Nach Oder-Konferenz - Polen und Deutschland uneins über Maßnahmen gegen Fischsterben

Di 06.06.23 | 18:35 Uhr
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Oder in Kinietz
Video: rbb|24 Brandenburg aktuell | 06.06.2023 | Fred Pilarski | Bild: Andreas Oppermann/rbb

Deutschland und Polen sind nach wie vor uneinig, wie der Grenzfluss Oder vor einem künftigen Fischsterben geschützt werden kann. Das wurde am Dienstag auf einer Konferenz im brandenburgischen Schwedt (Uckermark) deutlich.

Fünf Stunden lang diskutierten deutsche und polnische Politiker, Umweltschützer und Wissenschaftler über die Zukunft der Oder. Zentrale Frage war dabei, wie eine erneute Umweltkatastrophe verhindert werden kann. Konkrete Maßnahmen wurden jedoch nicht beschlossen.

Polen sieht Salzeinleitungen nicht als Hauptproblem für Fischesterben

Sowohl Deutschland als auch Polen wollen, dass sich das massenhafte Fischsterben in der Oder nicht wiederholt. Uneinig sind sich beide Länder bei der Frage, wie diese Katastrophe verhindert werden kann. Experten hatten als Ursache für das Fischsterben ein Zusammenspiel von hohen Temperaturen, Niedrigwasser, einem hohen Salzgehalt und das Gift einer Algenart namens Prymnesium parvum (Goldalge) als wesentliche Ursachen für das Fischsterben benannt. Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Bündnis 90/Die Grünen) betonte am Dienstag, dass die Temperatur im Fluss nicht niedrig gehalten werden könne: "Deshalb bleibt nur die Stellschraube der Salzeinleitungen, wenn eine solche Katastrophe in diesem Sommer verhindert werden soll."

Polen sieht dies allerdings nicht als zentralen Grund und verweist darauf, dass die gemessenen Werte innerhalb der EU-Richtlinien lägen. Auch seien die Salzeinleitungen nicht die vordergründigste Ursache für die Umweltkatastrophe, so der Direktor der Abteilung für internationale Angelegenheiten im polnischen Ministerium für Klima und Umwelt, Marcin Bialek: "Während der Konferenz ist erwähnt worden, dass die Alge trotzdem existieren würde, selbst wenn der Salzgehalt im Wasser sehr niedrig ist."

Besseres Krisenmanagement und Frühwarnsystem

Wie bei diesen unterschiedlichen Standpunkten zusammengekommen werden soll, blieb auch nach der Konferenz unklar. Auch beim Thema Oder-Ausbau gab es keine Annäherung. Polen sieht in dem Ausbau, trotz richterlichen Beschluss, der die Baggerarbeiten untersagt, derzeit kein Problem. Die Bauarbeiten werden aktuell fortgeführt. Bundesumweltministerin Lemke kritisierte dieses Vorgehen bereits im Vorfeld der Konferenz im Interview mit rbb24 Inforadio.

Der Verwaltungschef der Woiwodschaft Westpommern, Zbigniew Bogucki, warnte davor, nach "einfachen Lösungen" zu suchen. "Wir sind heute nicht im Stande, vollständig alles zu verändern, was in Nieder- und Oberschlesien passiert, wo die Einleitungen nach europäischem Recht gemacht werden, wie auch auf der deutschen Seite." Es gehe um ganze Wirtschaftssysteme, die abgeschaltet würden, sagte Bogucki.

Ihm zufolge sollten beide Seiten darüber nachdenken, wie Informationen schneller ausgetauscht werden könnten, um auf eine Krise reagieren zu können. Er habe bei der Umweltkatastrophe im August auf deutscher Seite keinen klaren Ansprechpartner gehabt, sagte Bogucki und schlug gleichzeitig ein deutsch-polnisches Koordinationsteam als Krisenmanagement vor. Geeinigt wurde sich am Dienstag auch darauf, dass das Frühwarnsystem nun schneller arbeiten soll, sodass zum Beispiel die Oder-Zuflüsse schneller geschlossen werden können.

Kritik an Verlauf des deutsch-polnischen Dialogs

Kritik an der Art des deutsch-polnischen Dialogs kam vom Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt (Oder), René Wilke. Präventionsmaßnahmen seien wichtig, betonte der Linken-Politiker. Schockierend sei für ihn aber, dass man sich bereits auf eine erneute Krise in der Oder einstelle, statt dafür zu sorgen, dass sie auf keinen Fall eintrete. Bei Ursachenforschung und Bekämpfung der Umweltkatastrophe lägen Deutschland und Polen weit auseinander.

Am Mittwoch trifft sich Bundesumweltministerin Lemke in Slubice mit ihrer polnischen Amtskollegin Anna Moskwa zum weiteren Austausch über die Oder. Eine Teilnahme an der Konferenz hatte Moskwa aus Termingründen abgesagt.

