rbb24-Abendschau, in Berlin könnten sich Haushalte mit kleinem Einkommen am Wohnungsmarkt kaum versorgen. Bisher hätten für diese Haushalte zumindest zwei Drittel der Wohnungen bei Neuvermietung zur Verfügung gestanden. Diese Zahl sei jetzt halbiert worden, kritisierte Hamann. Dadurch gebe es jetzt weniger Wohnungen für Haushalte mit kleinem Einkommen.

Die jetzt möglichen Mieterhöhungen bezeichnete Hamann dagegen als moderat.

Sendung: rbb24 Abendschau, 25.09.2023, 19:30 Uhr

86 Kommentare

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  1. 86.

    Beißt sich diese Regelung nicht mit einem anderen Beschluss, wo ab 2025 landeseigene Wohnungsunternehmen die Mieten nach Höhe der Inflation erhöhen dürfen. Oder ist dieser Beschluss hinfällig oder das altbekannte Hintertürchen, doch noch mehr Miete verlangen zu dürfen.

  2. 85.

    Ja, das ist das Ziel. Da es sich in Wahrheit nur ums Geld dreht.

  3. 84.

    Immer diese Sprüche das man was gegen die steigenden Mieten machen will, aber das Gegenteil davon macht. Na ja, gleichzeitig wird ja damit der Mietspiegel auch wieder kräftig angehoben.

    Ist genauso wie mit dem, wo man angeblich die Regelung im Bau geändert hat um für bezahlbares Wohnen zu sorgen. Das einzige was damit erreicht wird, das sich mehr was bauen können. Für bezahlbare Wohnungen wurde überhaupt gar nichts gemacht und auch nichts geändert. Immer diese Schönrederei.

  4. 83.

    Singles dürfen sich also nicht mehr in ihrer Wohnung wohl fühlen und schön einrichten. Aber dafür Zwangsgröße. Ist dies überhaupt rechtlich zulässig.

  5. 81.

    Und wieder wird geschwindelt. Sie vergessen die Vermögenswerte. Ein riesiger Bestand an abbezahlten Wohnraumbeständen und Grundstücken.

  6. 78.

    50% müssen müssen nur die zahlen, die falsch wohnen. Wir zahlen weniger als 15%, haben schließlich noch andere Hobbys als Miete zahlen. Manche wohl nicht?

  7. 77.

    "Nach eigenen Angaben vermietet und betreut die Umland Wohnungsbaugesellschaft mehr als 1500 Wohnungen in der Region Börde und dem Harzvorland."

    Sie vergleichen absichtlich Äpfel mit Birnen. Alleine nur die GeWOBAG bewirtschaftet 98.822 Mieteinheiten. Eine von 6 KWBG.

  8. 76.

    "Gott sei Dank vermiete ich nur noch per Indexmietvertrag. Da bleibt mir solche Diskussion erspart."

    Und einen weiteren Grund genannt warum man ALLE privaten Vermieter enteignen sollte, die aus der Not Kapital schlagen wollen.

  9. 75.

    es ist schon toll wie hier das thema angemessene grösse des wohnraumes umschifft wird.
    Die Wohnraum ist da, es wohnen darin die falschen.
    Das selbe gilt für die Fachkräfte.
    Aber daran will keiner rütteln
    der eigene Status könnte verloren gehen.
    Der Ruf muss nun heißen
    "Lang lebe Assad und Putin"
    Wenn v.d. 5Mio. nur 2/3 zurückkehren
    haben wir das Jahr 97 als 1 zu 1 kopie.

  10. 74.

    Wer ist eigentlich auf die fiktive Grenze von 30% gekommen? Warum nicht 35% oder 40%? Woher kommt die Zahl?

  11. 73.

    Das sehe ich auch so. Und viele Mieter in unseren kommunalen Wohnungen hier auch. Alle 5 Jahre gibts mal ne Mieterhöhung von 2,5% auf die Kaltmiete. Da meckert auch keiner, weil dies noch weit unter der allgemeinen Inflationsrate und Preissteigerung ist. 2,9% Mieterhöhung sind sogar angesichts der steigenden Kosten für z.B. Instandhaltung und allgemeine Verwaltungskosten auch noch plausibel.

  12. 71.

    Mein Gott, es geht um Europas günstigste Mieten von 3,70 E den qm. Im Bestand. Für wenige, ok. Aber immerhin! Besser als 0. eat the rich

  13. 70.

    Ja, dass ist mir auch schon aufgefallen! Familien mit 2 oder 3 Arbeitsplätze suchen auch Bauland ist ja erschwinglich darum wird in Berlin soviel gebaut. Oder meinten Sie ein Plätzchen für das Familien Zelt?

  14. 69.

    Da merkt man, dass sich hier die grundsätzlichen Parameter im Markt verändert haben und alle vor denselben Herausforderungen stehen, wenn man ließt dass die landeseigenen Wohnungsunternehmen auf mehr Mieteinnahmen drängen.

  15. 68.

    Wo ist hier ein Problem? Eine moderate Mieterhöhung ist bei den ständig steigenden Kosten der Bewirtschaftung doch mehr als nötig.
    Gott sei Dank vermiete ich nur noch per Indexmietvertrag. Da bleibt mir solche Diskussion erspart.

  16. 67.

    Das ist leider nicht möglich. Jedermann kann Bauland in Berlin erwerben. Das ist nicht zu beschränken.
    Wohnen wird nicht nur durch das Bauland immer teurer. Wesentliche Preistreiber sind die Baumaterialien sowie die Bauleistungen durch Handwerker ect. Diese Kosten müssen auch sinken. Leider wird das nie passieren.

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