Union vor Partie in Frankfurt - Spielen am Limit

Do 29.09.22 | 18:19 Uhr | Von Uri Zahavi
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Die Mannschaft von Union jubelt nach dem Sieg gegen Wolfsburg. (Quelle: imago images/Matthias Koch)
Audio: rbb24 inforadio | 01.10.2022 | Lukas Witte | Bild: imago images/Matthias Koch

Der 1. FC Union reist als Tabellenführer zum Auswärtsspiel nach Frankfurt. Der Trip nach Hessen ist der Auftakt eines kräftezehrenden Herbsts, mit 13 Spielen in sechs Wochen. Trainer Urs Fischer erwartet von seinem Team deshalb auch Leidensfähigkeit.

Das Thema der Woche

Seit Mittwochabend steht fest: Erfolgstrainer Urs Fischer bleibt in Köpenick. Die Meldung der vorzeitigen Vertragsverlängerung des Schweizers überraschte nicht wirklich, so ist es die logische Konsequenz einer - wie Fischer selbst sagt - "außergewöhnlichen" Zeit. Von der zweiten Liga führte der 56-Jährige die Eisernen innerhalb von nur vier Jahren in die Europa League - außergewöhnlich eben.

"Ich habe ein tolles, eingespieltes und großartiges Team", kommt der ruhige und besonnene Coach aus dem Schwärmen kaum noch heraus. "Wir hatten nie im Kopf, irgendwo etwas anderes zu machen. Ich bin umso glücklicher, dass es weitergeht." Wie lange Fischer und sein Co-Trainer Markus Hoffmann bei den Köpenickern bleiben, wollte übrigens auch am Tag nach der Verkündung niemand im Verein verraten.

Das erste Spiel nach der Vertragsunterschrift ist der Auftakt in einen Herbst "am Limit", wie der Chef es beschreibt. In drei Wettbewerben - Bundesliga, Europa League und DFB-Pokal - müssen die Eisernen in sechs Wochen 13 Partien bestreiten - die kommenden drei allesamt auswärts. So eine intensive Zeit gab es für Union so noch nie. "Wir haben damit keine Erfahrung", konstatiert Fischer. "Aber ich glaube, wir werden ein bisschen leiden müssen." Ans Limit wird Union Berlin dann auch schon in Frankfurt gehen müssen, um Zählbares mitzunehmen.

Der Gegner

Die Eintracht ist nämlich "gut unterwegs", um es in Urs Fischers Worten zu sagen. Aus den letzten vier Bundesligaspielen holten die Hessen drei Siege, auch in der Champions League gab es vor der Länderspielpause das erste Erfolgserlebnis. In Marseille gewann der aktuelle Europa-League-Sieger mit 1:0 und bewies: Nach etwas holprigem Start in die Saison scheint sich das Team von Trainer Oliver Glasner eingegroovt zu haben. Momentan stehen die Frankfurter auf dem siebten Tabellenplatz und haben drei Punkte mehr auf dem Konto als zum gleichen Zeitpunkt in der vergangenen Saison.

Mit der SGE und dem 1. FC Union treffen die zwei effektivsten Teams der Liga aufeinander. Beide Mannschaften brauchten bislang im Schnitt nur sechs Torschüsse für einen Treffer. "Die Abstände dürfen nicht zu groß werden", warnt Urs Fischer vor dem berüchtigten Umschaltspiel der Adler. "Wenn sie aufdrehen können und in die Geschwindigkeit kommen, dann hat Frankfurt eine enorme Qualität." Und wenn wir schon bei den Qualitäten der Eintracht sind: Wer sich durch die Statistiken aller Bundesligisten wühlt, der findet schnell zwei weitere Spitzenwerte mit schwarzweißer Prägung. Die Hessen sind die besten Distanz- und Standardschützen der Liga. Aus der Entfernung klingelte es bereits vier Mal im gegnerischen Kasten, nach ruhenden Bällen sechs Mal. Die Eisernen sollten also gewarnt sein.