 

Sendung: Antenne Brandenburg, 06.06.2023, 16:10 Uhr

9 Kommentare

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  1. 9.

    Deutschland soll vertragsgerecht mitgestalten, im eigenen und übergreifenden Interesse.....Um dann auch etwas einfordern zu können. Eine WinWin Situation schaffen...
    Für „Faulis“, „die Natur wird es schon richten“ ist das hier nix....

  2. 8.

    Warum soll Deutschland dafür bezahlen, dass Polen gesetzliche Bestimmungen einhält? Im Gegenteil, Deutschland sollte Polen vor dem EuGH dazu verklagen, dass sie endlich eingehalten werden. Mit dem Urteil ein millionenschweres zwangsgeld, dann reagiert Polen auch. Nur wenns ans Geld geht ist eine positive Reaktion zu erwarten, sonst passier da garnichts.

  3. 7.

    Was das heißt? Ganz einfach, Wirtschaft hat Vorfahrt vor Leben. Lokkyisten verhindern seit Jahren, dass sich Grenzwerte nicht nur Wirtschaftsintressen unterordnen.
    Polen spielt jetzt einfach diesen Ball. Und wie immer, wird das Geschrei auch in Polen wieder groß sein, wenn die regionale Binnenfischerei und der Tourismus infolge der nächsten Katastrophe zusammenbricht.
    Wer den Wissenschaftlern am IGB und Institut für Lebensmittelchemie und Toxikologie Wien nicht traut, kann sich auch gerne den Wiki-Artikel zu Prymnesium parvum komplett reinziehen.
    "Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Bündnis 90/Die Grünen) betonte am Dienstag, dass die Temperatur im Fluss nicht niedrig gehalten werden könne: "Deshalb bleibt nur die Stellschraube der Salzeinleitungen, wenn eine solche Katastrophe in diesem Sommer verhindert werden soll."
    Halte ich für eine leicht nachvollziebare, schlüssige Aussagenlogik!!

  4. 6.

    Es reicht nicht, sich hinzustellen und zu sagen: Ich verstehe meine polnischen Kollegen nicht. Da scheint ja kaum ergebnisorientierter, konstruktiver Austausch stattgefunden zu haben. Sehr ärgerlich. Ein deutsch-polnisches Kriseninterventionstam ist nur das Mindeste. Warum schlägt die deutsche Seite ob der vorgebrachten /oder -gespielten Zweifel an den Ursachen nicht im Gegenzug die Einrichtung eines deutsch-polnischen Untersuchungsteams vor, das die Ursachen weiter erforscht? Das würde bestimmte Resentiments gegenüber den Ergebnissen eindämmen. Oder was tut man in Polen zur Aufklärung? Sie schreiben "Bei Ursachenforschung und Bekämpfung der Umweltkatastrophe lägen Deutschland und Polen weit auseinander.". Was heißt das denn konkret?

  5. 5.

    @Freitag. Warum rufen Sie nach "Aktivisten", warum werden Sie nicht selbst "aktiv"? Es gibt eine Menge Aktivisten und Verbände, die sich genau mit diesen Fragen beschäftigen. Einfach mal googeln... MfG

  6. 4.

    Die Alge sind in der Oder da. Wer kann niedrigere Wassertemperaturen geeahrleisten?

  7. 3.

    Es werden auf polnischer Seite die Buhnen saniert, nicht ausgebaut oder neu gebaut. Das ist ein feiner Unterschied, wird aber von den Medien als Ausbau-Neubau deklariert, obwohl die teils defekten Buhnen vorhanden sind.
    In Polen wurde jahrzehntelang nichts an den Buhnen unterhalten, nun wird endlich saniert und die Ökos schreien auf.
    Hoffentlich kommt das grünste Transportmittel damit zurück in Masse auf die Oder.

  8. 2.

    Ich schlage mal eine Lösung vor:
    Deutschland hält sich mit einem realistischen Zeitplan an die (Ausbau-)Verträge, gestaltet mit und zahlt auch die Hälfte, auf eine Art, die den Willen im Handeln ehrlich erkennbar untermauert.
    Polen „verdonnert“ die Salzeinleiter zu Filtern.

    Wetten das das klappt?

  9. 1.

    Und der Ausbau der Oder geht unverändert fort. War soeben an der Oder [ Gassi Runde) und bin jeden Tag erschrocken, wie auf polnischer Seite die Oder mit massenweise Steinen oder auch Bauschutt regelrecht zugeschüttet wird und das ist zurückhaltend formuliert. Und das schlimmste dabei ist,die deutsche Seite unternimmt nichts,zumindest was für den normalen Bürger ersichtlich wäre. Und noch schlimmer, wo bleiben hier die sogenannte Aktivisten.

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