Interview | Automobilforscher Dudenhöffer - "Das ist eine Kampfansage an alle Autobauer weltweit"

Mo 17.07.23 | 17:58 Uhr
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Die Tesla Giga Factory im brandenburgischen Grünheide.
Audio: Antenne Brandenburg | 17.07.2023 | Interview mit Automobilforscher Ferdinand Dudenhöffer | Bild: picture alliance / Jochen Eckel

Nach nur zwei Jahren Bauzeit hat Tesla 2022 in Grünheide mit der Produktion von E-Autos begonnen. Nun wurde ein massiver Ausbau angekündigt. Branchenexperte Dudenhöffer warnt die deutsche Konkurrenz im Interview vor Tesla-Boss Elon Musk.

Der US-Autobauer Tesla will in dieser Woche die Öffentlichkeit über Pläne für den Ausbau der Fabrik in Grünheide (Oder-Spree) informieren. So sollen die bestehenden Anlagen deutlich erweitert und 22.500 Mitarbeiter beschäftigt werden, um künftig bis zu einer Millionen Autos pro Jahr zu produzieren. Für den Automobilexperten Ferdinand Dudenhöffer kommen die Erweiterungspläne wenig überraschend. Er warnt die Konkurrenz, nicht vom Tesla-Tempo überrollt zu werden.

rbb|24: Herr Dudenhöffer, ab Mittwoch liegen die Antragsunterlagen aus. Tesla möchte seine Produktion erweitern auf eine Millionen Fahrzeuge im Jahr. Wie schätzen Sie diese Entwicklung ein und was bedeutet das für den Automobil-Standort Deutschland?

Ferdinand Dudenhöffer: Dass Tesla bis zu einer Million in Grünheide bauen will, überrascht mich überhaupt nicht. Ich denke er (Firmengründer Elon Musk, Anmerk. d. Red.) will sogar noch mehr bauen. Denn Tesla hat große Pläne und will bis zum Jahr 2030 weltweit 20 Millionen Elektroautos jährlich bauen und verkaufen. Wenn man die bisherigen Steigerungsraten nimmt, könnten es sogar 30 Millionen sein. Das wäre in etwa zwei oder dreimal so groß wie VW – und zwar VW weltweit. Und von daher macht er die Produktionskapazitäten. Genauso arbeitet er schon seit fünf Jahren. Er lässt sich nicht durch konjunkturelle Dellen oder Probleme aufhalten, sondern er hat seinen Plan und geht ganz rigoros danach vor. Die eine Million ist also für mich realistisch.

Zur Person

Experte Ferdinand Dudenhöffer (Bild: dpa/ Nicolas Blandin)
dpa/ Nicolas Blandin

Ferdinand Dudenhöffer ist promovierter Wirtschaftswissenschaftler und Autoexperte. Er arbeitete unter anderem für Opel, Porsche und Peugeot. Als Dozent war er an Hochschulen in Gelsenkirchen, Duisburg und St. Gallen tätig. Seit 2020 leitet er das privatwirtschaftliche CAR-Center Automotive Research in Duisburg

Wir haben derzeit schwierige Rahmenbedingungen mit hoher Inflation und weltweiten Lieferkettenproblemen und Steueranreize in den USA, welche die Produktion dort wesentlich attraktiver erscheinen lässt. Warum macht Tesla in einem verhältnismäßig teuren Produktionsland eine solche Ankündigung?

Er will 2023 20 Millionen Autos verkaufen. Wenn er auf China, Asien, USA und Europa gleichmäßig verteilt, wären das sieben Millionen Fahrzeuge im Jahr in Europa - und ein Großteil der Fahrzeuge kommt aus Deutschland. Eine Million ist also eher eine zu kleine Kapazität für Elon Musk. Und Elon Musk hat sich noch nie dadurch stören lassen, dass gerade eine Inflationsrate hoch ist.

Er hat einen knallharten Plan und ein Teil seines Plans ist es, alle anderen in die Knie zu zwingen. Er wird mit seinem Preisstrukturen im Weltautomarkt furchtbar wüten - im deutschen, im europäischen. Man kann nicht ausschließen, dass es bei anderen Autobauern zu Konkursen führen wird. Elon Musk hat ein Ziel und setzt mit aller Gewalt und äußerster Brutalität dieses Ziel durch. Und dieses Ziel heißt: Er will und wird der weltweit größte Autobauer sein. Dazu braucht er die Produktionskapazitäten. Dazu baut er auch Grünheide aus. Sein größter Wettbewerber sind die Chinesen - allen voran BYD. BYD arbeitet ähnlich. Die europäischen Autobauer müssen sich warm anziehen.

