Coronavirus in Berlin - Große Kulturveranstaltungen in staatlichen Häusern abgesagt

Di 10.03.20 | 21:28 Uhr
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Archivbild: Im Haus der Berliner Festspiele erhalten die Darstellenden eines Stücks Applaus (Bild: imago images)
Video: Abendschau | 10.03.2020 | Boris Hermel | Studiogespräch mit Dietmar Schwarz | Bild: imago images

Der Berliner Kultursenator greift durch: Um die Verbreitung des Coronavirus einzudämmen, werden alle großen Kulturveranstaltungen in den staatlichen Häusern abgesagt. Wie Klaus Lederer im rbb sagte, gilt der Beschluss bis Ende der Osterferien.

Was Sie jetzt wissen müssen

Der Berliner Kultursenator Klaus Lederer (Linke) hat angesichts der rascheren Ausbreitung des Coronavirus in Berlin beschlossen, das Kulturleben drastisch einzuschränken. "Wir haben entschieden, in den staatlichen Theater-, Opern- und Konzerthäusern die Veranstaltungen in den großen Sälen nicht mehr stattfinden zu lassen. Vorerst bis Ende der Osterferien. Das empfehlen wir auch den großen Privattheatern", sagte Lederer dem rbb.

Dies gelte ab Mittwoch, dem 11. März bis zum 19. April, also fünfeinhalb Wochen lang. Zu den landeseigenen Bühnen gehören der Friedrichstadtpalast, die Deutsche Oper Berlin, das Deutsche Theater, die Komische Oper, das Konzerthaus am Gendarmenmarkt, das Maxim-Gorki-Theater, das Staatsballet Berlin, die Staatsoper Unter den Linden, das Theater an der Parkaue und die Volksbühne.

Für Veranstaltungen in kleineren Häusern und Sälen mit bis zu 500 Teilnehmenden gelte zunächst weiterhin, dass die Risikobewertung durch die Einrichtungen gemäß den Vorgaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) vorgenommen werde. Auf dieser Basis müsse eigenverantwortlich entschieden werden, ob Veranstaltungen durchgeführt werden können.

FIND-Festival abgesagt

An der Schaubühne fällt das diesjährige Festival für Internationale Neue Dramatik (FIND) aus. Es sollte vom 11. bis 22. März gehen. Man habe sich "schweren Herzens" für die Absage entschieden, teilte das Theater am Dienstagabend mit. "Die große Zahl von Gästen aus vielen Ländern der Welt und der enge FIND-Spielplan führen regelmäßig dazu, dass sich mehr als 1.000 Personen in der Schaubühne aufhalten", hieß es in der Mitteilung. "Den Vorgaben der Kulturverwaltung zum Umgang mit dem Corona-Virus folgend, können wir es in der jetzigen Situation nicht verantworten, die Gefährdungslage zu ignorieren."

Die Premiere von "Die Affen" am 11. März im Saal C mit 270 Plätzen finde dagegen ebenso statt wie alle Repertoirevorstellungen in den kleineren Spielstätten.

Volksbühne setzt Programm bis 1. April aus

Auch die Volksbühne streicht ihr Programm, vorerst aber nur bis zum 1. April, wie das Haus auf Twitter und auf seiner Homepage bekanntgab. 

Manche kleinen Bühnen werden weiter bespielt

Das Deutsche Theater teilte mit, dass die Vorstellungen im großen Haus (Deutsches Theater) wie vom Senat entschieden abgesagt würden. Die Vorstellungen in den kleineren Spielstätten Kammerspiele und Box fänden aber bis auf Weiteres wie geplant statt. Im Maxim-Gorki-Theater fallen laut Mitteilung ebenfalls die Vorstellungen auf der großen Bühne aus, im Container und im Studio dagegen werde zunächst weiter gespielt. Im Theater an der Parkaue in Berlin-Lichtenberg fallen laut Mitteilung die Vorstellungen auf der großen Bühne 1 aus, auf den kleineren Bühnen 2 und 3 wüerde weiter regulär gespielt.

