Klima-Technologie im Landtag - Das alte Gespenst CO2-Verpressung

Mi 18.10.23 | 19:40 Uhr | Von Markus Woller
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Symbolbild: Der Geologe und Leiter des Zentrums fuer Geologische Speicherung des Geoforschungszentrums Potsdam (GFZ), Axel Liebscher, steht am am Mittwoch (28.08.13) in Ketzin auf der CO2-Injektionsanlage zwischen den Luftverdampfern der Anlage, die in den Himmel ragen. (Quelle: dpa/K. Gabbert)
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 18.10.2023 | Hanno Christ | Bild: dpa/K. Gabbert

Die Brandenburger CDU versucht schon länger, die unterirdische CO2-Speicherung wieder auf die Agenda zu heben. Das Thema weckt Erinnerungen und Ängste. Am Mittwoch diskutierte der Brandenburger Landtag die Klima-Technologie. Von Markus Woller

  • CDU wirbt für CO2-Speicherung in Nordsee
  • Linke glaubt an Profitstreben der Unternehmen
  • Landesregierung schließt Speicherung in Brandenburg aus

Für Jan Redmann (CDU) ist die Zukunft des "Carbon Capture and Storage" (CCS) eine Zukunftsfrage für die Brandenburger Wirtschaft. 100.000 gut bezahlte Industriejobs in Brandenburg hingen auch davon ab, ob den Unternehmen die schnelle und wirtschaftliche Transformation zu einer klimafreundlichen Produktion gelinge, sagt er am Mittwoch im Landtag in Potsdam. Redmann zeigt sich überzeugt: Ohne die Abscheidung von CO2 und die anschließende unterirdische Lagerung ist das nicht zu schaffen.

In 2000ern war CCS heißes Thema

Dabei weiß der Fraktionschef genau um das heiße Eisen, das er mit der Debatte anfasst. Anfang der 2000er Jahre wollte Brandenburg mal Pilotstandort für die Verpressung von CO2 im Boden werden. Eine Erprobungsanlage wurde geplant. Mögliche Standorte für die versuchsweise Verbpressung, unter anderem bei Beeskow (Oder-Spree) und Neutrebbin (Märkisch-Oderland), waren gefunden. Der Protest in den Orten allerdings war bis dato beispiellos.

Die Menschen fürchteten sich davor, was passieren könnte, wenn das verpresste CO2 doch nicht, wie versprochen, in den Gesteinsschichten verharren sollte. Vergiftetes Grundwasser wurde befürchtet, gar eine Leckage, die CO2 an die Oberfläche durchlassen und die Menschen ersticken lassen könnte. Das Projekt war in Brandenburg nicht zu realisieren.

Dass das Thema gerade jetzt wieder an Fahrt gewinnt, kommt nicht von ungefähr. Der Bund stellt sich angesichts der Herausforderungen um das 1,5-Grad-Klimaziel gerade neu auf, erarbeitet eine Strategie zum Umgang mit Kohlendioxid und zum möglichen Abtransport und der Speicherung.

Angesichts der immer weiter steigenden CO2-Konzentration in der Atmosphäre wird nach kruzfristig realisierbaren Lösungen gesucht. CCS wird in der Strategie eine Rolle spielen. Nicht die Verpressung unter deutschem Festland zwar, denn alle Bundesländer, die dafür infrage kommen, haben das ausgeschlossen. Stattdessen könnte das CO2 nun in der Nordsee unter den Meeresgrund kommen. Alte norwegische Gas-Bohrlöcher sollen das überschüssige Gas aufnehmen.

Bund erarbeitet Carbon-Management-Strategie

Für viele Industriezweige wäre das entweder sehr lukrativ, weil CO2 perspektivisch sehr viel teurer werden wird, oder aber dringend nötig. Weil zum Beispiel in der Zementherstellung oder in der chemischen Industrie wichtige Prozesse zwingend CO2 produzieren, das sich kaum reduzieren lässt.

Dafür sollen Redmann zufolge bis zum Jahresende vom Bund auch Pipeline-Verläufe geplant werden, um das Klimagas von ostdeutschen Industriestandorten in den Norden zu leiten. Der Fraktionschef will, dass sich Brandenburg in diesen Prozess einschaltet, denn bislang führen alle geplanten Trassen an Brandenburg vorbei. "Jetzt müssen wir dafür sorgen, dass Brandenburg nicht den Anschluss verliert", so Redmann vor dem Parlament. Das Land brauche einen Anschluss an dieses Netz, damit der "alte ostdeutsche Industriebogen" PCK, Arcelor, BASF, Cemex eine weitere Zukunftschance bekäme.

