Coronavirus in Berlin - Große Kulturveranstaltungen in staatlichen Häusern abgesagt

Der Berliner Kultursenator greift durch: Um die Verbreitung des Coronavirus einzudämmen, werden alle großen Kulturveranstaltungen in den staatlichen Häusern abgesagt. Wie Klaus Lederer im rbb sagte, gilt der Beschluss bis Ende der Osterferien.
Der Berliner Kultursenator Klaus Lederer (Linke) hat angesichts der rascheren Ausbreitung des Coronavirus in Berlin beschlossen, das Kulturleben drastisch einzuschränken. "Wir haben entschieden, in den staatlichen Theater-, Opern- und Konzerthäusern die Veranstaltungen in den großen Sälen nicht mehr stattfinden zu lassen. Vorerst bis Ende der Osterferien. Das empfehlen wir auch den großen Privattheatern", sagte Lederer dem rbb.
Dies gelte ab Mittwoch, dem 11. März bis zum 19. April, also fünfeinhalb Wochen lang. Zu den landeseigenen Bühnen gehören der Friedrichstadtpalast, die Deutsche Oper Berlin, das Deutsche Theater, die Komische Oper, das Konzerthaus am Gendarmenmarkt, das Maxim-Gorki-Theater, das Staatsballet Berlin, die Staatsoper Unter den Linden, das Theater an der Parkaue und die Volksbühne.
Für Veranstaltungen in kleineren Häusern und Sälen mit bis zu 500 Teilnehmenden gelte zunächst weiterhin, dass die Risikobewertung durch die Einrichtungen gemäß den Vorgaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) vorgenommen werde. Auf dieser Basis müsse eigenverantwortlich entschieden werden, ob Veranstaltungen durchgeführt werden können.
FIND-Festival abgesagt
An der Schaubühne fällt das diesjährige Festival für Internationale Neue Dramatik (FIND) aus. Es sollte vom 11. bis 22. März gehen. Man habe sich "schweren Herzens" für die Absage entschieden, teilte das Theater am Dienstagabend mit. "Die große Zahl von Gästen aus vielen Ländern der Welt und der enge FIND-Spielplan führen regelmäßig dazu, dass sich mehr als 1.000 Personen in der Schaubühne aufhalten", hieß es in der Mitteilung. "Den Vorgaben der Kulturverwaltung zum Umgang mit dem Corona-Virus folgend, können wir es in der jetzigen Situation nicht verantworten, die Gefährdungslage zu ignorieren."
Die Premiere von "Die Affen" am 11. März im Saal C mit 270 Plätzen finde dagegen ebenso statt wie alle Repertoirevorstellungen in den kleineren Spielstätten.
Volksbühne setzt Programm bis 1. April aus
Auch die Volksbühne streicht ihr Programm, vorerst aber nur bis zum 1. April, wie das Haus auf Twitter und auf seiner Homepage bekanntgab.
Manche kleinen Bühnen werden weiter bespielt
Das Deutsche Theater teilte mit, dass die Vorstellungen im großen Haus (Deutsches Theater) wie vom Senat entschieden abgesagt würden. Die Vorstellungen in den kleineren Spielstätten Kammerspiele und Box fänden aber bis auf Weiteres wie geplant statt. Im Maxim-Gorki-Theater fallen laut Mitteilung ebenfalls die Vorstellungen auf der großen Bühne aus, im Container und im Studio dagegen werde zunächst weiter gespielt. Im Theater an der Parkaue in Berlin-Lichtenberg fallen laut Mitteilung die Vorstellungen auf der großen Bühne 1 aus, auf den kleineren Bühnen 2 und 3 wüerde weiter regulär gespielt.
Opern-Intendant Schwarz: "Versteinerte Gesichter" bei der Chroprobe
Die Deutsche Oper schrieb auf Twitter, von den Absagen seien alle Vorstellungen auf der Hauptbühne betroffen. Veranstaltungen würden aber weiterhin im Foyer und in der "Tischlerei" durchgeführt. Am Mittwoch werde man Ticketinhaber über das weitere Prozedere informieren.
Der Intendant der Deutschen Oper, Dietmar Schwarz, sprach am Dienstagabend in der rbb-Abendschau von einer "großen Enttäuschung unter den Künstlern". Bei der Chorprobe habe er in viele "versteinerte Gesichter" geschaut, aber: "Wir akzeptieren natürlich die Entscheidung, Gesundheit geht vor", so Schwarz. Von seinem Ensemble gehe niemand in Urlaub, "wir proben weiter", betonte der Intendant. Die für den 21. März angedachte Premiere des "Antichrist" verschiebe sich zwar, "aber wir proben das fertig", so der Intendant.
Die Vorführungen in der Staatsoper Unter den Linden fallen einer Mitteilung des Hauses zufolge ebenfalls aus. Eine Entscheidung "über die Möglichkeit eines digitalen Alternativprogramms, Streamings sowie Veranstaltungen in den kleineren Spielstätten" werde in den nächsten Tagen getroffen.
Von der Komischen Oper hieß es auf Twitter, von den Absagen seien sämtliche Vorstellungen in dem Haus betroffen.
Auch Friedrichstadtpalast sagt Vorstellungen ab
Nach der Entscheidung des Berliner Senats hat auch der Friedrichstadt-Palast schon ab Dienstagabend alle Veranstaltungen abgesagt. Das teilte das Revuetheater am Dienstag auf seiner Facebook-Seite mit. In dem Zeitraum bis zum Ende der Osterferien seien nun rund 40.000 Tickets zurückzugeben. Man arbeite daran, so schnell wie möglich Umbuchungen oder Rückzahlungen zu ermöglichen.
Noch am Mittag hatte sich Müller gegen generelle Absagen ausgesprochen
Wer akut erkrankt ist oder zu den besonderen Risikogruppen gehört, solle auf den Besuch von Veranstaltungen ohnehin gänzlich verzichten, so Lederer. Was die finanziellen Folgen der Absagen für die Einrichtungen betrifft, äußerte Lederer die Erwartung, dass den Kultureinrichtungen von der Bundesebene geholfen werde. "Sie mit den finanziellen Folgen der Einschränkungen allein zu lassen wäre unverantwortlich", so Lederer.
Die Entscheidung kommt überraschend, denn noch am Dienstagmittag hatte Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) sich gegen eine generelle Absage von Großveranstaltungen ausgesprochen. Müller hatte bei der Senats-Pressekonferenz gesagt, dass nur eine bundeseinheitliche Regelung sinnnvoll sei. Am Sonntag hatte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ein Verbot von Veranstaltungen mit mehr als 1.000 Personen angeregt.
Im Laufe des Tages hatten bereits sieben andere Bundesländer verkündet, dass sie Großveranstaltungen absagen wollen. Lederers Entscheidung ist, wie er dem rbb sagte, zuvor mit Müller telefonisch abgestimmt worden.