Opern-Intendant Schwarz: "Versteinerte Gesichter" bei der Chroprobe

Die Deutsche Oper schrieb auf Twitter, von den Absagen seien alle Vorstellungen auf der Hauptbühne betroffen. Veranstaltungen würden aber weiterhin im Foyer und in der "Tischlerei" durchgeführt. Am Mittwoch werde man Ticketinhaber über das weitere Prozedere informieren.

Der Intendant der Deutschen Oper, Dietmar Schwarz, sprach am Dienstagabend in der rbb-Abendschau von einer "großen Enttäuschung unter den Künstlern". Bei der Chorprobe habe er in viele "versteinerte Gesichter" geschaut, aber: "Wir akzeptieren natürlich die Entscheidung, Gesundheit geht vor", so Schwarz. Von seinem Ensemble gehe niemand in Urlaub, "wir proben weiter", betonte der Intendant. Die für den 21. März angedachte Premiere des "Antichrist" verschiebe sich zwar, "aber wir proben das fertig", so der Intendant.

Die Vorführungen in der Staatsoper Unter den Linden fallen einer Mitteilung des Hauses zufolge ebenfalls aus. Eine Entscheidung "über die Möglichkeit eines digitalen Alternativprogramms, Streamings sowie Veranstaltungen in den kleineren Spielstätten" werde in den nächsten Tagen getroffen.

Von der Komischen Oper hieß es auf Twitter, von den Absagen seien sämtliche Vorstellungen in dem Haus betroffen.

Auch Friedrichstadtpalast sagt Vorstellungen ab

Nach der Entscheidung des Berliner Senats hat auch der Friedrichstadt-Palast schon ab Dienstagabend alle Veranstaltungen abgesagt. Das teilte das Revuetheater am Dienstag auf seiner Facebook-Seite mit. In dem Zeitraum bis zum Ende der Osterferien seien nun rund 40.000 Tickets zurückzugeben. Man arbeite daran, so schnell wie möglich Umbuchungen oder Rückzahlungen zu ermöglichen.

Noch am Mittag hatte sich Müller gegen generelle Absagen ausgesprochen

Wer akut erkrankt ist oder zu den besonderen Risikogruppen gehört, solle auf den Besuch von Veranstaltungen ohnehin gänzlich verzichten, so Lederer. Was die finanziellen Folgen der Absagen für die Einrichtungen betrifft, äußerte Lederer die Erwartung, dass den Kultureinrichtungen von der Bundesebene geholfen werde. "Sie mit den finanziellen Folgen der Einschränkungen allein zu lassen wäre unverantwortlich", so Lederer.

Die Entscheidung kommt überraschend, denn noch am Dienstagmittag hatte Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) sich gegen eine generelle Absage von Großveranstaltungen ausgesprochen. Müller hatte bei der Senats-Pressekonferenz gesagt, dass nur eine bundeseinheitliche Regelung sinnnvoll sei. Am Sonntag hatte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ein Verbot von Veranstaltungen mit mehr als 1.000 Personen angeregt.

Im Laufe des Tages hatten bereits sieben andere Bundesländer verkündet, dass sie Großveranstaltungen absagen wollen. Lederers Entscheidung ist, wie er dem rbb sagte, zuvor mit Müller telefonisch abgestimmt worden.

FAQ zum Umgang mit dem Coronavirus

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  • Ist das Virus meldepflichtig?

  • Was ist das Coronavirus?

  • Woher kommt das Virus?

  • Wie kann ich mich anstecken?

  • Wie ansteckend ist das Virus?

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  • Wie kann ich mich schützen?

  • Welche Behandlung gibt es für Infizierte?

  • Gibt es Immunität gegen das Virus?

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49 Kommentare

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  1. 49.

    Wer wird das bezahlen ? Wir müssen alle abgesagten Veranstaltungen kostenlos rückabwickeln ? Die bereits erhaltene Provision für den Verkauf der Tickets müssen wir den Kunden wieder zurück erstatten ? Wir finanzieren uns / unsere Miete,Mitarbeiter etc. durch diese Provision. Wird diesen finanziellen Schaden jemand übernehmen ? Gibt es dafür einen Fonds?
    Wir sind mal wieder die letzten in der Kette und uns wird es am meisten treffen.
    Schade, dann wird`s uns wohl bald nicht mehr geben und weitere Arbeitsplätze werden einfach verschwinden.
    DANKE CORONA und an alle die das so hochschaukeln :-(

  2. 48.