Klaren Widerspruch gibt es im Parlament vor allem von AfD und Linken. Allerdings aus gänzlich unterschiedlichen Gründen. Der Fraktionschef der AfD, Hans-Christoph Berndt, befeuert vor den Abgeordneten erneut die Erzählung von der Klimawandel-Lüge. Alle Anstrengungen seien unnötig, weil es sich um "CO2-Mythen" handele. "Die Klimakrise gibt es in den Köpfen von Ideologen. Aber nicht in der Natur und nicht in Berlin und Brandenburg", so Berndt. Bei den Abgeordneten aller anderen Fraktionen im Landtag löst das Kopfschütteln aus.

Linke: Klimaschutz nur vorgeschoben

Linken-Fraktionschef Walter feuert gegen die Anstrengungen der CDU weil die Technik aus seiner Sicht keine Probleme löse. "Bei CCS geht es nicht um Kilmaschutz, sondern bei CCS geht es um eine Lobby, die versucht ihre Profite zu sichern", so Walter.

Immer wieder habe es in den vergangenen Jahrzehnten den Versuch gegeben, Industrieüberreste einfach zu verklappen. Die Überbleibsel dieser Versuche würden bis heute Milliarden verschlingen. Sei es bei Atommüll-Endlagern, Sanierung von Giftmülldeponien in Salzstöcken oder der Sanierung von Uranbergwerken. Das alles koste Milliarden.

"Sie verzocken die Zukunft unseres Landes“, warf Walter Redmann vor. Statt in CSS und dessen Infrastruktur müsse das Land in CO2-Vermeidung, Verkehrswende und Aufforstung investieren, so der Linke-Chef.

Clemens Rostock von den Grünen geht bei Letzterem voll mit. Allerdings glaubt er nach eigenen Angaben daran, dass CCS für die Vermeidung von Restemissionen gebraucht werde, die nicht anderweitig vermieden werden könnten. Nur dort aber solle eine Verklappungs-Lösung erlaubt werden. Er gab zu bedenken, dass die Technologie noch lange nicht wirtschaftlich zu betreiben und langfristig auch durch eine endliche Zahl an möglichen Speichern beschränkt sei. CCS sei nur ein Nebenschauplatz der Klimawandelbemühungen, so Rostock.

Landesregierung sieht rechtliche Probleme

Wirtschafts-Staatssekretär Hendrik Fischer (SPD) verwies auf den Koalitionsvertrag. Darin heiße es, die Koalition lehne die unterirdische CO2-Verpressung und Fracking ab, so Fischer. Außerdem habe er die Diskussion aus den 2000er Jahren noch gut in Erinnerung. "Das war nicht mehrheitsfähig." So ähnlich schätze er auch jetzt die Situation ein, und schloss noch einmal in aller Deutlichkeiten die Speicherung in Brandenburg aus.

Dass der Bund bei der Frage in Bewegung gekommen sei, habe man registriert. Man werde sich bei der neuen Carbon-Management-Strategie einbringen und diese nach der Erarbeitung bewerten. Die Verklappung in der Nordsee aber halte er aus einem bestimmten Grund für problematisch: Laut eines internationalen Abkommens sei es Deutschland bislang nicht erlaubt, Abfälle oder andere Stoffe im Meeresboden zu deponieren, so Fischer.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 18.10.2023, 19:30 Uhr

Beitrag von Markus Woller

20 Kommentare

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  1. 20.

    Das ist aber schon ein sehr weit gefasster Eintopf den Sie da zusammen rühren.
    Das alles ist nicht das gleiche und schon gar nicht das selbe.
    Das einzig Einende sind die großen Zahlen die man daneben schreiben könnte.
    Ansonsten was jeweils dahinter steckt, daraus wurde und werden könnte und wer jeweils die Verantwortung dafür hat sind schon gewaltige Unterschiede.
    Warum man das erforscht hat? Weil man es konnte und die Erkenntnis gewonnen hat, dass die Akzeptanz der Bürger sehr begrenzt ist.
    Den Beifang an Wissen, den man bei solchen geologischen Forschungen erzielt, lass ich mal außen vor.

  2. 19.

    Da Frage Ich mich aber ernsthaft, warum wurden dann viele Millionen Euro, für einen Jahrelangen Versuch zur Erprobung der CCS Technologie in Ketzin/Havel ausgegeben ??
    Diese Versuche und Erprobungen sind irgendwie das Selbe, wie Magnetschwebebahn/Transrapid, Cargolifter, Forme-Eins-Lausitz Ring, Chip Fabriken im Land Brandenburg und Internationaler Großflughafen BER, usw.

  3. 18.

