Berlins Generalstaatsanwältin - Koppers fordert Abschaffung des Weisungsrechts durch Justizminister

Mi 03.01.24 | 06:36 Uhr
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Berlins Generalstaatsanwältin Margarete Koppers, Archivbild (Quelle: DPA/Britta Pedersen)
Audio: Antenne Brandenburg | 08.11.2023 | Ronald Schleif | Bild: DPA/Britta Pedersen

Berlins Generalstaatsanwältin Margarete Koppers hat die Abschaffung des Weisungsrechts durch Justizminister von Bund und Ländern gefordert. Der Europäische Gerichtshof mahne dies schon länger an, in vielen europäischen Ländern gebe es dieses Durchgriffsrecht auf konkrete Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaften nicht, hieß es.

"Deutschland ist in diesem Punkt nicht vorbildlich aufgestellt", sagte Koppers der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Die Justizminister und -ministerinnen erklärten immer wieder, sie würden das Weisungsrecht tatsächlich nicht ausüben. "Das finde ich so nicht glaubhaft. Denn dann könnten sie es auch abschaffen."

Gleichstellung mit Richterberuf

Koppers verwies dabei auch auf die politische Entwicklung und sagte mit Blick auf den hohen Zuspruch für die AfD bei Umfragen in einigen Bundesländern: "Wenn ein AfD-Politiker den Justizminister stellte, dann möchte ich mir nicht vorstellen, wie die Strafverfolgung aussähe - vor allem im Bereich des Rechtsextremismus."

Die AfD nutze derzeit die Justiz, um vermeintliche Verletzungen eigener Rechte geltend zu machen und den Anschein zu erwecken, ihre politischen Gegner hielten sich nicht an Recht und Gesetz. So riefen sie relativ häufig das Bundesverfassungsgericht an. "Wenn sie die Macht hätten, würde es allerdings nicht mehr mit rechtsstaatlichen Mitteln zugehen", ist Koppers überzeugt.

Die Abschaffung des Weisungsrechts stelle "eine Entpolitisierung der Strafverfolgungsbehörden" dar, die aus ihrer Sicht wichtig für das Ansehen und die Glaubwürdigkeit der Staatsanwaltschaften sei, sagte die Generalstaatsanwältin. Zugleich ginge mit der Abschaffung eine Gleichstellung mit dem Richterberuf einher. Bei diesem gelte das Prinzip der Unabhängigkeit und niemand könne Richtern oder Richterinnen vorschreiben, wie sie entscheiden.

FDP hatte sich vor der Wahl für Reform eingesetzt

Die Unterscheidung sei vielen jungen Juristen und Juristinnen unverständlich - und damit auch ein Hemmnis bei der Gewinnung von Nachwuchs für die Staatsanwaltschaft. "Sie durchlaufen dieselbe Ausbildung, legen auf dasselbe Grundgesetz den Amtseid ab", so Koppers. "Sie haben dieselben Pflichten - warum sollen sie nicht die gleichen Rechte haben?"

Der Deutsche Richterbund (DRB) hatte erst kürzlich erneut die Justizminister von Bund und Ländern aufgefordert, sich vom Weisungsrecht zu verabschieden. Das Durchgriffsrecht erschüttere das "Vertrauen in eine objektive Strafverfolgung", erklärte der Interessensverband der Richter und Staatsanwälte.

Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP heißt es: "Entsprechend den Anforderungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) passen wir das externe ministerielle Einzelfallweisungsrecht gegenüber den Staatsanwaltschaften an." Die FDP, die mit Marco Buschmann den Bundesjustizminister stellt, hatte sich in der zurückliegenden Wahlperiode für eine solche Reform eingesetzt.

Sie schlug damals vor, das sogenannte externe Weisungsrecht des Justizministers in Einzelfällen abzuschaffen. Die Staatsanwaltschaft sollten weiter einer Dienstaufsicht unterliegen, die jedoch nicht das Weisungsrecht von Justizverwaltungen in Bezug auf Einzelfälle umfassen sollte. Aus dem Bundesjustizministerium hieß es im November, es werde das weitere Vorgehen geprüft.

Sendung: Antenne Brandenburg, 08.11.2023, 13:01 Uhr

49 Kommentare

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  1. 49.

    Und wer soll die "Strafvereitelung " verfolgen, wenn die Staatsanwaltschaft weisungsgebunden ist? Dann kommt die Aussage:"Wir sehen keinen ausreichenden Anfangsverdacht. Das Verfahren wurde eingestellt". Es gibt ein Strafgesetzbuch und danach hat die Staatsanwaltschaft zu handeln. Nicht mehr und nicht weniger.

  2. 48.

    Wollen Sie mit Ihrer Aussage etwa behaupten, dass unsere Demokratie schwach ist? Unsere Demokratie ist stark, darum brauchen wir kein Verbot von Parteien. Wir setzen uns mit demokratischen Mitteln und mit Argumenten mit dieser Partei auseinander. Nur so können wir unsere FDGO durchsetzen.

  3. 47.

    Die Frage ist nur, Frau Koppers ist seit 2018 Generalstaatsanwältin und im Jahr 2024 findet sie die Weisungsgebundenheit nicht mehr richtig? Hat sie die ersten 5 Jahre geschlafen?

  4. 46.

    Die Frage ist doch, wer hier einstuft, warum und wer den Auftrag dazu geben hat. Im SPIEGEL stand vor einigen Tagen, dass die AfD irgendwo eine Klage gewonnen hat, weil die Vorwürfe offensichtlich konstruiert waren und jeder Grundlage entbehrt hatten. Die ganze Aufbauscherei wird sich noch bitterlich rächen.

  5. 45.

