Reifenherstellung in Fürstenwalde - Steinbach kritisiert Schließungspläne von Goodyear in Brandenburg

Fr 17.11.23 | 20:32 Uhr
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Beleuchtet ist am Abend des 16.11.2023 die Werkszufahrt von Goodyear Fürstenwalde. (Quelle: dpa/Patrick Pleul)
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 17.11.2023 | Diana Azzam | Bild: dpa/Patrick Pleul

Der Reifenhersteller Goodyear hat angekündigt, die Produktion in Fürstenwalde bis 2027 einzustellen. Mehr als 700 Menschen sollen ihren Job verlieren. Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach äußert seinen Unmut über die Entscheidung.

Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) kritisiert die Entscheidung des Reifenherstellers Goodyear, die Produktion in Brandenburg einzustellen.

Steinbach habe eine minimale Vorwarnzeit über die Entscheidung gehabt und davon auf indirektem Wege wenige Stunden davor erfahren, sagte er dem rbb. "Ich bin nicht besonders glücklich, wie das Unternehmen dort mit uns kommuniziert hat." Durch die Nähe zum Tesla-Werk, wo es einen Absatzmarkt direkt in Brandenburg gebe, sehe der Minister die Entscheidung mit einem "Fragezeichen".

Steinbach hat angekündigt, sowohl mit dem Betriebsrat als auch mit den Verantwortlichen des Unternehmens noch am Freitagnachmittag, spätestens am Montag zu suchen. Der Minister sei nicht bereit, die Entwicklung "völlig kampflos" hinzunehmen. Er wolle jeden Widerhaken nutzen, um noch eine andere Entscheidung zu erreichen.

Mehr als 700 Stellen sollen abgebaut werden

Am Donnerstag hatte der Reifenhersteller Goodyear angekündigt, die gesamte Reifenproduktion in Fürstenwalde (Oder-Spree) bis Ende 2027 schrittweise einzustellen. Nach Angaben eines Unternehmensprechers sollen mehr als 700 Stellen abgebaut werden. Die Entscheidung wurde den Mitarbeitern in einer Betriebsversammlung mitgeteilt.

Trotz Steinbachs Versuchen, das Unternehmen umzustimmen, hat am Freitag ein Goodyear-Sprecher den Weiterbetrieb in Fürstenwalde ausgeschlossen. Für die Mitarbeiter solle eine faire Lösung gefunden werden. Der Sprecher nannte drei Gründe für die Entscheidung: "Die Nachfrageprognose für Reifen ist in ganz Europa rückläufig, die allgemeine Inflation spielt eine Rolle und der dritte Grund ist die zunehmende Billigkonkurrenz aus Asien", sagte er dem rbb.

Das Werk in Fürstenwalde hat den Angaben zufolge derzeit insgesamt etwa 900 Beschäftigte. Etwa 180 Mitarbeiter sollen demnach am Standort weiterhin Gummimischungen herstellen, die dann in andere Goodyear-Werke weltweit geliefert werden. Die restliche Reifenproduktion soll unter anderem ins Ausland verlagert werden, hieß es aus Mitarbeiterkreisen gegenüber dem rbb.

Die Entscheidung von Goodyear hat viele Mitarbeiter des Werks hart getroffen. Die Pläne zur Schließung hätte bisher niemand verdaut, sagte Peter Weiser, der Betriebsratsvorsitzende im rbb-Interview: "Die Nachricht wurde rübergebracht, die Kollegen haben dagestanden und teilweise geweint. Man weiß nicht, wie die Situation in Zukunft sein wird. Viele junge Kollegen haben Häuser gebaut - da kann man sich vorstellen, was gerade in den Kollegen vor sich geht", sagt Weiser.

Bürgermeister sucht Unternehmen für Standort-Nachnutzung

Die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) möchte die Schließungspläne für die Reifenproduktion von Goodyear in Ostbrandenburg nicht hinnehmen und hat Protestaktionen angekündigt. In einer Mitteilung betonte die Gewerkschaft, Beschäftigte würden in Fürstenwalde teils in zweiter und dritter Generation arbeiten. Nach über 80 Jahren Reifenproduktion werde diese Tradition jäh beendet.

Bürgermeister Matthias Rudolph (Bündnis Fürstenwalder Zukunft) äußerte im rbb die Hoffnung, dass wegen Tesla die meisten Mitarbeiter einen neuen Job finden werden. Er hoffe zudem, jemanden für die Nachnutzung des Standorts zu finden. Die Nachfrage nach solchen Standorten sei in den letzten Jahren explodiert. Dennoch sei die Situation dramatisch, so Rudolph.

Goodyear ist nach eigenen Angaben eines der größten Reifenunternehmen der Welt. Das Unternehmen beschäftigt rund 74.000 Mitarbeiter weltweit und stellt seine Produkte in 57 Werken in 23 Ländern auf der ganzen Welt her. In Deutschland zählt Goodyear rund 5.000 Mitarbeitende.

