Berlin - Opposition fordert Alternativen zum gescheiterten Klima-Sondervermögen

Sa 24.02.24 | 14:39 Uhr
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Symbolbild:Panorama des Berliner Stadtzentrums mit dem berühmten Fernsehturm in der Abenddämmerung.(Quelle:picture allaince/Zoonar/elxeneize)
Audio: rbb24 Inforadio | 24.02.2024 | Christoph Reinhardt | Bild: picture allaince/Zoonar/elxeneize

Das geplatzte Klima-Sondervermögen sorgt für Unruhe in Berlin. Die Grünen sehen die Klimaschutzpläne der Stadt in Gefahr, die Gewerkschaft der Polizei klagt über den Sanierungsstau bei den Wachen.

Nach dem Scheitern des geplanten Klima-Sondervermögens in Berlin fordern die Opposition und die Gewerkschaft der Polizei (GdP) Alternativen. Während die GdP ein milliardenschweres Sondervermögen nur für die Innere Sicherheit vorschlägt, fordern die Grünen den Senat auf, andere Möglichkeiten kreditfinanzierter Klimaschutzmaßnahmen zu prüfen.

Am Freitag waren erste Erkenntnisse eines Gutachtens der Finanzverwaltung bekannt geworden. SPD-Finanzpolitiker Torsten Schneider räumte gegenüber dem rbb ein, dass sich die Zweifel am im Koalitionsvertrag vereinbarten Klimaschutz-Sondervermögen bestätigt hätten. "Ohne das Gutachten zu kennen, gehen wir davon aus, dass wir nicht mit zehn Milliarden Sondervermögen planen können".

Man werde aber "zeitnah" andere Wege aufzeigen, um die Klimaschutzziele zu erfüllen. Gerade bei Sanierungen von Objekten gebe es Möglichkeiten, sagte Schneider dem rbb. Auch die am Donnerstag beschlossene Kreditaufnahme zum Kauf des Fernwärmenetzes sei vom Rechtsrahmen gedeckt. Die Überlegungen seien aber noch nicht ausgereift.

Grüne sehen Klimaschutz in Gefahr - CDU beschwichtigt

Für die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus, Bettina Jarasch, ist mit dem Klimasondervermögen ein "zentrales Projekt der schwarz-roten Koalition" gescheitert. Vor dem Hintergrund der ungelösten pauschalen Sparvorgaben des Finanzsenators drohe der Klimaschutz auf der Strecke zu bleiben, sagte sie dem rbb.

Zu viel Schwarzmalerei ist das für den CDU-Finanzpolitiker Heiko Melzer. Er sieht keinen Grund zur Unruhe und sagte: "Am Ziel der CDU-geführten Landesregierung mit der SPD hat sich gar nichts geändert." Es bleibe bei Investitionen für die Stadt, in den Klimaschutz und in die Modernisierung. Der Grüne Co-Vorsitzende Werner Graf forderte dennoch den Regierenden Bürgermeister auf, sich auf Bundesebene für eine Änderung der Schuldenregeln einzusetzen. Die Schuldenbremse in ihrer jetzigen Form sei eine "Zukunftsbremse", die nötige Investitionen in den sozial-ökologischen Umbau verhindere.

Linke fordern Aus für Schuldenbremse

Der Fraktionsvorsitzende der Linken, Carsten Schatz, nannte gegenüber dem rbb die rechtlichen Vorgaben absurd und weltfremd: "Die Schuldenbremse muss weg." Solange die Sondermittel nur innerhalb eines Jahres verwendet werden dürften, könne man den Kampf gegen den Klimawandel nicht führen. Der Senat müsse sich jetzt mit anderen Bundesländern zusammentun und eine entsprechende Bundesratsinitiative starten.

Die AfD-Fraktionsvorsitzende Kristin Brinker dagegen warnte im rbb davor, die Schuldenbremse zu umgehen, etwa indem landeseigene Unternehmen Kredite aufnehmen für Zwecke, die eigentlich mit Haushaltsmitteln finanziert werden müssten: "Das sind letztlich Schattenhaushalte, die finanziert und verzinst werden müssen". Der Haushalt müsse Prioritäten setzen und entscheiden, was wichtiger sei: "Klimaschutzmaßnahmen in exorbitanter Höhe oder eine funktionierende Stadt?"

