Boxkampf gegen Murtazaliev - Im Havelland will sich Culcay endlich zum Weltmeister krönen

Mi 03.04.24 | 14:01 Uhr | Von Shea Westhoff
Jack Culcay
Bild: IMAGO/Torsten Helmke

Schauplatz Stadthalle Falkensee – dort könnte der Boxsport am Samstag wieder glänzen. "Golden Jack" Culcay kämpft vor den Toren der Hauptstadt um den WM-Gürtel gegen den bisher ungeschlagenen Bakhram Murtazaliev.

"Für Jack ist es das Größte, was passieren kann. Er hat jahrelang auf den WM-Kampf gewartet", sagt Axel Schulz. Im anstehenden Duell zwischen Jack Culcay und Bakhram Murtazaliev (Samstag ab 22:40 Uhr live im rbb Fernsehen sowie auf rbb24.de) erkennt die 54 Jahre alte Boxlegende eine Bedeutung, die über die Weltmeisterkür eines der beiden Kontrahenten hinausgeht. Denn dass sich der mediale Fokus mal wieder auf einen Kampf richtet, das sei "insgesamt für den deutschen Boxsport wichtig".

Zur Disposition steht der Weltmeistertitel im Superweltergewicht der International Boxing Federation (IBF). Dieser ist vakant, seit der US-Amerikaner Jermell Charlo seinen WM-Gürtel im Vorjahr abgab. Die IBF hatte die höchstplatzierten Kämpfer im Superweltergewicht (bis 69,85 Kg) aufgerufen, einen neuen Weltmeister auszumachen – Culcay und Murtazaliev.

Falkensee als "cleverer Standort"

Promoter Ingo Volckmann und sein Berliner Boxstall Agon holten den entscheidenden Kampf nach Deutschland. Aber nicht in die großen Arenen nach Berlin oder Köln - sondern ins Havelland. "Das ist total toll. Das ist ja einer der schönsten Vororte von Berlin", zeigt sich der gebürtige Brandenburger Schulz begeistert. "Das wird eine kleine, schöne Kulisse für die Veranstaltung.”

2.000 Besucher werden erwartet. Schulz erinnert an den WM-Titelkampf von Vincenzo Gualtieri in Wuppertal, wo im Sommer des vergangenen Jahres genauso 2.000 Zuschauer vor Ort waren. "Da haben vorher auch alle gesagt: 'Wuppertal?'" Aber man benötige eben keine Mega-Halle, wenn man diese nur zur Hälfte füllen kann.

Der Boxabend an der Wupper mit dem ebenfalls beim Agon-Boxstall angestellten Gualteri sollte tatsächlich ein denkwürdiger werden, nach zwölf intensiven Runden errang er gegen Falcao überraschend den Weltmeistertitel im Mittelgewicht, die Halle stand Kopf [sportschau.de].

"Dementsprechend ist es total clever, auf eine Halle wie in Falkensee zu setzen, wo die Boxanerkennung groß ist", sagt Schulz, und fügt hinzu: "Natürlich gibt es dort auch eine gute Anbindung an Berlin." Es sind bescheidene Sätze in einem Sport, in dem ansonsten eher Großsprech herrscht.

Culcay, der Edeltechniker

Das Publikum auf seiner Seite wird am Samstag aller Voraussicht nach "Golden Jack" Culcay haben. Der in Ecuador geborene Boxer gilt als dynamischer Edeltechniker. 2008 trat er bei den Olympischen Spielen in Peking an, 2009 gewann er als Amateurboxer Gold bei der WM in Mailand. Lange her, mittlerweile ist Culcay 38 Jahre alt. Der Kampf gegen den im tschetschenischen Grosny geborenen und in Kalifornien lebenden Murtazaliev könnte seine letzte Chance auf einen großen Titel sein.

"Er hat alles, was ein Boxer braucht", sagt Schulz, der Culcay als Experte schon länger begleitet. "Er hat das Näschen, er hat das Gefühl und er ist vom Charakter her ein ganz Lieber."

Anzunehmen ist, dass die vergangenen drei Jahre nicht einfach waren für Culcay. Bereits im August 2020 konnte er sich durch einen Sieg gegen Abass Baraou auf den zweiten Platz der Verbands-Rangliste seiner Gewichtsklasse boxen. Seitdem wartete er auf die Chance eines WM-Kampfs. "Man selber konnte leider nicht viel machen, außer Jack ein paar Aufbaukämpfe geben", berichtet Promoter Volckmann rbb|24. Der Boxer müsse ja auch Geld verdienen. Eine Zeit lang agierte sein Schützling zusätzlich als Trainer, "als wir nicht wussten, ob er den WM-Kampf kriegt". Erleichterung herrschte nach der Niederlegung des Gürtels durch Charlo.

Das Box-Programm in Falkensee

19:30 Uhr: Paul Wall (Berlin) gg. Simone Bono (Ladispoli, Italien); 6 Runden

19:55 Uhr: Viktor Cakiqi (Berlin) gg. Sabari Jaishankar (Chennai, Indien); 6 Runden

20:25 Uhr: Haro Matevosyan (Frankfurt a.M.) gg. Uisma Lima (Porto, Portugal); 12 Runden

21:20 Uhr: Edin Avdic (Innsbruck, Österreich) gg. Omir Rodriguez (Colon, Panama); 8 Runden

22:10 Uhr: Oliha Etinosa (Turin, Italien) gg. Ismael Seck (Toulouse, Frankreich); 10 Runden

23 Uhr: Jack Culcay (Berlin) gg. Bakhram Murtazaliev (Los Angeles, USA); 12 Runden

"Haben einen guten Nachwuchs"

In Volckmanns Wahlheimat Mallorca, wo dessen Boxer trainieren, war von nun an "alles Training auf Jack abgestellt", berichtet er. Joggen, Sparring, Boxen, Schnellkraft, Ausdauer, alles mit drei Coaches. Zwei Einheiten am Tag, vormittgas, nachmittags.

"Ich habe gesehen, wie Jack trainiert hat. Er ist verletzungsfrei über die Zeit gekommen. Meiner Meinung nach ist er in Topform", sagt Volckmann und trommelt: "Deswegen gehe ich davon aus, dass es ein geiler, harter Kampf wird und dass wir das Ding gewinnen."

Die letzten großen Spektakel mit Boxern mit Berliner Geschichte wie Ottke, Abraham, Maske oder eben Schulz, sie wirken lange her. Das Epizentrum des Boxens scheint sich verschoben zu haben, aber das Potenzial in Deutschland ist da, glaubt Axel Schulz und nennt etwa den Bochumer Schwergewichtskämpfer Agit Kabayel, Nummer vier der Rangliste World Boxing Councils (WBC); außerdem den Flensburger Viktor Jurk, 2,05m lange Schwergewichts-Nachwuchshoffnung. "Wir haben einen guten Nachwuchs zur Zeit", so Schulz.

Genau wie Schulz hofft deswegen auch Promoter Volckmann auf einen Boxabend mit Signalwirkung. "Man muss der Öffentlichkeit natürlich auch zeigen, was die Jungs können. Umso mehr Reichweite wir bekommen, umso mehr wird es die Leute auch wieder begeistern."

In "Golden Jack" Culcay tritt nun einer an, der als erfahrener Boxer bereits auf eine Karriere zurückblickt - und diese am Samstag in Falkensee krönen will.

Sendung: DER TAG, 03.04.2024, 19 Uhr

Beitrag von Shea Westhoff

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