Sendung: Antenne Brandenburg, 17.11.2023, 16:40 Uhr

53 Kommentare

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  1. 53.

    Ihnen scheint entgangen zu sein, dass Freienbrink primär den europäischen Markt beliefert soll. Die paar Autos für Taiwan fallen da kaum ins Gewicht.

  2. 52.

    "E-Autos erfreuen sich z.B. in der EU und in China weiterhin wachsender Beliebtheit." Sicher? Für Deutschland habe ich das gefunden:
    https://www.agora-verkehrswende.de/veroeffentlichungen/marktentwicklung-von-e-autos/
    Zitat: "Die Neuzulassungen von reinen E-Pkw verharren nach dem Zwischenhoch im August weiter auf einem niedrigen Niveau. Für 15 Millionen Elektroautos bis 2030 ist das zu wenig."

  3. 51.

    "Was ist in Fürstenwalde eigentlich aus dem japanischen Bauunternehmen. War doch vor einem Jahr die große Nummer in den lokalen Medien. Sollte doch langsam was zu sehen sein." Kann man weiter machen: Was ist denn mit dem chinesischen Investor in die ehemalige Conergy-Fabrik in Ffo geworden? Auch ganz ruhig geworden. Bei Vestas in Lauchhammer sollte auch ein chinesischer Batteriehersteller weitermachen am Standort (https://www.rbb24.de/studiocottbus/wirtschaft/2022/09/lauchhammer-svolt-ansiedlung-batterie-vestas-werk.html), schon mal weiteres gehört? etc pp

  4. 50.

    Hier mal die BEV-Neuzulassungen in der EU laut Statista:
    2023: ca. 1.100.000 bis Ende September
    2022: 1.123.778
    2021: 877.985
    2020: 538.734
    2019: 247.854
    Ihre Ein-Händler-Stichprobe ist grob fahrlässig viel zu klein.

  5. 49.

    Hier mal die BEV-Neuzulassungen in der EU laut Statista:
    2023: ca. 1.100.000 bis Ende September
    2022: 1.123.778
    2021: 877.985
    2020: 538.734
    2019: 247.854
    Ihre Ein-Händler-Stichprobe ist grob fahrlässig viel zu klein.

  6. 48.

    Der Vatikan fährt jetzt VW elektrisch!

    Dem verehrten Papst Franziskus wurde diese Woche ein VW E- Mobil im Vatikan übergeben. Franziskus war erfreut, denn er steht auf Automobil a la Made in Germany.
    Warum nicht auf Tesla?

  7. 47.

    Tesla Freienbrink exportiert nach Taiwan!

    Im Land Brandenburg fallen Bäume dafür, dass man in Taipeh lustig E- Auto fahren kann.
    Wie Irrsinnig!
    Im fernen Asien hätte sich sicherlich ein Ländle gefunden (außer natürlich China!), dass für Taiwan produziert und E M. den roten Teppich ausgerollt hätte.

  8. 46.

    "Es wurden einige Hybride, hauptsächlich im Leasingbereich abgesetzt, vermutlich wegen der zum Zeitpunkt noch vorhandenen Förderung. Obs die noch gibt weiß ich nicht, ist auch uninteressant. .... Auf unsere Nachfrage .... sagte man uns, dass sich das aufgrund der Förderung noch rechnet."

    Jeder der lesen kann, kann sich einen Eindruck vom Wahrheitsgehalt ihrer Aussage machen.

    Pech, Dreistigkeit siegt nicht immer.

    Ach und natürlich alles diese Woche beim Räderwechsel...

  9. 45.

    Sollte sich der Betrieb selbst tragen, ist das doch keine schlechte Idee. Woher bezieht Tesla derzeit die Reifen? Vielleicht kann ja auch von diesem Hersteller eine Außenstelle dort entstehen. Muss sich aber natürlich rechnen und wenn ja, wird über sowas sicherlich auch nachgedacht. Uns Kommentatoren braucht man dafür nicht ;)

  10. 44.

    Musk sein Raketensystem "Starship" ist explodiert, heute nach dem Start. Gebt dem bloß nicht die Reifenbude. Es gab hier schon Überlegungen dazu.

  11. 43.

    Unsinn. Es ist alles richtig. Sie lesen bloß falsch. Ich hatte geschrieben, dass das alte Leasingverträge waren, konkret aus 2022.

  12. 42.

    Steuern für Firmen wie Goodyear etc. Der war gut.

    Bürokratie, ja klar in Indien geht alles mit einem Briefumschlag.

    Als jemand der auch international unterwegs war, darf ich Ihnen vielleicht verraten, dass das oft kurzfristig erfolgreich ist, bis auch der BWL (der leider längst nicht mehr im Unternehmen ist) hätte lernen können, dass mangelnde Rechtssicherheit ein unkalkulierbares Risiko sind. Mussten ja einige deutsche Unternehmen in RU lernen und nicht qenige lernen das auch gerade in Ungarn.

  13. 41.

