Bis 2050 - Studie: Klimawandel-Folgen kosten Deutschland bis zu 910 Milliarden Euro

Mo 06.03.23 | 17:45 Uhr
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Symbolbild: Waldbrandbekämpfung im Landkreis Elbe-Elster in Brandenburg. (Quelle: dpa/J. Woitas)
Audio: rbb24 Inforadio | 06.03.2023 | Christopher Jähnert | Bild: dpa/J. Woitas
  • Eine Studie im Auftrag des Bundesumwelt- und des Bundeswirtschaftsministeriums versucht, die künftigen Folgekosten des Klimawandels zu bemessen.
  • Zwischen 2000 und 2021 kamen schon 145 Milliarden Euro durch die Folge von Hitze, Dürre und Flutkatastrophe zusammen.
  • Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) nennt die Studienergebnisse "besorgniserregend".

Auf Deutschland könnten bis zum Jahr 2050 durch Klimawandel-Folgen Kosten von bis zu 910 Milliarden Euro zukommen. Das sagt eine Studie vorher, die die Bundesministerien für Umwelt und für Wirtschaft am Montag zusammen mit dem Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) vorgestellt haben [www.ioew.de].

Je nach Ausmaß der Klimakrise könnten die volkswirtschaftlichen Folgekosten demnach bei 280 bis 910 Milliarden Euro liegen. Zwischen 2000 und 2021 seien etwa durch Hitze, Dürre und die Flutkatastrophe 2021 bereits Schadenskosten in Höhe von mindestens 145 Milliarden Euro entstanden.

Steigende Preise in Nahrungsmittelindustrie

Die Studie untersuchte auf Grundlage von Daten des Weltklimarats IPCC drei Szenarien: Demnach könnten die Kosten bei "schwachem" Klimawandel bis 2050 bei bis zu 280 Milliarden liegen, bei "mittlerem" Klimawandel bei 530 Milliarden Euro und bei "starkem" Klimawandel bei bis zu 910 Milliarden Euro.

Die Studienautorinnen und -autoren unterscheiden dabei direkte von indirekten Folgekosten des Klimawandels: Direkte Kosten ergeben sich demnach beispielsweise aus Überschwemmungsschäden an Gebäuden oder Ernteausfällen in der Landwirtschaft. Indirekt würden aber etwa Hitze und Dürre nicht nur zu Ertragsausfällen in der Landwirtschaft führen, sondern auch zu steigenden Preisen in der Nahrungsmittelindustrie.

Erhalt von Wäldern und Mooren: erste Aufgabe

Dabei weisen die Autoren der Studie jedoch darauf hin, dass Anpassungsmaßnahmen die Kosten stark senken könnten - bei schwachem Klimawandel könnten die Kosten komplett verhindert werden, bei mittlerem Klimawandel sei eine Verringerung der Schäden um 110 Milliarden Euro und bei starkem Klimawandel um 350 Milliarden Euro möglich.

Demnach kann beispielsweise die Kohlenstoffspeicherung im Boden durch den Erhalt von Wäldern oder Mooren Treibhausgase mindern und zur Anpassung an Klimawandelfolgen beitragen. Umweltstaatssekretärin Christiane Rohleder (Grüne) betonte bei der Vorstellung der Studie in Berlin, dass Klimaschutz die "allererste Anpassungsaufgabe" sei. Je mehr gedrosselt werden könne, desto weniger Schäden werde es geben.

Außerdem machte Rohleder auf das geplante Klimaanpassungsgesetz der Bundesregierung aufmerksam, mit dem vorsorgende Klimaanpassung betrieben werden solle. Der Referentenentwurf des Gesetzes gehe demnächst in die Ressortabstimmung. Zudem wies sie darauf hin, dass das Grundgesetz bislang die gemeinsame Finanzierung von Bund, Ländern und Kommunen der wirtschaftlichen Klimafolgekosten noch nicht zulasse. Sie plädierte dahingehend für eine Grundgesetzänderung, um dies als Gemeinschaftsausgabe zu verankern.

GDV: Ergebnisse "besorgniserregend"

Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) nannte die Studienergebnisse "besorgniserregend". "Verringert werden können die durch Klimaänderungen und Extremwetterereignisse verursachten volkswirtschaftlichen Folgen aus unserer Sicht nur durch klimaangepasstes Bauen", erklärte GDV-Geschäftsführer Jörg Asmussen. "Prävention und Klimafolgenanpassung sind der Dreh- und Angelpunkt, damit Schäden durch Naturkatastrophen und damit Versicherungsprämien finanziell nicht aus dem Ruder laufen."