    Die Regierung ist nicht eher glücklich, eh nicht jeder Brandenburger sein eigenes Windrad hat - die Stromabnehmer sind dann Kuhställe, Schweineställe, Golfplätze, Baumschulen und Agrar Betriebe.
    Aber vielleicht lässt sich aus Atommüll und verpresstem CO2 ja auch noch Energie und Strom gewinnen ???

  4. 17.

    "Zudem hat die Jahresniederschlagsmenge in den letzten 10 Jahre tendenziell deutlich abgenommen."
    https://wetterkanal.kachelmannwetter.com/niederschlagsentwicklung-in-deutschland-seit-1881/
    oder
    https://www.dwd.de/DE/leistungen/zeitreihen/zeitreihen.html (dort Niederschlag und Jahr für Zeitraum auswählen)
    Noch Fragen Verwaltungsfreund?

  5. 16.

    mit ccs versucht die fossile industrie ihren dreck unter den teppich zu kehren, bis es irgendwann wieder zu tage kommt sind die heutigen profiteure über alle berge und das gemeinwesen zahlt wieder für die schäden, so wie es heute schon mit dem atommüll geschieht.

  6. 15.

    Ja ganz genau : Windmühlen, Solarparks und trockene Monokulturen über der Brandenburger Erde und ein Atommüll-Endlager unter der Erde - Det ist unser jeliebtet Brandenburg - Schei... auf Tesla, Industrie und Gewerbe - Atommüll und Windräder vor jeder Hütte sind die moderne Brandenburger Zukunft

  7. 14.

    CCS Technologie ist doch Out - ein Atommüll-Endlager unter Teilen Brandenburgs/Berlin ist da viel wahrscheinlicher.

  8. 13.

    Wie kommen Sie darauf das es als Teufelszeug bewertet wird?
    Eine umfassende Risiko/Nutzen Abwägung ist doch sicherlich angebracht, wenn man mit solchen Mengen von unerwünschtem Stoff umgeht. Zumal die Alternativen der Vermeidung und natürlichen Speicherung noch längst nicht ausgereizt sind. Ist ja nicht so, dass die Menschheit bislang besonders nachhaltig mit seiner Technologie war.
    Daher ist es sicher kein Teufelszeug aber eben auch nicht der Super Problemlöser, weil Restrisiken und derzeit noch deutlich teurer als CO2-Vermeidung.
    In Island holt man sogar aktiv CO2 aus der Luft heraus, um es "dauerhaft" einzuspeichern. 100% EE ist dabei noch die einfachste Aufgabe. Auch wenn die derzeit sicher besser zu nutzen wäre als damit Schadstoffe von anderen Anlagen zu entfernen. Vermeiden klingt doch effizienter.

  9. 12.

    Die Idee finde ich gut. Aber nach Ansicht mancher ist alles Teufelszeug, was nicht von den Grünen beworben wird.

  10. 11.

    Antwort auf "Sebastian " vom Mittwoch, 18.10.2023 | 22:52 Uhr
    "Gegen Klimawandel, Trockenheit und Hitze, sollte die Politik vorgehen - dafür zum Bsp. ..... Bäume/Sträucher pflanzen, Feuchtwiesen / Feuchtgebiete schaffen, usw." die POLITIK soll Bäume pflanzen??
    "da gibt es genügend Aufgaben zur Verbesserung unserer Umwelt/Natur/Klima." Dann mal los, Jede:r vor seiner Tür: "Viele kleine Leute an vielen kleinen Orten, die viele kleine Schritte tun, können das Gesicht der Welt verändern." Stefan Zweig.

  11. 10.

    Und schon zeigt die CDU wieder ihr wahres Gesicht. Besitzstandswahrung für wenige auf Kosten der Entwicklung der Nation.

  12. 9.

    Das ist weder paradox noch trifft es so zu. Aufgrund der steigenden Temperaturen insbesondere im Sommer nimmt auch die Verdunstung zu. Zudem hat die Jahresniederschlagsmenge in den letzten 10 Jahre tendenziell deutlich abgenommen.

  13. 8.

    Klar findet die CDU CO2 Verpressung gut. Da kann man dann ja noch ein paar Jahre so tun als brauche man nichts zu ändern.

  14. 7.

