Öl-Embargo gegen Russland - Woidke fordert von Bundesregierung volle Auslastung der PCK-Raffinerie in Schwedt

Do 08.09.22 | 15:12 Uhr
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Die PCK Raffinerie in Schwedt (Quelle: rbb)
Audio: Antenne Brandenburg | 07.09.2022 | Martina Rolke | Bild: rbb

Die Zukunft der PCK-Raffinerie ist unsicher. Der Brandenburger Wirtschaftsminister hatte am Mittwoch Zweifel an einer Rückkehr zur Vollauslastung geäußert. Ministerpräsident Woidke bekräftigte am Donnerstag, dies sei aber weiterhin das Ziel.

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) fordert vom Bund Unterstützung für die Ölraffinerie PCK in Schwedt (Uckermark). Das Ziel müsse es sein, eine volle Auslastung des PCK in Schwedt zu erreichen, sagte Woidke dem rbb am Donnerstag. Das bedeute einerseits die Arbeitsplatzsicherheit für die Beschäftigten, aber auch eine Preissicherheit für Deutschland. Wenn auch im Öl-Bereich weniger auf dem Markt sein werde, werde der Benzinpreis nochmal deutlich steigen, argumentierte Woidke.

Der Ministerpräsident sagte, er erwarte eine Jobgarantie des Bundes für alle Beschäftigten bei PCK. Zudem erwarte er eine Versorgung mit Treibstoffen in Brandenburg und dass die Möglichkeiten zur Transformation zu klimaneutraler Energieproduktion genutzt werden. Schwedt sei der ideale Standort: "Schwedt hat vor der Tür die höchste Produktion von Erneuerbaren und Schwedt kann heute schon synthetisches Kerosin produzieren", so Woidke. Er werde weiter Druck auf der Bundesebene dahingehend machen.

Steinbach hatte Zweifel an Vollbetrieb geäußert

Der Brandenburger Wirtschaftsminister, Jörg Steinbach (SPD), hatte am Mittwoch gesagt, er halte eine Rückkehr der Raffinerie in Schwedt zum Normalbetrieb angesichts des geplanten Öl-Embargos gegen Russland für nicht möglich. "Von dieser technischen Forderung mussten wir Abstand nehmen", hatte Steinbach im Wirtschaftsausschuss des Landtags in Potsdam gesagt. Er betonte aber auch: "Das war – muss man auch sagen – politisch eine verkürzte Aussage zu sagen, wir wollen wieder, dass die zu 100 Prozent läuft." Woidke bekräftigte am Donnerstag diese Position.

Die Versorgungssicherheit für den Nordosten Deutschlands sei für den Fall des Embargos gewährleistet auf Basis eines Betriebes bei PCK "irgendwo zwischen 45 und 60 Prozent", hatte der Minister gesagt. Mit einer Ertüchtigung der Pipeline zwischen Rostock und Schwedt werde darüber hinaus eine Auslastung wie vor dem Ukraine-Krieg angestrebt, das seien zwischen 80 und 85 Prozent des Normalbetriebs, aber nicht 100 Prozent. Dafür habe der Bund auch eine Kostenübernahme zugesagt. "Dieses wird aber zwischen zwei und zweieinhalb Jahren je nach Projektausführung dauern", so Steinbach.

Über die Beschäftigten hatte Steinbach gesagt: "Es werden dann nicht alle vor Ort sozusagen im aktiven Betrieb sein." Niemand solle einen persönlichen Nachteil erleiden, alle PCK-Mitarbeiter sollten weiterbeschäftigt werden. Aber: "Ehrliche Antwort: Das Problem ist bekannt, an dem sind wir auch dran, aber wir haben keine Lösung. Und ich kann heute da an der Stelle noch nichts verkünden, was tatsächlich diesem Unternehmen irgendwie ein Silberstreif am Horizont geben würde", so Steinbach.

