Ab 1. April - Bundestag beschließt kontrollierte Cannabis-Freigabe

Fr 23.02.24 | 20:37 Uhr
  79
Symbolbild: Eine Frau zündet sich einen Joint an. (Quelle: dpa/Utrecht)
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 23.02.2024 | D. Azzam/C. Hölscher | Bild: dpa/Utrecht

Erwachsene sollen künftig legal Cannabis besitzen dürfen – zumindest in bestimmten Mengen. Der Bundestag hat am Freitag eine umstrittene Gesetzesänderung zur teilweisen Legalisierung der Droge beschlossen.

Der Bundestag hat am Freitag für eine teilweise Legalisierung von Cannabis gestimmt.

Das Gesetz der Ampel-Koalition sieht eine kontrollierte Freigabe mit zahlreichen Vorgaben und Regeln vor. Vom 1. April an dürfen Erwachsene ab 18 Jahren zu Hause bis zu 50 Gramm und im öffentlichen Raum bis zu 25 Gramm Cannabis besitzen. Der private Anbau von bis zu drei Pflanzen wird erlaubt.

Von Juli dieses Jahres an soll der gemeinschaftliche Anbau in Cannabis-Clubs ermöglicht werden, aus dem die jeweils bis zu 500 Mitglieder begrenzte Mengen beziehen dürfen. Die Vereine oder Clubs dürfen den Plänen zufolge maximal 25 Gramm Cannabis pro Tag an ihre bis zu 500 Mitglieder abgeben und höchstens 50 Gramm pro Monat. Mitglieder unter 21 Jahren bekommen höchstens 30 Gramm pro Monat. Bei ihnen gibt es auch eine Begrenzung für den Gehalt des Rauschmittels THC - er darf nicht über zehn Prozent liegen. Die Cannabis-Vereine dürfen zudem Samen und Stecklinge an die Mitglieder zum Eigenanbau zuhause weitergeben.

Bundesrat muss nicht zustimmen - könnte aber das Gesetz verzögern

Verboten bleibt der Konsum 100 Meter um Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen, Kinderspielplätze und öffentlich zugängliche Sportstätten, sowie tagsüber in Fußgängerzonen. Spätestens 18 Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes soll eine erste Bewertung unter anderem dazu vorliegen, wie es sich auf den Kinder- und Jugendschutz auswirkt.

Für das Gesetz stimmten 407 Abgeordnete, mit Nein 226 Abgeordnete, es gab 4 Enthaltungen. Das Gesetz kommt nun voraussichtlich am 22. März abschließend in den Bundesrat, zustimmungspflichtig ist es aber nicht. Die Länderkammer könnte prinzipiell aber den Vermittlungsausschuss mit dem Bundestag anrufen und das Verfahren abbremsen.

Gesetz stark umstritten

Über die weitreichende Zäsur in der Drogenpolitik wurde bis zuletzt kontrovers diskutiert. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach warb für die Pläne. Die Lage derzeit sei "in keiner Weise akzeptabel", sagte der SPD-Politiker in der Aussprache vor der Abstimmung mit Blick auf steigende Zahlen von Konsumenten und "toxische Konzentrationen" in Cannabis aus kriminellem Drogenhandel. "Der Schwarzmarkt ist der Kern des Übels." Jeder Kampf gegen den Schwarzmarkt sei ein wichtiger Schritt zum Schutz junger Menschen. Daher solle ein legales Angebot geschaffen werden. Lauterbach hob zugleich eine vorgesehene stärkere Aufklärung hervor. "Wir verharmlosen nicht." Viele junge Menschen wüssten bisher nicht, dass Cannabis-Konsum für das wachsende Gehirn wie ein "Gehirngift" wirke.

Politiker der Union forderten den Bundestag vor der Abstimmung noch einmal eindringlich auf, gegen die geplante Legalisierung von Cannabis in Deutschland zu stimmen. Die CDU-Gesundheitspolitikerin Simone Borchardt sprach am Freitag im Parlament von einem "völlig unnötigen, verworrenen Gesetz". Ärzte, Polizisten und Psychotherapeuten hätten vor den Plänen gewarnt - alle Innenminister der Bundesländer hätten sich dagegen ausgesprochen. "Und Sie, liebe Ampel, machen trotzdem, was Sie wollen", sagte sie. "Der Kinder- und Jugendschutz ist in Ihrem Gesetz nicht mehr als ein reines Lippenbekenntnis." Auch der AfD-Politiker Jörg Schneider sprach sich gegen das Gesetz der Ampel aus. Er bezeichnete es als "Konjunkturprogramm für das organisierte Verbrechen".