    Altes Thema neues Gewand! So könnte mann den Versuch der Märchen Stunde auch bezeichnen. Und die gute alte Rhetorik von den 100.000 Arbeitsplätzen, ist für Herrn Jan Redmann (CDU) alles erklärt. Ja, wenn es um Arbeitsplätze geht, dann müssen wir auch!
    Ersten ist nicht sicher ob es weiterhin dieses Anzahl an Arbeitsplätze gibt,oder andere Branchen nicht auch Arbeitsplätze bereit stellen können. Und zweitens ist nicht klar ob das co2 auch dort bleibt, wo es für viel Geld hin soll.
    Die Reduktion von co2 erreichen wir durch die Produktion von Biomasse in Form von Pflanzen und der Reduktion von fossilen Energie. Bei dem Wort "Fossilen Energie" meldet sich der nächste Abgeordnete, der Partei Kollegen von Herrn R., oh, dass kostet Arbeitsplätze.
    Außer Spesen nicht gewesen, könnte es auch auf den Punkt bringen.

  15. 6.

    Die steigenden Temperaturen sorgen für mehr Verdunstung und längere Vegetationsperioden.
    Somit bleibt von dem Wasser was unten ankommt weniger übrig auch wenn es gemessen und in Summe quasi konstant bzw. leicht zunehmend sind. Verschiebung des Niederschlags und Überforderung der Böden durch Spitzen kommt noch dazu.
    Konsequenter Waldumbau und wassersparende Landwirtschaft wären wohl die größte Stellschraube.
    Egal welche das läuft, wird aber noch dauern.
    Zu hoher Abfluss bzw. zu wenig Rückhalt sind eher lokale Probleme also in der Stadt oder Siedlung. Lohnenswert das besser zu machen aber eben auch nur lokal signifikant. Viel kleines macht natürlich in Summe auch etwas aus.
    Etwas mehr Wald in Niedersachsen oder Sachsen-Anhalt würde uns sicher auch gut tun. Die dortige Verdunstung wäre dann etwas für uns.
    Welchen Einfluss der "Hotspot" Berlin auf unser Brandenburger Wetter und letzten Endes auch Klima hat, bin ich mir nicht sicher. Vielleicht wirkt das auch erst in Polen.

  16. 5.

    "Brandenburg trocknet langsam aber sicher aus" Ja, das ist ein faszinierendes Paradoxon. Obwohl die Jahresniederschlagsmengen seit beginn der Wetteraufzeichungen beständig zunehmen (mit der mittleren Temperatur), wird immer öfter über Trockenheit in der Mark geklagt. Da sollte man sich dringend Gedanken machen, wohin der zunehmende Jahresniederschlag verschwindet und ob man den nicht besser in der Mark halten kann.

  17. 4.

    Ein sehr großes Problem in und für Brandenburg, ist der Klimawandel.
    Brandenburg trocknet langsam aber sicher aus und wird immer heißer.
    Gegen Klimawandel, Trockenheit und Hitze, sollte die Politik vorgehen - dafür zum Bsp. den ÖPNV ausbauen und auch Bahnstrecken reaktivieren, Bäume/Sträucher pflanzen, Feuchtwiesen/Feuchtgebiete schaffen, usw - da gibt es genügend Aufgaben zur Verbesserung unserer Umwelt/Natur/Klima.


  18. 3.

    CO2-Verpressung ist eine Mogelpackung, ähnlich wie Dreck unter den Teppich fegen. Erstmal ist er weg, aber nur oberflächlich. Irgenwann dringt das CO2 dann durch und kommt wieder hoch. Das ist nicht nachhaltig, sondern reine Augenwischerei. Ein Taschenspielertrick für den kurzen Moment.

  19. 2.

    Was den Müll angeht sollte doch die zukünftige Strategie klar sein. Vermeiden, vermeiden, vermeiden und dann irgendwann wieder verwenden und den Rest wieder verwerten.
    Jack Johnson hat das schon vor einigen Jahren in 3 Rs besungen. Gilt auch für andere Branchen.
    Und auch bei den genannten Standorten ist man doch intensiv dabei die Prozesse zu dekarbonisieren.
    Bei Stahl und PCK ist es technisch machbar und auch absehbar das da was großes kommen wird.
    Zement weitestgehend durch natürliche oder andere Baustoffe ersetzen hilft Cemex nur indirekt, es sei denn sie steigen um. Die haben doch aber auch schon eigene Projekte. Wo ist da deren Grenze?
    Also wirklich sehr gut überlegen ob und wo CCS wirklich der einzige Ausweg ist nach reduce, reuse, recycle auf Produktseite. Einiges CO2 wird ja noch in der synthetischen CH4 Herstellung benötigt.

  20. 1.

    Die CO2-Verpressung ist ein fataler Irrweg, denn es stehen einerseits nur begrenzte Kapazitäten zur Verfügung und andererseits kann gerade bei Verpressung unter dem Meeresboden nicht langfristig garantiert werden, dass das CO2 nicht wieder freigesetzt wird.

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