Wirtschaftsausschuss - Stromnetz Berlin fehlt offenbar eine Viertelmilliarde für Energiewende

Mo 27.11.23 | 20:29 Uhr
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Symbolbild: Das Logo am Hauptsitz der Stromnetz Berlin GmbH. (Quelle: dpa/Christoph Soeder)
Bild: dpa/Christoph Soeder

Elektroautos, große Rechenzentren und überregionale Hochspannungsleitungen: Das Berliner Stromnetz muss ertüchtigt werden, wie der landeseigene Netzbetreiber im Wirtschaftsausschuss des Abgeordnetenhauses erklärt. Doch es fehlt an Geld dafür.

Der landeseigene Netzbetreiber Stromnetz Berlin hat nicht genug Geld, um den Ausbau des Stromnetzes zu stemmen. Bei einer Anhörung im Wirtschaftsausschuss wurde am Montag ein Kapitalbedarf von 250 Millionen Euro genannt. Im Doppelhaushalt für die kommenden beiden Jahre ist die Summe allerdings nicht enthalten.

"Wir müssen jetzt die Vorbereitungen treffen. Wir müssen jetzt bauen und jetzt investieren, damit die Leistung nach Berlin hineingeführt werden kann", sagte Stromnetz-Chef Erik Landeck im Wirtschaftsausschuss des Abgeordnetenhauses zur Begründung. Stromnetz Berlin als Netzbetreiber stehe vor mehreren Herausforderungen.

Bisheriges Finanzierungsmodell genügt nicht

Zum einen seien die Anschlüsse des Berliner Netzes an die überregionalen Hochspannungsleitungen noch nicht für die zukünftigen Belastungen ausgelegt. Zum anderen müsse die Technik fit für die Wärmewende und deutlich mehr Elektro-Autos gemacht werden. In Berlin spiele zusätzlich die Digitalisierung in Form großer Data-Center eine besondere Rolle. Diese Rechenzentren haben einen riesigen Energiebedarf. "Das entspricht einmal Potsdam", sagte Landeck. Deshalb müsse das Netz angepasst werden.

Für diese Investitionen reiche das bisherige Finanzierungsmodell nicht mehr aus, erklärte der Geschäftsführer der ebenfalls landeseigenen Berlin Energie und Netzholding (BEN) Stephan Boy. Die BEN ist als Muttergesellschaft dafür da, die Stromnetz Berlin mit ausreichend Kapital zu versorgen. Bei Grundinvestitionen in den Erhalt des Netzes gelinge das. Bei neuen Ausgaben für Wärme- und Energiewende sei das aber "nicht der Fall", erklärte Boy im Wirtschaftsausschuss.

Geld steht nicht im Doppelhaushalt

Als Grund führte der Manager an, dass sich die Anforderungen der Banken bei der Kreditvergabe geändert hätten. Anders als in der Niedrigzinsphase würden die Institute inzwischen eine bestimmte Eigenkapitalquote verlangen. Diese liege bei zehn Prozent der Bilanzsumme eines Unternehmens. "Dieses Eigenkapital benötigt die BEN, um die neuen Herausforderungen zu meistern", erklärte Boy, ohne einen konkreten Betrag zu nennen.

Der energiepolitische Sprecher der Grünen Stefan Taschner bezifferte den Kapitalbedarf auf 250 Millionen Euro. Seiner Berechnung wurde im Wirtschaftsausschuss nicht widersprochen. Vielmehr verwiesen Taschner als auch der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD Jörg Stroedter darauf, dass dieses Geld nicht im Doppelhaushalt stehe. "In zwei Wochen wollen wir den Haushalt hier im Parlament aber verabschieden", warnte Taschner.

Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) bekräftigte, dass "erhebliche Investitionen" in die Energiewende erforderlich seien. Giffey sprach auch davon, dass die Eigenkapitalquote für die Berlin Energie und Netzholding (BEN) "essentiell" sei. "Die Frage muss geklärt werden", so die SPD-Politikerin, und das passiere gerade auch. Konkreter wollte sie nicht werden. Giffey verwies auf vertrauliche Geschäftszahlen der beiden Landesunternehmen.