    Ich meinte eigentlich nicht die SPD, sondern die ihr enteilende AfD ! Heute war im Internet zu lesen, dass die SPD teilweise u nur noch auf 3 % kommt.

  6. 44.

    Das war bei den Grünen und den Linken in der Anfangszeit auch so. Durch das Stahlgewitter müssen alle Neulinge durch, denn es sind erstmal Fressfeinde !!

  7. 43.

    Wenn sie die AfD gut kennen, welche Position bekleiden sie denn da, wenn Sie sich ein solches Urteil erlauben. Gehen Sie zu den Stammtischen oder Treffen, und sprechen mit den Mitgliedern ? Haben Sie sich schon mal z.B. mit der Brinker
    unterhalten ? Was die Reden anbetrifft, sind diese teilweise natürlich provokativ. Klappern gehört zum Handwerk. Aber das machen andere auch gern und deftig. Ich darf an den Moralisten der SPD Kahrs und seine Entgleisungen im Bundestag erinnern. Da hat man ihm seine Homosexualität zur Ehrenrettung angerechnet. Was ist aus ihm geworden ?
    Eine weitere Frage ist, was man herauslesen und hören möchte.

  8. 42.

    Vor etlichen Jahren war Ihre Partei auch noch kein rechtsextremer Verdachtsfall oder in Teilen als als gesichert rechtsextremistisch eingestuft

  9. 41.

    Erst wenn die AfD die absolute Mehrheit erreicht, wird sich bei diesem Thema was ändern.

  10. 40.

    Die Altparteien taktieren hinhaltend bei diesem Thema. Neu ist das Thema ja nicht, nur passiert ist nichts. In dem Bericht der EU-Kommission zu Deutschland heißt es nach wie vor: “Bezüglich der angekündigten Reform, mit der die Befugnis der Justizminister, Staatsanwälten in Einzelfällen Weisungen zu erteilen, neu geregelt werden soll, wurden bislang keine Schritte unternommen.”

  11. 39.

    Verstehe nicht, warum Sie gerade bei diesem Thema die Nagelprobe für die AfD sehen. Die AfD, genauer gesagt, deren Justitiar, hatte schon vor etlichen Jahren die Abschaffung des Weisungsrechts der Justizminister gegenüber der Staatsanwaltschaft gefordert.

  12. 37.

    Bei RRG ist 2016 im Koalitionsvertrag festgeschrieben worden, wie die Staatsanwaltschaft bei bestimmten Delikten vorzugehen habe. Insofern sind die Bedenken von Koppers nicht nur in Bezug auf die AfD berechtigt.

  13. 36.

    Sie haben natürlich recht, dass die Staatsanwaltschaft ein Exekutivorgan ist. Gemäß Artikel 20 Absatz 3 Grundgesetz darf die Exekutive nur aufgrund von Rechtsnormen tätig werden. Somit ist ein ministeriales Weisungsrecht obsolet, da das Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung ganz eindeutig regeln wann die Staatsanwaltschaft tätig werden muss und auch wie.

  14. 35.

    Ich kenne das AfD Programm und auch die Kyffhäuserrede von Bernd Höcke! Das ist eine rechtsextreme Partei!

  15. 34.

    Nun, da habe ich neben der Staatsanwaltschaft gleich noch Teile der Richterschaft in einen Topf geworfen.

  16. 33.

    Die Justizminister haben kein Weisungsrecht an Richter. Das bezieht sich nur auf die Staatsanwaltschaften. Im Artikel steht das zwar, aber nur sehr beiläufig, und auch verhältnismäßig spät. Das hätte deutlich klarer formuliert werden müssen, da es der Kernpunkt des Artikels ist.

  17. 32.

    "Ich wusste gar nicht , dass die Justizminister Einfluss auf die Richter haben." Haben sie ja auch nicht, zumindest nicht nach der Ernennung. Die Politik bestimmt aber, wer zu Richtern ernannt wird. Ist aber ein anderes Thema, denn hier geht es um Staatsanwaltschaften und da nimmt die Politik durchaus Einfluss, wenn sie verlangt, dass bei bestimmten Verfahren zum Beispiel trotz fehlender Anhaltspunkte weiter ermittelt wird oder bestimmte Straffelder intensiver verfolgt werden sollen. Da die Kapazitäten endlich sind, kann es dann auch passieren, dass andere Fälle unbearbeitet bleiben. Es muss in einem Rechtsstaat ausschließlich der Staatsanwaltschaft obliegen, wo sie wie viele Ressourcen in die Ermittlungen steckt und die Überwachung dessen durch die Richterschaft und nicht die Politik.

  18. 31.

    Ich wusste gar nicht , dass die Justizminister Einfluss auf die Richter haben.
    War es nicht die Ex-Kanzlerin und es so etablierte, vor richtungsweisenden Urteilen des BGH mit deren Richter sich zu einem Pläuschen zum Essen traf?
    Heute ist es die CumEx- und Warburgbank-Affäre des heutigen Kanzlers, deren Aufklärung von der Hamburger Staatsanwaltschaft versucht wird, nicht nur zu behindern, sondern unter den Teppich zu kehren.
    Und @Bauml, die Partei macht es dann den Altparteien gleich.

  19. 30.

    Interessant, solange Kanzler Scholz im Amt ist, werden seine CUM-EX Skandale immer wieder von der Staatsanwaltsschaft Hamburg und Co eingestellt... Jetzt mal überlegen... Und jetzt, wo die AFD eventuell gefährlich wird, soll dieses Gesetz, welches seit 1879 existiert, vom Kaiser, der Weimarer Republik und der Nachkriegszeit bis heute verwendet wurde und wird abgeschaft werden?

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