    Wer wird das bezahlen ? Wir müssen alle abgesagten Veranstaltungen kostenlos rückabwickeln ? Die bereits erhaltene Provision für den Verkauf der Tickets müssen wir den Kunden wieder zurück erstatten ? Wir finanzieren uns / unsere Miete,Mitarbeiter etc. durch diese Provision. Wird diesen finanziellen Schaden jemand übernehmen ? Gibt es dafür einen Fonds?
    Wir sind mal wieder die letzten in der Kette und uns wird es am meisten treffen.
    Schade, dann wird`s uns wohl bald nicht mehr geben und weitere Arbeitsplätze werden einfach verschwinden.
    DANKE CORONA und an alle die das so hochschaukeln :-(

  3. 46.

    Was für ein unendlicher Blödsinn. Als ich letzte Woche ins Konzerthaus ging, war mein Abstand zu den Nachbarn dort definitiv wesentlich grösser, als der zu meinen Nachbarn in den öffentlichen Verkehrsmitteln. Statitisch gesehen dürfte die Anzahl der Benutzer öffentlicher Verkehrsmittel pro Tag definitiv signifikant grösser sein, als die der Besucher von Konzerten oder Opern. So lange also der öffentliche Verkehr nicht eingestellt wird, erscheint die Absage von Konzerten und Opern als das, was sie ist: Sinn- und hirnloser Aktionismuss. Diese Maßnahme wird wahrscheinlich nicht einmal das Ziel erreichen, zu verschleiern, wie sehr wir unser Gesundheitssystem bereits in Grund und Boden gespart haben. Immerhin können unsere Medien jetzt stets über Corona berichten. Die Flüchtlingsprombleme an den südöstlichen Grenzen Europas (mit höherer Todesrate) verschwinden im Hintergrund.

  4. 45.

    Was ist mit Konzerten im Velodrom? Sind die damit auch abgesagt? Da passen ja mehr als 1000 Leute rein.

  5. 44.

    Ähm, ziemlich einfach.
    a: Ein paar Leute weniger (nämlich die, die im Auto kommen) können sich anstecken
    b: alle Leute, die den ÖPNV benutzen, werden sich nicht anstecken. Da sie nicht zur Arbeit können, werden sie sich da auch nicht anstecken können. b ist also viel effektiver .
    Im Übrigen dienen die gesamten Maßnahmen nur dazu, die Intensivstationen unserer "gesund" gesparten Kliniken nicht zu überlasten!

  6. 43.

    a) Was passiert ohne (kulturelle) (Groß)Veranstaltungen?
    b) Was passiert ohne den ÖPNV?

    Alle Benutzer des ÖPNV, die darauf angewiesen sind, haben sich so zu verhalten, dass sie das Risiko einer Infektion minimieren. Man könnte, wie in asiatischen Ländern durchaus üblich, mit Atemschutzmasken Bahn/Bus fahren. Da machen auch alle mit. Bringt sonst auch nichts. Hier leider nicht durchsetzbar.

  7. 42.

    Und was ist mit dem ÖPNV, wo sich täglich abertausende, dicht gedrängt in den Nacken husten und quasi alles angefasst ist. Hallo Tröpfcheninfektion.

  8. 41.

    Was meinen sie wie viele Menschen zusammengepfercht Öffentliche Verkehrsmittel benutzen müssen ?

  9. 40.

    Auf welcher Grundlage bilden Sie sich denn Ihre Meinung? Medien schließen Sie aus, die Berichte der Wissenschaftler, die in den Medien vorkommen, scheinen Sie auszuschließen, die Ansagen der Behörden, die über die Medien verbreitet werden, scheinen Sie auszuschließen. Worauf stützt sich dann Ihre Meinung zur Bewertung der Lage?

  10. 39.

    Dann lassen Sie uns an Ihren Erkenntnissen teilhaben..... Sind Sie so naiv? Soll das Gesundheitssystem zusammenbrechen, nur weil wir unnötig mehr Verdachtsfälle produzieren? Verbreitungswege, Kontaktpersonen... Sagen Ihnen diese Begriffe überhaupt etwas?