Noch immer Unklarheit zu künftiger PCK-Leitung

Beobachtern zufolge wurde die Debatte im Wirtschaftsausschuss am Mittwoch hitzig geführt. Abgeordnete der Opposition hatten die Landesregierung kritisiert, dass es noch keine konkreten Zukunftspläne für das Unternehmen im Zusammenhang mit dem Öl-Embargo gegen Russland gebe. Steinbach argumentierte: "Jeder einzelne Schritt, auch jede ergänzende Maßnahme zur Unterstützung von Schwedt hängt zunächst an der Gesellschafter-Struktur. Die Struktur muss als allererstes geändert werden und dann entsteht daraus ein Zeitplan. Aber wir können im Augenblick an vielen Stellen gar nichts machen, solange die Gesellschafter-Struktur nicht geändert ist."

Die PCK-Raffinerie gehört mehrheitlich dem russischen Mineralunternehmen Rosneft. Es gibt zwar Übernahmeinteressen anderer Firmen, aber bisher keine Entscheidung für eine mögliche Enteignung.

"Ich persönlich fordere, dass hier der Bund Verantwortung übernimmt und auch eine Treuhandvariante erwägt", sagte beispielsweise Mike Bischoff (SPD), der für die Uckermark im Brandenburger Landtag sitzt. Er und seine Fraktion fordern, dass es eine Beschäftigungsgarantie für die Mitarbeitenden von PCK geben und ein Investitionspaket für die erfolgreiche Transformation in Zukunftstechnologien verabschiedet werden soll. Voraussetzung dafür sei jedoch die Klärung der Eigentümerfrage, so der Landtagsabgeordnete.

Kritik äußerte die Opposition. "Es ist eine Katastrophe auf verschiedenen Ebenen", so Linken-Fraktionsvorsitzender Sebastian Walter. Bis zum heutigen Tage habe die Landesregierung über eine Vollauslastung des PCK und eine Beschäftigungsgarantie für dessen Mitarbeitende gesprochen. "Jetzt wird davon geredet, dass es nicht mehr so wäre", sagte Walter. Der Linken-Chef kritisiert zudem, dass dies "ganz nebenbei" auf eine Anfrage im Wirtschaftsausschuss erfolgt sei.

Deutschland verzichtet auf Pipeline-Öl

Die EU-Staaten hatten wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine ein Öl-Embargo gegen Russland verhängt, das zum Jahreswechsel greift. Auf Drängen Ungarns gilt es nur für Tankeröl aus Russland, in einer Protokollerklärung verzichteten Deutschland und Polen freiwillig auf Öl aus Pipelines. Davon sind die PCK-Raffinerie in Schwedt und die Raffinerie in Leuna in Sachsen-Anhalt betroffen, die an der russischen Druschba-Pipeline hängen. Leuna hat Alternativen gefunden, für Schwedt sucht das Bundeswirtschaftsministerium noch eine Lösung. Die Anlage versorgt weite Teile Ostdeutschlands mit Treibstoff.

Sendung: Antenne Brandenburg, 07.09.2022, 13:30 Uhr

44 Kommentare

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  1. 44.

    "kommt die elektrische Energie für den Plasmabrenner her?? " Halt sinnvollerweise aus erneuerbaren Energiequellen. Es wird sich nicht jedes Verfahren für jeden Standort gleich gut eignen. Viel Strombedarf würde z.Bsp. in Ländern mit vielen Staudämmen gut passen (Norwegen) oder bei großen und vielleicht auch entlegenen Windkraftfeldern (Neufundland). Es wird wahrscheinlich nicht DIE Lösung geben, die für alle paßt überall.

  2. 43.

    „Ansonsten bliebe noch das Kvaerner-Verfahren aus Kohlenwasserstoffen mittels Plasmabrenner zu Aktivkohle und Wasserstoff (gibts in Kanada eine Pilotanlage mit hohem Wirkungsgrad).“

    Ja, ja hoher Wirksgrad (klar wenn man mittendrin anfängt) und wo kommt die elektrische Energie für den Plasmabrenner her??

  3. 42.

    Genau , schlimm nach dem Staat zu rufen.
    Aber wenn die Preise für Diesel und Benzin steigen, jo dann wird geheult !
    Daher bin ich der Meinung, die Preisspirale sollte sich weiterdrehen !

