Interview | Neuer Füchse-Star Mathias Gidsel - "Ich bin nicht nach Berlin gekommen, um hier Dritter, Vierter oder Fünfter zu werden"

Mo 29.08.22 | 10:19 Uhr
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Füchse-Neuzugang Mathias Gidsel. / imago images/camera4+
Video: rbb24 | 30.08.2022 | Dietmar Teige | Bild: imago images/camera4+

Die Ziele der Füchse Berlin vor dem Saisonstart am Sonntag sind groß. Das gilt auch für Neuzugang Mathias Gidsel, einen der besten Handballer Europas. Er spricht über seine ersten Wochen in Berlin als "Kind vom dänischen Dorf" und seine Rolle im Team.

Im vergangenen Jahr gelang den Füchsen Berlin ein echter Transfer-Coup. Direkt nach den Olympischen Spielen in Tokio verpflichteten sie mit Mathias Gidsel den damals begehrtesten Rückraumspieler Europas für die Saison 2022/23. Der 23-Jährige wurde mit Dänemark bereits Weltmeister, Olympia-Zweiter und Bronzemedaillen-Gewinner bei der Europameisterschaft 2022. Bei allen drei Turnieren wurde Gidsel in das All-Star-Team gewählt. Am kommenden Sonntag (16:05 Uhr) startet er mit den Füchsen zuhause gegen Göppingen die neue Saison.

rbb|24: Herr Gidsel, Sie kommen aus einer Kleinstadt in Dänemark. Wie war die Umstellung innerhalb der ersten vier Wochen auf die Großstadt Berlin?

Mathias Gidsel: Aufgewachsen bin ich in der kleinen Stadt Skjern am Ringköbing Fjord. Da leben nur 8.000 Menschen. Mein erster Profiverein GOG Gudme, mit dem ich zum Abschluss noch dänischer Meister wurde, liegt auf der Insel Fünen. Dort ist es noch viel ruhiger. Berlin ist schon eine große Umstellung. Vieles ist neu für mich. Ich muss mich auf die Größe einstellen und habe viel zu lernen, um mich hier zurecht zu finden. Aber es ist großartig, was die Stadt bietet. Ich kann hier fast alles tun. Ich genieße das Essen, die Kultur und das historische Ambiente. Für mich ist Berlin ein tolles Projekt.

Nach dem Gewinn der Weltmeisterschaft mit Dänemark und den Olympischen Spielen 2021, bei denen Sie zum wertvollsten Spieler des Turniers gewählt wurden, rissen sich die europäischen Spitzenklubs um Sie. Warum haben Sie sich für die Füchse entschieden?

Die Entscheidung war nicht einfach. Viele Klubs standen zur Auswahl. Aber es war für mich immer ein Traum, in der deutschen Bundesliga zu spielen. Ich hatte lange Diskussionen mit meinem Agenten und meiner Familie. Dann rief Füchse-Sportdirektor Stefan Kretzschmar an und hat mir vom Berliner Handball-Projekt erzählt. Da bekam ich noch mehr Lust auf die Bundesliga, aber auch auf Berlin als Großstadt und natürlich die Füchse. Mit GOG Gudme, einem eher kleinen Klub in Dänemark, hatten wir gegen Aalborg mehrere Jahre ein Fernduell um den Titel. Die galt es zu besiegen. Hier in Deutschland sind es gleich mehrere Klubs, die oben mitspielen und mit denen wir uns messen müssen. Das finde ich spannend.

Welchen Reiz übt das auf Sie aus?

Ich bin nicht nach Berlin gekommen, um hier Dritter, Vierter oder Fünfter zu werden. Ich weiß, dass es in der Bundesliga einige Klubs den Titel wollen. Die Füchse sind etwas kleiner als die anderen Vereine und haben etwas weniger Geld. Wir müssen also härter arbeiten als die anderen, um das aufzuholen. Das reizt mich mehr, als der große Favorit zu sein.

Ich werde 100 Prozent für den Klub geben, um den Traum der Meisterschaft zu leben.

Mathias Gidsel

Glauben Sie an die erste Deutsche Meisterschaft der Füchse Berlin?

Jeder Tag zählt. An jedem Tag müssen wir hart trainieren, um den ultimativen Traum von der Meisterschaft zu leben. Eine Stadt wie Berlin braucht ein Meisterteam. Dazu will ich beitragen.

Für einen 23-jährigen jungen Mann wirken Sie sehr reflektiert. Haben Sie auch Führungsansprüche innerhalb der Mannschaft?

Ja, ich bin noch jung. Aber ich habe in der dänischen Nationalmannschaft in den letzten Jahren viel Erfahrung gesammelt. Das kann ich weitergeben. Ich möchte ein Anführer, ein Leader in diesem Team sein. Ich brauche noch etwas Zeit, bin ja erst einen Monat hier. Ich bin einer, der vorangeht, auf den die anderen schauen und vertrauen können. Ich werde 100 Prozent für den Klub geben, um den Traum der Meisterschaft zu leben. Ja, ich kann es wiederholen: Ich möchte ein Leader sein.

Sehr selbstbewusst, Herr Gidsel. Fühlen Sie sich eigentlich nach den vielen Auszeichnungen und Titeln mit der dänischen Nationalmannschaft als Handball-Superstar?

Nein, ich bin der Junge vom Dorf. Ich fühle mich nicht als Superstar oder einer, der besonders speziell ist. Ich bin ein Teil des Teams. Ein Typ, der jeden Morgen aufwacht und Lust hat, Handball zu spielen. Ich bin nicht der Retter oder der Überflieger, sondern auch nur ein Teil eines großen Puzzles. Und deshalb sage ich: Ich bin ein normales Kind von einem dänischen Dorf, das Lust auf Handball hat. Und das hoffe ich, in den nächsten Wochen auch in der Halle dem Publikum zu zeigen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Dietmar Teige, rbb Sport.

Sendung: rbb24, 29.08.2022, 18 Uhr

1 Kommentar

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  1. 1.

    Hört sich gut an, die Einstellung zum Sport und zum Leben, würde so vielen Fussball Profis gut tun. Die protzen schon in jungen Jahren mit Geldscheinen, Autos und co.
    Viel Glück dem jungen Dänen.

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