Beschwerde eingereicht - Oxfam zieht Supermärkte für Zustände auf Bananen-Plantagen zur Verantwortung

Fr 03.11.23 | 13:08 Uhr | Von Franziska Ritter
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Bananen liegen in der Auslage eines Supermarktes (Quelle: dpa/Julian Stratenschulte).
Audio: rbb24 Inforadio | 03.11.2023 | Franziska Ritter | Bild: dpa

Oxfam wirft den Supermarktketten Rewe und Edeka vor, dass sie gegen das Lieferkettengesetz verstoßen. In einer Beschwerde ist von Hungerlöhnen und fehlendem Arbeitsschutz auf südamerikanischen Plantagen die Rede. Von Franziska Ritter

Oxfam hat mehrfach Menschenrechtsverletzungen auf Bananen-Plantagen in Ecuador und Costa Rica offengelegt, die auch Supermärkte in Berlin und Brandenburg mit den gelben Südfrüchten beliefern. Jetzt reicht die in Berlin ansässige Entwicklungsorganisation offiziell Beschwerde gegen Edeka und Rewe beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) ein.

Sie pocht auf das deutsche Lieferkettengesetz, das Anfang des Jahres in Kraft getreten ist. Es verpflichtet Unternehmen zu einem verantwortungsvollen Handeln entlang der ganzen Lieferkette. "Seit Jahren fordern wir, dass Leid und Ausbeutung keine Zutaten in unserem Essen sein dürfen. Die BAFA muss unseren Hinweisen nun nachgehen und den Supermärkten konkrete Anweisungen geben, was sie dagegen unternehmen sollen", mahnt Oxfam-Rechtsanwältin Franziska Humbert.

Vorwürfe der Gewerkschaft

Konkret geht es um Vorwürfe, die Arbeiter würden von den Zulieferbetrieben weit unter dem Mindestlohn bezahlt. Sie müssten auf den Plantagen bleiben, während Flugzeuge giftige Pestizide sprühen und Gewerkschaftsmitglieder drangsaliert würden, so Oxfam. Die Entwicklungsorganisation habe zu jedem Fall 20 Seiten mit Dokumentationen und Belegen eingereicht.

"Die Unternehmen akzeptieren nicht, dass es freie, unabhängige Gewerkschaften gibt", erklärt Jorge Acosta von ASTAC, einer ecuadorianischen Gewerkschaft, die sich für die Rechte von Arbeitern auf Bananenplantagen einsetzt. "Wir machen auf die Menschenrechtsverletzungen aufmerksam, das gefällt der ecuadorianischen Bananenindustrie nicht."

Edeka und Rewe weisen Vorwürfe zurück

Oxfam hatte nach eigenen Angaben Aldi, Lidl, Edeka und Rewe im Sommer über insgesamt vier Fälle von Menschenrechtsverletzungen auf Bananen- und Ananasplantagen bei ihren Zulieferern in Ecuador und Costa Rica informiert. Aldi und Lidl reagierten laut Oxfam auf die Vorwürfe und nahmen direkt Kontakt zu Gewerkschaften vor Ort auf. Edeka und Rewe hätten dagegen nur auf Zertifizierungen und Siegel verwiesen.

Edeka wies die Vorwürfe zurück. Bei einer Überprüfung hätten sich die Hinweise mit Bezug auf Partnerfarmen, von den Bananen bezogen würden, nicht bestätigt. "Die Aussage, wir seien nicht ausreichend gesprächsbereit, weisen wir deutlich zurück", teilte der Lebensmitteleinzelhändler auf Anfrage mit.

Rewe erklärte auf Anfrage, von dem beanstandeten Betrieb würden keine Waren mehr bezogen. Diesem sei nach einer unangekündigten Überprüfung infolge der Hinweise die Zertifizierung vorläufig entzogen worden.

"Die Aussagen, die die Arbeiter dort treffen, sind überwiegend einstudiert", erklärt Franziska Humbert. Wer nicht sagt, was er sagen soll, riskiere Entlassungen. Außerdem würden Mitarbeiter häufig angewiesen, besonders giftige und verbotene Pestizide wegzuräumen, so dass die Kontrolleure sie nicht sehen.

Gewerkschaftsmitglieder bedroht

Auch Jorge Costa von der ecuadorianischen Gewerkschaft für Arbeiter auf Bananen-Plantagen sieht die Rolle von Zertifizierungsunternehmen wie Rainforest Alliance kritisch. Schließlich hätten sie die Menschenrechtsverletzungen auf den Plantagen jahrelang nicht aufgedeckt. Gewerkschaften seien die einzigen, die die Einhaltung der Arbeitsrechte garantieren könnten.

