WM-Tagebuch aus Katar - In Quatarantäne

Do 01.12.22 | 09:56 Uhr | Von Dirk Walsdorff
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rbb-Sportreporter Dirk Walsdorff schaut aus dem Hotelzimmer (rbb/Walsdorff)
Bild: rbb/Walsdorff

Wie läuft das eigentlich, wenn man sich in Katar mit Covid-19 infiziert? Dirk Walsdorff macht als rbb-Sportreporter bei der Weltmeisterschaft den unfreiwilligen Selbsttest. Statt aufs Fußballfeld schaut er nun auf eine Müllsammelstelle.

Sonntagmorgen, 5:57 Uhr. Mein deutsches Handy klingelt. Offenbar habe ich den Nicht-Stören-Modus nach dem Spätdienst nicht korrekt aktiviert. Der Kollege aus der Frühschicht ist dran. "Ich habe grad einen zweiten Strich auf meinem Test." Er bleibt im Bett, ich fahre ins Studio.

Corona in Katar? "Das gibt es hier gar nicht", sagte ein Polizist vor ein paar Tagen zu unserer Finalreporterin Julia Metzner. "Das kommt nur von den Amerikanern." Naja.

Über den Autor

Dirk Walsdorff, Leiter der rbb-Sportredaktion, berichtet von der Fußball-WM in Katar. Quelle: rbb
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Dirk Walsdorff leitet die rbb-Sportredaktion und berichtet für alle ARD-Radioprogramme von der Fußball-Weltmeisterschaft in Katar.

Für rbb|24 schreibt er gemeinsam mit anderen Kolleginnen und Kollegen regelmäßige Tagebuch-Einträge vom Turnier in Doha.

Corona in Doha kaum ein Thema

Tatsächlich haben wir im ARD-Team einige wenige Corona-Fälle. Vor Abflug mussten alle Teammitglieder einen PCR-Test vorweisen, um das interne Risiko zu minimieren und wir sind angehalten, jeden Tag einen Schnelltest zu machen.

Aber in Doha spielt Corona im öffentlichen Leben annähernd keine Rolle. Gelegentlich sieht man einen Mundschutz in der U-Bahn oder auf den Straßen, aber bei dieser WM gibt es sie ja entgegen mancher Erwartung, die heiteren Menschenmassen, die sich auf engem Raum drängeln, am Stadion, in der Bahn, in den Fußgängerzonen. Da kann man sich theoretisch auch leicht was einfangen.

Die Mannschaften halten es unterschiedlich mit den Corona-Vorschriften für Reporter. Manche Teams, wie die Engländer, erwarten, dass die Interviewer in der Mixed Zone mit Mundschutz arbeiten. Viele andere, auch die Deutschen, lassen die Fragestellenden wieder so nah ran wie fast vor Corona.

Bei dieser WM ist so vieles anders, schwierig und herausfordernd, aber das allgegenwärtige Virus hatte uns Journalisten im Vorfeld kaum beschäftigt. Vor allem diejenigen von uns, die die streng regulierten Olympischen Spiele 2021 in Tokio und erst Recht die in durchgängiger Abschottung durchgezogenen Winterspiele in Peking mit täglichen PCR-Tests vor Ort miterlebt haben, waren diesbezüglich beim Anflug auf Doha sehr entspannt.

Als die Stadt, die WM-Shuttlebusse und die U-Bahnen durch die vielen Fans und Reporter immer voller wurden, habe ich angefangen, immer eine FFP2-Maske dabei zu haben und sobald die Menge dichter wurde auch aufzusetzen. Mit dem Kollegen, der Sonntagmorgen positiv war, hatte ich zwar zu tun - toller Kollege, netter Mensch! -, aber viel weniger als andere in unserem Radio-Team - und bisher hatte sich auch niemand bei ihm angesteckt.

"Corona ist an mir vorbeigegangen, in Berlin, in Tokio und in Peking"

Sonntagabend spielt Deutschland so beeindruckend gegen Spanien. Bis alle Interviews gesendet und die Analysen verarbeitet sind, ist es 1 Uhr morgens in Doha. Für mich steht Montag wieder Frühdienst auf dem Programm, der Kollege ist ja erstmal raus. In gut 20 ARD-Radioprogrammen spreche ich zwischen 6 und 8 Uhr über das Comeback der DFB-Kicker bei diesem Turnier. Danach fühle ich mich ein bisschen schlapp - aber klar, zwei Nächte mit knapp fünf Stunden Schlaf hintereinander, da kann man ja mal müde sein.

Am Abend spielt Brasilien gegen die Schweiz, sehr attraktiv und das 974-Stadion ist aus meinem Hotel gut zu erreichen. Und doch treffe ich mich lieber entspannt mit zwei Reporterkollegen, um die Partie im TV zu gucken, der Weg ins Stadion ist mir zu viel, was selten vorkommt.

Zur Sicherheit teste ich mich nochmal, bevor ich die Kollegen treffe - negativ, wie immer bei mir in den vergangenen drei Jahren. Corona ist an mir vorbeigegangen, in Berlin, in Tokio und in Peking. Zwei Stunden später verabschiede ich mich schon in der 75. Minute, zu müde, und die nächste Frühschicht steht bevor. Schnell ins Bett, Weckerstellen für kurz vor sechs.

Quatarantäne mit Blick auf eine Müllsammelstelle und eine 13-spurige Schnellstraße

Dienstag, 5:57 Uhr Ortszeit. Ich mache den morgendlichen Schnelltest und gehe Zähneputzen. Mit sauberem Gebiss gucke ich auf das kleine Plastikrechteck. Verdammt. Ein zweiter Strich, hauchzart, aber ganz klar sichtbar. Corona in Katar. Als gäbe es bei dieser WM nicht schon genug Herausforderungen.

Jetzt muss ich fünf Tage in meinem Hotelzimmer bleiben, was mir die FIFA per Anruf auch nochmal sehr deutlich gesagt hat. Quatarantäne mit Blick auf eine Häuserwand, eine Müllsammelstelle und eine 13-spurige Schnellstraße.

Ich bin gespannt, ob die deutsche Mannschaft noch im Turnier ist, wenn ich wieder mitspielen darf.

Sendung: rbb24, 1.12.2022, 18 Uhr

Beitrag von Dirk Walsdorff

5 Kommentare

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  1. 5.

    Gute Besserung lieber Dirk! Wer die beiden Fragezeichen Christian und Axel seit über 2 Jahren erträgt, der hält auch 2 Striche für 5 Tage aus ;)
    Nein Axel ist voll in Ordnung!
    Ha Ho He Marcus

  2. 4.

    Lol, man könnte fast denken das wäre jetzt hier Satire, aber nein Germany haut immer noch einen drauf.
    Übrigens du kannst jetzt direkt nach Hause fliegen Germany ist nicht mehr dabei, peinlich.

  3. 3.

    Auch von meiner Seite gute Besserung !

  4. 2.

    Gute Besserung und einen leichten Verlauf!

  5. 1.

    Lieber Dirk Walsdorf,

    manchmal kommt etwas Unsehbares zu einem echt unpassenden Zeitpunkt...
    Gute Genesung!

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