  4. 41.

    Möglich.
    Dann erweitert sich das Thema Versorgungssicherheit eben auf B, BRB und ukrainische Armee. Wobei letzteres dann eher nicht die Liga eines Hr. Woidke ist.
    Aus Polen hört man wenig zum Thema PCK oder?

  5. 40.

    Mal nachrechnen.
    750 TEUR netto für ca. 800MWh/a macht nach 20 Jahren ca 46€/MWh.
    Ja passt, wenn der Fokus auf maximale Einspeisung und nicht maximaler Eigenverbrauch liegt, wird es nochmal einiges günstiger also in den Bereich um die 35€.

  6. 39.

    Vielleicht soll deshalb Vollauslastung sein, damit es exportiert werden kann. Könnte doch als Unterstützung der Ukaine gedacht sein mit Treibstoffen und nicht so für den Eigenbedarf. Die Armee ist im Krieg ein Großabnehmer von Treibstoff und den muß die Ukraine ja irgendwoher beziehen.

  7. 38.

    "Beim Neubau von Photovoltaik seien es hingegen etwa 29 bis 42 Euro pro Megawattstunde"
    Na was für ein Schnäppchen! Für 30€ 1Mwh PV? Dafür bekommst nicht mal nen Modul!

  8. 37.

    "Wurde die Überschrift geändert?
    Klingt bissel nach DDR. Der Staat soll die Auslastung einer Produktionsanlage garantieren."
    Wie immer sind sie ahnungslos und beweisen einen fehlenden politischen Instinkt.
    Der Staat (Regierungskoalition) war es, der mit seiner Entscheidung die Situation herbeigeführt hat. Er allein ist verantwortlich und nicht die Wirtschaft.

  9. 36.

    Flamanville 3 ist mit knapp 20 Mrd € bei 1330 MW Nettoleistung fast schon ein Schnäppchen. Dabei sollte man aber auch die Bedeutung von Rosatom nicht außer Acht lassen. Wen Putin Gas schon als Waffe einsetzt und wir im Gegenzug sein Öl nicht mehr haben wollen, muss es eben sein Uran sein. Aus aktuellem Anlass:
    https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/uran-transport-lingen-protest-atom-101.html

  10. 35.

    Du hast es noch nicht gemerkt, aber ich helfe mal nach:
    Schwesig Nordstream 2 - SPD - ganz dringend notwendig - unzulässige Stiftung
    Woidke PCK - SPD - ganz dringend notwendig - https://www.brandenburg.de/cms/detail.php/bb1.c.725581.de

  11. 34.

    Wurde die Überschrift geändert?
    Klingt bissel nach DDR. Der Staat soll die Auslastung einer Produktionsanlage garantieren.
    Der Hintergrund ist natürlich anders aber so eine Forderung zu stellen ist dann doch ganz schön planwirtschaftlich gedacht.
    Prouzieren um der Produktion willen, nicht um den Bedarf zu decken, nein nur um zu produzieren und zu verhindern dass die Arbeiter auf dumme Gedanken kommen.
    Unter Marktbedingungen hat es für 80% gereicht und offensichtlich auch funktioniert.
    Auch im PCK wird man von den hohen Kraftstoffpreisen profitieren, also sollte das vorrangige Ziel Versorgungssicherheit für Bevölkerung und Wirtschaft sein und nicht Auslastung der Produktion auf Teufel komm raus.
    Davon hängt mehr ab als ein Standort wie Schwedt, der schon allein auf Grund seiner guten Voraussetzungen eine gute Zukunft haben kann, wenn man möchte und macht.

  12. 33.

    Na bitte. Ich hab's gestern schon gesagt: Aus #10 von mir: "Sie kann. Und wird es nicht verhindern können. So heute zu hören von Herr Steinbach."
    Nu hat man heute Fakten geschaffen.
    Ich empfehle mal Brandenburg aktuell von heute...
    Na denne.

  13. 32.

    Wohl eher sowas.
    https://www.geo.de/natur/nachhaltigkeit/eu-produziert-diesen-sommer-so-viel-solarstrom-wie-noch-nie-32706276.html

  14. 31.

