Haushalts-Debatte im Abgeordnetenhaus - "Kluges Konsolidieren" oder nur "Wegners warme Worte"?

Do 14.12.23 | 21:21 Uhr | Von Jan Menzel
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Kai Wegner (CDU), Regierender Bürgermeister von Berlin, spricht auf der Plenarsitzung des Berliner Abgeordnetenhauses. (Quelle: dpa/Kalaene)
Video: rbb24 Abendschau | 14.12.2023 | F. Hoppen | Bild: dpa/Kalaene

Der Berliner Doppel-Haushalt ist beschlossen. Mit 80 Milliarden Euro wird 2024 und 2025 so viel Geld ausgegeben wie noch nie. In der Debatte im Abgeordnetenhaus wurde aber auch deutlich, dass es finanziell so nicht weitergehen kann. Von Jan Menzel

Das Berliner Abgeordnetenhaus hat den Doppelhaushalt für die Jahre 2024 und 2025 beschlossen. Nach 12-stündiger Debatte stimmten die Koalitionsfraktionen CDU und SPD für das Gesetz, die Opposition aus Grünen, Linken und AfD stimmten geschlossen dagegen.

Bevor am Donnerstagabend abgestimmt wurde, ging es zuvor in der Generalaussprache um das große Ganze. Streng formal wird nur über den vergleichsweise kleinen Einzelplan des Regierenden Bürgermeisters diskutiert. Aber traditionell ist dies die Gelegenheit, um die großen Linien zu skizzieren, oder sie in Bausch und Bogen zu verdammen. Je nachdem, ob man in der Opposition sitzt oder an der Regierung ist.

Kai Wegner macht da bei seiner Premiere als Regierender Bürgermeister keine Ausnahme. Es sind weniger die nackten Zahlen, die er bemüht, als vielmehr die politischen Botschaften. "Berlin ist, was wir draus machen", ist eine davon. Weitere aus den Reihen der schwarz-roten Koalition lauten, dass hier ein "Haushalt des Zusammenhalts" und ein "Haushalt mit Haltung" vorliege.

Innere Sicherheit steht für Wegner im Zentrum

Als wichtigsten Punkt markiert Wegner die innere Sicherheit. "Die Zeit des Ignorierens von Problemen, des Wegschauens und des Verharmlosens ist vorbei", so der CDU-Politiker. Schwarz-Rot sorge für mehr Sicherheit. Das macht der Regierende Bürgermeister fest an zusätzlichen Stellen für Polizei und Rettungsdienst, Tasern für die Polizei und dem angekündigten Zaun um den Görlitzer Park.

Aber auch Bildung, Milliarden für den Schulbau wie für neue Wohnungen und der Verkehrssektor sind für CDU und SPD Schwerpunkte des Doppelhaushalts 2024/2025. Deutlich mehr Geld gibt es auch für den Hochschulbereich, der finanziell gleich für mehrere Jahre abgesichert wurde. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen Bettina Jarasch sieht dagegen in dem 80-Milliarden-Rekord-Haushalt zu viele leere Versprechen und ungedeckte Schecks.

"Wegners warme Worte" nennt Jarasch das. Denn der Regierende Bürgermeister verantworte einen Haushalt, der alle Rücklagen aufbrauche und trotzdem noch mit einer Finanzierungslücke von 2 Milliarden Euro pro Jahr dastehe. "Das ist, als würde der Senat zu einer Wandertour über zwölf Tage einladen, aber nur Proviant für zehn Tage einpacken und wir wissen, wer dann auf der Strecke bleibt: nämlich die Schwächsten."

Linke sieht "Feuerwerk der Floskeln", AfD einen "finanzpolitischen Sprengsatz"

In die gleiche Richtung geht auch die Kritik der Linken in der Generaldebatte. Heute veranstalte der Regierende Bürgermeister ein "Feuerwerk der Floskeln", warnt Fraktionschef Carsten Schatz. Das dicke Ende komme aber noch: "Berlin kann sich keine zweite Sarrazin-Dekade leisten. Wir haben seit 2016 daran gearbeitet, die Verheerungen des 'Sparen, bis es quietscht' zu reparieren." Es drohe ein Rollback in die Zeit als Berlin schon einmal finanzpolitisch am Abgrund stand. "Sie weigern sich nur, es den Berlinerinnen und Berlinern zu sagen", kritisiert Schatz.

Eine besondere Schärfe bringt AfD-Fraktionschefin Kristin Brinker in die Debatte. Sie arbeitete sich regelrecht an der CDU ab. Die setze die Politik von Rot-Grün-Rot fort, verschleudere Geld für Queerpolitik und sorge dafür, dass Flüchtlinge in - so wörtlich - "Luxushotels" unterkommen. Brinkers Bilanz: "Das, was sie uns hier als Haushalt vorlegen, ist in Wahrheit ein gefährlicher finanzpolitischer Sprengsatz, der die Zukunft Berlins zerstören kann."

