Finanzen - Berlin verzeichnet mehr Steuerschulden und weniger Steuereinnahmen

Do 24.08.23 | 06:14 Uhr | Von Sebastian Schöbel
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Dispokredit - Geld liegt auf einem Finanzchart (Quelle: Colourbox)
Bild: Colourbox

Bislang konnte Berlin dem schlechten Wirtschaftstrend in Deutschland trotzen. Doch nun ziehen dunkle Wolken auf: Die Steuereinnahmen gehen zurück - und die Menge der Steuerschulden wächst. Schlechte Nachrichten für den Finanzsenator. Von Sebastian Schöbel

Die Höhe der Steuerschulden in Berlin steigt weiter an. Das geht aus Zahlen der Finanzverwaltung hervor, die der Linken-Abgeordnete Sebastian Schlüsselburg beim Senat erfragt hat. Demnach warteten die Finanzämter Ende 2022 auf insgesamt fast 580 Millionen Euro, die nachgezahlt werden mussten. Die größten Rückstände wurden bei der Einkommens- und der Gewerbesteuer verzeichnet, mit jeweils rund 200 Millionen Euro.

Über eine halbe Milliarde Steuerrückstände

Die Beträge geben an, wie viel Geld die Finanzämter von Steuerschuldnern abkassieren können, es handelt sich um sogenannte "echte Rückstände". Sprich: Den Schuldnern werden keine weiteren Fristen mehr gewährt, es werden stattdessen Mahnungen verschickt und die Vollstreckung der Forderungen angedroht.

Die Finanzverwaltung weist darauf hin, dass Berlin in den vergangenen Jahren steigende Steuereinnahmen zu verzeichnen hatte - was automatisch auch bedeute, dass die Zahl der Steuerschuldner ebenfalls steigt. "Die Herausforderungen für die Menschen und die Wirtschaft Berlins durch Coronapandemie und den Krieg in der Ukraine zeigten allerdings auch Auswirkungen bei der Höhe der Steuerrückstände", so die Verwaltung weiter.

Einnahmenprognose des Senats gerät in Schieflage

Insgesamt hatte Berlin 2022 laut Finanzverwaltung 27,22 Milliarden Euro Steuern eingenommen. Für dieses Jahr war man bislang von 28 Milliarden Euro ausgegangen. Ob diese Prognose zutrifft, muss aber bezweifelt werden. Wie aktuelle Daten aus dem Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses zeigen, hat Berlin bis Juli erst rund 15 Milliarden Euro Steuereinnahmen verbucht, das sind 1,6 Milliarden Euro weniger als zum gleichen Zeitpunkt vor einem Jahr.

Das deutet darauf hin, dass sich die Lage in der Berliner Wirtschaft nach Jahren des überdurchschnittlichen Wachstums eintrübt, entsprechend dem Trend im gesamten Bundesgebiet. Expertinnen und Experten warnen seit geraumer Zeit davor, dass Deutschland in eine Rezession rutscht, die Wirtschaft also schrumpft. In der Bundeshauptstadt war es zuletzt unter anderem der Einzelhandel, der stark unter Druck geraten ist, zahlreiche Geschäfte wurden aufgegeben. Gleichzeitig leiden die Unternehmen in Berlin in fast allen Branchen unter Fachkräftemangel.

Der schwarz-rote Senat hat im Entwurf seines Doppelhaushaltes für die kommenden zwei Jahre sämtliche Reserven aktiviert, um investieren zu können - in der Hoffnung, dass sich die Wirtschaft wieder erholt und damit auch die Steuereinnahmen wieder steigen. Geht diese Rechnung nicht auf, drohen harte Sparmaßnahmen, weil Berlin keine neuen Schulden machen dürfte.

Steuerprüfungen fördern Millionen zu Tage

Der Haushaltsexperte der Linken, Schlüsselburg, forderte von Finanzsenator Stefan Evers, die Einnahmeseite zur Priorität zu machen. "Er muss alles dafür tun, die Finanzämter personell und technisch in die Lage zu versetzten, die echten Steuerschulden beizubringen." So würden allein die 580 Millionen Euro Steuerrückstände für Investitionen in Krankenhäuser, Schulen oder den öffentlichen Nahverkehr benötigt, so Schlüsselburg.

Wo weitere Einnahmen schlummern könnten, zeigt ein Blick auf die Ergebnisse der Sonderprüfungen der Finanzämter. Auch diese hatte Schlüsselburg abgefragt. Demnach fanden die Prüfer der Finanzämter 2022 bei Berliner Unternehmen rund 112,7 Millionen Euro an nicht gezahlter Umsatzsteuer. Dabei lag die Zahl der Steuerprüfungen mit 2668 deutlich unter dem Niveau, das vor der Coronapandemie erreicht wurde. Unter anderem der Bundesrechnungshof kritisiert seit Jahren, dass Unternehmen und Einkommensmillionäre viel zu selten Nachprüfungen durch die Finanzämter fürchten müssten.

Sendung: rbb24 Inforadio, 24.08.2023, 07:00 Uhr

Beitrag von Sebastian Schöbel

39 Kommentare

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  1. 39.

    Bitte senden Sie einen seriösen Link, danke!

    https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1184876/umfrage/sonntagsfrage-ard-volontaere/

  2. 38.

    Das statistische Bundesamt (dieses führen Sie an ?) sagt auch: Ein Jahresdefizit soll (sogar in der Mehrzahl der bundesrepublikanischen Jahre) vorgekommen sein [1]. Zwei Fakten, einer von Ihnen, einer von mir. Was wollen Sie mit Ihrem Fakt aussagen ?

    https://www.bpb.de/kurz-knapp/zahlen-und-fakten/soziale-situation-in-deutschland/61867/entwicklung-der-oeffentlichen-finanzen/

  3. 37.