Sendung: rbb24, 27.11.2023, 21:45 Uhr

24 Kommentare

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  1. 24.

    Nicht ganz korrekt bzw. unvollständig betrachtet.
    Was nötig ist, wäre ein besserer Ausgleich der Netzkosten zwischen Erzeugungsregionen(Brandenburg) und Verbrauchsregionen (Berlin).
    Preislich unter fossilen Energien zu liegen geht auch andersrum. Indem in fossil erzeugter Energie endlich alle Kosten eingepreist werden.
    Wenn der Berliner Netzbetreiber berechtigten Bedarf an Investition sieht, sollte er auch die entsprechenden Mittel zur Verfügung bekommen. Die brauchen das Geld ja nicht weil es Spaß macht. Und Berlin hat offensichtlich Bedarf auch wenn das im NEP 2019 der ostdeutschen VNBs noch anders zu lesen war.
    Aber da hat Vattenfall wohl das Berliner Netz schön gerechnet.

  2. 23.

    Ja hab ich aber auch gar nicht behauptet oder angedeutet.
    Offensichtlich hat der Berliner Verteilnetzbetreiber noch deutlich Luft nach oben was den Finanzbedarf für die Investitionen in die Zukunft angeht.
    Hab noch nicht gehört das die übrigen VNB im Osten der Republik solchen Geldmangel angezeigt hätten. Die haben ihren Kostenbedarf eben schon länger auf Investition ausgerichtet und demzufolge auch höhere Entgelte genehmigt bekommen.
    Scheinbar hat Vattenfall alles richtig gemacht bei der Rekommunalisierung.

  3. 22.

    Die Scheuklappen tragen diejenigen jungen und jung gebliebenen, die zu glauben scheinen, dass nur Deutschland ein Interesse an der Energiewende hat und die für die Energiekosten des Jahres 2022 verantwortlich machen.

  4. 21.

    Die Netzentgelte unterliegen nicht dem Wettbewerb, sondern ergeben sich aus den von den Regulierungsbehörden geprüften Kosten der Netzbetreiber.

  5. 20.

    Eine unseriöse Politik. Nichts anderes bedeutet dieses Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Eine Klatsche riesigen Ausmaßes.
    Und nein, wir haben keinen "Notstand". Das Desaster ist selbsterzeugt durch ideologisch determinierte Politik.

  6. 19.

    „Auch bei den Verbrauchsstellen ohne Leistungsmessung (private Haushalte) liegt Berlin ca. 3ct/kWh unter dem Preis der e-dis. Preiserhöhung bzw. Anpassung an regional übliches Niveau wäre also mindestens zumutbar.“
    Genau das Gegenteil wäre richtig: Die versprochenen billigen Stromerzeugungen müssen sich in den Preisen wiederfinden, wenn elektrisch geladen werden soll. Die Preise müssen unter der fossilen Erzeugung, wie versprochen, liegen! Deutlich darunter. Sonst geht es schief.

  7. 18.

    Da bin ich ganz entspannt, bei mir kommt der Strom immer noch aus der Steckdose.
    Und die ganzen "Rückkauf"-Projekte oder geplantes (z.B. deutsch Wohnen enteignen) sind und werden Knieschüsse bleiben.
    Das ist meine Einschätzung.

  8. 17.

    Die Berliner Linksalternativen sitzen seit Anfang des Jahres in der Opposition und reden sich hier mit geänderten Bedingungen der Banken heraus. Auf Bundeebene sind die aber schon lange in der Realität angekommen. "Frieden schaffen ohne Waffen" setzt nämlich voraus, dass z.B. der Kreml das gleiche Ziel verfolgt. Stattdessen hält Putin aber Panzer, Marschflugkörper und Artillerie für legitime Mittel der Diplomatie. Wir müssen deshalb leider auch diese Vokabeln wieder besser beherrschen. Das gefällt aber halt nicht jedem, weswegen gewisse Kreise die Bundesgrünen für die Quelle allen Übels darzustellen versuchen.

