Polnische Staatsanwaltschaft ermittelt - Massives Fischsterben in der Oder - Behörden warnen vor Wasserkontakt

Do 11.08.22 | 10:05 Uhr
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Tausende Fische treiben tot in der Oder. (Foto: Michael Lietz/rbb)
Video: rbb|24 | 10.08.2022 | Material: rbb24 Brandenburg aktuell | Bild: Michael Lietz/rbb

Zu dem Niedrigwasser der Oder kommt jetzt noch ein Fischsterben: Tausende tote Fische treiben entlang der deutsch-polnischen Grenze auf dem Wasser. Mehrere Kreise warnen vor Kontakt mit dem Wasser. In Polen ermittelt die Staatsanwaltschaft.

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Entlang der Oder ist auf Höhe von Frankfurt (Oder) und umliegender Orte ein massives Fischsterben zu beobachten. Berufsfischer haben zwischen Ziltendorf (Oder-Spree) und Küstrin (Märkisch-Oderland) tausende Kadaver verschiedener Fischarten an den Flussufern entdeckt.

Auch rbb-Reporter berichten davon, dass unzählige verendete Fische auf der Wasseroberfläche trieben und sich entlang der Oder-Ufer stapelten. Ein Fischer aus Falkenhagen sagte dem rbb, dass das Wasser "nach Verdünnungsmittel" rieche.

Sowohl die Stadt Frankfurt als auch die Landkreise Oder-Spree, Märkisch-Oderland, Barnim und Uckermark warnen die Bevölkerung vor Kontakt mit Wasser aus der Oder, ihren Nebenarmen und -gewässern und aus der Hohensaaten-Friedrichsthaler Wasserstraße. Man sollte dort weder angeln noch Fische aus diesen Gewässern verzehren. Das Wasser sollte für private oder gewerbliche Zwecke wie zum Beispiel Viehtränken oder Bewässerung nicht verwendet werden, hieß es am Donnerstag.

Noch keine gesicherten Erkenntnisse

Die Gründe für das Fischsterben sind bisher nicht geklärt. Bislang gebe es keine belastbaren Informationen über die Ursache und die Konzentration eventueller Schadstoffe an den unterschiedlichen Flussabschnitten, hieß es von der Frankfurter Stadtverwaltung. Die Behörden prüften derzeit die Hintergründe. Das Umweltamt der Stadt stehe dazu mit dem zuständigen Landesumweltamt im Kontakt. Außerdem seien am Dienstag von der Wasserschutzpolizei bereits Proben des Flusswassers genommen worden. Die Analyse laufe dazu, hieß es.

Polnische Staatsanwaltschaft ermittelt wegen möglichen Umweltdelikts

Unterdessen wird aus Polen gemeldet, dass die Staatsanwaltschaft Wroclaw (Breslau) wegen eines möglichen Umweltdelikts Ermittlungen aufgenommen habe. Inspektoren des Gewässeramts in Niederschlesien hatten den Berichten zufolge bereits Ende Juli Wasserproben an drei Stellen entnommen. Der hohe Sauerstoffgehalt im Wasser weiche von den typischen Sauerstoffkonzentrationen im Sommer ab, hieß es nach der Analyse. Zudem wurde an zwei Stellen die giftige Substanz Mesitylen nachgewiesen.

Neuere Wasserproben sind jedoch nach Angaben des Breslauer Gewässeramts unbelastet. Seit dem 1. August sei die Substanz Mesitylen in Proben nicht mehr nachgewiesen worden, teilte die Behörde am Donnerstag mit. Der physische und chemische Zustand des Wassers werde weiterhin täglich untersucht.

Berliner Forscher sieht anderen Grund für Fischsterben

Auch Christian Wolter vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei in Berlin habe von einem Chemie-Unfall südlich vom polnischen Breslau am 28. Juli gehört, sagte er dem rbb. Die polnische Region liegt rund 200 Kilometer von der deutschen Grenze entfernt am Oberlauf der Oder. Dort sei giftiges Mesitylen in den Fluss gelangt, hieß es.

