Impfstoffmangel in Cottbuser Arztpraxen - "Bislang habe ich keine Sicherheit, ob ich morgen weiter impfen kann"

Fr 03.12.21 | 11:50 Uhr
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Symbolbild: Jens Wagenknecht, Arzt, holt den Impfstoff von Biontech/Pfizer aus dem Kühlschrank in seiner Arztpraxis. (Quelle: dpa/Sina Schuldt)
Video Brandenburg Aktuell | 02.12.2021 | Phillip Manske | Bild: dpa/Sina Schuldt

Warteschlangen vor Impfstellen und teils lange Wartezeiten beim Hausarzt: Wenn es um die Corona-Impfung geht, scheinen Termine und Impfstoff aktuell Mangelware zu sein. Das sorgt in manchen Arztpraxen für Stress, hat Phillip Manske in Cottbus beobachtet.

Wenn Schwester Sybille in der Cottbuser Hausarztpraxis an den Kühlschrank mit den Impfstoffen geht, ist es seit Wochen das gleiche Bild. "Hier ist, wenn wir ihn vorrätig haben, unser Corona-Impfstoff. Leider ist er im Moment leer."

Leerer Kühlschrank, volle Bücher, viel Arbeit. Denn durch den Impfstoffmangel muss den bestellten Patientinnen und Patienten abgesagt werden. Das bedeute erstmal "telefonieren und sich entschuldigen müssen", sagt Arzt Steffen Wolf. "Und dann fängt das natürlich an, dass Patienten, die für die nächste Woche geplant waren, nach hinten geschoben werden müssen."

Telefonieren, ob jemand Impfstoff abgeben kann

Der Cottbuser Arzt bricht die letzte Ampulle mit Biontech an. "Heute wäre ein Liefertag gewesen." Doch bisher sei noch nichts angekommen. "Bislang habe ich keine Sicherheit, ob ich morgen weiter impfen kann - was ich eigentlich vorhabe."

Zwei Schwestern beschäftigen sich zurzeit nur mit der Impflogistik. Eine hilft in der Praxis, die andere kümmert sich um das Telefonieren. Wenn sie gerade keine Termine absagt, versucht sie, bei Apotheken und befreundeten Praxen Impfstoff aufzutreiben. Der jüngste Anruf war erfolgreich, die Praxis bekommt Moderna-Impfstoff für 100 Spritzen. Er soll bis kommende Woche Dienstag reichen. Damit sind wieder ein paar Termine gesichert.

Arzt Steffen Wolf impft in seiner Praxis in Cottbus (Foto: rbb)
Arzt Steffen Wolf impft in seiner Praxis in Cottbus | Bild: rbb

Immer weniger Verständnis

Täglich werden in der Cottbuser rund zehn Patienten geimpft, 40 könnten es sein. "Wir bekommen in der Regel zwischen null und 80 Prozent dessen, was wir brauchen", sagt Steffen Wolf. Seit anderthalb Monaten sei seine Praxis in der Bredouille, zu viele Patienten für zu wenig Impfstoff zu haben.

Zum Glück reagieren die Patientinnen und Patienten einigermaßen verständnisvoll, wenn ihre Impftermine abgesagt werden, berichtet das Team. Aber beim Arzt selbst schwindet allmählich das Verständnis. "Es ist einfach ein Zeitaufwand. Und der wird leider von der Zeit, den die Patienten bräuchten, weggenommen."

Verbesserung der Situation in Sicht

Eine Impfstelle ohne Impfstoff erzeuge nur Frust bei denen, die sich immunisieren lassen wollten, sagte der Vorsitzende des Landkreistages Brandenburg und Landrat von Potsdam-Mittelmark, Wolfgang Blasig (SPD), am Freitag im Inforadio vom rbb. Er sei relativ ratlos, wie es so weit habe kommen können, dass es an Impfstoff mangelt.

Offenbar gebe es große Probleme bei der Logistik und der Verteilung in die Großlager. Er kritisiert außerdem die Bundesregierung scharf und spricht von einem "Kommunikationsdesaster aus dem Hause Spahn". Bundesgesundheitsminister Spahn hatte Mitte November angekündigt, es werde nur noch eine bestimmte Menge Biontech ausgeliefert, weil zunächst die Moderna-Bestände verimpft werden sollten.

Für Brandenburg könne sich die Situation aber bald verbessern, so Blasig. "In der nächsten Woche soll eine Reserve von einer Wochenration, also 160.000 Impfdosen angelegt sein, die dann bei Bedarf in die jeweiligen Impfstellen und Impfzentren transportiert werden können." Das müsse einfach gelingen, so der Landrat.

