Teamcheck | Turbine Potsdam - Nach großem Umbruch zurück in die Erfolgsspur?

Fr 16.09.22 | 14:39 Uhr | Von Friedrich Rößler
Viele neue Gesichter beim Team von Turbine Potsdam(Bild: imago images/Martin Stein)
Audio: rbb24 inforadio | 17.09.2022 | Lars Becker | Bild: imago images/Martin Stein

Keine Champions League, ein neuer Trainer und viele neue Gesichter im Team. Turbine Potsdam setzt in der neuen Saison eher auf Talente als auf Stars und auf eine Rückkehrerin. Von Friedrich Rößler

So lief die vergangene Saison

Zwei Spieltage vor dem Saisonende 2021/22 sah es für den 1. FFC Turbine Potsdam noch gut aus in der Frauen-Bundesliga. Tabellenplatz 3 hinter der Meisterin aus München und der Pokalsiegerin aus Wolfsburg, drei Punkte Abstand auf die Verfolgerinnen aus Frankfurt. Doch zwei Niederlagen später(0:2 gegen Eintracht Frankfurt und 0:5 bei Bayern München) fand sich der Traditionsklub aus Brandenburg auf dem vierten Tabellenplatz wieder. Das bedeutete keine Teilnahme am internationalen Geschäft.

Im DFB-Pokal erreichten die Turbinen zwar das Finale und wahrten die Chance auf einen Titel. Doch in Köln zeigten die Wölfinnen den Havelstädterinnen ganz klar die Grenzen auf. Beim 0:4 hatte Turbine Potsdam keine Chance auf den Sieg. Im Anschluss trennten sich Verein und Trainer Sofian Chahed. Auf den Abgang des Trainers folgte wenig später der Präsident Rolf Kutzmutz, der sich gegen eine Trennung von Chahed ausgesprochen hatte. Damit stand der erfolgsverwöhnte Verein erneut vor einem großen personellen Umbruch.

Wer ging?

Vierzehn Abgänge musste Turbine verkraften, dazu auch den Verlust von Trainer Chahed und Präsident Kutzmutz. Schmerzlich vermissen werden sie in Potsdam die beiden Angreiferinnen Selina Cerci(zum 1. FC Köln) und Melissa Kössler(zur TSG Hoffenheim). Beide Spielerinnen hatten zusammen 23 der 52 Saisontore erzielt - diesen Job müssen jetzt andere erledigen. Auch der Blick auf die anderen Abgänge und deren neue sportliche Heimat verrät, dass der Glanz aus alten Tagen längst erloschen ist beim Brandenburger Klub.

Die slowenische Abwehrspielerin Sara Agrez, die den Sprung aus der eigenen Jugend ins Profiteam schaffte, läuft in der neuen Saison für den VfL Wolfsburg auf. Ihre ehemalige Mitspielerin Merle Barth zog es zu Atletico Madrid, Malgorzata Mesjasz zum Beispiel zum AC Mailand.

Weitere Abgänge: Karen Holmgaard(Everton FC), Marie Höbinger(FC Zürich), Zala Mersnik(Sporting de Huelva), Gina Chmielinski(FC Rosengard), Luca Graf(RB Leipzig), Dina Orschmann(Rangers WFC), Lena Uebach(1. FC Köln)

Wer kam?

Um die Lücke der vielen Abgänge zu füllen, setzt Turbine Potsdam auf viele junge Spielerinnen und auf eine Rückkehrerin. Die Mittelfeldspielerin Jennifer Cramer soll mit ihrer Erfahrung helfen, die vielen Neuzugänge schnell zu einem Team zu formen. Die ehemalige Nationalspielerin hatte schon fast ihre Fußballschuhe eingemottet und kehrt nun zu ihrem Ausbildungsverein zurück. Zehn Jahre hatte die 29-Jährige bei Turbine gespielt. "Ich muss als ältere Spielerin Verantwortung übernehmen", sagt sie und sie habe auch von Anfang an gewusst, worauf sie sich einlasse.

Große Hoffnungen liegen auf der 18-jährigen israelischen Nationalspielerin Noa Selimhodzic die aus Mailand an die Havel wechselte. Auch die aus Köln geholte Angreiferin Amber Barret und Laura Radke vom Drittligisten VfL Bochum (16 Tore in 28 Spielen) sollen die Lücken füllen, die Cerci und Kössler im Sturm hinterlassen haben.

Weitere Neuzugänge: Maya Hahn(Oregon Ducks), Noemi Gentile(SC Sand), Mollie Rouse(London City Lionesses), Amy König(BFC Dynamo), Mai Kyokawa(INAC Kobe Leonessa), Jil Frehse(Alemannia Aachen), Martyna Wiankowska(Czarni Sosnowiec), Adrienne Jordan(SC Sand), Louisa Aniwaa(Ghana Police FC), Sonia O'Neill(ZNK Split), Wibke Meister(Turbine Potsdam II), Pauline Deutsch(Turbine Potsdam II), Alisa Grincenco(Turbine Potsdam II)

Der Trainer

Mit Sebastian Middeke hat Turbine Potsdam einen Trainer verpflichtet, der sich zwar sehr gut im Nachwuchsbereich auskennt, aber keine Erfahrungen im Management eines Spitzenteams hat. Als Co-Trainer begann er 2016 beim Profiteam der Frauenmannschaft vom SV Meppen, drei Jahre später betreute er die zweite Mannschaft und die B-Juniorinnen.

Jetzt steht der 38-jährige vor der anspruchsvollen Aufgabe, einem ächzenden Traditionsklub wieder auf die Beine zu helfen. Für ihn stehe die Weiterentwicklung jeder einzelnen Spielerin bei Turbine an erster Stelle.

Die Erwartungen

In Potsdam spricht niemand mehr von Champions League oder Angriff auf die Spitze in der Bundesliga. "Wir wollen leidenschaftlichen Fußball spielen und müssen die vielen neuen Spielerinnen ins Team integrieren.", sagte Turbines Trainer Middeke. "Das ist ein Brett, was wir da leisten müssen", fährt er fort. Ziel sei es, sich im Mittelfeld zu etablieren und mit dem Abstieg so schnell wie möglich nichts mehr zu tun zu haben.

Gesichertes Mittelfeld, das gibt auch Routinierin Cramer an. "Wir müssen erst mal zusammenwachsen und dann als Mannschaft unsere Leistung auf den Platz bringen." Wie schwer das wird, zeigte sich bereits in der Zweiten Runde des DFB-Pokals, als Turbine Potsdam im Berlin-Brandenburg-Duell schon 2:0 beim Drittligisten Viktoria führte, sich aber erst im Elfmeterschießen durchsetzen konnte. Für Middeke war das aber schon der erste kleine Entwicklungsschritt: Denn nur in solchen Momenten könne ein echtes Team aus vielen neuen Einzelspielerinnen zusammenwachsen. Erste Bewährungsprobe in der Liga ist am Sonntag um 16 Uhr in Bremen.

Sendung: rbb24 inforadio, 17.09.2022, 10:16 Uhr

Beitrag von Friedrich Rößler

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