Von Marathon-Matches und einer Corona-Party - Die denkwürdigsten Playoff-Momente aus der Geschichte der Eisbären Berlin

Mi 13.03.24 | 11:43 Uhr
Sven Felski feiert die erste Meisterschaft der Eisbären Berlin (Bild: IMAGO/Ed Gar)
Bild: IMAGO/Ed Gar

21 Mal haben die Eisbären Berlin in den vergangen 23 Jahren die DEL-Playoffs erreicht. Neben einer langen Erfolgsstory, haben sie dabei viele kleine verrückte Geschichten geschrieben - von Titeln, fliegenden Motorrädern und Hitchcock-artigen Krimis.

Ein paar Tage müssen sich die Spieler und Fans der Eisbären Berlin noch gedulden, ehe der nächste Schritt auf ihrem Weg zurück in die sportliche Normalität ansteht. Nach einer Vorsaison zum Vergessen mündet der Fortschritt der vergangenen Monate am Sonntag im ersten Playoff-Spiel der Eisbären seit knapp zwei Jahren. Auftaktgegner in den 21. Playoffs der Eisbären in den vergangenen 23 Jahren sind die Dauerrivalen der Adler Mannheim. Eins ist dabei schon jetzt klar: Es dürfte in den kommenden Wochen heiß werden auf dem Eis. Schließlich haben die Playoffs vergangener Jahre den Eisbären schon so manchen denkwürdigen Eishockey-Abend beschert. Eine Auswahl.

1. Ein Titel als Erlösung

Leidgeplagt waren die Eisbären in die Saison 2004/05 gegangen. Das Gewicht immer wieder enttäuschter Erwartungen wog damals schwer auf den Schultern der Berliner. Mannheim, Krefeld und Frankfurt hatten die Eisbären in den Jahren zuvor aus den Playoffs gekegelt, nun aber, in der Saison 2004/05, da sollte endlich der Titel her. Und tatsächlich hatten die Eisbären um Stefan Ustorf, Mark Beaufait und Steve Walker eine Mannschaft mit Meisterschaftspotenzial gebaut.

Platz zwei nach der Hauptrunde, die Augsburger Panther im Viertelfinale gezähmt, Ingolstadt im Halbfinale ausgeschaltet – einzig die Adler Mannheim stehen im April 2005 noch zwischen den Berlinern und ihrer ersten Meisterschaft. Dann machen die Eisbären innerhalb von fünf Tagen kurzen Prozess mit den Adlern: 5:3 im ersten Finale, gefolgt von einem 4:0 in Mannheim zwei Tage später. Abermals zwei Tage und einen 4:1-Erfolg später ist es geschafft. Ricard Persson steht schon jubelnd auf der Bande, als die Partie noch läuft, rund 5.000 Fans bringen den übervollen Wellblechpalast zum Beben, Sven Felski reckt nach 608 Spielen im Berliner-Trikot endlich den silbernen Pokal gen Hallendach. Die Ära der Eisbären ist geboren.

2. Eine Playoff-Serie für die Ewigkeit

Sieben Jahre später, wieder Mannheim. Man kennt sich bereits, als die Eisbären Berlin und die Adler im Finale der Saison 2011/22 aufeinandertreffen. Vielleicht ist das einer der Gründe, warum die Finalserie schon besonders intensiv und umkämpft ist, lange bevor die Adler in Spiel vier den Titel perfekt machen wollen. Als sie am 24. April 2012 zu Hause mit 5:2 in Führung liegen, singen 13.600 Mannheimer Fans auf den Rängen bereits "wir holen die Meisterschaft" – dann arbeiten sich die Eisbären zurück.

In einem Spiel mit heftigen Checks, vielen Chancen und noch mehr Leidenschaft vergessen die Eisbären sogar ihre großen Verletzungssorgen. Jimmy Sharrow und Barry Tallackson verkürzen, dann rettet TJ Mulock die Eisbären kurz vor Spielende vor dem Sommerurlaub und in die Verlängerung. Kurz darauf mutiert er zum Helden. Nach drei Minuten und 26 Sekunden Extra-Zeit trifft er zum 6:5. Auf den Rängen verstummt der Mannheimer Anhang schlagartig, auf dem Eis mobilisieren die Eisbären ihre letzten Kräfte zum Jubeln. Zwei Tage später gewinnen sie vor ihren eigenen Fans ihre sechste Meisterschaft in acht Jahren.

Laurin Braun mit der Meistertrophäe in der Hand und einer Grimasse auf dem Gesicht (Bild: IMAGO/Bernd König)Laurin Braun mit der Meistertrophäe in der Hand und einer Grimasse auf dem Gesicht | Bild: IMAGO/Bernd König

3. Rückkehr an die alte Wirkungsstätte

Ein bisschen zu viel Optimismus beschert den Eisbären zum Playoff-Start der Saison 2014/15 ein schwerwiegendes Problem: Weil die Berliner nicht damit gerechnet hatten, eine Extra-Runde in den sogenannten Pre-Playoffs drehen zu müssen, haben sie ihre Arena am Ostbahnhof nicht gebucht. Also fliegen hier am Freitag, den 07. März Motorradfahrer durch die Luft, statt Eishockey-Profis übers Eis. Für Spiel zwei gegen die Ice Tigers Nürnberg müssen die Eisbären zurück in den Wellblechpalast ziehen.