Die (etwas anderen) Statistiken

Und weil Statistiken so viel Spaß machen, bleiben wir gleich dabei. In diesem Fall wird aber alles ein wenig anders. Dass Union in dieser Bundesligasaison noch kein Spiel verloren hat und damit zurecht an der Tabellenspitze steht, ist hinlänglich bekannt. Wie das aber zustande gekommen ist, mutet - um erneut Urs Fischer zu zitieren - "außergewöhnlich" an. Die Erklärung für diese Einschätzung ist simpel: In Sachen Dribblings (Bundesliga-Tabellenplatz 18), Ballbesitz (Platz 17), Passquote (Platz 17), Sprints pro Partie (Platz 17) und Zweikampfquote (Platz 14) sind die Unioner bestenfalls unteres Mittelfeld in der Bundesliga - in den überwiegenden Fällen sogar im Tabellenkeller. Bei den begangenen Fouls wiederum thront der FCU an der Tabellenspitze.

"Wir müssen noch an vielen Dingen arbeiten", gibt sich Urs Fischer durchaus selbstkritisch. "Wenn es um Präzision und Passquote geht, wird es elementar. Dann hast du eben eine Spielfortsetzung und erspielst dir Tormöglichkeiten." Urs Fischer sieht seine Mannschaft weiterhin im Findungsprozess, der "niemals stillsteht". Es gab wohl selten ein Team, das diesen Prozess so erfolgreich durchschritten hat, wie die Eisernen in dieser Saison. Ach ja, vielleicht wäre jetzt der geeignete Zeitpunkt, die Stärken der Unioner hervorzuheben. Kein Team hat in der Offensive so viele Stürmertore erzielt und steht in der Defensive so kompakt. Nie kassierten die Köpenicker in dieser Saison mehr als ein Gegentor pro Spiel - insgesamt sind es in dieser Spielzeit nur vier. Ligabestwert.

Die Aufstellung

Beim Personal können wir es kurz und knackig halten. Bis auf Kevin Möhwald sind alle Spieler fit und "Kandidaten für den Kader", so der Trainer. In den anstehenden anstrengenden Wochen wird es für den Schweizer und sein Trainerteam auch um "Belastungssteuerung und Rotation" gehen. Ob diese gegen Eintracht Frankfurt bereits Einzug erhält, ist schwer vorauszusagen. In der kommenden Woche steht das wichtige Europa-League-Auswärtsspiel beim schwedischen Vertreter Malmö an. Nach zwei Niederlagen im europäischen Wettbewerb müssen die Köpenicker dort punkten, um eine realistische Chance auf das Weiterkommen zu wahren.

Nichtsdestotrotz: Die Bundesliga ist das Kerngeschäft. Auf diesem liegt der Fokus. So liegt die Vermutung nah, dass Fischer mit seiner stärksten Elf in die Partie gegen die Eintracht geht - und im Vergleich zum Sieg gegen den VfL Wolfsburg (2:0) nicht viel verändern wird.

So könnte Union beginnen: Rönnow – Leite, Knoche, Baumgartl – Trimmel, R. Khedira, Gießelmann – Schäfer, Haberer – Becker, Jordan.

Die Prognose

Union wird seine Serie von 14 auf 15 Bundesligaspiele in Folge ohne Niederlage ausbauen. Mit breiterer Brust als die Eisernen zieht wohl kein Fußballteam in der Bundesliga momentan durch die Lande. Dazu kommt die Anfälligkeit von Eintracht Frankfurt bei Heimspielen: Zweimal gingen die Hessen in dieser noch jungen Saison punktlos vom heimischen Platz. Für die Gastgeber spricht jedoch der Aufwärtstrend der vergangenen Spiele. Argumente auf beiden Seiten heißen oft im Klartext - Unentschieden. So auch bei dieser Partie.

rbb|24 tippt auf eine gerechte Punkteteilung: 2:2.

Sendung: rbb24, 29.09.2022, 18 Uhr

Beitrag von Uri Zahavi

1 Kommentar

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  1. 1.

    Ein sehr schöner Artikel vom Charlottenburger Uri Zahavi. ;-)
    Nee, mal ohne Flax: die anstehenden Herausforderungen werden den FCU so sehr prüfen, wie er in seiner Sporthistorie noch nie beansprucht wurde. Sechs Wochen lang diszipliniertes Dauerlaufen, was ja unsere "Waffe" ist, wird mächtig an die Substanz gehen. Gut ist, dass der FCU einen rel. großen, qualitativ recht ausgewogenen und fitten Unity-Kader, und in der Buli schon ordentlich Punkte gesammelt hat.

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