Fußball-Bundesliga - Ist das Unioner Märchen auserzählt?

Fr 13.10.23 | 20:31 Uhr | Von Ilja Behnisch
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Niedergeschlagene Spieler von Union Berlin (imago images/Matthias Koch)
Bild: imago images/Matthias Koch

Gerade einmal vier Spielzeiten hat Union Berlin vom Bundesliga-Aufstieg bis in die Champions League gebraucht. Nun scheint die Entwicklung zu stocken. Dabei hebelt der Klub weiterhin so manches Fußball-Gesetz aus.

Es läuft nicht beim 1. FC Union Berlin. Tabellarisch ist mit Bundesliga-Platz 13 zwar noch alles im grünen Bereich. Zumindest sofern man dem erklärten Saisonziel, erstmal den Klassenerhalt zu sichern, Glauben schenkt. Andererseits sind sieben Niederlagen in Folge immer ein Alarm-Signal, ganz gleich was für Saisonziele man so ausgegeben hat. Die Erklärungsansätze für den eisernen Tiefflug sind zahlreich. Zeit, fünf besonders beliebte auf den Prüfstand zu stellen.

These: Die Neuzugänge funktionieren (noch) nicht

Schaut man nur auf die Fußball-Bundesliga, stehen zwei Siegen zum Saison-Auftakt fünf Niederlagen in Folge gegenüber. Der Anteil der Neuzugänge in der Startelf lag dabei in der Regel relativ konstant zwischen drei und vier. Einzig bei der Niederlage in Heidenheim am sechsten Spieltag schickte Urs Fischer gleich fünf Sommer-Transfers zum Anpfiff auf den Rasen.

Nachhaltig überzeugen konnte von denen bisher einzig und allein Robin Gosens, der mit seinem Profil wie erwartet perfekt ins Union-System passt. Alle anderen brauchen offenkundig noch etwas Zeit, um die Abläufe, von denen Union in guten Zeiten so sehr zehrt, zu verinnerlichen. Das allerdings ist Union gewöhnt. Auch in der vergangenen Spielzeit nominierte Urs Fischer zu Beginn der Saison zumeist eine ähnliche Anzahl an Neuzugängen für seine Startaufstellungen. Der Unterschied: 2022/23 überstand die Mannschaft die ersten sieben Spieltage dennoch ohne Niederlage.

These: Das Verletzungspech ist Schuld

Dass Union in den vergangenen Jahren trotz der stets hohen Fluktuation im Kader in immer ungeahntere Höhen aufstieg, lag auch an einer jeweils stabilen Achse. Mindestens in jedem Mannschaftsteil fand sich ein Spieler, der schon länger gesetzt war, an dem die anderen sich orientieren konnten. In der vergangenen Saison etwa bestand diese Achse aus Torhüter Frederik Rönnow, Abwehrchef Robin Knoche, Mittelfeld-Stratege Rani Khedira und Sheraldo Becker, dem besten Scorer des Teams.

Zuletzt blieb davon nur Rönnow übrig. Knoche und Khedira fehlten verletzt, Becker lief zwischenzeitlich nicht mehr den Gegnern davon, sondern einzig seiner Form hinterher. Aktuell kommt er auf gerade einmal 51 Prozent aller möglichen Spielminuten. Besonders aber das Fehlen von Rani Khedira macht sich bitter bemerkbar. Der zentrale Mittelfeldspieler ist nicht nur Bestandteil der Union-Achse, sondern so etwas wie ihr Schmierstoff. Sein Fehlen konnte von keinem seiner Aushilfen adäquat ersetzt werden.

These: Die Gegner haben sich auf die Spielweise von Union eingestellt

Elf, sieben, fünf, vier lauteten die Bundesliga-Platzierungen von Union Berlin der letzten Jahre. Sollte die Konkurrenz den Emporkömmling aus Köpenick zunächst nicht ernst genommen haben, dürfte sich das spätestens nach Unions Einzug in die Europa League geändert haben. Doch statt Bruchlandung wegen Entschlüsselung folgte der Flug zu den Sternen, mitten hinein in die Champions League.