  9. 16.

    Mal sehen, wer als erstes meckert, wenn mal nicht mehr genug Energie für all die Rechenzentren zur Verfügung steht, die gebraucht werden, um 24/7 in allen Internet-Foren über die unfähigen Politiker dort oben zu meckern.

  10. 15.

    Nein!
    Nur wer denkt, wir in D. könnten mit unserer Energiewende die Welt retten oder den Klimawandel aufhalten, DER rennt mit Scheuklappen durch F.-hain/Krbrg!

    Es wird immer deutlicher sichtbar, daß uns die Energiewende nur (hunderte Mrd.) kostet aber der Welt und uns im Endeffekt nichts bringt!
    Meine reinen Wohnkosten z.B., haben sich durch die hohen Energiepreise im letzten Jahr um 60% (!!!!) erhöht, und ab Januar wird's dank Erhöhung der CO2 Steuer noch teurer!

    Also, träumt immer schön weiter von der Energiewende, aber irgendwann wird auch für gutverdienende Grüne Innenstadtbewohner das Heizen und Leben zu teuer - dann will es wieder keiner gewesen sein!

  11. 14.

    Der Klimawandel ist weiterhin die größte Herausforderung der Menschheit. Daher die Energiewende dringendst geboten. Nur wer mit Scheuklappen durch die Welt läuft verdrängt dies.

  12. 13.

    Umgekehrt wird ein Schuh d'raus: Wir müssen endlich aufhören, nachfolgenden Generationen eine Riesenschuld am Zustand unserer Lebensbedingungen auf diesem Planeten überzuhelfen. Geld ist einfach nur Geld - ein abstraktes menschliches Konstrukt. Die Schäden an unserem Ökosystem sind real.

  13. 12.

    Andere Probleme als das Klima oder die Energiewende? Also machen dir Sommertemperaturen um die 40 Grad, Dürre, Ernteausfälle oder Starkregen keine Sorgen? Schön für dich, aber wenn wir die Probleme nicht in den Griff kriegen ist Berlin-Brandenburg schon bald ein sehr ungemütlicher Ort.

  14. 11.

    Man hat immer mehr als ein Problem. Glücklicherweise kann sich ein Staat um mehr als ein Problem gleichzeitig kümmern, anders als eine Schlagzeile auf dem Titelblatt der Bild.

  15. 10.

    Guten Morgen Helga, kommen Sie bitte aus dem Mustopf! Sie sind im falschen Jahr! Die CDU und SPD, nicht die Linke und die Grünen haben die Stimmmehrheit im Abgeordnetenhaus und beschließen das Klimasondervermögen.

  16. 9.

    Total unseriös diese Politik!
    Dann kann ich bestimmte Projekte eben nicht durchführen, wenn das Geld dafür nicht ausreicht. Dann sind bestimmte Entscheidungen schlicht falsch für den Moment zumindest.

  17. 8.

    Jetzt tun alle überrascht. Berliner Politik beweist mal wieder die totale Ahnungslosigkeit. Der Kapitalbedarf der Stromnetze ist seit Jahren absehbar. Nur wollte es keiner sehen.Schnell noch das Verteilnetz in Berlin gekauft. Geld? Kein Problem für den Senat bei geschönten Zahlen und Machtbesoffenheit. Vattenfall lacht sich tot. Die wussten wie hoch der Finanzbedarf der Stromnetze sein würde. Daher der Verkauf an die Stadt. Das Problem haben nun wir Steuerzahler und Stromkunden.

  18. 7.

    Die Grünen sind nicht links. Die wollen Milliarden für NATO, Bundeswehr für Milliardensubventionen für Investoren. Das hat nichts mit links und nichts mit Sozialismus zu tun. Die Grünen sind die grüne FDP.

  19. 6.

    Geht mir auch so. Immer dieses … Geld fehlt.

  20. 5.

    Sucht die Deutsche Bahn AG nicht auch einen Abnehmer für ihr schönes Schienennetz ? Frau Giffey, übernehmen Sie bitte.

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