    Da hier zum Thema Öl auch immer die Atomfreunde durchdringen......hilft das beim Nachdenken.
    Die Kosten für den Neubau eines konventionellen Atomkraftwerks liegen laut bei 130 bis 200 Euro pro Megawattstunde Leistung, ohne einen Euro für Betrieb und Entsorgung!!! Beim Neubau von Photovoltaik seien es hingegen etwa 29 bis 42 Euro pro Megawattstunde, bei der Windkraft zwischen 26 bis 54 Euro.

  15. 30.

    Wenn Sie genauer hinschauen, werden Sie sehen, dass die Finnen, Briten und Franzosen sich dabei aber eine blutige Nase geholt haben und uns angesichts der Bauzeiten die erst in zwei, drei Dekaden, weiterhelfen würden, falls bis dahin ein Endlage gefunden ist. Söder hat schon mal ausgeschlossen, dass so etwas in Bayern gebaut werden darf, krakelt aber in Bierzelt am lautesten nach AKW.

    Und dann schauen Sie auch mal auf die Benzinpreise,

  16. 29.

    Gemeint sein wird vielleicht die Methanpyrolyse aus Erdgas. Mal bei Merkel nachfragen, deren Dissertation war über Pyrolysereaktionen kleiner Moleküle. Ansonsten gäbe es noch Dampfreformierung aus Erdöl und dessen Fraktionen oder partielle Oxidation von Erdgas bzw. Öl (geht auch mit Kohle z.Bsp. in China und Südafrika). Ansonsten bliebe noch das Kvaerner-Verfahren aus Kohlenwasserstoffen mittels Plasmabrenner zu Aktivkohle und Wasserstoff (gibts in Kanada eine Pilotanlage mit hohem Wirkungsgrad).

  17. 28.

    Wie stellt denn PCK bisher den für die Entschwefelung benötigten Wasserstoff aufgrund des sauren Öls her?

  18. 27.

    "Der Wasserstoff wird aus der Arimizerreaktion und aus Nebenprodukten der Raffinerie hergestellt."

    "Arimizerreaktion"? Was soll das denn sein? "Grüner Wasserstoff", wie Enertrag ihn nach einem entsprechendem Umbau der PCK in Schwedt produzieren möchte, wird mittels Elektrolyse-Verfahren hergestellt. Der dafür benötigte Strom könnte (und soll wohl auch) durch Solarfelder gewonnen werden.

  19. 26.

    Nicht Steinbach hat diese Zusage gegeben, sondern Habeck (bereits früher), aber vor allem erst kürzlich noch einmal Staatssekretär Michael Kellner. Unter anderem hier nachzulesen:

    https://www.rbb24.de/studiofrankfurt/politik/2022/08/schwedt-pck-raffinerie-wir-muessen-reden-doerk-kellner.htm/alt=amp.html

    Beim Bürgertalk in Schwedt am 31.08. hat er noch einmal bekräftigt, dass keine Arbeitsplätze verloren gehen sollen, auch wenn die PCK erst mal eine Zeit lang nicht unter Volllast laufen wird:

    https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2022/08/wir-muessen-reden-rbb-talk-stream-schwedt-oel-embargo.html

    Und genau diese Zusage nicht zu halten, wird er sich wohl kaum erlauben können und wollen, eben weil die PCK wichtig ist für alles, was da in Zukunft noch kommen wird. Sei es nun die Verarbeitung von Rohöl oder dann irgendwann die Produktion von grünem Wasserstoff in Schwedt.

  20. 25.

    >"Kann einem der VEB PCK eigentlich völlig egal sein?"
    Nein, kann es nicht. Da hängen die vielen direkten und auch indirekten Arbeitsplätze dran, Einkommen für viele tausend Menschen dort in der Region. Und PCK stellt auch wichtige Grundstoffe für andere Produkte her, die wir trotz Eniergiewende und weniger Kraftstoffe immer noch brauchen werden. Ganz und gar weg vom Öl wird nicht gehen.

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