Räumungsklage vor Gericht -

Bis zu 300 Menschen haben am Dienstag für den Erhalt eines linksradikalen Wohnprojekts in der Liebigstraße in Berlin-Friedrichshain demonstriert. Sie zogen am frühen Abend durch die Straßen um den Boxhagener Platz. Die Polizei war nach eigenen Angaben mit 350 Einsatzkräften vor Ort. Zahlreiche Mannschaftswagen standen im Kiez verteilt.
Nach bisherigem Kenntnisstand gab es 160 Festnahmen und Freiheitsbeschränkungen. Die Demonstranten setzten unter anderem Pyrotechnik und bengalische Feuer ein. Verletzt habe es keine gegeben, sagte ein Polizeisprecher am frühen Mittwochmorgen. Die Situation habe sich gegen 22.30 Uhr beruhigt.
Der Besitzer des Hauses Liebigstraße 34 hatte den Bewohnerinnen vor einiger Zeit gekündigt. Weil sie nicht ausziehen wollen, klagte er auf Räumung. Am Mittwochvormittag soll ein Gerichtsurteil dazu verkündet werden. Im Internet wurde weiterer Protest der Linksradikalen Szene parallel zu dem Urteil angekündigt.
Symbol der Hausbesetzerszene
Der Eigentümer des Hauses will erreichen, dass die Bewohnerinnen und Bewohner die Räume verlassen. 2018 endete ihr auf zehn Jahre befristeter Gewerbemietvertrag, den der Bewohner-Verein mit dem Hausbesitzer abgeschlossen hatte. "Liebig 34" gilt als eines der letzten Symbole der autonomen Szene in der Stadt.
Vor dem Verhandlungstag im Januar hatten vermutlich Linksextremisten einen Anschlag mit stinkender Buttersäure auf das Auto eines Kläger-Anwalts verübt. Auf der linksextremen Internetseite Indymedia hieß es, der Anwalt mache die "Drecksarbeit für eines der größten Immoarschlöcher der Stadt". Beim Prozessauftakt im November 2019 war es zu tumultartigen Szenen im Landgericht für Zivilsachen gekommen. Der Zivilprozess war daraufhin in das Kriminalgericht verlegt worden.
Die Klägerseite hat ein Versäumnisurteil beantragt, da der Vereins-Anwalt im Prozess auf die Zuschauerbank gewechselt war - nachdem sein Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter zurückgestellt wurde. Der Antrag wurde inzwischen abgewiesen.
Sollte der Klage auf Herausgabe der Räume stattgegeben werden, ist noch Einspruch möglich.
Sendung: Inforadio, 03.06.2020, 7:00 Uhr