SPD will kein "Weiter so"

Für die SPD bekräftigt der Fraktionsvorsitzende Raed Saleh dagegen, dass mit diesem Haushalt - anders als von der Opposition unterstellt, gerade kein sozialer Kahlschlag über die Stadt komme. Ein "Weiter so" dürfe es aber auch nicht geben. "Wir leiten einen klugen Konsolidierungskurs für die Berliner Finanzen ein. Damit wir weder heute noch morgen mit dem angespitzten Rotstift durch die Haushaltsbücher gehen müssen."

Wo genau das kluge Konsolidieren, was letztlich nichts anderes als Sparen ist, aber stattfinden soll, verrät auch Saleh in der Debatte nicht. Der Regierende Bürgermeister spart dieses Thema in seiner Rede gleich ganz aus. Für den Finanzsenator wird das so nicht möglich sein.

Spätestens ab dem 1. Januar, wenn der Doppelhaushalt in Kraft tritt, ist Stefan Evers am Zug. Er wird sich dann weniger um die großen Linien und politischen Botschaften, sondern vor allem um die nackten Zahlen kümmern müssen.

 

Sendung: rbb24 Abendschau, 14.12.2023, 19:30 Uhr

Beitrag von Jan Menzel

22 Kommentare

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  1. 22.

    Berlin war vor 20 -25 Jahren wirklich was besonderes, offen tolerant, optimistisch, "gut drauf", aber das scheint sich in den letzten paar Jahren weitgehend in der Luft aufzulösen, und daran ist nicht die Bundesregierung schuld,
    wir haben ein föderales System,

  2. 21.

    Können Rücklagen willkürlich auf Null reduziert werden, oder gibt es gesetzliche Grundlagen dafür, einen MIndest-Stand halten zu müssen?

  3. 20.

    "Weitere Gentrifizierung, Sozialabbau, Verkehrspolitische Einbahnstraßen, Klimakriminalisierung & dann vielleicht noch „Kunststreaming“. "

    Ganz genau so wird es kommen. Genau das hatte der korrupteste und unfähigste Senat aller Zeiten von Anfang an vor. Dieser Senat macht wieter wo Diepgen und sein Duzfreund Landowsky aufgehört haben. Dem Ausverkauf der Stadt an Günstlinge.

  4. 19.

    ..ich habe dieses substanzlose Dampfgeplauder gewählt. Tschuldigung. Wohin man hört das Gleiche . Frei nach Grönemeyer:"Kinder (endlich) an die Macht, bevor die einfallslose Bildungspolitik euch ganz runter zieht! Viel Glück.

  5. 18.

    „Berlin ist das, was wir draus machen“ - Kommt darauf an, was genau damit gemeint ist. Ganz ehrlich, das schürt bei mir aus Erfahrung eher Ängste! Weitere Gentrifizierung, Sozialabbau, Verkehrspolitische Einbahnstraßen, Klimakriminalisierung & dann vielleicht noch „Kunststreaming“. Berlin ist etwas besonderes und braucht Menschen, PoltikerInnen, die das auch verstehen & identitätsstiftende Sichtweisen aufbringen können, ansonsten werden wir wie alle anderen weiter glattgezogen!

  6. 17.

    Um Kunst genießen zu können würde es reichen, würden Touristen kommen, um auf Queer-Weihnachtsmärkten Kunst in Form von erigierten Penissen zu bestaunen.
    Diese Kunst kostet den Berliner Haushalt nix, eine Bratwurscht und Prosecco spülen Steuern in den Haushalt-- und Berlins Hotels wären trotzdem voll.

    Reicht mein Kommentar, um als "Schmutz- und Schundkampagne" bezeichnet zu werden?

  7. 16.

    Ja, bleiben Sie bei der CDU! Schön, die politische Unterhaltungsshow vernebelt klares Denken. Wohnungspolitik,ÖPNV wurden genannt...Frage: Glaubt hier jemand ernsthaft, daß die Folklore-Streitereien dazu führen, daß wir z.B. mal Termine im Bürgeramt bekommen, oder die Sicherheit in der Stadt verbessert wird oder oder oder .Mit anderen Worten: Es ist Sche...egal wer oder was Berlin regiert ...und ja, es wird noch ungemütlicher, weil politisch beschlossen wurde, die MITTE ALLES bezahlen zu lassen.

  8. 15.

    Danke für Ihre Gänsefüßchen: Wie schnell haben die beiden davorigen Senate "liefern" können.
    Das Englische to deliver a baby heißt hoffentlich auch in Zukunft nicht ein Baby zu liefern.

    Sprachverarmung. "Tatsächlich".

  9. 14.