ASTAC und Oxfam haben die Beschwerde gegen Edeka und Rewe stellvertretend für die betroffenen Arbeiter eingereicht. Aus Angst vor Repressalien wollten sie anonym bleiben, heißt es. Das deutsche Lieferkettengesetz biete Menschen, die Menschenrechtsverletzungen publik machen, bislang nur ungenügend Schutz, mahnt Jorge Costa. Gewerkschaftsmitglieder von ASTAC hätten in den vergangenen Wochen Morddrohungen erhalten.

Kein Einzelfall

Ob sich die Situation der Plantagenarbeiter durch die Beschwerde beim BAFA verbessern wird? Oxfam und die Gewerkschafter aus Ecuador hoffen es. Armin Paasch vom katholischen Hilfswerk Misereor befürchtet, dass es hunderte Fälle von Menschenrechtsverletzungen bei Zulieferern von deutschen Unternehmen gibt, die bisher nicht an die Öffentlichkeit gedrungen sind - einfach, weil es keine Beschwerden gab. "Wir müssen leider davon ausgehen, dass viele Unternehmen die Hände in den Schoß legen und sagen, wir haben noch keine Kenntnis, deswegen müssen wir bisher auch nicht aktiv werden", erklärt er.

Der Menschenrechtsexperte von Misereor kritisiert, dass das deutsche Lieferkettengesetz Unternehmen nicht ausdrücklich dazu verpflichtet, entstandene Schäden wieder gutzumachen: "Diese und andere Lücken muss das künftige EU-Lieferkettengesetz schließen, das bis Ende des Jahres beschlossen werden soll." Die Organisationen hoffen auf strengere Vorgaben aus Brüssel.

Sendung: rbb24 Inforadio, 03.11.2023, 6 Uhr

Beitrag von Franziska Ritter

49 Kommentare

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  1. 49.

    Und wie wollen Sie das Problem lösen ?? Alles Essbare was nicht regional ist boykottieren?? Das ist vielleicht bei Ihrem Kontostand möglich, aber der Mehrheit unserer Bevölkerung eher nicht.

  2. 48.

    Mindestlohn für alle ...
    und der Rest geht zur Arche, Tafel und sammelt Pfandflaschen.
    Beschämend!

  3. 47.

    Nun warte ich immer noch auf den ersten Oxfam Laden in Cottbus. Ich denke der würde in CB in der Versenkung verschwinden. Und die vielgepriesene Onlinevermarktung ist ja wohl auch nicht so nachhaltig. Verpackungsmüll und die Ausbeutung des Lieferpersonals durch den Versandhandel.

  4. 46.

    Oxfam soll bitte auch mal gegen die Kqufland Filiale am Rathaus Neukölln vorgehen . Ab 11.11.23 schließt die Frische-Theke ( Wurst Käse Produkte ) ab dann gibt es nur noch verpackte überdimensionierte Ware . Wenn ich Ware nicht wegschmeißen will und Verpackung sparen will nuss ich mit der BVG zum S-Bahnhof Neukölln fahren wurde mir geraten, ist natürlich sehr energiesparend .

    Als Single nuss ich leider häufiger verpackten Käse wegschmeißen weil verschimmelt. LIEGT an den Großpackungen. Plastikverpackung um Wurst ... Steinzeitlich!!!!

    Baja und Personalabbau wegen Selbstbedienungskassen ist ja klar.

  5. 45.

    Sie haben es nicht verstanden. Sicher kann jeder aufgrund von irgendwelchen Gesetzen eine Firma anzeigen. Zur Rechenschaft ziehen können sie dann, nach einem demokratischen Rechtsverfahren, nur die Gerichte. Nicht ich, nicht Sie nicht Oxfam oder sonst wer.

  6. 44.

    Beim Entwurf des Lieferkettengesetzes ging es sogar soweit das jeder betroffene die Firmen hier verklagen konnte! Das wurde dann mit Hilfe der SPD und anderen Parteien so verwaschen das es deutlich schwieriger wird für betroffene ihre Ansprüche durchzusetzen.

    Aber was viele nicht sehen die Ausbeutung hat doch schon lange mit Einführung der geringen Beschäftigung begonnen. Man hat versucht mit den Mindestlohn gegen zu steuern da die "Soziale Marktwirtschaft" es nicht schaffte sich auf einen gerechten Lohn zu einigen. Selbst jener Mindestlohn steht nach 45 Jahren Arbeit Armut entgegen. Aber wo sind denn die Gewinne geblieben? In den Taschen der Aktionäre und in Steueroasen, während die Kosten der Gesellschaft an der Arbeitenden Bevölkerung hängen bleibt.

