Neuköllner Anschlagsserie - Oberstaatsanwalt soll als Zeuge in Prozess aussagen

Mo 17.10.22 | 08:20 Uhr | Von Jo Goll
  2
Ein brennendes Fahrzeug steht in Berlin-Neukölln in der Garage von Linken-Politiker Ferat Kocak. (Quelle: dpa)
Bild: dpa

Der Prozess zur Anschlagsserie in Berlin-Neukölln könnte eine ungewöhnliches Kapitel bereithalten: Der Anwalt des angeklagten Neonazis möchte einen Oberstaatsanwalt vorladen. Hintergrund ist ein angeblicher "Deal" in einem anderen Prozess. Von Jo Goll

Im Prozess um die rechtsextrem motivierte Neuköllner Anschlagsserie will der Verteidiger des Beschuldigten Tilo P. Montag den Antrag stellen, den Oberstaatsanwalt Dirk Feuerberg als Zeugen zu vernehmen. Strafverteidiger Mirko Röder begründet sein Vorhaben mit vermeintlichem "Sonderwissen", das Oberstaatsanwalt Feuerberg aus dem derzeit vor dem Amtsgericht Tiergarten laufenden Verfahren gegen den Neonazi Maurice P. vorliege. Maurice P. soll bald als Belastungszeuge der Generalstaatsanwaltschaft im Neuköllner Verfahren gegen Tilo P. gehört werden.

Hintergrund ist ein vom Verfassungsschutz in einem so genannten Behördenzeugnis dokumentiertes Gespräch zwischen den zwei Neonazis. Tilo P. und Maurice P. saßen zeitweise gemeinsam in der Untersuchungshaft. Während dieser Zeit soll Tilo P. seinem Gesinnungsgenossen Maurice P. sinngemäß erklärt haben, dass er mit den im Neuköllner Komplex angeklagten Brandstiftungen nichts zu tun gehabt hätte. Er habe lediglich Schmiere gestanden. Die Staatsanwaltschaft wertet das als Teilgeständnis.

Generalstaatsanwaltschaft: Es gab keinen "Deal"

Anwalt Röder behauptet jedoch, dieses Teilgeständnis sei in Zusammenarbeit der Anklagebehörden mit dem Neonazi Maurice P. zustande gekommen. Dafür, so Röder weiter, habe Maurice P. Haftverschonung erhalten und werde jetzt im Neukölln-Komplex als Kronzeuge gegen seinen Mandanten Tilo P. aufgebaut.

Einzelne Medien hatten daraufhin von einem "schmutzigen Deal" der Sicherheitsbehörden mit dem polizeibekannten Neonazi Maurice P. berichtet. Einen Antrag auf Akteneinsicht habe er im Verfahren Maurice P. bislang nicht gestellt, erklärte Röder auf rbb-Nachfrage.

Die Generalstaatsanwaltschaft hatte vor einigen Tagen in einer Pressemitteilung auf die Vorwürfe reagiert und erklärt, es habe keinerlei "Deal" der Sicherheitsbehörden mit Maurice P. gegeben. Der Inhalt des in Rede stehenden Gesprächs zwischen Maurice P. und dem im Neukölln-Komplex angeklagten Tilo P. entstamme einer verdeckten technischen Maßnahme des Verfassungsschutzes. Damit werden in der Regel Abhörmassnahmen umschrieben. Auch habe es keinerlei behördlichen Einfluss auf den Verlauf des Gesprächs gegeben.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Textes hieß es in der Überschrift, dass der Generalstaatsanwalt als Zeuge geladen werden soll. Richtig ist, dass ein Oberstaatsanwalt als Zeuge geladen werden soll, der Teil der Generalstaatsanwaltschaft ist.

Sendung: rbb24 Inforadio, 17.10.2022, 7:00 Uhr

2 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 2.

    Um welchen Beamten handelt es sich denn nun? Im Text werden gleich drei genannt, obwohl offensichtlich nur eine Person betroffen ist.

    Zitate: "Generalstatsanwalt", "Leitenden Oberstaatsanwalt Dirk Feuerberg als Zeugen" und "Oberstaatsanwalt".

  2. 1.

    Jessas - das liest sich wie der Tatort gestern abend...

Nächster Artikel

Bild in groß
Bildunterschrift