Ist dieser Ausbauplan, der jetzt mit dieser Offenlegung gestartet wird, also eine Kampfansage an die heimische, aber auch internationale Konkurrenz?

Absolut ist das eine Kampfansage an alle Autobauer weltweit. Denn Elon Musk zeigt und hat gezeigt, dass er mit enormen Tempo nach vorne geht und enorme Dinge bewegt. Deshalb müssen alle sehr achtsam sein. Auf der anderen Seite ist es ja gut, dass wir ihn in Deutschland haben. Denn je näher ich an meinem Wettbewerber sitze, umso wacher bin ich und umso schneller kann ich reagieren. Der große Vorteil von Grünheide für ganz Deutschland - auch für BMW, VW und Mercedes - ist es, dass man in Grünheide bei Tesla ähnliche Zulieferer wie bei BMW, VW oder Mercedes hat. Das heißt, wir - unsere Zulieferer und Autobauer - können von Grünheide lernen.

Wir haben hier einen Genehmigungsplan, der ja schon Zukunftsmusik andeutet. In der ersten Genehmigung geht es darum, die schon bestehende Anlage zu modernisieren, mit geschlossenem Wasserkreislauf, stärkeren Schmelzöfen und einer Erweiterung der Pressen. Also Anlagen, die eigentlich noch nicht alt sind. Was steckt da dahinter?

Bei Elon Musk ist es so, dass er in der Fahrzeugproduktion ganz große Spuren hinterlässt. Und er baut eine neue Autoproduktion. Dazu hat er etwa eine große Gießmaschine, geht mit anderen Dingen auch schnell voran. Dazu automatisiert er, Recycling und diese Wasserkreisläufe. Er ist jemand, der im Produktionsbereich unendlich viel bewegt. Das ist bei ihm wichtiger als das Fahrzeug selbst. Wenn er das vernünftig macht, ist er allen anderen überlegen, weil er die besten Kostenstrukturen hat und so wird er seine 20 Millionen + X erreichen.

Jetzt haben wir in Deutschland aber auch Fachkräftemangel oder öffentliche Beteiligung auch von Umweltverbänden. Wo sehen Sie die Herausforderungen, wo möglicherweise dann doch diese ambitionierten Zeitpläne zum Erliegen kommen könnten?

Elon Musk wird das machen und es wird ihm nach meiner Einschätzung auch gelingen. Er ist nicht VW und kein Staatsunternehmen. Er ist ein Typ, der brennt, Dinge umzusetzen. Alles, was er bisher angefasst hat - auch wenn zeitlich verzögert - hat geklappt. Ich glaube nicht, dass er damit Probleme hat. Probleme könnten andere haben. Die IG Metall wird nie ein Freund von Tesla werden. Tesla wird immer eigenständig sein, so wie es Amazon und andere sind. Aber Tesla wird erfolgreicher sein als die IG Metall. Dort muss man sich ein neues Konzept überlegen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um eine gekürzte und redigierte Fassung. Das Interview führte Martin Krauß für Antenne Brandenburg.

Sendung: Antenne Brandenburg, 17.07.2023, 15:10 Uhr

85 Kommentare

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  1. 85.

    Sie setzen zu spät und in der Neuzuteilung von Wasser an. Da kann man noch so sparsam sein. Die Standortfehlentscheidung führt deshalb zu einem finanziellen Brandenburgdesaster. Nicht nur das. Das Wasser für die Menschen ist weg. Jedenfalls nicht genug vorhanden. Das Wasser was „sie“ neu zuteilen wollen. Am Besten nach Grashalm/Person? Was Sie machen wäre gar nicht nötig gewesen. Wenn man „den Kopf“ eingeschaltet hätte.

  2. 84.