    Es gestern wurden Studien veröffentlicht wer Maßgeblich die Inflation treibt und wer sich die Gewinne in die Taschen steckt.

  7. 43.

    "Oxfam"...? Nie gehört. "

    Eigentlich wird niemand gezwungen , hier seine Unwissenheit öffentlich zu machen.
    Oder das er/sie/es nicht in der Lage ist eine Suchmaschine zu bedienen.

  8. 42.

    Sie wollen also auf Kosten der Menschenrechte weiterhin billig konsumieren...

  9. 41.

    Palmöl ist billig, mehr nicht. Steht etwa auf einer Stufe mit Kokosöl und kommt gleich nach 10W-50. Probieren sie mal Raps- oder Sonnenblumenöl, vll. auch Erdnuss-, Soja- oder Olivenöl. Ich glaube sie werden den Unterschied schmecken. Zum Braten in gemäßigter Dosierung Butterschmalz, kann man auch selbst machen.

  10. 40.

    Natürlich darf Oxfam das, ebenso wie jeder interessierte Bürger (theoretisch auch Sie!) und jegliche andere Vereinigung. Man werfe einen Blick in Paragraph 8 des Lieferkettengesetzes sowie auf die öffentlich einsehbaren Ziele von Oxfam! Dann dürfte klar sein, wieso Oxfam hier agiert, und zwar völlig zulässigerweise!

  11. 39.

    warum antworten Sie?Sie haben doch sowieso von nichts Ahnung außer dass eine Banane krumm ist ....

  12. 38.

    die Regenwälder dieser Erde werden derzeit zerstört selbst für Bananen die dann noch weggeworfen werden , Sie kapieren das wohl nicht.... ,dass dies ein Kipppunkt ist

  13. 37.

    Niemand hindert sie sich den gesamten Winter von Rüben und Kohl zu ernähren.

    Ich für meinen Zeil fände es schon in Ordnung, wenn die Arbeiter egal wo auf der Welt von ihrem hart erarbeiteten Lohn leben könnten und nicht aller Profit in die Hände weniger Reiche fließt.

  14. 36.

    Zur gleichen Zeit, wenn an der Eiger- Nordwand der Kaffee geerntet und im Wattenmeer Mate-Tee gepflückt wird.
    Mein Gott, ohne was die Menschen heutzutage nicht leben können! Da ist es von Vorteil, die Angebote in den HO- und Konsum- Läden der DDR gekannt zu haben. Da war Kürbis deutsche Ananas und alle überlebten es.

  15. 35.

    Herr Anmerker, wie wäre es mit einer Internet-Recherche, bevor Sie unzutreffende Mutmaßungen über Oxfam verbreiten? Oder schauen Sie sich einfach einmal in einem der vielen Oxfam-Shops in Berlin um. Viele Grüße von einem Ehrenamtler bei Oxfam

  16. 34.

    Das ist eine hübsche Gleichung, leider haben Sie ein paar x vergessen. x1 = Steuern auf Rente, die wieder ans Finanzamt zurückfließen. x2 = Sozialbeiträge, die Rentner zahlen, x3 = Rentenzuschüsse, um Mindestrente zu erhalten und zwar nicht, weil man immer zuwenig verdiente, sondern nur Teilzeit gearbeitet hat (quasi Beschiss an denen, die Vollzeit hatten und wirklich wenig Lohn bekamen)und dann noch x4 = die Griffe in die Rentenkasse zur Finanzierung von was weiß der Kuckuck ohne die Entnahme auszugleichen. Viel Spaß beim Lösen!

  17. 33.

    Das Lieferkettengesetz ist eine absolute Frechheit. Das Gesetz sollte umgehend abgeschafft werden, weil es nicht zu lösende Bürokratie und Konflikte wie in diesem Fall bedeutet. Warum belastet man die Deutsche Wirtschaft so?

  18. 32.

    Ich auch nicht.
    Gibt es eigentlich auch Organisationen, die etwas positives leisten, anstatt immer nur zu meckern? Und wenn es die gibt, kann vielleicht auch mal darüber berichtet werden.
    Man hat den Eindruck, hier wird immer nur Panik verbreitet. Viele Menschen, wie man hier sehen kann, springen darauf an.

  19. 31.

    Wenigsten kümmert sich jemand um die Missstände und deckt Sie auf. Davon müsste es viel mehr geben und Gewerkschaften gesetzlich gestärkt und geschützt werden. Gewinne fahren nicht die Arbeitgeber ein, sondern immer noch die Angestellten.

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