Chinesische Shopping-App - Schnäppchenjagd bei Temu - aber zu welchem Preis?

Fr 08.12.23 | 14:50 Uhr | Von Yasser Speck
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Eine Person hält ein Telefon mit der App Temu in den Händen. (Quelle: dpa/Hannes P Albert)
Audio: rbb24 Inforadio | 04.12.2023 | Yasser Speck | Bild: dpa/Hannes P Albert

Die chinesische Shopping-App Temu lockt mit Billigpreisen zurzeit Tausende Kunden an. Instagram und Tiktok werden geflutet mit Unboxing-Videos von Temu-Paketen. Doch Verbraucherschützer warnen davor, in der App einzukaufen. Von Yasser Speck

Rabatte, Rabatte, Rabatte! Das schlägt einem entgegen, wenn man die Temu-App auf dem Handy oder dem PC öffnet. Fast jedes Produkt ist reduziert. Die Webseite schreit nach Konsum. Eine Smart-Watch, die verblüffende Ähnlichkeiten mit einer Apple-Watch hat, wird für unter zwei Euro angeboten. Man findet dort aber auch Fußduschen oder mobile Waschmaschinen für sieben Euro - und Sneaker für vier Euro.

Temu lockt seine Kundinnen und Kunden mit diesen Kampfpreisen, aber nicht nur damit. Alles wird außerdem ohne Versandkosten nach Hause geliefert. Santino Krawczyk aus Falkensee hat schon öfter bei Temu bestellt. Er hat einen Tiktok-Kanal und nennt sich dort "FettnackenTV". Krawczyk hat schon etliche Temu-Pakete in Empfang genommen und gefilmt, wie er sie auspackt.

Influencer im Visier

Temu ist erst seit diesem Frühjahr in Europa aktiv. Hinter dem Schnäppchen-Shop steckt der chinesische Konzern Pinduoduo. Jetzt drängt der Konzern mit Temu auf den internationalen Online-Markt. Um in kurzer Zeit möglichst viele Kundinnen und Kunden zu gewinnen, arbeitet das Unternehmen unter anderem mit Influencerinnen und Influencer zusammen.

Auf ihren Kanälen promoten die Social-Media-Stars die Produkte, die sie auf der chinesischen Shopping-App bestellt haben. Tiktok und Instagram werden aktuell geradezu überflutet mit Unboxing-Videos von Temu-Paketen. Krawczyk beteuert allerdings, dass er sich für seine Videos nicht habe bezahlen lassen.

Zufrieden ist er mit Teilen seiner Bestellung trotzdem, wie er sagt. Hauptberuflich veredelt Krawczyk Innenräume von Autos. Einen Teil seiner Werkzeuge dafür kauft er auf Temu. Die sind dort erheblich billiger als hier in Deutschland. "Es macht schon einen sehr großen Unterschied”, sagt er und hält zwei Hebelwerkzeuge aus Plastik in der Hand. Mit denen kann er die Tür vom Rahmen heraushebeln, ohne den Lack zu zerkratzen.

In Deutschland würden die im Durchschnitt 30 bis 40 Euro kosten, sagt der Mechaniker. Bei Temu habe er sie für sechs Euro gekauft. "Das ist schon gut", sagt Krawczyk.

Ein Mann grinst in die Kamera, hat einen grauen Pullover an und schraubt an einem Autoteil.Santino Krawczyk aus Falkensee in seiner Werkstatt. Bild: Max Ulrich

Shoppen direkt beim Händler aus China

Dass Onlinehändler Ware aus China anbieten ist nichts Neues. Der Unterschied zwischen Temu und anderen Anbietern wie Amazon ist, dass Temu keine eigenen Produkte und keine Logistikzentren in Europa hat. Temu ist ein Online-Marktplatz, auf dem Händler aus China ihre Produkte anbieten können.

Wenn sich eine Kundin also eine Smart-Watch bestellt, bestellt sie diese direkt bei einem Händler irgendwo aus China. Dieser Händler liefert die Smart-Watch dann in ein sogenanntes Fulfilment-Center von Temu. So werden die gigantischen Packstationen genannt, in denen die Bestellungen zusammengefügt und in Temu-Pakete gepackt werden. Anschließend wird das Paket zum Flughafen gefahren und mit dem Flugzeug nach Europa geflogen.

