"Auch woanders werden Dinge gebraucht" - Freienwalder Hilfsverein macht auf Ungleichbehandlung von Geflüchteten aufmerksam

Di 19.07.22 | 14:22 Uhr | Von Tony Schönberg
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Polen hat einen provisorischen Stacheldrahtzaun entlang der EU-Außengrenze zu Belarus errichtet (Bild: rbb/A. Hreczuk)
Audio: Antenne Brandenburg | 18.07.2022 | Axel Grafmanns von "Wir packen's an" | Bild: rbb/A. Hreczuk

Noch im vergangenen Jahr richtete sich die Aufmerksamkeit europaweit auf die Situation der Flüchtlinge an der belarussischen Grenze und nach Griechenland. Diese wird nun von der Ukraine überschattet. Doch die Bedarfe sind geblieben.

Mehr als vier Monate sind seit dem russischen Angriff auf die Ukraine vergangen. Mehrere Millionen Menschen mussten deshalb ihre Heimat verlassen. Angesichts des Konfliktes ist die Aufmerksamkeit in anderen Regionen in Europa deutlich zurückgegangen. Das kritisiert der Verein "Wir packen’s an" zur Nothilfe von Geflüchteten.

Not auch woanders groß

Aktuell bereitet der Verein mit Sitz in Bad Freienwalde (Märkisch-Oderland) erneut Transporte mit Sachgütern für Geflüchtetenlager in Bosnien und Griechenland vor. Geschäftsführer Axel Grafmanns sagt dazu: "In Athen ist die Not gerade besonders groß, besonders seit der Ukraine-Krieg läuft, weil dort die ganze Aufmerksamkeit hingeht. Aber auch woanders werden Dinge gebraucht."

Grafmanns beschreibt die Situation als "nach wie vor sehr elend". In Bosnien fehle es Tausenden Menschen vor allem an Kleidung, Lebensmitteln und medizinischer Versorgung. In Griechenland kämen weiterhin zahlreiche Geflüchtete über die Ägäischen Inseln an. Diese müssen zum Teil auf der Straße leben. "Die Hilfsorganisationen vor Ort beklagen, dass sie nichts mehr gekommen", so Grafmanns weiter. "Die Lager sind leer und sie wissen nicht, wie sie die Leute versorgen sollen."

Um wieder mehr Aufmerksamkeit für die humanitäre Krise in Bosnien zu gewinnen, stellt der Verein im Rahmen einer Themenwoche auf seiner Internetseite [wir-packens-an.info] Texte und Bilder bereit. Dort wird unter anderem von Pushbacks und Gewalt gegen Geflüchtete berichtet.

Grafmanns: Aufmerksamkeit für Belarus-Geflüchtete fehlt

Ebenfalls prekär sei die Lage der Geflüchteten an der Grenze zwischen Polen und Belarus, sagt Grafmanns. "Es ist noch genauso furchtbar wie vor einem halben Jahr, nur es berichtet kaum noch jemand darüber. Die vier Meter hohe Mauer steht, aber trotzdem schaffen es wieder mehr Menschen aus Afghanistan und Syrien - täglich 30 bis 40 - das zu überwinden." Dies hätten Partner aus der betroffenen Region berichtet.

Separation nach Herkunft?

Grundsätzlich befürworten die Bad Freienwalder Grafmanns zufolge die Unterstützung für Geflüchtete aus der Ukraine. Sie selbst hätten ebenfalls Gelder und Spenden beigesteuert. Allerdings wiederholt Grafmanns die Forderungen des Vereins, Geflüchtete gleich zu behandeln und diese nicht wie an den EU-Außengrenzen nach Herkunft zu kategorisieren. "Gerade in Polen ist es gravierend. An der Grenze Polen-Belarus gibt es ein grausames Abschottungs-Regime und an der anderen Grenze ein paar Kilometer weiter südlich werden Schutzsuchende willkommen geheißen."

Um die Not auch anderorts zu lindern, seien Sachspenden an die Partner ins belarussische Grenzgebiet geschickt worden. Ende des Monats sollen dann zwei 40-Tonner von Bad Freienwalde aus in Richtung Süden auf den Weg nach Bosnien und Athen geschickt werden. Ein Teil der dafür benötigten Güter hätten die Mitarbeitenden von "Wir packen’s an" und ihre Spender bereits zusammengetragen.

Allerdings werde auch weiterhin noch Einiges benötigt, um die LKW voll zu beladen, sagt Grafmanns. Gesucht würden auch Helfer, die beim Sortieren und Verladen unterstützen. Als Gründe für den Rückgang des Engagements nennt er die in Deutschland spürbaren Belastungen. Corona und die Folgen des Ukraine-Krieges hätten die Menschen "ausgelaugt".

Sendung: Antenne Brandenburg, 15.07.2022

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3 Kommentare

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  1. 3.

    Das können Sie und der Verein ja so sehen und bezahlen.
    Nur die Sachlage ist, dass die EU hat den Sonderstatus beschlossen hat.
    Link: www.tagesschau.de/ausland/europa/eu-schutzstatus-fluechtlinge-ukraine-101.html
    Genau wie bei den Nachbarländern Syriens.
    Link: www.tagesschau.de/ausland/syrische-fluechtlinge-105.html
    Haben die Personen einen Asylanspruch? Haben die einen Antrag gestellt? Ich glaube nicht. #sichere_Drittstaaten
    "Glücksrittertum" hat mit dem Asylrecht NIX zu tun.

  2. 2.

    Die Polen haben etwa 2 Millionen vor dem Krieg geflüchtete Frauen und Kinder aus ihren Nachbarland aufgenommen, und sie haben auf die Rufe nach eine EU - Umverteilung bis heute verzichtet. also was gibt es an diesem Land schon wieder zu kritisieren?

  3. 1.

    Gute Einstellung des Vereins und gut, dass hierüber auch berichtet wird. Diese Ungleichbehandlung ist widerlich. Und was an den EU Grenzen passiert ist eine menschliche Sauerei, die dringend beendet werden muss.

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