    Ich finde es schrecklich, dass rbb24 dem Gedudel von Herrn Dudenhöffer eine Plattform bietet. Der Mann ist in meinen Augen kein Automobilforscher sondern ein echter Automobilfetischist. Solchen Leuten wie ihm haben wir den Klimawandel mit zuverdanken. Die rbb24-Schlagzeile

    "Das ist eine Kampfansage an alle Autobauer weltweit"

    suggeriert, dass Freienbrink Arena zur Austragung eines Sportwettkampfs zwischen Tesla und Deutschen Autobauern ist. Manche scheinen nicht begriffen zu haben, dass hier gegenwärtig Deutschlands größter Umweltskandal seit 1990 stattfindet und viele Deppen klatschen Beifall. Gegen eine maßvolle Industrieentwicklung an geeigneten Orten ist nichts einzuwenden. Freienbrink ist ganz sicher der falsche Standort. Es ist verwerflich, blind und ohne die negativen Folgen zu bedenken, hier die Monsterfabrik hinzusetzen. Statt die Letzte Generation zu kriminalisieren sollte man bei den Verantwortlichen anfangen, die das Monster initiiert und genehmigt haben.

  3. 83.

    Ich möchte die Gosen-Neu-Zittauer hier ungern als Hygieneverweigerer oder Betongärtner stehen lassen.
    Wenn Sie mal bitte auf die Landkarte schauen, da fließt die kleine Spree zumindest direkt am Ort Neu-Zittau vorbei. Ob die dort vielleicht heimlich Wasser abgezapft haben?
    Die Spree soll ja im Bereich Köpenick im Sommer schon mal rückwärts geflossen sein...

  4. 82.

    Selten so einen Blödsinn gelesen.

    https://www.energiesparen-im-haushalt.de/energie/tipps-zum-energiesparen/hoher-wasserverbrauch/wasserverbrauch-personenhaushalt.html

    Ich verbrauche mit Familie im Schnitt 60 l pro Person und Tag.

  5. 81.

    Es gibt Menschen, die Sie als Neueinsteiger in die eine alte Grundsatzdiskussion Lügen strafen. In Gosen-Neu Zittau kamen Privatabschließer 2018 laut WSE mit 101 l/d pro Person aus, während es in Grünheide 172 l/d pro Kopf waren. Appelle des Versorgers, verantwortungsvoll mit Trinkwasser umzugehen, fruchteten nicht. Im Sommer 2021 sorgte exzessiven Rasensprengen wieder für Verbrauchsrekorde und kurzfristige extreme Verbrauchsspitzen wg. Rasensprengen am frühen Abend.

    Dass dabei eine Wasserleitung von Grünheide nach Grünheide ggf. eine Fernwasserleitung wäre, ist dabei ein Treppenwitz in der Geschichte der kleinteilig aufgestellten Wasserversorger in Brandenburg. Da verwundert es nicht, dass Tesla den WSE überfordert und Stimmen laut, den Verband zu verlassen. Der ist so klein, dass er sich nichtmals eine eigene Kläranlage leistet und das Abwasser an die BWB abgibt. Die betreiben auch nach letztbekannten Zahlen für Industriebetrieb aktive Grundwasserhaltung mit 3 Mio m³/a.

  6. 80.

    Nehmen wir mal großzügigerweise 105 Liter pro Person und Tag, das reicht für einmal duschen und dreimal Klospülung, als Bonus ist noch eine Kanne Kaffee möglich. Zum Geschirrspülen oder gar Wäsche waschen reicht es dann aber kaum noch. Man trifft sich dann abends am Werlsee zum gemeinsamen Spülen und Waschen, wie früher.

    Sie haben Recht, mit etwas Fantasie lassen sich der Tesla-Ansiedlung doch auch positive Seiten abgewinnen!

    PS: Mich wundert schon, dass unter diesen Bedingungen junge Familien noch hierherziehen. Vielleicht gibt's ja Sonderkontingente?

  7. 79.

    Mit ihrer Formel ist VW im Vergleich zu Toyota ja auch schonmal so gut gefahren.

    Es sind schlicht die Kunden die so entscheiden, statt Kleinwagen wird es ein kleiner SUV. Schauen Sue sich mal die Corsa Baureihe an, der ist mittlerweile über 4m und der Mokka verkauft sich gleich noch besser.

    L7e Fahrzeuge müssten gefördert werden!

  8. 78.

    Die Anwohner dürfte ganz besonders freuen, dass Privatanschließer nur noch 105 Liter Wasser pro Tag und Person (oder Haushalt?) verbrauchen dürfen - die erste Gemeinde in Deutschland, wo der Wasserverbrauch so radikal gedeckelt wurde?

    Aber klar, wenn Grünheide nur weit genug von Grünheide entfernt wird, werden auch keine negativen Auswirkungen mehr feststellbar sein...