Verbraucherzentrale warnt vor Temu

Dass die Kunden direkt bei Fabriken und Händlern aus China bestellen, wirft Fragen nach der Qualitätskontrolle der Waren auf. Auf rbb|24-Nachfrage, ob Temu als Unternehmen die Einhaltung von EU-Standards bei den auf der Plattform verkauften Produkten überprüft, heißt es von Seiten eines Unternehmenssprechers: "Als Marktplatzbetreiber erwarten wir von den Händlern auf unserer Plattform, dass sie sich strikt an alle relevanten Gesetze und Vorschriften halten."

Die Verbraucherzentrale mahnt auf ihrer Webseite zur Vorsicht bei Einkäufen über Temu [verbraucherzentrale.de]. So sei zu bedenken, dass die niedrigen Preise mit einer geringeren Produktqualität und -sicherheit einhergehen können. Tatsächlich hatte ein Probeeinkauf des WDR-Magazins "Servicezeit" [ardmediathek.de] vom Sommer dieses Jahres Mängel gezeigt: Einige der 20 bestellten Produkte waren durch den Transport beschädigt. Zudem fehlten vorgeschriebene Bedienungsanleitungen in deutscher Sprache und bei elektronischen Geräten war kein in Deutschland zugelassenes CE-Zeichen vorhanden.

Das heißt nicht zwangsläufig, dass alle Produkte unsicher sind. Doch hinzu kommt: Wenn es zu Schäden bei Nutzung der Produkte kommt, kann Temu nicht zu Verantwortung gezogen werden. In den Nutzungsbedingungen heißt es: "Unter keinen Umständen haften wir für Handlungen oder Unterlassungen von Verkäufern oder für die von Verkäufern verkauften Produkte."

Billige Preise, die der Planet bezahlt

Das Modell von Temu und Co steht bei vielen in der Kritik - das merkt auch Santino Krawczyk in den Kommentarspalten unter den Videos über seine Bestellungen. Viola Wohlgemuht beschäftigt sich bei Greenpeace mit den Umweltauswirkungen von Shops wie Temu und den darüber günstig verkauften Kleidungsstücken. "Die Textilindustrie ist schon längst eines der größten Sorgenkinder der Klimakrise", sagt die Umweltschützerin. Die Kleidung, die auf Temu angeboten werde, bestünde zum größten Teil aus synthetischen Fasern. Die Herstellung dieser Textilien verbrauche sehr viel Energie.

"Und dann werden sie in Plastik verpackt und hergeflogen, denn sie sollen ja schnell bei uns sein", so Wohlgemuth. Der Logistik-Experte Christoph Tripp geht nach eigenen Angaben tatsächlich davon aus, dass Temu ausschließlich per Luftfracht nach Europa liefert. Anders seien die Lieferzeiten direkt aus China gar nicht einzuhalten, sagt er. Temu entgegnet, dass durch weniger Zwischenhändler auch die Transportwege eines Artikels und unnötige Transfers eingespart würden. Außerdem beteilige sich die Firma an einem Nachhaltigkeitsprojekt, das Bäume pflanzt.

Für die Umweltschützerin Wohlgemut ändert sich das Grundproblem der sogenannten Ultra-Fast-Fashion nicht: Hier angekommen, würden die Textilen oft gar nicht oder nur wenig getragen, befürchtet sie. "Es ist mittlerweile eine riesige Klimakatastrophe."

Werkzeug, aber keine elektronischen Geräte

Santino Krawczyk aus Falkensee nutzt für die Veredelung von Auto-Innenräumen immer wieder Temu-Werkzeug. Weiter würde er aber nicht gehen, sagt er. "LEDs oder elektronische Bauteile von Temu würde ich nicht verbauen. Schon gar nicht in Kundenfahrzeugen", sagt der Autoexperte aus Falkensee. Er habe die Sorge, dass die elektronischen Teile von Temu nicht den hier gängigen Sicherheitsstandards entsprächen.

Sendung: rbb24 Abendschau, 04.12.2023, 19:30 Uhr.

Beitrag von Yasser Speck

92 Kommentare

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  1. 92.

    Dieses "wir" wird immer nur dann beschworen, um seine eigenen Ziele zu erreichen.

  2. 91.

    "Aber wir haben nach bestem Wissen gehandelt, heutzutage handeln viele doch nach scheißegal, obwohl sie es besser wissen!"