Vor ausverkauften Rängen im alten Wohnzimmer entwickelt sich ein Spiel mit Nostalgie-Faktor. Nach vier Minuten trifft der damals 21-jährige Nürnberger Leo Pföderl zum 1:0 – aber die Berliner behaupten sich. Zunächst in einer großen Prügelei, dann auch sportlich: Sechs Treffer erzielen die Eisbären in Serie, gewinnen schließlich mit 6:3. Eisbären-Trainer Uwe Krupp spaziert nach Spielende durch die Kneipe des "Wellis" zur Pressekonferenz, wo eine Art Barhocker auf ihn wartet. Die Niederlage in Spiel drei in Nürnberg und das Aus in den Pre-Playoffs kann auch er nicht verhindern.

Henry Haase, Laurin Braun und T.J. Mulock feiern im Wellblechpalast (Bild: picture alliance/dpa/Mehlis)Henry Haase, Laurin Braun und T.J. Mulock feiern im Wellblechpalast. | Bild: picture alliance/dpa/Mehlis

4. Ein Marathon-Match mit Happy End

Es steht viel auf dem Spiel für die Eisbären am 19. März 2017. Ein 2:3-Rückstand in der Viertelfinal-Serie gegen die – wie könnte es anders sein – Adler Mannheim verdammt die Berliner um Kapitän Andre Rankel zum Siegen. Um 14 Uhr startet das sechste Spiel der Serie – ein Krimi a la Alfred Hitchcock mit etwas über einhundert Minuten Netto-Spielzeit.

Bereits im ersten Drittel gegen die Eisbären mit 3:0 in Führung, stellen die Weichen auf Sieg und ein entscheidendes siebtes Spiel. Dann kommt Mannheim zurück und das Spiel geht nach 60 Minuten beim Stand von 3:3 in die Verlängerung. Wer macht den ersten Fehler? Wer trifft im Sudden Death Modus als Erstes und zum Sieg? Zwei Verlängerungen mit 40 Extra-Minuten bleibt diese Frage unbeantwortet, dann geht es schnell: Nach 28 Sekunden in Verlängerung Nummer drei hält Marcel Noebels seinen Schläger in einen Schuss von Charles Linglet. Nach 100 Minuten und 28 Sekunden ist das siebtlängste Spiel der DEL-Geschichte vorbei. Die Eisbären ziehen kurz darauf ins Halbfinale ein, scheiden dort allerdings gegen den EHC München aus.

Eine Choreografie der Eisbäre-Fans (Bild: IMAGO/Contrast)Die Choreo vor dem Marathon: Die Eisbären-Fans beim Spiel gegen Mannheim im März 2017 | Bild: IMAGO/Contrast

5. Eine Meisterschaft im Zeichen der Pandemie

Die Saison 2020/21 dürfte die bis dato ungewöhnlichste für die Eisbären sein. Die Corona-Pandemie wütet in der Welt und sorgt am Rande dafür, dass auch die DEL-Teams ihre Spiele vor leeren Rängen austragen müssen. Die Eisbären lassen sich von der Stille in den Hallen, die nur durch die Schlittschuhe und Stimmen der Spieler auf dem Eis durchbrochen wird, nicht beirren und ziehen als Tabellenerste in die Playoffs ein. Ausnahmsweise braucht es dort nur zwei Siege für den Einzug in die nächste Runde.

Blöd nur, dass die Eisbären sowohl im Viertel- und Halbfinale als auch im Finale gegen Wolfsburg prompt ihre ersten Heimspiele verlieren. Dreimal gewinnen sie auswärts Spiel zwei, dreimal entscheiden sie die Serie anschließend zu Hause. Beim dritten Sieg in Spiel drei sind dann plötzlich doch Fans in der Halle. Mit 2:1 führen die Eisbären-Akteure im dritten Drittel gegen Nürnberg, als plötzlich ihre Frauen und Freundinnen auf der Tribüne stehen. Aufs Eis dürfen sie selbst nach Spielende aber nicht. Also skaten ihre meisterlichen Männer nach der Siegerehrung brav nacheinander zu ihnen. Unter ohrenbetäubend lauter Musik startet auf der einzigen ansatzweise besetzten Tribüne eine Mini-Laola nach der anderen.

Mark Zengerle und Ryan McKiernan tanzen im Goldregen der leeren Arena am Ostbahnhof (Bild: IMAGO/Contrast)Mark Zengerle und Ryan McKiernan tanzen im Goldregen der leeren Arena am Ostbahnhof | Bild: IMAGO/Contrast

Sendung: rbb24, 12.03.2024, 21:45 Uhr

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