Nur halb so viel angekommen, wie bestellt

Dass in den Brandenburger Arztpraxen der Corona-Impfstoff zur Neige geht, hatte bereits am Dienstag die Kassenärztliche Vereinigung Brandenburg (KVBB) angemerkt. Sie rechnete damit, dass der Corona-Impfstoff von Biontech in den Arztpraxen des Landes gegen Ende der Woche ausgeht. Eine Sonderlieferung des Impfstoffs von Moderna, die Brandenburg beim Bund bestellt hat, soll wahrscheinlich erst Ende der Woche eintreffen.

Auch in Berlin wird der Impfstoff knapp. Die Berliner Gesundheitssenatorin Kalayci (SPD) sagte, es werde zu wenig Biontech-Impfstoff geliefert. Für diese Woche seien gut 30.000 Dosen bestellt gewesen, knapp die Hälfte sei geliefert worden.

Was Sie jetzt wissen müssen

Sendung: Antenne Brandenburg, 02.12.2021, 15:10 Uhr

7 Kommentare

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  1. 7.

    Es ist schon traurig. Unsere Politiker haben beschlossen zum 30.09. die Impfzentren zuzumachen obwohl aus Israel die Notwendigkeit des Boosterns bekannt war. Am 30.9. erfolgreich geschlossen, merkte man spätestens am 15.11., daß das ein Fehler war. Nun ist der Impfstoff knapp und die Impfstellen ebenfalls. Nun soll der "Kuhdoktor" (Tierarzt) und Apotheker mitimpfen. Aber nur wenn genug "Stoff" vorhanden ist. Einen ehemaligen DDR-Bürger erinnert das an die Bananenknappheit zu DDR-Zeiten. Habe ich nur als Kind mitbekommen. Und nun macht man jede Woche (teilweise alle 2 Tage) neue Regeln und will sie streng kontrollieren. Liebe Politiker, erstmal schnell den Boosterbedarf erfüllen und dann Bußgeldbescheide schreiben. Aber die "Innenpolitiker" haben noch nicht mitbekommen, daß der Bürger frustriert über die Gesundheitspolitiker ist. Trifft nicht nur auf J. Spahn zu sondern auch auf Köpping (Sachsen) oder Söder.

  2. 6.

    www.kinderarzt-dr-lueder.de
    HAllo,
    wer die 1. oder 2. oder Booster-Impfung wünscht,
    in meiner Praxis verimpfen wird am 2./3./4. Adventswochenende jeweils Samstag und Sonntag
    Biontec und Moderna. Dann immer ab 11 Uhr, solange der Vorrat reicht.
    Am 4. und 5. 12 haben wird 500 Dosen Biontec und 60 Dosen Moderna schon im Kühlschrank.
    Für die kommenden Wochenenden sind von der Apotheke zusammen 1000 Biontec und 500 Dosen Moderna fest zugesagt.
    Termine werden nicht gemacht. Wir sind aber unbürokratischer und schneller als die Impfzentren.
    Benötigen aber Krankenkassenkarte zum schnellen Einlesen der Daten.

  3. 5.

    Richtig so, machen wir es doch wie Blücher, vorwärts!
    Vorwärts! Pardon wird nicht gegeben!

  4. 4.

    Herr Wieler (RKI) sagte, aktuell sei mehr als ein Prozent der Bevölkerung akut infiziert. Hospitalisiert „mit Corona“ sind in den vergangenen Wochen bundesweit zwischen sechs- und siebentausend Personen. Auf diese Zahl kann man sich, im Gegensatz zur ersten, verlassen.

    Die Gefahr, nach einer Infektion mit Haupt- oder Nebendiagnose „Covid-19“ so schwer zu erkranken, dass eine stationäre Unterbringung angezeigt ist, läge also bei 0,7 %.
    Oder noch deutlich darunter.

    Die Sterblichkeitsrate wäre damit im Bereich von 0,1% - wie bei einer Masernerkrankung, nun auch durch das RKI bestätigt.

  5. 3.

    Herr Spahn ist ja endlich weg ab nächster Woche, dann kann es nur besser werden.

  6. 2.

    Wenn sich alle nur stur an Biontech klammern ist das kein Wunder. Gestern sah ich einen Bericht über eine Arztpraxis, ich glaube in der Frankfurter Allee, da sind die Leute "im Vorbeigehen", durch das Fenster geimpft worden. Scheint dort also ausreichend Impfstoff zu geben. Es scheint, es gibt solche und solche Ärzte. ich frage mich, was die einen falsch machen.
    Es ist wie mit den Wohnungen. Alle wollen nur in Friedrichshain wohnen, das geht natürlich nicht.

  7. 1.

    Na dann wird es wirklich Zeit, das der neue General die Logistik in die Hand nimmt. Den Trödlern in den Ämtern wird es gezeigt, wie es geht. Diese Zauderei und Verschieberei von Verantwortlichkeiten ist dann vorbei. Es quatschen zu Viele hinein. Hierarchische Strukturen funktionieren eben besser- Befehl und Gehorsam .

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