  11. 38.

    Panikmache hoch drei !
    Aber die meisten Bürger sind ja so dumm und glauben immer nur das was in den Medien verbreitet wird anstatt sich eine eigene Meinung zu bilden !!!

  12. 37.

    Ich finde die Entscheidung gut, dass grosse Veranstaltungen abgesagt werden.
    Ich denke nämlich, dass der Umgang mit dem Virus auch im Verantwortungsbewusstsein jedes Einzelnen liegt. Ich werde vielleicht infiziert und der Verlauf ist mild. Aber wenn ich keine Rücksicht auf andere Menschen nehme, stecke ich vielleicht andere an, welche bereits chronisch vorbelastet sind.
    Leider ist es vielen egal und deshalb finde ich gut, dass andere die Entscheidung getroffen haben.

  13. 36.

    Weil der mündige Bürger auch nicht selbst entscheidet, ob er bei schwerer Covid-19-Erkrankung selbstständig atmen kann oder intensivmedizinisch betreut und von einem Gerät beatmet werden muss. Wie viele mündige Opernbesucher und deren infizierte Kontakte braucht es denn, um ein Krankenhaus zu überlasten?

    In Italien sind nun 10100 Menschen infiziert. Davon sind 631 gestorben. 877 liegen auf den Intensivstationen und die arbeiten fast am Limit.
    [32% der Infizierten haben sich bei Figaros Hochzeit angesteckt, 12% bei La Traviata, 8% bei Don Giovanni und 7% bei Tosca. Die anderen haben keine Oper besucht und waren lediglich Kontaktpersonen - Ironie aus]

    Wer sich heute ansteckt, liegt möglicherweise erst in einer Woche auf der Intensivstation. Jetzt absagen, was geht, hilft!

  14. 35.

    Es gibt keine Hysterie. Wenn man hier nichts unternimmt, dann wird es ähnlich werden wie in Wuhan und dann, erst dann, entsteht Panik und Hysterie! Verstehen Sie das? Wollen Sie das?

  15. 34.

    Weil viele mündigen Bürger, vor allem wenn sie jünger sind, die Lage nur aus ihrer Sicht betrachten ("tifft doch nur die Alten, ich mach mir keine Sorgen um meine Gesundheit"), dann mit diesem "Weitblick" ins Fußballstadion und zum Konzert gehen, sich da u.U. infizieren (für sie persönlich vielleicht tatsächlich nicht so schlimm), andere (VIELLEICHT ÄLTERE ?!)anstecken und somit (anderes, VERMUTLICH NICHT IHR EIGENES)Leben gefährden. Da wünsche ich mir (als 65jährige) doch eine Instanz, die nicht nur sich selbst im Blick hat !

  16. 32.

    Wenn Veranstaltungen stattfinden, dürfen Sie dort selbstverständlich hingehen.

    a) Wenn eine Kulturveranstaltung ausfällt, was passiert?
    b) Wenn der ÖPNV ausfällt, was passiert?

    @Meyer: Ich bin normalerweise überhaupt kein Fan von Autofahren und Autos in der (Innen)stadt aber in so einer Situation muss man es den Menschen leichter machen, eine Alternative zum ÖPNV zu benutzen und dazu gehört meiner Meinung nach auch, schnell und ganz unbürokratisch die Parkplatzsituation zu verbessern. Aber unbürokratisch in Deutschland, das grenzt an Utopie.

    Wenn das Wetter mal wieder besser wird, fahren evtl. wieder mehr Menschen mit dem Rad. Das ist eh am gesündesten ^

  17. 31.

    Erst die Wirtschaft abschalten. Dann die Kultur. Was kommt als Nächstes? Das ist nicht mehr angemessen. Aber Achtung: Eisern spielt der Fußballer vor grölenden Fans. Wollen wir die nicht lieber auch ‚schützen‘? Oder nicht?

  18. 30.

    Warum können unsere Politiker nicht einfach dem mündigen Bürger selbst die Entscheidung über einen Opernbesuch überlassen?
    ... Und unsere Medien könnten sich darauf besinnen, dass es andere berichtenswert Ereignisse gibt.

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