    Wie bitte? Die schlichte Unmöglichkeit Atommüll sicher endzulagern waren auch schon 1950 bekannt. Es hat nur kaum einen interessiert. Im Gegenteil, AKW Gegner wurden verlacht, verprügelt und kriminalsiert wie heute die LG.

  3. 90.

    Immer noch nicht verstanden? Es geht nicht um das Ihr, Ihr, Ihr und das mit dem Finger auf jemand anderen zeigen. Es geht um das Wir. Mehr als mimimimi kann ich beim besten Willen aus deinen (ich schreib jetzt einfach mal du, denn du schreibst ja auch von euch) Worten nicht rauslesen. Zum Glück kenne ich andere Menschen aus allen Generationen, die sich anders verhalten. Ich schreibe es nochmal, mit mimimimi geht's nicht vorwärts. Aber wenn du meinst meckern hilft, bitte schön, ändern tut es überhaupt nichts. Was machst du eigentlich selber so alles für die Umwelt? Falls "du" nur provozieren möchtest, bitte schön, hier ist deine Showbühne und los......

  4. 89.

    Die letzte Generation schädigt sich leider selber und das was sich andere Aktivisten wie Fridays usw. aufgebaut haben. Mit ihrem Aktionen bekommen Sie zwar Aufmerksamkeit, schädigen mit ihren Aktionen aber die Umwelt.Erreichen damit das genaue Gegenteil von dem für was die letzte Generation kämpfen will.

  5. 88.

    Ahhhh, jetzt ist die Katze aus dem Sack, LG gibt sich zu erkennen, ist wohl zu kalt für die Straße.
    Das hat die Alten früher nicht davon abgehalten, auf die Straße zu gehen und für etwas zu kämpfen!
    Ich verzichte übrigens schon ein Leben lang auf ein Auto und hole mir nur ein neues Smartphone oder Tablet, wenn es nicht mehr mit Sicherheitsupdates versorgt werden kann, und dann auch nicht die neuesten Modelle.
    Und jetzt möchte ich mal wissen, auf was Ihre Eltern und Großeltern so verzichten …

  6. 87.

    Weiß nicht, es wird sich hier in den Kommentaren meiner Meinung nach größtenteils zu einfach gemacht mit der logischen Kette "Temu = China-Ware = böse, schrottig und trägt die alleinige Schuld am Klimawandel".

    Die Argumentation würde ja nur dann Sinn ergeben, wenn Ware, die WOANDERS gekauft wird nicht aus China käme. Das ist aber nicht der Fall. Wenn ich z.B. ein Fernsteuerauto beim symphatischen kleinen Spielzeugladen um die Ecke kaufe, kommt das natürlich genauso aus China. Die Ware vom Spielzeughändler ist dann aber irgendwie auf magische Art und Weise auf einmal ganz arg viel klimafreundlicher als derselbe Krempel bei Temu gekauft?

    Das einzige was an der Stelle potentiell anders ist, ist die Frage Luftfracht vs Frachtschiff. Wobei die Konkurrenz da erstmal überhaupt das Schiff nutzen muss, um besser zu sein, das ist auch nicht immer der Fall. Aber wieso ihr da irgendwie die Ware an sich schon als Klimakiller brandmarkt, ist für mich nicht logisch.

  7. 86.

    Die Alten könnten erstmal Einsicht zeigen. Anschließend könnten sie anfangen, Verzicht zu üben und die Notwendigkeit dieses Verzichts ihren Kindern vermitteln, anstatt die Kinder erst mit Konsum zu überhäufen und es ihnen anschließend vorzuhalten. FFF wird geduldet, weil man diskutieren kann aber nix ändern muss, die LG wird jedoch von euch kollektiv abgestraft, weil sie tatsächlich etwas bewegen will. Ihr wollt euch aber nicht bewegen, sondern einfach in Ruhe gelassen werden und euer auf Ausbeutung des Planeten basierendes Leben bis zum Schluss weiterleben. Aber nur ihr könntet etwas ändern, da nur ihr als größte Gruppe von Wählern und in der Regierung wirklichen Einfluss habt. Wollt ihr aber nicht und sucht lieber die Schuld bei denen, die ihr in euer System hineingeboren habt und die gar nicht die Möglichkeit haben, es zu ändern, solange ihr es verhindern könnt.

  8. 85.

