Neue Tourismusstrategie - Brandenburg wird selbstbewusst als Urlaubsregion
Die Tourismusbranche in Brandenburg hat sich eine neue Strategie gegeben. Nachhaltigkeit und authentisches Naturerlebnis sollen ganz oben stehen. Man will nicht mehr auf Touristen aus Berlin schielen, sondern auf eigene Angebote setzen. Von Andreas B. Hewel
Zurückhaltung war gestern. Die Tourismusbranche in Brandenburg will sich vom großen Touristenmagneten Berlin emanzipieren und gibt die neue Losung aus: "Brandenburg - mehr brauchst du nicht". Mutiger sei man geworden, sagt Mathias Knospe, Marketingleiter der Tourismus-Marketing GmbH TMB. "Wir sind weg von höher, schneller, weiter", erklärt Knospe die neue Tourismusmarke. "Heute muss Tourismus ganz viel Sinn machen und Relevanz haben."
Im Gegensatz zur hektischen Hauptstadt also wirbt man mit Erholung, Besinnung, Zu-sich-Kommen. Berlin hat die Branche zwar immer noch im Blick, aber wer nach Brandenburg kommt, der sucht etwas, was er in Berlin nicht findet, wie es das Motto zu sein scheint.
Nachhaltigkeit ist ein neues Ziel
Umweltbewusstsein und Klimaschutz seien wichtige Kriterien geworden, um Gäste zu gewinnen. "Gäste, die nach Brandenburg kommen", so Knospe, "sind immer Gäste, die ein absolut authentisches, entspanntes Naturerlebnis suchen, die aktiv hier unterwegs sind und die natürlich fasziniert sind von dem ganzen Wasser, das wir hier haben." Und genau dafür habe Brandenburg tolle Gastgeber und tolle Produkte, schwärmt Knospe weiter. Mit der Marke "Brandenburg - mehr brauchst du nicht" gebe man ein Versprechen für Qualitätsansprüche und Nachhaltigkeit.
Und natürlich will der Tourismus hier auf nachhaltige Mobilität setzen, auf Radtourismus und Elektromobilität auch auf dem Wasser. "Im Tourismus sind wir immer abhängig von der natürlichen Umwelt", hebt Andreas Zimmer von der TMB hervor. So gehöre Brandenburg zu den trockensten Landstrichen in ganz Deutschland. Schon jetzt sei der Seddiner See von der Austrocknung bedroht. Letztes Jahr flossen im Spreewald die Fließe rückwärts. Auch der Algenbewuchs schwäche den Tourismus. "Tourismus kann nicht Klimafolgen vermeiden, sondern stellt Forderungen zur aktiven Landschaftsgestaltung und auch zur aktiven Klimaanpassung in Brandenburg", sagt Zimmer.
Besonders umworbene Touristen sind über 50
Die Zielgruppe, die man in der neuen Tourismusstrategie ausgemacht hat, ist eher älter. 50 plus ist die Generation, die jetzt angesprochen wird. Natürlich kommen auch Jüngere und Familien, die allerdings kommen besonders im Sommer, also in der absoluten Hauptsaison. Mit der älteren Generation hofft man, auch im Herbst und Frühling mehr Gäste gewinnen zu können. Das würde die gesamte Saison verlängern.
Insgesamt wächst die Branche wieder. Der herbe Einschnitt durch Corona sei überstanden, sagt Andreas Zimmer. Im ersten Quartal dieses Jahres habe man die gleichen Übernachtungszahlen erreicht, wie im Vergleichsquartal 2019, also vor der Pandemie. Damals war man im gesamten Jahr auf knapp 14 Millionen Übernachtungen in Brandenburg gekommen, ein absolutes Rekordjahr für die Branche. Jetzt also steuert man ähnlichen Zahlen entgegen.
Fachkräftemangel seit langem auch im Tourismus ein Problem
Gebremst werden - so scheint es - kann dies nur durch eine Sache: Der Fachkräftemangel schlägt auch im Tourismus zu. Schon lange kämpfen Hotels und Restaurant um Personal. Eigentlich ein gutes Zeichen, versucht sich Andreas Zimmer zu trösten, wenn Arbeitskräfte gebraucht werden. Zudem zeige es, dass die Branche wächst. Schon jetzt arbeiten rund 100.000 Menschen in Brandenburg im Tourismus. Aber das reicht offenbar nicht. Dieter Hütte, Geschäftsführer der TMB, sagt, dass der Fachkräftemangel schon zu Einschränkungen führe. "Wir müssen uns mittelfristig als Gäste darauf einstellen, dass wir veränderte Serviceangebote haben. Wir haben es ja heute schon so in der Praxis, dass eine feste Essenszeit angeboten wird, dass es eben nicht mehr bis 23 Uhr etwas gibt. Darauf muss man sich als Gast einstellen."
Ausreichend Arbeits- und Fachkräfte, da ist sich Andreas Zimmer sicher, wird die Tourismusbranche nicht in der Umgebung finden. "Wir können die Absolventen, die wir in Brandenburger Schulen haben, sehr locker unterbringen", beschreibt der Redaktionsteamchef der TMB den Mangel. "Ich glaube, dass wir eine große Linderung nur durch einen geordneten Zuzug auch aus dem Ausland schaffen und dass wir anwerben müssen."
Dennoch boomt die Branche. Die Nachfrage nach neuen Hotelkapazitäten sei groß, betont Dieter Hütte. Die Investoren hätten Brandenburg entdeckt. Vielleicht kommt genau deshalb jetzt die Besinnung auf Nachhaltigkeit. Die Eigenwilligkeit des Landes erlebbar machen, sei das Ziel. Damit ein Gast spüre, so Hütte, "dass man eigentlich gar nicht mehr braucht, um glücklich zu sein."
Natur, Entspannung, auf das Wesentliche besinnen
"Brandenburg - mehr brauchst Du nicht" heißt der Slogan der neuen Marke, mit der für Brandenburg geworben werden soll. Naturerlebnisse, Entspannung und die Besinnung auf das Wesentliche stehen für die Macher der Strategie im Vordergrund. Dennoch werde auch vermittelt, dass man beim Urlaub in Brandenburg nicht auf Komfort verzichten müsse, so TMB-Marketingchef Mathias Knospe.
Nach den Einbrüchen in den Corona-Jahren hat sich die Branche laut Tourismusmarketing inzwischen weitgehend erholt: Im ersten Quartal 2023 sei bei den erfassten Übernachtungen bereits wieder das Allzeithoch von 2019 erreicht worden.
Um die Nachfrage bedienen zu können, soll künftig verstärkt im Ausland um Fachkräfte geworben werden. Außerdem gehe es immer mehr darum, gute Arbeits- und Lebensbedingungen für die Mitarbeitenden im Tourismus zu schaffen, damit diese auch mittelfristig in den Betrieben blieben, hieß es.
Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 08.06.2023, 19:30 Uhr