Klima-Technologie im Landtag - Das alte Gespenst CO2-Verpressung

Die Brandenburger CDU versucht schon länger, die unterirdische CO2-Speicherung wieder auf die Agenda zu heben. Das Thema weckt Erinnerungen und Ängste. Am Mittwoch diskutierte der Brandenburger Landtag die Klima-Technologie. Von Markus Woller
- CDU wirbt für CO2-Speicherung in Nordsee
- Linke glaubt an Profitstreben der Unternehmen
- Landesregierung schließt Speicherung in Brandenburg aus
Für Jan Redmann (CDU) ist die Zukunft des "Carbon Capture and Storage" (CCS) eine Zukunftsfrage für die Brandenburger Wirtschaft. 100.000 gut bezahlte Industriejobs in Brandenburg hingen auch davon ab, ob den Unternehmen die schnelle und wirtschaftliche Transformation zu einer klimafreundlichen Produktion gelinge, sagt er am Mittwoch im Landtag in Potsdam. Redmann zeigt sich überzeugt: Ohne die Abscheidung von CO2 und die anschließende unterirdische Lagerung ist das nicht zu schaffen.
In 2000ern war CCS heißes Thema
Dabei weiß der Fraktionschef genau um das heiße Eisen, das er mit der Debatte anfasst. Anfang der 2000er Jahre wollte Brandenburg mal Pilotstandort für die Verpressung von CO2 im Boden werden. Eine Erprobungsanlage wurde geplant. Mögliche Standorte für die versuchsweise Verbpressung, unter anderem bei Beeskow (Oder-Spree) und Neutrebbin (Märkisch-Oderland), waren gefunden. Der Protest in den Orten allerdings war bis dato beispiellos.
Die Menschen fürchteten sich davor, was passieren könnte, wenn das verpresste CO2 doch nicht, wie versprochen, in den Gesteinsschichten verharren sollte. Vergiftetes Grundwasser wurde befürchtet, gar eine Leckage, die CO2 an die Oberfläche durchlassen und die Menschen ersticken lassen könnte. Das Projekt war in Brandenburg nicht zu realisieren.
Dass das Thema gerade jetzt wieder an Fahrt gewinnt, kommt nicht von ungefähr. Der Bund stellt sich angesichts der Herausforderungen um das 1,5-Grad-Klimaziel gerade neu auf, erarbeitet eine Strategie zum Umgang mit Kohlendioxid und zum möglichen Abtransport und der Speicherung.
Angesichts der immer weiter steigenden CO2-Konzentration in der Atmosphäre wird nach kruzfristig realisierbaren Lösungen gesucht. CCS wird in der Strategie eine Rolle spielen. Nicht die Verpressung unter deutschem Festland zwar, denn alle Bundesländer, die dafür infrage kommen, haben das ausgeschlossen. Stattdessen könnte das CO2 nun in der Nordsee unter den Meeresgrund kommen. Alte norwegische Gas-Bohrlöcher sollen das überschüssige Gas aufnehmen.
Bund erarbeitet Carbon-Management-Strategie
Für viele Industriezweige wäre das entweder sehr lukrativ, weil CO2 perspektivisch sehr viel teurer werden wird, oder aber dringend nötig. Weil zum Beispiel in der Zementherstellung oder in der chemischen Industrie wichtige Prozesse zwingend CO2 produzieren, das sich kaum reduzieren lässt.
Dafür sollen Redmann zufolge bis zum Jahresende vom Bund auch Pipeline-Verläufe geplant werden, um das Klimagas von ostdeutschen Industriestandorten in den Norden zu leiten. Der Fraktionschef will, dass sich Brandenburg in diesen Prozess einschaltet, denn bislang führen alle geplanten Trassen an Brandenburg vorbei. "Jetzt müssen wir dafür sorgen, dass Brandenburg nicht den Anschluss verliert", so Redmann vor dem Parlament. Das Land brauche einen Anschluss an dieses Netz, damit der "alte ostdeutsche Industriebogen" PCK, Arcelor, BASF, Cemex eine weitere Zukunftschance bekäme.
Klaren Widerspruch gibt es im Parlament vor allem von AfD und Linken. Allerdings aus gänzlich unterschiedlichen Gründen. Der Fraktionschef der AfD, Hans-Christoph Berndt, befeuert vor den Abgeordneten erneut die Erzählung von der Klimawandel-Lüge. Alle Anstrengungen seien unnötig, weil es sich um "CO2-Mythen" handele. "Die Klimakrise gibt es in den Köpfen von Ideologen. Aber nicht in der Natur und nicht in Berlin und Brandenburg", so Berndt. Bei den Abgeordneten aller anderen Fraktionen im Landtag löst das Kopfschütteln aus.
Linke: Klimaschutz nur vorgeschoben
Linken-Fraktionschef Walter feuert gegen die Anstrengungen der CDU weil die Technik aus seiner Sicht keine Probleme löse. "Bei CCS geht es nicht um Kilmaschutz, sondern bei CCS geht es um eine Lobby, die versucht ihre Profite zu sichern", so Walter.
Immer wieder habe es in den vergangenen Jahrzehnten den Versuch gegeben, Industrieüberreste einfach zu verklappen. Die Überbleibsel dieser Versuche würden bis heute Milliarden verschlingen. Sei es bei Atommüll-Endlagern, Sanierung von Giftmülldeponien in Salzstöcken oder der Sanierung von Uranbergwerken. Das alles koste Milliarden.
"Sie verzocken die Zukunft unseres Landes“, warf Walter Redmann vor. Statt in CSS und dessen Infrastruktur müsse das Land in CO2-Vermeidung, Verkehrswende und Aufforstung investieren, so der Linke-Chef.
Clemens Rostock von den Grünen geht bei Letzterem voll mit. Allerdings glaubt er nach eigenen Angaben daran, dass CCS für die Vermeidung von Restemissionen gebraucht werde, die nicht anderweitig vermieden werden könnten. Nur dort aber solle eine Verklappungs-Lösung erlaubt werden. Er gab zu bedenken, dass die Technologie noch lange nicht wirtschaftlich zu betreiben und langfristig auch durch eine endliche Zahl an möglichen Speichern beschränkt sei. CCS sei nur ein Nebenschauplatz der Klimawandelbemühungen, so Rostock.
Landesregierung sieht rechtliche Probleme
Wirtschafts-Staatssekretär Hendrik Fischer (SPD) verwies auf den Koalitionsvertrag. Darin heiße es, die Koalition lehne die unterirdische CO2-Verpressung und Fracking ab, so Fischer. Außerdem habe er die Diskussion aus den 2000er Jahren noch gut in Erinnerung. "Das war nicht mehrheitsfähig." So ähnlich schätze er auch jetzt die Situation ein, und schloss noch einmal in aller Deutlichkeiten die Speicherung in Brandenburg aus.
Dass der Bund bei der Frage in Bewegung gekommen sei, habe man registriert. Man werde sich bei der neuen Carbon-Management-Strategie einbringen und diese nach der Erarbeitung bewerten. Die Verklappung in der Nordsee aber halte er aus einem bestimmten Grund für problematisch: Laut eines internationalen Abkommens sei es Deutschland bislang nicht erlaubt, Abfälle oder andere Stoffe im Meeresboden zu deponieren, so Fischer.
Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 18.10.2023, 19:30 Uhr