Dabei behielt die Mannschaft sowohl ihre Formation als auch den taktischen Angang in all den Jahren weitestgehend bei. Ja, die individuelle Klasse der Spieler steigerte sich von Jahr zu Jahr, statt hoch und weit wurden Konter nun auch mal durch flotte Flachpässe eingeleitet. Alles in allem aber blieb sich Union, blieb sich Trainer Urs Fischer treu. Das Hauptaugenmerk gilt der Defensive und der mannschaftlichen Geschlossenheit. Eine eklig zu bespielende Mannschaft, die arbeitet, arbeitet, arbeitet und mit enormer Effizienz ihre Chancen zu nutzen weiß.

Schon in vorigen Spielzeiten haben manche von Unions Gegnern versucht, den Berlinern den schwarzen Peter und also den Ballbesitz zuzuschieben. Die häufige Folge: schwer verdaubare Fußballkost ohne Torchancen, in denen Union zumeist mit seiner besonderen Stärke bei Standard-Situationen zu punkten wusste. All das gilt auch in dieser Saison unverändert. Was sich geändert hat: Die Defensive wankt. Statt vier Gegentoren an den ersten sieben Spieltagen der Saison 2022/23 steht Union ein Jahr darauf bereits bei 14 Gegentreffern.

These: Union leidet durch die Champions League unter der Mehrfachbelastung

Nö. Ganz im Gegenteil: Union ist den Tanz auf mehreren Hochzeiten längst gewohnt. Ob in Conference, Europa oder nun also Champions League. Der Unterschied zu den Vorjahren ist einmal mehr: die Achse. Während Fischer zuvor rund um Rönnow, Knoche, Khedira und Becker aus den Tiefen seines immer schon breiten Kaders schöpfen konnte wie er wollte und Union dennoch Union und erfolgreich blieb, bleibt in diesem Jahr bisher vor allem einer drin: der Wurm.

These: Alles eine Frage des Selbstbewusstseins

"Da mach’ ich mir vom Kopf her keine Gedanken", sagte Ex-Union-Trainer Jens Keller einst. Wobei man dazusagen muss, dass Keller zum Zeitpunkt der Aussage, 2014, Trainer von Schalke 04 war - was vermutlich von Gelehrten und Staatsanwaltschaften rund um den Erdball als schuldmindernd angesehen werden dürfte. Im Kern wollte Keller vermutlich auch nur davon ablenken, dass er sich eben im Kopf sehr wohl Gedanken macht, denn Fußball, das weiß man, ist ja eben nichts anderes als: reine Kopfsache.

"Irgendwann wird es eine mentale Geschichte, wenn du immer wieder diese Nackenschläge bekommst. Ich glaube, das ist menschlich", sagte unlängst auch Robin Gosens, der in der Folge darauf baute, dass die aktuelle Länderspielpause Linderung bringt. Erfolg durch Verdrängung also. Klingt vielversprechend. Ist dann aber ein anderer Text.

Sendung: rbb24 Inforadio, 13.10.2023, 19:15 Uhr

Beitrag von Ilja Behnisch

18 Kommentare

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  1. 18.

    Donnerwetter, und Du kennst die Lottozahlen vom nächsten Samstag schon... Was ein Gelaber...

  2. 17.

    Ein Verein mit knapp 70000 Mitgliedern mit einer starken Mannschaft taumelt dem Abgrund entgegen. Was für ein geistiger Mist wird hier eigentlich verbreitet? Bei einigen Herthanern scheint der Schlüppi feucht zu sein vor Freude. Der Stadtmeister hat ein paar Spiele unglücklich verloren. Das gab es schon bei ganz anderen Mannschaften. Was Union in den letzten Jahren erarbeitet hat, davon kann der Senats-Klub nur träumen.

  3. 16.

    Wahnsinn, was man hier alles lesen muss.
    Was für ein Mädchen denn.....? Fußball ist Tagesgeschäft. Und die Realität.............
    Union ist immer noch in der Bundesliga, im DFB Pokal und in der Champions League. Und wenn man absteigen sollte.....???
    Union ist ein kerngesunder, schuldenfreier Verein mit einem eigenen Stadion. Da kann man beim selbsternannten Hauptstadtclub nur von träumen.

  4. 15.

    Wahnsinn, was man hier alles lesen muss.
    Was für ein Mädchen denn.....? Fußball ist Tagesgeschäft. Und die Realität.............
    Union ist immer noch in der Bundesliga, im DFB Pokal und in der Champions League. Und wenn man absteigen sollte.....???
    Union ist ein kerngesunder, schuldenfreier Verein mit einem eigenen Stadion. Da kann man beim selbsternannten Hauptstadtclub nur von träumen.