Sanierung von Wachen sollte über Sondervermögen finanziert werden

Der Vorsitzende der Gewerkschaft der GdP, Stephan Weh, forderte dagegen die Schaffung eines milliardenschweren "Sondervermögens Innere Sicherheit". Angesichts der angespannten Berliner Sicherheitslage lasse sich eine akute Notlage deutlich besser begründen als beim breiten Thema Klimaschutz. Damit ließen sich nicht nur die energetische Sanierung von Polizei- und Feuerwachen finanzieren, sondern auch die Erneuerung von Fahrzeugen und Ausrüstung. "Wir merken, dass bei den Kollegen gerade eine Art Traum zerplatzt", sagte Weh dem rbb.

Der Senat hatte vorgesehen, den Großteil des auf 2,1 Milliarden Euro veranschlagten Sanierungsstaus bei Polizei- und Feuerwehrliegenschaften aus dem Sondervermögen zu finanzieren und hatte nur wenig Haushaltsmittel eingeplant. Dies hatte die GdP wiederholt kritisiert. Weil das Sondervermögen Klimaschutz so rechtlich nicht geht, steht nun fast kein Geld für die Sanierungen der maroden Polizei- und Feuerwehrliegenschaften zur Verfügung. Weh betonte, dass die schwarz-rote Regierung wegen innerer Sicherheit gewählt worden sei - sie müsse auch der Schwerpunkt der Zukunftsinvestitionen sein.

Spranger sieht Finanzverwaltung und Berliner Immobilienmanagement in Verantwortung

In einer ersten Reaktion betonte Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) schriftlich gegenüber dem rbb, dass sich an ihrer Aussage, so viele wie möglich der Wachen und Wehren energetisch sanieren zu "möchten", nichts geändert habe. In ihrem Statement wird aber auch klar, dass es aktuell keine Antwort auf die Frage gibt, wie dieser grundsätzliche Wunsch finanziert und damit auch umgesetzt werden kann. Die Verantwortung, dafür einen Lösungsvorschlag zu erarbeiten, sieht Spranger vor allem bei der Finanzverwaltung. Jedenfalls für den Fall, dass das geplante Sondervermögen "in seiner geplanten Form nicht zu halten" ist.

Und auch bezüglich der Gebäude von Polizei und Feuerwehr schiebt die Innenverwaltung die Verantwortung anderen zu: "Die Immobilien des Landes Berlin werden von der BIM [Berliner Immobilienmanagement GmbH] verwaltet, so auch die Liegenschaften der Polizei Berlin und der Berliner Feuerwehr." Immerhin erklärt die Senatorin, dass die Folgen aus dem Rechtsgutachten zum Sondervermögen im Senat und Abgeordnetenhaus beraten werden müssen. Ob der Vorschlag der GdP nach einem "Sondervermögen Innere Sicherheit" dabei in die Diskussion aufgenommen wird, ist offen.

Sendung: rbb24 Inforadio, 24.02.2024, 11:09

17 Kommentare

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  1. 17.

    Sie haben nicht zufällig den Streit um die Finanzierung des 49€-Tickets mitbekommen? Und da will Berlin noch eine Extrawurst mit dem 29€-Ticket oder die Stadtstaatenzulage für seine Bediensteten? Wie wollen Sie das finanzieren? Entweder man renoviert die städtischen Bauten incl Schulen oder lässt sie verfallen um anschließend teuer ein Neubau zu errichten!

  2. 15.

    Es hindert Sie niemand daran, selbst politisch aktiv zu werden. Besserwisser am Spielfeldrand und vor dem Fernseher haben wir auch mehr als genug hierzulande

  3. 14.

    ÖPNV zu subventionieren ist kein Luxus, sondern das mit Abstand Gemeinnützigste was man tun kann. Es hilft Leuten mobil zu bleiben auch die ohne Fahrerlaubnis, auch denen mit kleinem Geldbeutel usw. Man könnte dafür übrigens die Milliardensubventionen in die Autoindustrie etwas reduzieren, die nützt nämlich nur wenigen und vielen, die das nicht nötig hätten - das ist also Luxus.

  4. 13.