    Unser Werkzeug kaufen wir, wenns geht Made in Germany. Den China-Krams von Aldi, Lidl etc kann man getrost liegenlassen. Dass aber Firmen wie Bosch oder MAkita in China herstellen lassen, hat mich echt fassungslos gemacht, vor allem bei den Preisen.

  9. 84.

    So wie Sie diskutieren, diskutiert nur jemand, der sich schuldig fühlt und sich verteidigen muss, sie verstehen den Klimawandel einfach nicht! Macht aber nix, kaufen Sie mal fleißig bei temu ein, dann lernen sie ihn bald kennen!

  10. 83.

    Na erklären Sie mir doch mal was die Alten denn heute nu machen sollen. Und kommen Sie nicht wieder mit den Billionen, viele müssen Flaschen sammeln, zur Tafel gehen oder im Alter noch arbeiten um über den Monat zu kommen. Nebenbei, ohne die Alten wären Sie doch gar nicht da, oder irre ich mich. Und die moderne Technik, geschaffen von den Alten, nutzen Sie hier ja auch Intensiv. Alles hat seine Zeit, wir unsere, Sie Ihre.

  11. 82.

    Nur BLA BLA BLA, hälfte stimmt überhaupt nicht, kaufe schon mehrere Monaten nur bei TEMU und werde da weiter kaufen, weil Amazon und Ebay verkauft gleiche Produkte aus China, nur 10x teurer

  12. 81.

    Das Thema Klimawandel gäbe es nicht? Wie sind die Dinosaurier ausgestorben? Es geht nur schneller.Klimawandel gab es schon immer. Es dauerte nur länger. Durch den ganzen Fortschritt, den ich aber nur begrenzt vermissen möchte, geht es schneller. Wer braucht schon Zigarretten? Eine Tafel Schokolade weniger usw würde schon helfen den Müll zu reduzieren, der eh vorhanden ist. Aber irgendwo kann man ja anfangen die Umwelt zu schützen.

  13. 80.

    Wer fliegt denn zum Party machen am
    Wochenende im Billigflieger in die Hauptstädte Europas? Sicher nicht die Alten.

  14. 79.

    Warum dürfen solche Produkte angeboten werden? Wer ist dafür verantwortlich? Wer verdient daran am meisten?

  15. 78.

    Die Nachkriegsgeneration, auf die Sie offenbar anspielen, hat in Zeiten des selbstverschuldeten Kriegs ihrer Eltern und noch ein paar Jahre danach Entbehrungen hinnehmen müssen, aber das anschließende Wirtschaftswunder hat diesen Verzicht doch sehr schnell wieder kompensiert. Stehen Sie doch einfach zu Ihrer Verantwortung für den Klimawandel.

  16. 77.

    Wenn man in der Welt der Urenkel nicht mehr leben muss, kann man natürlich drüber stehen. Nach mir die Sintflut darf aber nicht länger das Lebensmotto der Mehrheit sein, auch wenn es am bequemsten ist.

  17. 76.

    Ein Jugendlicher mit einem Anflug von Grips würde den Schiet nicht kaufen. Dann hätte sich das Gejammere nach der Regierung auch erledigt, der Markt wäre nicht da, die Produkte würden im "Rundordner" landen, später eingestellt werden. Aber, werter Enkel, wer schreit denn laufend nach dem neusten Schmartfone, übernachtet fast vor Flagship-Stores? Oma Bräsike und Opa Kasupke sind das nicht. Die kümmern sich auch eher sehr selten um den neusten Hype auf TicXgram und rennen diesem hinterher - aber man muss ja "in" sein, koste es was wolle. Nein, Opa und Oma waren bestimmt auch nicht immer Engel - aber was in dieser, oft recht jungen, Wegwerfgesellschaft abgeht sprengt jeden Rahmen.

  18. 75.

    Ich habe nach Heizungsgesetz, Reallohnverlust, Inflation, Energiepreise, Miete, Steuergeldverschwendung und fadenscheinige Öko-Steuern kein Geld zu verschenken. Ich kaufe bei TEMU einfache, identische Dinge wie von Amazon, nur drastisch preiswerter. Vergleiche lohnen, und Paypal gibt meine Bankdaten nicht weiter. Aber die Konkurrenz hat wohl Angst?

  19. 73.

    Wieso ist Ihnen denn Nachhaltigkeit egal? So'n AKW und dessen Müll strahlt ja schließlich auch sehr nachhaltig.

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