  5. 14.

    Ja, das Märchen ist zu Ende

  6. 13.

    Die Luft ist raus.
    Hat sich doch bereits zum Ende der letzten Saison gezeigt.

  7. 12.

    Dat wird nix mehr in der Vorstadt…

  8. 11.

    Als Letztes zweimal in der 94. Minute verloren und schon wird schlechtgeredet.
    Ich sehe nur das die Liga wieder besser wird. Im Gegensatz zur letzten Saison waren
    die Transfers bei Union erst spät geklärt. Ausfälle von Schlüsselspielern sind immer
    schlecht.
    Becker hat wieder Tore geschossen. Ich freu mich wie es weitergeht.

  9. 10.

    Da breitet sich ja ausgesprochen schnell Verzagtheit aus im fernen Osten der Stadt. Ein bisschen mehr Durchhaltevermögen würde manchen Anhängern der Köpenicker gut anstehen. Und, wie schon von anderen geschrieben, etwas mehr Realismus. Vielleicht sind das ja nur die üblichen Erfolgsfans, die auf den brausenden Zug aufgesprungen sind, kurz bevor dieser wegen einer Baustelle bremsen musste.

  10. 9.

    Das Märchen beruht auf der einmaligen Teilnahme an der CL und solange das Erreichen der Playoffs nach den beiden Auftaktniederlagen zwar immer schwieriger, jedoch rechnerisch weiterhin möglich bleibt, muss innerlich nicht aufgegeben werden.

    Ein erster Sieg in der CL kann eine Selbstbewußtseinswelle lostreten und dabei helfen mit einer Siegesserie leichter aus dem Tief der BL klettern zu können.

    Bleibt er aus, wird sich zwangsläufig ausschliesslich auf BL und DFB-Pokal konzentriert werden müssen.

  11. 8.

    Willkommen in der Realität. Es kann nicht nur erfolgreich bergauf gehen. Meiner Meinung nach hat die Mannschaft nicht das Potenzial dafür. Die beiden letzten Saison, wurden auch Spiele glücklich gewonnen. Darauf kann man sich nicht verlassen. Das Blatt wendet sich auch mal. Wichtig ist Ruhe bewahren und dran bleiben. Champions League ist eine andere Sache, da haben andere Mannschaften schon Rückschläge erlebt, die sich hoffentlich nicht negativ auf die Bundesliga auswirken.

  12. 6.

    Alles Quatsch! Die ganze Geschichte CL muss raus aus den Köpfen, Konzentration liegt auf der Bundesliga und da gilt es Punkte einzufahren. Alles andere ist völlig zweitrangig.

  13. 5.

    Sehe ich ähnlich. Genug Beispiele gab es ja in der jüngeren Vergangenheit wie z.b.Freiburg oder Hoffenheim, ohne jetzt die Art & Weise wie der Erfolg erreicht wurde ,zu werten. Man sollte ohne Häme & Schadenfreude einfach schauen, wie zackig( je nach Sichtweise) es andersrum gehen kann. Beste Beispiele sind u.a. Hertha BSC, der HSV , Schalke04.

  14. 4.

    Union ist in der Gedankenlosigkeit angekommen. Nur Keiner will's hören und wahrhaben. Eine Epoche neigt sich dem Ende.

  15. 3.

    Wie sieht es mit dem ekelhaften Instagram-Post von Aissa Laidouni aus?

  16. 2.

    Die sind einfach ausgebrannt

  17. 1.


    Es ist noch nicht zu spät, daß unmöglich erscheinende weiter ernsthaft in Betracht zu ziehen.

    "Jetzt" müssen zwei im Moment unmöglich erscheinende Siege gegen Neapel und eine Revanche in Braga her, der Glaube etwas reissen zu können, dann kann der Traum des CL- Märchens über die Playoffs eine Fortsetzung finden, der nach der Auslosung der CL und dem Beginn der Niederlagenserie mit dem Indikatorspiel gegen RB anscheinend auf der Stecke geblieben ist, denn wenn zuhause schon 0:3 verloren wird, wie hoch soll dann der Auftakt in Madrid verloren werden, war ab da im Hinterkopf drin.

    Zwei jeweils in 94. Minuten noch aus der Hand gegebene Spiele und der sportliche Fehler des Auszug ins Olympiastadion hinterliessen anscheinend weitere Spuren im Selbstwertmantel.

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