Nach Kritik wegen möglicher Interessenskonflikten - CDU-Expertin zieht sich aus Koalitionsverhandlung zurück

Di 14.03.23 | 09:48 Uhr
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PK nach Koalitionsverhandlungen in Berlin, 9.3.23
Video: rbb24 | 14.03.2023 | Material: rbb24 | Bild: dpa

Die CDU verliert eine ihrer Expertinnen für die schwarz-roten Koalitionsverhandlungen. Wie die Partei dem rbb am Dienstag bestätigte, zieht sich Tanja Böhm, die Leiterin von Microsoft Berlin, aus der Fachgruppe "Verwaltung und Digitalisierung" zurück. Zuerst hatte der "Tagesspiegel" berichtet.

Der Rückzug kam, nachdem die Digital-Plattform Netzpolitik.org Böhms Teilnahme an den Verhandlungen kritisiert hatte [netzpolitik.org]. Interessenskonflikte seien programmiert, wenn die deutsche Cheflobbyistin des amerikanischen Software-Riesens mitverhandele über die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung, die extrem abhängig sei von Microsoft-Produkten, hieß es.

CDU-Sprecher Michael Ginsburg sagte dem rbb, die CDU bedauere den Rückzug sehr: "Frau Böhm ist ein langjähriges Mitglied der CDU und leitete das Fachforum Digitalisierung in unserer Partei. Ihre Expertise und ihr umfangreiches Fachwissen wären ein wertvoller Beitrag für das Verhandlungsteam gewesen."

CDU: Weitere Abgänge nicht zu erwarten

Die Christdemokraten erklären, sie setzten bei den Koalitionsverhandlungen bewusst auch auf Expertinnen und Experten aus der Stadtgesellschaft, "die ihr Fachwissen ausschließlich im Rahmen ihres bürgerschaftlichen Engagements einbringen." Ginsburg betonte, dass "keinerlei Positionen von Verbänden, Einrichtungen oder Unternehmen" in die Verhandlungen einfließen würden.

Für die CDU sitzen daher noch weitere prominente Gesichter aus der Wirtschaft in Fachgruppen der Koalitionsverhandlungen. Unter anderem der Berlin-Chef der Deutschen Bahn, Alexander Kaczmarek, in der Arbeitsgruppe Verkehrspolitik und Delia Strunz vom Gesundheitskonzerns Johnson & Johnson in der Fachgruppe Gesundheit und Pflege.

Auf die Frage, ob die CDU davon ausgeht, dass noch weitere ihrer externen Experten abspringen, antwortet Parteisprecher Ginsburg knapp: "Nein".

Alexander Kaczmarek erklärte gegenüber dem rbb, er habe die Möglichkeit von Interessenkonflikten vor Beginn der Verhandlungen geprüft: "Im Ergebnis werde ich an keinen Diskussionen oder Abstimmungen teilnehmen, die Geschäftsinteressen der Deutschen Bahn berühren, auch wenn ich als Privatperson mit langer verkehrspolitischer Vorgeschichte und nicht als DB-Vertreter berufen wurde." Er betonte, dieser Bereich betreffe nur einen kleinen Teil des verkehrspolitischen Spektrums, über das verhandelt werde.

Sendung: rbb24 Inforadio, 14.03.2023, 12:00 Uhr

45 Kommentare

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  1. 45.

    "Gott sei Dank hat die CDU gewonnen! Somit wird es wieder aufwärts gehen mit Berlin."

    Na dann vie Glück mit ihrem imaginären Kumpel, genau so gut können sie auch an Harvey glauben und es wird nicht mit Berlin aufwärts gehen, dafür aber mit den Unternehmen, die jetzt direkt am Tisch mitverhandeln.

    Hier zeigt sich mal wieder, dass die cDU einer der Totengräber der Demokratie ist.

  2. 44.

    "PRO WEGNER PRO UNION PRO FORTSCHRITT UND VERNUNFT."

    3 Widersprüche in sich, die cDU ist der bestens geschmierte Lobbyverein überhaupt.

  3. 43.