  9. 77.

    Tesla kommt bekanntlich mit der zugeteilten Wassermenge aus. Größer ist der Einfluss der PCK, die 14x so viel Wasser benötigt und auch noch Subventionen bekommen soll, dass das noch länger so bleibt. Die dazu dröhnende Stille der wasserbesorgten Bürger fällt immer wieder auf.

  10. 76.

    Wie war das noch mit dem Wasserhaushalt in Brandenburg?

  11. 75.

    Nein! Das war von Anfang an ein Zerrbild, welches immer wieder von den Tesla-Gegnern gepflegt worden ist. Grünheide selbst ist weit genug von Grünheide entfernt, im Norden die Eisenbahnlinie Berlin Frankfurt, im Westen die Autobahn und im Süden das Gewerbegebiet Freienbrink. Das Werk wird über die Autobahn und in Zukunft viel stärker über die Bahn beliefert.
    Also keine negativen Auswirkungen auf Grünheide.
    Im Gegenteil, die Grundstückspreise steigen, die Infrastruktur in und um Grünheide wird ausgebaut, nach jahrelanger Abwanderung ziehen wieder junge Leute in die Region. Das ist gut für die Gemeinde und den Mittelstand vor Ort.

  12. 74.

    Die wenigsten Anwohner werden in der alten Autoindustrie arbeiten, gegen die sich diese "Kampfansage" richtet, auch wenn die IG Metall gerne die Löhne "nahen Wolfsburg" anführt.

  13. 73.

    Der geplante Ausbau wird insbesondere zu einer Bedrohung der Umwelt und Lebensqualität in der Gemeinde ehemals "Grünheide", hoffentlich haben die Bewohner das nun langsam verstanden!

  14. 72.

    Tesla ist im entscheidenden Bedarf kein Konkurrent. Tesla bedient nur den Markt, den die deutsche Automobilindustrie, zusammen mit der vorherrschenden Politik, Steuergesetzgebung, Wohnraumpolitik auch hirnlos beackert: Eine zunehmend schmale, objektiv ökonomische Elite, für die es völlig normal ist irgendwas zwischen 25-und 50.000 Euro für ein (Neu)Fahrzeug ausgeben können zu wollen. Nur braucht eigentlich niemand diese übermotorisierten Karren mit Schlitzfenstern und praktisch keinem Stauraum.
    Ist wie mit der Bauhaus-Architektur: Komplett falsch verstandene Moderne. Die wollte guten, bezahlbaren Wohnraum. Nicht serielles Bauen, das nun -ganz neu, klasse, stark, nun auch noch unbezahlbar ist.

    Was gebraucht wird sind VW-Busse ohne Hipster-Aufschlag. Käfer, Fiesta, 2 CV, R4, Twingo ohne Schnickschnack und Computerleistung, mit der man die IT ganzer Länder betreiben könnte.
    Das alles schlicht Ausdruck der Entwicklung: Die Bedürfnisse von 2/3 der Menschheit sind denen egal.

  15. 71.

    "Verbrenner-Kleinwagen können die steigenden Abgas- und Verbrauchsvorgaben nicht mehr einhalten."

    Die Euronorm hat nichts mit der Autogrösse zu tun. Euro 7 kostet Geld und die Autobauer sind unsicher, ob der Kunde diesen Mehrpreis bezahlen wird, insbesondere beim Diesel.

  16. 70.

    Auf immer Ihre immer gleichen Einwände kann es aber nur die gleichen Antworten geben. Sie sind einfach zu spät aufgewacht.

  17. 69.

    TESLA ist schön. Holen wir sie nach Berlin. Wir wissen doch, Brandenburg kann das nicht. Für TESLA Werk 2 haben wir genug Platz. Wir schaffen das.

  18. 68.

    Auf Ihre Frage:

    Ganz einfach, wenn Sie aufhören immer das Gleiche in einer Endlosschleife zu wiederholen.

  19. 67.

    Will uns die FDP und Union nicht H2 für die Heizung zu Hause verkaufen?

    Tipp: Die Menge für Raketen geht locker, die Menge H2 für 50% des Heizbedarfs in DE NIEMALS.

    So wie bei EFuels für Autos und Flugzeuge...

  20. 66.

    Die könnten die Werte schon einhalten. Deren Kunden sind aber so preissensibel, dass die dafür nicht bezahlen wollen.

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