Die Grünen-Gesundheitspolitikerin Kirsten Kappert-Gonther hingegen sagte: "Wir beenden die schädliche Verbotspolitik. Wir geben das Hanf frei." Dies stärke den Gesundheits- und Jugendschutz. Die FDP-Fachpolitikerin Kristine Lütke sprach von einem "historischen Wendepunkt" der Cannabispolitik hin zu einem Umgang, der der gesellschaftlichen Realität entspreche. Mit Cannabis aus Eigenanbau wüssten Konsumenten, woher es komme. Zudem werde der Weg zum Dealer und anderen, weitaus gefährlicheren Drogen deutlich länger.

Brandenburger Gesundheitsministerin begrüßt Freigabe - Innenminister dagegen

Brandenburgs Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) begrüßte den Beschluss des Bundestags. Sie hält die kontrollierte Freigabe von Cannabis für den richtigen Weg. "Das Verbot von Cannabis ist gescheitert", sagte Nonnemacher auf Anfrage. Das Ziel, Menschen vom Cannabis-Konsum abzubringen, sei mit einem Verbot zu keinem Zeitpunkt erreicht worden. "Deshalb sind Legalisierung und Entkriminalisierung von Cannabis unter bestimmten Voraussetzungen der richtige Weg", so Nonnemacher.

Bislang seien Konsumierende darauf angewiesen Cannabis auf dem Schwarzmarkt zu kaufen. "Damit erhalten sie auch leichteren Zugang zu chemischen psychoaktiven Substanzen, die zum Teil aber erheblich größeres Suchtpotenzial besitzen und schwerere Auswirkungen auf die körperliche und mentale Gesundheit haben können", erklärte die Gesundheitsministerin.

Der Brandenburger Innenminister Michael Stübgen (CDU) hat die vom Bundestag beschlossene Freigabe von Cannabis hingegen scharf kritisiert. Stübgen sagte am Freitag rbb24 Brandenburg aktuell, zwar sei der Konsum von Marihuana ab 1. April legal, es gebe aber keinen deutschen Hersteller, der den Stoff legal auf den Markt bringen könne. Von daher müssten die Konsumenten bei der "Mafia" kaufen, das sei "absurd".

Kritiker verweisen auf Gesundheitsgefahren

Die Länderinnenminister hatten noch am Wochenende parteiübergreifend vor einer Legalisierung gewarnt und die Möglichkeiten der Kontrolle infrage gestellt. Es seien "gravierende negative Auswirkungen auf die Bekämpfung der organisierten Kriminalität, den Kinder- und Jugendschutz sowie den Gesundheitsschutz" zu befürchten. Damit nahmen sie Bedenken auf, die auch Ärzteverbände, Juristen, Kriminalbeamte und die Polizeigewerkschaft teilen.

Cannabis ist eine Hanfpflanze. Sie enthält den psychoaktiven Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC). Das Rauschmittel stammt dabei aus den Blütenspitzen und Blättern oder dem Cannabisharz. Als Droge wird Cannabis fast ausschließlich geraucht, oft vermischt mit Tabak. In kleinen Dosen erzeugt der Konsum Euphorie, Angstverlust, Beruhigung und Schläfrigkeit. Kritiker einer Legalisierung verweisen auf zahlreiche Gesundheitsgefahren, darunter psychische Erkrankungen.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 23.02.2024, 19:30 Uhr

79 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 79.

    Da widerspreche ich Ihnen doch größtenteils gar nicht. Aber darum ging es nicht in dem Kommentar von "P.Seitz", dem ich widersprochen habe.

  2. 78.

    Ich habe lediglich die Formulierung der Foristin übernommen, der ich geantwortet habe.

  3. 77.


    "Hanf für Frieden und Klima", bei der Hanfparade.
    Für Frieden wächst der Hanf zu schnell, für das Klima zu langsam!

  4. 76.

    Ich finde es sowohl zum K..., wenn sich jemand eine Schnapsflasche hinter die Binde kippt als auch wenn sich jemand mit Cannabis zupafft. Schön, wenn man so einen dann vielleicht im Gegenverkehr hat.

  5. 74.

    Ich freu mich jetzt schon riesig auf die diesjährige Hanfparade, die hoffentlich trotzdem wieder stattfindet.
    Von Legalisierung kann mit dem Verwaltungsaufwand noch keine Rede sein.
    Cannabis sollte dem hiesigen Umgang mit Alkohol gleichgestellt werden. Der ist trotz des Suchtpotentials frei verkäuflich!

  6. 73.