    WannaCry ist eine Ransomware, die für XP und W7 interessant war. Diese nutzte eine Lücke im SMB-Protokoll, welche als EternalBlue bekannt ist. Für Linuxsystem wären z.B. Dirty Pipe oder Pwnkit interessant. Man kann es drehen und wenden wie man will, jedes System hat seine Lücken und je höher der Verbreitungsgrad, desto höher das Interesse diese zu finden und zu nutzen. Der größte Fehler sitzt gemeinhin vor dem Bildschirm und ein "vergessener" USB-Stick auf dem Klo rangiert noch vor dem infizierten Mailanhang oder gefaktem Link. Soweit zur IT. Zum Thema: Bei derzeigtem Ausrüstungsstand der hiesigen Verwaltung und Kenntnisstand eines Großteils der Beschäftigten ist ein Umstieg auf ein per Design "sichereres" OS nicht leistbar und da hier Windows nunmal das Arbeitstier ist, wäre es auch egal, wenn Bill Gates persönlich am Tisch sitzt - hauptsache es wenigstens einer dabei, der weiß wovon geredet wird. Das ist eh selten genug der Fall. Danke.

  4. 42.

    Ich glaube, Sie haben die Meldung nicht verstanden!

    Aber wie schon gesagt wurde: Fachleute haben ihr Wissen durch Arbeit im Fachgebiet erlangt!

    Man hat mittlerweile den Eindruck, dass das in der Politik nicht gewünscht ist.

  5. 41.

    Wollen Sie verstehen das Ihre Bemerkungen zwar diskussionswürdig sind aber nicht geeignet das redliche CDU Verhalten in dieser Frage zu diskreditieren, so wie Sie es gemacht haben.

    Gerne diskutieren wir ein andermal passender über diese Dinge. Liberalere Positionen würden Ihnen mehr Möglichkeiten eröffnen. Zumindest im Kopf.

  6. 40.

    Wer es immer noch nicht verstanden hat:
    Wohin Lobbyismus, Parteispenden und Vergünstigungen führen hat die aktuelle Energiekrise durch Russland gezeigt.
    Es wird wohl nie aufhören und unabhängige Politiker sind nur ein Wunschtraum!
    Das gesamte Wahl- und Regierungssystem müsste angepasst werden. Wie es geht sehen wir an der aktuellen Debatte zur Bundestagsanpassung. Nur Egoismus!
    Volkes Meinung ist völlig egal!

  7. 39.

    Nun ja, in den Ämtern läuft alles mit/unter Microsoft und da ist es nur logisch die direkte Ansprechpartnerin dafür nichts sagen darf. Anders ist das bei Strack-Zimmermann die Rheinmetall (ihr Wahlkreis) ganz offen protegiert und sogar mit Aufträgen außerhalb von Amtswegen mit Aufträge versorgt - stört sich keiner dran. Auch nicht das Bearbock Greenpeace einen hohen Posten in der Regierung verschaffte. Da wäre die Jarasch /RBB, GöEck - EKD (SeaWatch) usw . Niemand ist moralisch 1A

  8. 38.

    ... nicht, wenn es der einzige Eingeladene ist.
    Ich habe etwas dagegen, dass so viele, die nicht dabei sind, so viel Meinung haben und so wenig Ahnung. Niemanden gefragt, aber wissen, was schlecht ist. Dann hört auf zu meckern und tut euch die politische Tretmühle selbst an.
    Ich möchte den verhandelten Seiten unterstellen, dass sie sich selbst, sich gegenseitig und den Verhandlungsgegenstand einschätzen können. Das ist keine Naivität, so dern Vertrauen. Ohne funktioniert Zusammenleben nicht.

  9. 37.

    Wie reagiere ich auf Meldungen aus der orchestrierten Anti-CDU-Wegner-Bubble?
    1. Ich glaube erst mal keine gebastelten Narrative.
    2. Bei den Informationen, wo ich denke, dass gemäß Logig, Denken, Nachdenken, Verstand einsetzen was dran sein könnte, informiere ich mich vielseitig, um zu prüfen, ob da was dran ist.
    3. Meinungsbildung
    Ergebnis aktuell: Gott sei Dank hat die CDU gewonnen! Somit wird es wieder aufwärts gehen mit Berlin.

  10. 36.

    Nein, es geht nicht so los, wie viele befürchtet haben.
    Jemanden von Microsoft für die Lösung eines Problems bei der Digitalisierung mit einzubinden, ist an sich nichts, wo man Empörungswellen lostreten muss.
    Gerade wenn man berücksichtigt, welche Lobbygruppen in den 6 Jahren Rot-Grün-Rot Einfluss auf politische Entscheidungen genommen haben.
    Bzw. bei der Ampel seit 2021.

  11. 35.

    Ehrlich gesagt verstehe ich die Aufregung und Verwunderung nicht.
    Lobbygruppen bestimmen doch auf sämtlichen Politikfeldern das Handeln der Politik.
    Warum veröffentlicht der rbb keine Liste mit Spenden an Parteien?
    Warum listet der rbb nicht alle Gesetze auf, die aus der Feder mächtiger Konzerne stammen?
    Das Lobby-Problem bei der CDU abzuladen, ist mehr als lächerlich.