    Immerhin ein Link in meinen Post. In Ihrem ... nix. Nur ein bisschen rechtes Pfeifen im Wald.

  4. 36.

    Aufgrund der Gemengelage unserer Zeit empfahl ich eine Differenzierung der Ursachen und Wirkungen, einer Einordnung von Zahlen in das Umfeld. Nicht einfach. Allerdings ... und das merke ich ... nach Ihren Posts und dem enthaltenen Framing (Einordnung der Berichterstattung der ARD)sind Sie an Differenzierung nicht interessiert. Und dass Sie nicht einmal alle Aussagen im verlinkten Artikel gelesen haben.

  5. 35.

    Bundesamt sagt, Deutschland (also Ampel) gibt mehr aus (Steuergelder) als es einnimmt.

  6. 34.

    Ich höre die Sommerinterviews von Esken, Lang und Scholz. Die erzählen wie toll und stark Deutschland ist. Und dann sieht man die heutigen Meldungen der Wirtschaftsweisen, Euro-Absturz, kein Wachstum für Deutschland entgegen zum Rest der EU. Selbst Russland wächst. Nur wir sind Schlusslicht.
    Und dann kommst Du mit ARD-Aussagen alias Ampelaussagen. Merkste selbst, oder? Andere denken auch logisch und leben in der Realität unter der Ampel

  7. 33.

    Ein Link vom politikbezahlten Sender/Moderatoren - der war gut.
    Lies mal öffentliche Nachrichten privater Sender. Jetzt werden im ÖR schon „Bürger“ in Interviews verwendet die selbst in Ministerien/Parteien arbeiten. Auch zur Glaubwürdigkeit gibt es Umfragen

  8. 32.

    Für eine etwas differenziertere Analyse als "Ampel an allem Schuld" können Sie hier mal anfangen:

    https://www.tagesschau.de/wirtschaft/konjunktur/bruttoinlandsprodukt-wirtschaftswachstum-zweites-quartal-100.html

    Mit flotten Ein-Satz-Sätzen ist das ganze nicht zu erfassen. Auch wenn es schön einfach ist.

  9. 31.

    Die neuen Wirtschaftsdaten von heute zeigen ein erschreckendes Bild der Ampel. Auch Berlin merkt die Auswirkungen

  10. 30.

    In der Theorie ganz einfach, in der Praxis passiert es fast nie, weil die Einnahmen der Zukunft dann wieder für andere neue Projekte ausgegeben werden und nur wenig Schulden zurückgezahlt werden. Zinsen werden noch gezahlt, Tilgung wenig. Es ist nie genug Geld da, irgendwas ist immer.

  11. 29.

    Bitte Text und Statistiken lesen.
    Dann könnten Sie sich diese inhaltlichen und falschen Äußerungen sparen.

  12. 28.

    Als Staat macht man Schulden um in der Zukunft wirtschaftlich so weit besser da zu stehen dass die Mehreinnahmen die Schulden inklusive Zinsen übersteigen. Das nennt man dann Investition.

  13. 27.

    Nur kann keine Kommune dauerhaft ohne Kredite auskommen.

    Zukünftig wird die Verschuldung des Landes Berlin noch extrem steigen. Die aktuelle Regierung hat ja viele Phantasieprojekte auf der ToDo Liste.

    Zukünftig gibt's immer weniger Steuerzahler. Ich bin gespannt, wie die finanzielle Zukunft aussieht

  14. 26.

    Antizyklisch im Zusammenhang mit Staatsverschuldung ist schon sehr zynisch. Unsere Kinder und Enkelkinder müssten diese Schulden nebst Zinsen zurückzahlen und hätten dann noch weniger Spielräume. Wollen Sie den Kindern Berlins die wirtschaftlichen Gestaltungsfreiräume wirklich wegnehmen? Nicht ihr Ernst, oder?

  15. 25.

    Das Thema hatte ich verfolgt. Es ist nicht passiert. Angesichts der hohen nicht einbringlichen Forderungen, wurde in der Vergangenheit bereits mehrfach gefordert, mehr Druck auf zahlungsunwillige Elternteile auszuüben, zum Beispiel durch Entzug des Führerscheins. Die damalige Familienministerin Franziska Giffey (SPD) wollte die „Daumenschrauben anziehen“. Ihr Motto: „Wer nicht zahlt, läuft“. Wie die Bundesregierung auf Anfrage der AfD-Bundestagsfraktion nun einräumen muss, gab es bundesweit weder 2017 noch 2018 eine Verurteilung mit Verhängung eines Fahrverbotes.

  16. 24.

    Sie sprechen mir aus dem Herzen, für den Zuzugsstop hab ich letztens einen Shitstorm geerntet.
    Nicht zu vergessen die 600 Millionen die Jährlich an China fließen für Entwicklungshilfe.

  17. 23.

    Wenn ich bedenke, dass meine Steuererklärung für 2021 immer noch nicht bearbeitet wurde, und die für 2022 natürlich auch nicht, und wenn ich weiß, was sich dadurch an offenen Nachzahlungen addiert, dann wundert mich diese Situation nicht.

  18. 22.

    "Die einzige Partei, die diesen Missstand thematisiert, scheint die AfD zu sein. "

    Also wenn die Finanzverwaltung ein Pilotprojekt plant(e), dann scheinen andere Parteien das Problem sogar lösen zu wollen - und nicht nur zu thematisieren wie die Rechten.

  19. 21.

    Sie wissen schon wer für die Verschuldung Berlins verantwortlich ist? haben sie Diepgen und Landowsky vergessen?

  20. 20.

    Na dann bitte jetzt Schulden aufnehmen und Investieren! Antizyklisch Handeln! Abfahrt!

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