    Da hat man insbesondere hier im Osten eigentlich reichlich Erfahrung. Wurde schon so manche totale Stilllegung abgewendet und der Besitzer "genötigt" sich gefälligst um den Rest seiner Fabrik und Belegschaft zu kümmern, bevor er sich vom Acker macht. Billige Abfindung ist kein kümmern.
    Hat nicht immer geklappt aber doch ziemlich häufig.
    Was ist in Fürstenwalde eigentlich aus dem japanischen Bauunternehmen. War doch vor einem Jahr die große Nummer in den lokalen Medien. Sollte doch langsam was zu sehen sein.

  14. 40.

    Ja, war aber nicht Thema des Vorkommentars.
    Steuern, Abgaben aber vor allem Bürokratie und Fachkräfte und allgemein Mangel an Produktionsmittel Mensch sind ein großes Problem, viel größer als das Energiethema.
    Energie haben wir schließlich ausreichend, und hoch zuverlässig verfügbar.
    Arbeitskräfte sind allerdings reichlich gebunden in der Bearbeitung der Dokumentationspflichten eines Unternehmens und auf der Gegenseite bei Behörden.

  15. 39.

    Das Ihnen Interessenausgleich, Sozialplan und schließlich Einigungsstelle nichts sagen ist jetzt nicht weiter verwunderlich. Natürlich gehört dem Betriebsrat das Gelände nicht, nur kann man sehr wohl Druck für eine zügige Nachnutzung machen.

    Es dürfte im Interesse von allen Arbeitnehmern sein, entweder frühzeitig den Ruhestand zu genießen, in andere Werke zu wechseln oder eben in einem Folgebetrieb weiterzuarbeiten. Das liegt durchaus im Geschick des Betriebsrates.

  16. 38.

    "Dann wissen Sie aber auch, dass die Energiepreise für die deutsche Industrie im europäischen Mittelfeld liegen."
    Der Grund für Abwanderung sind doch nicht nur die Energiepreise. Auch Steuern, Abgaben und Bürokratie spielen für Unternehmen eine gewichtige Rolle.
    Es werden noch so manche Bänder bis 2025 auslaufen und wenn Firmen erst einmal weg sind dann ist Schluß mit Arbeitsplatz, dann schaltet der Letzte nur noch das Licht aus.

  17. 37.

    Ihr Händler hat Ihnen erfolgreich einen Bären bzgl. PHEV aufgebunden. Deren Anschaffung wird bereits seit dem 1.1.2023 nicht mehr gefördert, als HEV ohne Stecker noch nie. Der PHEV-Absatz ist in Deutschland mit den vergangenen Jahreswechsel zusammen gebrochen.

    Statistiken zur Entwicklung der EU-weiten Zulassungszahlen von BEV ist zudem offensichtlich ebensowenig Ihr Ding wie die zu *Industrie*strompreisen in der EU. Bekanntlich stehen auch zunehmend kleinere und damit billige BEV kurz vor der Markteinführung während gleichzeitig Hersteller die Modellpallete an Verbrennern ausdünnen.

  18. 36.

    Dann wissen Sie aber auch, dass die Energiepreise für die deutsche Industrie im europäischen Mittelfeld liegen.
    Preise für Privatkunden und Kleingewerbe ja da liegt Deutschland am oberen Ende der Skala. Industrie nein.
    Wie sollte es auch anders sein, bei eng vernetzten Energiemärkten und weitgehenden Befreiungen von regulierten Umlagen und Steuern.
    Dazu natürlich noch die relativ guten, wenn auch immer noch zu bürokratischen Möglichkeiten der Eigenerzeugung bzw. direkten Beschaffung über PPAs.

  19. 35.

    Ihre Aussagen zeigen etwas anderes.

    In welchem europäischen Land ist Erdgas für große Industrieländer denn günstiger?

  20. 34.

    Ach Alfred.... Hör doch endlich damit auf. Auch dein ständiges rühren der Werbetrommel wird nicht dazu führen, dass die konsequenten Ablehner umgestimmt werden.
    Wir haben diese Woche bei unserem Auto die Räder wechseln lassen (statt O bis O machen wir seit Jahren O bis N) und haben mal nachgefragt wie das e-Geschäft so läuft. Schlecht, schlecht, schlecht war die Antwort. Es wurden einige Hybride, hauptsächlich im Leasingbereich abgesetzt, vermutlich wegen der zum Zeitpunkt noch vorhandenen Förderung. Obs die noch gibt weiß ich nicht, ist auch uninteressant. Fast alle machen es wohl so, dass sie fast nur den Verbrennerteil nutzen. Auf unsere Nachfrage bezüglich des Mehrverbrauches gegenüber normalen Diesel/Benzinern sagte man uns, dass sich das aufgrund der Förderung noch rechnet. Wenn die wegfällt, fällt auch das Hybridgeschäft weg. Soviel aktuell zum Thema ELEKTRISCHE MOBILITÄT.
    Und jetzt kannst du mir wieder erzählen, dass ich das alles verkehrt sehe, weil ich keine Ahnung habe.

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