An der Studie hatten das IÖW, die Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung (GWS) und die Prognos AG gearbeitet. Das Bundeswirtschaftsministerium beauftragte die Untersuchung, das Bundesumweltministerium begleitete sie. Die beteiligten Ministerien wiesen darauf hin, dass zu den finanziell messbaren Schäden durch den Klimawandel viele weitere negative Folgen hinzukämen - beispielsweise gesundheitliche Beeinträchtigungen, Todesfälle durch Hitze und Überflutungen, die Belastung von Ökosystemen und der Verlust von Artenvielfalt.

Sendung: rbb24 Inforadio, 06.03.2023, 15:20 Uhr

33 Kommentare

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  1. 33.

    Lehnen wir uns ob eines "Könnte" zurück, erhöhen wir die Wahrscheinlichkeit, dass ein "Wird" daraus wird. Also gehen wir doch lieber vom "Wird" aus, um mal irgendwann zurückblickend feststellen zu können, dass das "Könnte" nicht eingetreten ist.

    Oder halt auf dem "Könnte" ausruhen, welches dann zum "Wird" wird.

  2. 31.

    Schade, dass man zum Nachlesen dieser Studie den Link vermisst.
    Nun, durch Weglassung eines wichtigen Details kann man Panik auslösen.
    Selbst in den RBB-Nachrichten wurde das Wörtchen "könnte" nicht vergessen.
    "Auf Deutschland KÖNNTEN bis zum Jahr 2050 durch Klimawandel-Folgen Kosten von bis zu 910 Milliarden Euro zukommen".

  3. 30.

    Sag ich doch,keine Ahnung von nichts und davon noch viel.
    Schaffen wir den Technologiewandel nicht stellen wir uns hinten an.
    China,USA,Südkorea u.v.a. sind längst an uns vorbei gezogen. Da hilft das AfD Gequatsche von der vermeintlichen Deindustriealisierung nichts.

  4. 29.

    Wunderbares Framing ... setzen wir einen Gesamtausgabeposten der EU mit einem Ausgabeposten des Einzellandes Deutschland gleich, einfach weil die Zahlen irgendwie ähnlich groß sind. Überlesen Sätze wie diesen: "Die beteiligten Ministerien wiesen darauf hin, dass zu den finanziell messbaren Schäden durch den Klimawandel viele weitere negative Folgen hinzukämen - beispielsweise gesundheitliche Beeinträchtigungen, Todesfälle durch Hitze und Überflutungen, die Belastung von Ökosystemen und der Verlust von Artenvielfalt." ... und schon ist alles machbar.

  5. 28.

    So ein Quatsch. Deutschland produziert allein schon 2% der Emissionen und hat gewichtigen Einfluss in der EU. Sie erinnern sich: die EU ist ein Zusammenschluss vieler Länder und einer der größten Märkte der Welt. Wenn in der EU was entschieden wird hat das weltweite Folgen.

  6. 27.

    Auch wenn immer wieder die gleiche Leier gedreht wird.
    Deutschland hat einen historisch sehr großen aber auch aktuell signifikanten Anteil am Klimawandel. Verursacht durch die Braunkohleverstromung und extrem hoher individueller Mobilität und Energiebedarf.
    Allein dies "verbietet" es Deutschland aus der stetig größer werdenden Gruppe derjenigen auszuscheren die die verschiedenen Klimaabkommen und ihre Zustimmung durchaus ernst meinen. Einfach gesagt Deutschland ist schon lange nicht mehr Vorreiter oder gar Treiber. Deutschland zehrt von seinem frühen Beginn aber leidet unter seiner ewigen Zweiflerei und Nörgelei.
    Von der Problematik der energetischen und damit wirtschaftlichen Abhängigkeit von (nicht unbedingt Freunden) mal abgesehen. Welche Probleme das bereitet dürfte ja nun inzwischen jeder verstanden haben.
    Und ja auch die unabwendbaren Klimafolgen müssen angegangen werden. Leider ist das kaum noch verminderbar.

  7. 26.

    Klimawandel findet statt - aber egal was Deutschland tut bzw. der Bundesbürger machen soll - wir werden nie das Weltklima beeinflussen, dazu ist Deutschland zu winzig. Aber - es dient Politikern und Gruppen als Begründung eigene Ideologien umzusetzen

  8. 25.