Wolter sagte allerdings auch, dass ein Mesitylen-Austritt Ende Juli schon längst durch die Oder durchgeflossen sein müsste. Er vermutet stattdessen, dass der niedrige Wasserstand, die hohen Temperaturen und der Ausbau von Buhnen auf der polnischen Oderseite für das Fischsterben verantwortlich seien.

Sendung: Antenne Brandenburg, 10.08.2022, 16:10 Uhr

Mit Material von Michael Lietz und Philip Barnstorf

52 Kommentare

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  1. 51.

    Stellen Sie mal eine geöffnete Mineralwasserflasche aus dem Kühlschrank in die Sonne. :=)

  2. 50.

    Man hat aber doch einen für die Wassertemperatur viel zu hohen Sauerstoffgehalt festgestellt. So rbb-inforadio heute. Dann stank es auch nach Benzol. Erinnern sie sich bitte.

  3. 49.

    "weil warmes Wasser weniger O2 binden kann. " Das war mit Henry-Gleichgewicht gemeint. Muß immer sehr kurz sein hier. Das Henry Gesetz (als einfachste Variante) beschreibt, wieviel Gas sich in einer Flüssigkeit lösen kann unter gegebenen Randbedingungen von Temperatur und Druck. Das meinte ich mit ausperlen - passiert wenn das Fluid wärmer (Wassertemperatur steigt)wird oder halt der Druck fehlt (Sektflasche öffnen).

  4. 48.

    "Ich denke das hier auch die "Hitze" und der niedrige Wasserstand Schuld ist und nicht der Geruch von Verdünnung und dieser komische Film der auf der Oberfläche teilweise zu sehen ist."
    Na, da warten Sie mal ab. Bei der Quecksilberkonzentration wird das möglicherweise ihr Weltbild erschüttern...

  5. 47.

    Ich wusste garnicht das hier so viele Experten sich ein Urteil erlauben dir nicht mal vor Ort waren, komisch das Biber und Otter auch tot in der oder treiben. Ich denke das hier auch die "Hitze" und der niedrige Wasserstand Schuld ist und nicht der Geruch von Verdünnung und dieser komische Film der auf der Oberfläche teilweise zu sehen ist. Genauso wie der Sauerstoffgehalt in der Oder, der momentan sehr hoch ist in der Oder, anstatt hier nur irgendwelche Vermutungen aufzustellen, sollte schnellst möglich gehandelt werden, es sind nicht nur die fische betroffen, als nächsten werden die Vögel und die Raubtiere sterben wenn diese erstmal die Kadaver entdecken und essen.

  6. 46.

    Beim fürs Oderbruch zuständigen Verband GEDO Seelow kann man sich das Fließschema des Oderbruch anschauen.
    Pumpwerke zum Speisen des Oderbruchs gibt es nicht. Ein Heber in Kienitz der Wasser über den Deich hebt, dazu aber wenn Wasserstand passt und Leitung dicht nur mit Vakuumpumpe einmal kurz angesaugt wird und dann von allein läuft. Weinschlauchprinzip.
    Das meiste geht aber über die Durchleiter unterm Deich durch. Wenn in Reitwein offen ist, könnte man auch ein Surfbrett draufstellen. Kann man sich aber auch vorstellen was passiert, wenn der Deich bei Hochwasser bricht.

  7. 45.

    Also wenn schon so genau, dann bitte richtig. Chemisch korrekt wäre Dihydrogenmonoxid (DHMO).

  8. 44.

    Popcorn löst Ihr Denkproblem auch nicht und Atomstrom auch nicht.

  9. 42.

    Hätte man statt zahlreicher Ideologischer Projekte in den letzten Jahren mal lieber das Geld in Bewässerungskonzepte und echten Natur- und Gewässerschutz gesteckt, hätten wir heute viele Umweltprobleme nicht.

  10. 41.

    Gibt es eine deutsch-polnische Kooperation, die das Wohl des Flusses resp. seiner Anrainer im Auge hat? Vom Chemieunfall im Juli habe ich gar nichts gehört.

  11. 40.

    Thomas da sind Sie irgendwo falsch abgebogen. Es geht hier nicht um Waldbrände und deren Ursachen, es geht um Wasser bzw kein Wasser und die Ursachen des Fischsterbens.