    @ gerdi: Die Touristen werden es sicherlich sehr schätzen, wenn sie nicht mehr wegen kultureller Angebote nach Berlin kommen müssen, sondern von zuhause aus streamen. Das hilft dem Landeshaushalt bestimmt enorm weiter. Aber solche Vorschläge sind vermutlich von der Sehnsucht getrieben, nur noch deutschtümelnde Angebote als Kunst anzuerkennen. Wir warten gespannt auf die erste Schmutz- und Schundkampagne der AfD.

  10. 13.

    Ja da haben Sie Recht. Die Mit-Der-CDU-Senate in den Koalitionen vor 2016 lieferten ab, woran man seit 2016 zu beissen hatte. Jahrelang. Na klar: mehr als eine Legislatur.
    Nun regiert also wieder eine SPD-CDU-Koalition. Die Zeit von RRG also viel zu kurz, um ihr anlasten zu wollen, sie hätten eine wohlgeführte Stadt /Land übernommen 2016. Und dann hingerichtet. Unsinn.
    Wir wollen ja sachlich und seriös bleiben in der Diskussion.
    Vom Wegener-Giffey-Senat kommt kein Vorschlag, der nicht bereits 2016 gescheitert war. Einschliesslich den grössenwahnsinnigen Projekten Olympia 36, Weltausstellung - und das die Benkos der Welt die Wohnen-Frage weder in Berlin noch sonst in der Welt lösen werden und wollen, ist bei der Immo-SPD-CDU offenbar auch noch nicht angekommen.
    Aber Tempelhofer Feld gegen gültiges Gesetz nach Volksabstimmung zur Bebauung freigeben - mal so halt - das geht natürlich immer.
    Und gegen sichere Radwege sein auch.

  11. 12.

    Jawoll! - sagt es und weiß Bescheid!
    Wieviel Monate ist diese Senat im Amt?
    Wie schnell haben die beiden davorigen Senate "liefern" können (Wohnungen, ÖPNV, ...)?
    Bitte immer sachlich und objektiv bleiben!!!
    "... nächstes mal werden die Berliner beides zu verhindern wissen" - bitte nicht verallgemeinern, ich bleibe bei CDU!
    F-Hain+X-Berg ist nicht Berlin.

  12. 11.

    Sie verwechseln da etwas. Die Berliner haben in erster Linie Giffey abgewählt. Das die Grünen und Linken raus sind, war nur der Mitnahmeeffekt, weil Giffey politisch elegant überleben wollte.
    Und nun zum Thema. Wegner hat völlig Recht. Jetzt ist nun wirklich die falsche Zeit, Berlin an die Wand zu sparen. Er ist einer der wenigen (CDU-)Politiker, der kapiert hat, das investiert werden muss, solange es überhaupt noch geht. Denn das Aussetzen von dringenden Investitionen bekommt nämlich auch Kinder und Kindeskinder, wie der Zinseszins bei Schulden. Der Unterschied ist nur der, dass die "Soll-Zinsen" aufgrund verhinderter Investitionen HÖHER sind und zwar deutlich.

  13. 10.

    Wegner soll erstmal erfüllen was er versprochen hat, er hat Glück dass die Berliner die Grünen mit seiner Wahl verhindern wollten, nächstes mal werden die Berliner beides zu verhindern wissen.

  14. 9.

    Könnten sie mir streaming Dienste empfehlen, welche Opern-/Theaterstücke oder die meisten Filme der Berlinale zeigen, empfehlen? Mir sind nämlich keine bekannt.

  15. 8.

    Es ist gerade das Live-Erlebnis und die individuelle Kreativität, was Ausstellungen, Oper oder Theater ausmachen. Dieses breite Angebot kennzeichnet ja gerade Berlin und das möchte ich nicht missen.
    Wer Kultur nur vom Streaming her kennt kann das nicht beurteilen.

  16. 7.

    Bei Kultur könnte man vieles Geld einsparen, es gibt heute Streaming. Opern, Theater Berlinale & Co für 5 Jahre aussetzen.
    Das personal könnte Bus oder U-Bahn Fahrpersonal werden.

  17. 6.

    Man hat seine Regierung gewählt , also ihr wolltet es so.
    Daher meckert nicht .

  18. 5.

    Die erhöhten Ausgaben machen Sinn, wenn diese investiert und nicht verfrühstückt werden.
    In den nächsten Jahren werden tausende MA der Berliner Verwaltung in Rente gehen und es dürfte keinen nennenswerten Ersatz geben. Also höchste Zeit die Verwaltung organisatorisch und EDV-Technisch auf den neuesten Stand zu bringen, z.B. die Digitale Akte.

  19. 4.

    Prima, die anderen Bundesländer öffnen schon ihre Geldkassetten.

  20. 3.

    "Pragmatismus statt Ideologie"

    Ich glaube erst was ich sehe. Bisher war der CDU geführte Senat gerade wegen ideologischer Getriebenheit eine Luftnummer.

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