    Lassen Sie sich bitte nicht verunsichern! Der "Ansgar" kann nicht anders. Es Ist immer die selbe Masche bei ihm. Wer nicht seiner Meinung ist, wird zum späteren Zeitpunkt der Diskussion beleidigt. Das kennen wir ,und es ist schon okay.

  7. 72.

    Nachtrag:
    Angefangen hat dieser Trend in den Niederlanden, in denen die Coffeeshops sich Anfang der 2000er auf ein wahres Wettrüsten einließen. Lag der THC-Gehalt in den Niederlanden im Jahr 2000 mit durchschnittlich 8 Prozent noch deutlich über der Stärke des in Deutschland erhältlichen Cannabis, schoss dieser Wert innerhalb weniger Jahre bis 2004 auf unvorstellbare 20 Prozent. Das komprimierte Haschisch stieg im selben Zeitraum gar auf einen THC-Gehalt von 39,3 Prozent.
    Wenn Sie die Birne zufallen wollen ...

  8. 70.

    Ja, genau. Wer kennt sie nicht, diese millionenfachen Cannabisopfer. Keine Familie bleibt verschon.

  9. 69.

    Ob Vorgarten oder Blumentopf .... Anbaufläche zu verpachten. Das Gesetz spricht ja wohl nur von Anbau....
    Wäre also so ein "Zweite-Reihe-Schwarzmarkt" ;-)

  10. 68.

    Na, die Qualität bemisst sich ja nicht nur am THC-Gehalt.

  11. 67.

    Das sind keine fragwürdigen Annahmen. Der THC-Gehalt steigt seit Jahren. Cannabis-induzierte Depressionen und Psychosen sind längst bekannt. Ebenso Schädigungen bei der Hirnentwicklung, die irreversibel sind. Vor 25 sollte sich selbst zu Liebe generell niemand kiffen. Es ist nämlich leider bei Weitem nicht so ungefährlich wie gern suggeriert.

  12. 66.

    Sehr gut kommentiert. Und überhaupt: der Ärztepräsident sollte besser die Klappe halten. Ausgerechnet.

  13. 65.

    "Mit Verlaub, was ist denn mit dem letzten Rest Ihres Gehirns passiert"? Ihre Meinung?
    So eine Meinung würde ich als schwere Beleidigung auffassen, dass ist ein NO- GO im Forum.



  14. 64.

    Mir scheint, ich habe einen Nerv getroffen, sorry wen es so ist.
    Wie viel sachlicher wollen Sie meinen Kommentar noch haben?

    Es ist nicht das erste mal, dass meine Kommentare Ihnen auf den Kicker gehen.
    Es gibt keine Veranlassung dazu.

  15. 63.

    Ach ja, das Märchen vom "potenten Gras". Mittelmäßiges bis schlechtes Gras/ Hasch hat um die 10% Wirkstoff. Ja, der Wirkstoffgehalt hat sich natürlich erhöht, aber bestimmt nicht so hoch, wie ihre urban legend. Ist auch nicht so, dass potente Sorten einfach zu züchten sind. Cannabis ist kein Unkraut.

  16. 62.

    Mir egal.
    Ich rauche seit nunmehr 23 Jahren nicht mehr und werde mir diesen Mist nie wieder antun.
    Ich meine damit nicht das Kanabiszeug sondern den gewöhnlichen Zigarettenkonsum.
    Ich kann aber Menschen verstehen die dieses wegen ihrer Schmerzen, die dadurch geringer werden, zu sich nehmen.
    Die werden froh sein sich nicht jedesmal erst ein Rezept ausstellen lassen zu müssen, sondern preiswerter an das Rauschmittel, durch Eigenanbau, heranzukommen.
    Bei denen die es bisher verschrieben haben bekommen ist dies in Ordnung. Allen anderen kann ich als Ex-Zigarettenraucher nur raten: Finger weg von jedweder Droge egal welcher Art, auch vom Alkohol!
    Oder aber, übertreibt es nicht, denn die Menge was man konsumiert macht die Menge des Giftes aus.

  17. 61.

    Können Sie nicht halbwegs sachlich diskutieren, ohne fragwürdige Annahmen als selbstverständliche Gegebenheiten darzustellen?

  18. 60.

    Natürlich kann das legalisiert werden. Wüsste nicht, was dagegen sprechen sollte. Bilsenkraut, Fliegenpilze, Kahlköpfe und Stechapfel werden auch nicht kontrolliert.
    Weshalb macht sich der Ärztepräsi nicht für ein Alkoholverbot stark weil junge Leute nach Komasaufen mit Delirium in den Notaufnahmen landen? Crystal Meth und Alkohol sind weitaus gefährlicher weil die Abhängig machen!

Nächster Artikel