Berliner Klub feiert 50-jähriges Jubiläum - Die Havel, Wiege des Windsurfens

Do 18.08.22 | 14:24 Uhr | Von Shea Westhoff
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Eine Windsurferin surft auf dem Wannsee (Quelle: rbb)
rbb
Video: rbb|24 | 18.08.2022 | 18 Uhr | Autor: Torsten Michels | Bild: rbb

An der Küste von Los Angeles ritt Windsurfer Dirk Meyer einst über die Wellen, als Olympiateilnehmer für die deutsche Delegation. Doch nicht in Kalifornien, sondern in Berlin wurde der weltweit erste Windsurf-Klub gegründet - vor exakt 50 Jahren.

Am Ufer der Havel, gegenüber der Insel Schwanenwerder mit ihrer Villenkolonie, erinnert nur wenig an Surfer-Utopien wie ewige Jugend, grenzenlose Freiheit und unendlicher Spaß. Doch genau hier, am Eingang der Wannsee-Bucht, hat der älteste Windsurf-Verein der Welt seinen Sitz.

Vor dem Ufer liegt die schwimmende Surfstation an, die "Windanna", Heimat des Berliner Wind-Surf-Vereins WSeV. Im Inneren des Schiffs, in einem kleinen Lagerraum, steht Dirk Meyer, links und rechts von ihm stapeln sich die Windsurfbretter. Der 62-Jährige erspäht sein rund drei Meter langes Board, schultert es und manövriert es durch den schmalen Gang nach draußen auf den vorgelagerten Anlegesteg.

"Die erste Fun-Sportart überhaupt"

Meyer, einst Klubvorsitzender, war bei der olympischen Windsurf-Premiere Teilnehmer für die deutsche Delegation, 1984 war das, Long Beach, Los Angeles. Vier Jahre später nahm er zudem an den Olympischen Spielen von Seoul teil.

Nun will der 62-Jährige das Board präsentieren, mit dem er 2019 Weltmeister in der "Windsurfer LT"-Klasse wurde: Dazu streift er das Segel über den Mast, montiert einen Griff an das Segel, den sogenannten Gabelbaum, der dem Surfer Halt gibt. Schon ist das Windsurfbrett einsatzbereit. "Ganz simpel. Gabelbaum anschlagen, Mast rein, und fertig ist die Laube", sagt er knapp. "Ich weiß nicht, wie oft ich das schon gemacht habe."

"Wenn man einmal Windsurfer ist, ist man immer Windsurfer. Das hat was mit Lebenseinstellung zu tun", sagt er. Windsurfen sei die erste Fun-Sportart überhaupt auf der Welt. "Und von Berlin und Deutschland aus hat es sich um die Welt verbreitet."

"Das Familiäre steht im Vordergrund"

Die trubelige Bundeshauptstadt, wegweisend ausgerechnet für die Wassersportart, die für maximale Entspannung steht? Bekannt ist jedenfalls, dass der Berliner Peter Raatz Anfang der 70er Jahre vom US-amerikanischen Ingenieur Jim Drake las. Dieser hatte in Kalifornien an der Entwicklung der ersten Windsurfbretter gefeilt. Über Kontakte konnte der Berliner Raatz zwei dieser Boards von Kalifornien nach Westberlin holen und auf dem Wannsee ausprobieren. Nur wenige Monate später gründeten er und seine Mitstreiter am südlichen Teil der Havelchaussee den Berliner Wind Surfing Verein. Das war am 18. August 1972 – vor genau 50 Jahren.

Den Klub hätten die Gründer damals ins Leben gerufen, weil sie "progressiver sein wollten", sagt Meyer, der kurz nach Gründung als Jugendlicher dazustieß. "Sie wollten mit dem neuen Sport ein anderes Leben machen." Daher komme auch das Motto des Vereins: "Vom Konkurrenzkampf zum Sozialspiel". Das gefalle Meyer besonders: "Das Familiäre steht im Vordergrund."

50 Jahre nach Vereinsgründung erlebt der WSeV nach wie vor Zuwachs: 450 Mitglieder zählt der Klub, dazu "eine Warteliste von 200 Menschen, die hier reinwollen", sagt Meyer. "Aber es ist ein Schiff", sagt er, lächelt, und deutet auf die Windanna hinter ihm, wie sie im Wind wiegt. "Der Platz ist endlich."

Die neue IQ-Klasse: Bis zu 60 Km/H

Auch WSeV-Präsident Boris von Maydell blickt entspannt in die Zukunft des Vereins. "Es ist eine Funsportart, die generiert sich immer neu." Solange das Schiff "Windanna" dort schwimme, "wird das noch eine lange Geschichte mit unserem Verein in Berlin." Er fügt hinzu: "Surfer sind immer offen für Neuerungen."

Der neueste Schlager auf dem Wasser: die iQ-Klasse. Statt der klassischen kleinen Finne auf der Board-Unterseite ist bei diesen Boards ein überdimensionaler Flügel aus Carbon angebracht. Durch diese Konstruktion hat das Board keinen Wasserkontakt mehr- und zischt dadurch umso schneller übers Wasser. Mit bis zu 60 Kilomtern pro Stunde, wie Meyer erklärt. 2024 in Paris wird das sogenannte IQ-Foil erstmals olympisch sein.

Doch egal, um welches Windsurf-Modell es sich handelt: "Es gibt keinen anderen Wassersport, bei dem man so nah an den Elementen dran ist wie beim Windsurfen", findet Meyer. "Man hält den Wind praktisch in den Händen, man spürt, wie die Welle sich bewegt. Nur eine Nuance in der Fehlbelastung führt dazu, dass man schneller oder langsamer wird." Wie sich der Surfer oder die Surferin verhält, sei dann wichtiger als das, was das Brett ausmacht. "Das macht den Reiz aus."

Es klingt wie ein Konzept, das auch die nächsten 50 Jahre überdauern könnte. Vor der Küste Kaliforniens genauso wie auf dem Berliner Wanssee.

Sendung: rbb24, 18.08.2022, 18 Uhr

Beitrag von Shea Westhoff

1 Kommentar

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  1. 1.

    Egal ob Wannsee, Kieler Förde oder Klitmøller (Cold Hawaii) ... Spass pur und man bekommt über Stunden dieses Grinsen nicht aus dem Gesicht.

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