    Ich habe mich schon in anderen Foren über die Qualifikation des politischen Personals in Berlin geäußert. Offen gesagt selbst wenn es sich in einer normalen Stadt für die Kommunalpolitik bewerben würde, fehlt ihnen die Qualifikation. Und in der Riege der Landepolitik mitzuspielen nun das dürfte wohl für die allermeisten Politiker des Landes Berlin einfach eine Hausnummer zu groß sein.
    Spätestens nach dem Urteil des BVerfG zum KTF war klar, dass Klimaschutz nicht ausreicht um um eine Notlage im Sinne der Schuldenbremse zu erklären. Wer jetzt versucht über kommunale Betriebe Schulden für Klimaschutzmaßnahmen aufzunehmen, die eigentlich als Bauinvestitionen in den Kernhaushalt eines Landes gehören zeigt, dass er nicht gewillt ist die entsprechenden Einsparungen im Kernhaushalt vorzunehmen und seine Klientelpolitik weiterbetreibt, ebenso wie die Vorgängerregierungen!

  5. 12.

    und daß, obwohl sämtliche Regierungen NUR von kompetenten Wähler/innen gewählt wurden.

  6. 11.

    Bis Grüne (m/w/d/b) nicht den Baum pflanzen, an dem Geld wächst und Linke (m/w/d/b) nicht den Fluss finden, der bergauf fließt, bleibt ‚Sondervermögen‘ das was es real ist. Ein politisch medialer Etikettenschwindel, um möglichst viele hinter die Fichte zu treiben.

  7. 10.

    Schon einmal eine kompetente Berliner Regierung erlebt? Ich nicht, alle haben Steuergelder für ihre Klientel rausgeschmissen anstatt sich auf die Kernaufgaben der Haushalte zu konzentrieren!
    Hinsichtlich der erforderlichen Gelder, die wohl jetzt über die Landesbetriebe generiert werden solle kann man nur sagen Umgehung der Schuldenbremse und das Ergebnis wird in ein paar Jahren wieder eine Einsparungsorgie sein wie nach dem Bankenskandal!

  8. 9.

    Sondervermögen? Wir wissen, das wir für dumm verkauft werden. Das schafft doch nur Frust bei den Wählern für diese Lüge. Warum schaffen es nicht die Medien ganz ehrlich zu bezeichnen als Sonderschulden

  9. 7.

    ".....aber nur wenn Du mehr Steuern und Zinsen zahlst... nur dann :-("
    Ich frag mich wie finanzieren Länder weltweit ohne so hohe Steuereinnahmen wie Deutschland eigentlich den Klimawandel?

  10. 6.

    Schulden? Für laufende Entwicklungen die ja nie aufhören?
    Stell Dir vor, es ist Klimawandel und DER Grund für unbegrenzte Schulden? Immer mehr, immer weiter so?
    Stell Dir vor, die „Grün:innen“ versprechen eine Verringerung der Erderwärmung... aber nur wenn Du mehr Steuern und Zinsen zahlst... nur dann :-(

  11. 5.

    Als erste Alternative bräuchte Berlin eine kompetentere Verwaltung und Regierung. Das Problem ist aber, woher sollen die kommen? Also werden wir weiter damit leben müssen, dass für solche oder viele andere Maßnahmen Steuergelder verschleudert werden.

  12. 4.

    Ja klar, die privat gehorteten Mittel summieren sich auf 2 Mrd. Euro. Geht es noch absurder? Sie scheinen jedenfalls in einer Blase zu leben, in der Zahlen mit zu vielen Stellen nicht wirklich handhabbar sind.

  13. 3.

    Jetzt fordern die Schuldigen ein Sondervermögen. Sollen sie doch aus ihren privaten gehorteten Mitteln für ihr Fehlverhalten in Regierungsverantwortung die geforderten Mittel bereitstellen. Fertig.

  14. 2.

    Nun wie wäre es, wenn Sie sich erst einmal den Berliner Haushalt ansehen? Dort werden Sie Luxuspositionen finden, die nichts mit den Kernaufgaben eines Staates zu tun haben. Eine Position wäre z.B. das 29€-Ticket und andere subventionierte Positionen. Zudem wäre fraglich ob die Sanierung von Wachen in einer Sondervermögen überhaupt auslagbar sind, da Bauunterhaltung zu den Kernaufgaben zählt!

  15. 1.

    So sieht es dann halt aus, wenn der Bund politisch etwas vorgibt, wie hier im Falle der Energieumstellung, und die Länder dann finanziell im Stich lässt.

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