    Genug Geld scheint ja da zu sein, wenn man Autobahnen ausbauen will, nicht benötigte Braunkohle als "Vorrat" aus dem Boden holt (RWE-Angaben), könnte auch im Boden lagern,rd. für nicht benötigte LNG-Kaoazitäzen hat,...
    Nur für erneuerbare Energien, Schienenausbau,... soll es nicht reichen?
    Ich denke, die Klimakosten werden noch viel höher, da sich die Schäden potenzieren werden. Schadensvorhersagen überholen sich fast monatlich!

  9. 24.

    Ach Paulchen, ich empfehle Ihnen dringend ein Blick in die Wirtschaftsnachrichten aus D. Da können Sie dann mal nachrechnen, wie viel Stellen in 2023 verloren gegangen sind. Und die Begründung zum Stellenabbau? Extrem gestiegene Energiepreise. Was Sie mir vorwerfen, trifft eher auf Sie zu, ideologische Stammtischparolen, ohne ein Blick nach links oder rechts.Sie sehen übrigens alle 2 Wochen im Politbarometer des ZDF den Zuspruch für diese Politik,insbesondere bei den Grünen. Also, Kopf hoch und weiter so!

  10. 23.

    So gesehen, klingt das gar nicht so viel. In der Größenordnung wie der Ukrainekrieg (ohne Wiederaufbaukosten, welche Deutschland laut Außenamt ja übernehmen will). Wegen Corona wurden von der EU Programme von 700 Mrd. (mit Option auf 1400 Mrd.) aufgelegt und die Fogen für die dt. Wirtschaft aufgrund der bisherigen Sanktionen wurden auch schon in der Größenordnung von gut über 100 Mrd. geschätzt. Wenn das alles geht, geht auch das noch für Deutschland. Aber was machen schwächere Volkswirtschaften (der Vorkriegsstaatetat der Ukraine war gesamt nur etwa bei dieser Größe)?

  11. 22.

    "Vorzeitige Todesfälle sind z.B. gar nicht eingepreist." Wie macht man das? Von der Coronakrise haben wir z.Bsp. gelernt, daß viele vorzeitige Todesfälle vorallem älterer Menschen zu Milliardenüberschüssen bei den Rentenkassen führen, wäre also rein monetär dann positiv zu bewerten.

  12. 21.

    "Je nach Ausmaß der Klimakrise könnten die volkswirtschaftlichen Folgekosten demnach bei 280 bis 910 Milliarden Euro liegen." Wie rechnet man sowas?

  13. 20.

    Welche Ignoranz ?
    Wenn die Klima-Migration richtig Fahrt
    aufnimmt,
    werden Wälder gerodet,
    Moore trockengelegt,
    Fundamente für Windräder gegossen und
    BetonMietBurgen aus der wasserfreien
    brandenburgischen Erde gestampft.
    Wo ist da bitteschön Raum für Ignoranz ?

  14. 19.

    @Paul,
    "Da bin ich voll bei Ihnen, aber wir werden von Ideologie getrieben. Und nicht nach wirtschaftlichen Aspekten."
    Sie haben nichts verstanden, Zusammenhänge schon gar nicht. Stammtisch Populismus mehr nicht.

  15. 18.

    910 Mrd. durch 26 Jahre = 35 Mrd./Jahr

    Geht doch.

  16. 16.

    Die Kosten sind übrigens die Untergrenze. Vorzeitige Todesfälle sind z.B. gar nicht eingepreist.
    Vor dem Hintergrund ist es auch Aufgabe für die schwarz-rote Koalition dafür zu sorgen, dass die steinerne Stadt Berlin besser gegen Hitzewellen und Starkregenereignisse gewappnet wird.

  17. 15.

    Ja, wir könnten etwas tun. Nur der Wille fehlt. Ich glaube die CO2 Bilanz eines Panzer ist wohl eher vernichtend. Das Benzin und der Diesel wird für die Pendler richtig gut besteuert, nur bei der Spaßfliegerei, da wagen sich die Politikgrößen nicht ran. Da vergrämt man nämlich die SUV fahrende Wählerschaft. Auch ein Tempolimit auf Autobahnen kommt für Porsche fahrende Minister nicht in Frage. Das ist in den anderen EU Staaten schon lange gängige Praxis. So viel zur Glaubwürdigkeit.

  18. 14.

    Da bin ich voll bei Ihnen, aber wir werden von Ideologie getrieben. Und nicht nach wirtschaftlichen Aspekten.

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