  12. 39.

    Das ist das alte Problem bei allen Flüssen die begradigt wurden. Die Polen wollen Buhnen bauen. Warum? Damit die Fließgeschwindigkeit sich erhöht und damit die Wassertiefe. Der Bereich zwischen den Buhnen sieht harmlos aus, ist aber saugefährlich durch Unterströmungen und unberechenbaren Strudeln. Kommen noch die Wellen des Schiffsverkehrs hinzu, dann haben Sie dort unberechenbare Strömungsverhältnisse. Am Rhein ist zB das Baden eben auf Grund dieser Verhältnisse verboten, da selbst geübte Schwimmer hier in Lebensgefahr geraten. Durch den Buhnenbau wird massiv in den Lebensraum von Fischen eingriffen. Es werden Laichräume zerstört und Zonen in den die Fische ohne viel Kraftaufwand grundeln können. Vom aufgewirbelten Schlamm, der die Kiemen zusetzt ganz zuschweigen.

  13. 38.

    Ja da wünsche ich mir von der Oder etwas mehr. Kleinere Fließe werden bemessen und veröffentlicht, aber die Oder ist nicht sehr transparent in den Daten.
    Weiß gar nicht wo man den Volumenstrom ermittelt. Mindestens dort muss ja Profil bekannt und Geschwindigkeit gemessen sein. Aufgrund des Profils und schwankenden Wasserständen sicher nicht einfach. Der GEDO hat ein sehr gutes teilweise öffentlich einsehbares Messnetz aber vorrangig auf der anderen Seite des Deiches.
    So einfach wie es Tatortkommissare bei Wasserleichen an anderen Flüssen machen, dürfte es an der Oder nicht sein.
    Die Welle scheint eine gute Näherung.

  14. 37.

    Danke, den Hinweis
    „Björn wird sich bestimmt noch melden und das ganze genauer erklären.“ habe ich nicht mehr untergekommen.
    Klar die Physik spielt auch noch mal ne Rolle. Derzeit vermutlich eher weniger weil warmes Wasser weniger O2 binden kann.
    Menschliche vorhersehbare Einträge von O2 in die Oder würde ich weniger vermuten. Also wurde oder wird eventuell irgendetwas organisches zersetzt mit Freisetzung von O2.
    Warten wir mal ab was die Labore so finden.

  15. 36.

    @Niklas: Glashaus? Ich frage mich gerade, wer da den Verschwörungsaluhut trägt, bzw. sich umzingelt sieht.
    Vielleicht soilten Sie mal ihre Phobien abbauen.
    @Thomas: Antwort auf Ihre Frage: siehe User oben.

  16. 35.

    Mir tun die Fische leid.
    In Kuhbrücke bei Küstrin-Kietz wurde vor 10 Jahren der größte Fisch, den ich je gesehen hab, aus der Oder "geangelt":
    Ein Wels - 2,25 m lang, 75 kg schwer und geschätzte 40 Jahre alt! Wegen der Fischereiverordnung durfte der leider nicht wieder zurück ins Wasser gelassen werden.
    Schade, dass ma hier keine Fotos posten kann ...

  17. 34.

    Danke für die Aufklärung. Dann bin ich wohl etwas länger aus der Schule raus (Abi 72).
    Ick bin bisher immer davon ausgegangen, dass Oxidation nur mit Oxygenium stattfindet.
    Hätten sich die Wissenschaftler eigentlich auch eine passendere Bezeichnung einfallen lassen können, wenn sie jetzt den Austausch von Elektronen unter dieser chemischen Reaktion verstehen. Mir würde da Elektronencommutation zu einfallen.

  18. 33.

    Es ist gar nicht so einfach die aktuelle Strömungsgeschwindigkeit zu bekommen. Also die übliche Pegeldaten geben darüber keine Auskunft:
    https://www.pegelonline.wsv.de/gast/stammdaten?pegelnr=603140
    Man könnte anhand der letzten Welle und den Pegelabständen die Geschwindigkeit in der Fahrrinne zumindest schätzen.

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