  12. 34.

    "zumal in München die Umstellung auf MS-Produkte aufgrund anhaltender technischer Probleme mit der bestehenden Linux-Lösung erfolgte. "

    War ja weniger eine Umstellung, sondern mehr eine Rückkehr zu MS-Produkten. Aber eigentlich egal, denn das Beispiel von München zeigt doch das Dilemma des so leicht dahin gesagten "Digitalisierung der Verwaltung": komplex Verwaltungsstrukturen, bisherige Softwarelösungen sind (veraltete) Insellösungen, Einstellung der Mitarbeiter.

    Wenn zur Erstellung eines Dokuments eine Abfrage in der Datenbank von Behörde A erfolgen muss und in der Datenbank B etwas durch ein 1998 erstellten Basic-Script geändert werden muss, was aber nur wegen Sicherheit nur mit spezieller Authentifizierung erfolgen kann - und der Mitarbeiter dann den Knopf links unten statt rechts oben zum Ausdrucken über den Plotter... ;)

  13. 33.

    Beraten können sie ja, aber doch nicht bei den Koalitionsverhandlungen mit entscheiden, was drinnen steht. In dem Fall hier, warum wird automatisch Microsoft in der Verwaltung eingesetzt. Berlin wird doch immer vorgeworfen zu viel Geld zu verschwenden. Open Source würde die Kosten senken und man müsste auch nicht sensible Daten auf amerikansichen Servern zwischen lagern. Also wenn der Politiker unbefangen ist, dann kein Problem, aber wenn er Geld von Microsoft als Spende bekommt und dann indirekt Entscheidungen zugunsten von Microsoft fällt, dann ist das ein Problem. Die USA haben z.B. genau dieses Problem, dass Unternehmen massiv in die politische Entscheidungen mit Spenden eingreifen.

  14. 32.

    Vielen Dank für die Rückmeldung. Damit hingt Ihr Vergleich mit den Koalitionsverhandlungen in Berlin, zumal in München die Umstellung auf MS-Produkte aufgrund anhaltender technischer Probleme mit der bestehenden Linux-Lösung erfolgte. Nebenbei setzt München seit dem Ausschied der CSU aus der Regierung (2020) wieder vermehrt auf Open Source.
    Wie auch im professionellen beruflichen Umfeld, ist es nicht schlau nur auf eine Karte zu setzen, da die Abhängigkeit von einem Anbieter immer auch mit höheren Kosten und letztendlich auch Risiken einhergeht.
    Was den Lobbyismus betrifft, so wissen wir, dass auch die SPD nicht frei davon ist. Aber die CDU in Berlin ist nun auch kein Vorbild. ;-)

  15. 31.

    Hm, das mutet irgendwie merkwürdig an...

  16. 30.

    Über die Verhandlungen zur Regierungsbildung in München weiß ich direkt nichts, nur, dass eine Umstellung auf Microsoft-Produkte beschlossen wurde und die Schwester einer Microsoft-Führungskraft jetzt IT-Referentin der Stadt ist. Meines Wissens ist die aber bei den Grünen.

  17. 29.

    Die reflexhafte Verunglimpfung von "Lobbyismus" in vielen Kommentaren ist so einfach. Und so unterkomplex.

    Genauso naiv die Unterstellung, Nähe zu Lobbyisten gäbe es nur bei der CDU. Sorry, Leute, aber das ist lachhaft.

  18. 27.

    Berufserfahrung /fachliches Wissen ist was anderes als Lobbyismus

  19. 26.

    Das geht schon genauso los, wie viele es befürchtet haben: CDU macht einseitige Lobbyarbeit für ihre handverlesenen Lieblingsfirmen. Dass die Cheflobbyistin vom Microsoft auch selber noch CDU-Mitglied ist, schießt dem ganzen die Krone ab. Eine "christliche" Partei, die einen Brügermeister für alle Berliner stellen will, macht wirtschaftliche Amigo-Politik. Verhältnisse wie im tiefsten Bayern. Schlimm.

    Man kann nur der SPD davon abraten, für die CDU den Steigbügel-Halter zu spielen. Das werden drei üble Jahre der sozialen Kälte mit der CDU. Einseitige Klientelpolitik - und das auch noch in wirtschaflich schwierigen Zeiten. Gute Nacht. Kai ist der falsche Vorname für einen Bürgermeister, der für alle Berliner da sein soll.

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