Sondersitzung nach Schlesinger-Entlassung - rbb-Rundfunkrat sucht Verfahren für Interims-Intendanz

Die Sondersitzung des rbb-Rundfunkrats hat begonnen. Das Gremium spricht über neue Erkenntnisse zur Affäre um die Ex-Intendantin Schlesinger. Zudem soll ein Verfahren für die Wahl eines Interims-Intendanten gefunden werden.
Der Rundfunkrat des rbb berät seit Donnerstagnachmittag darüber, wie eine Interimsleitung für den Sender gefunden werden könnte. Zunächst müsse die rechtliche Situation geklärt werden, sagte der kommissarische Vorsitzende des Gremiums, Dieter Pienkny, dem rbb. ARD-weit sei es bislang einmalig, dass eine Intendantin entlassen worden sei. Man betrete "Neuland". Als unwahrscheinlich gilt, dass bereits ein Name für eine mögliche Interims-Intendanz genannt wird.
Deshalb hatten Pienkny und die Vorsitzende des rbb-Verwaltungsrats, Dorette König, am Dienstag mit Vertretern der Länder Berlin und Brandenburg über die rechtliche Situation und mögliche Verfahrenswege gesprochen. Das Land Brandenburg übt derzeit die Rechtsaufsicht über den rbb aus. Erwartet wird, dass sich der Rundfunkrat als eines der beiden Kontrollgremium des rbb auf einen Fahrplan für das weitere Vorgehen verständigt.
Gesucht wird ein Interims-Intendant
Torsten Reynal-Ehrke, der von den Naturschutzverbänden in den Rundfunkrat entsandt wurde, sagte vor Beginn der Sitzung, gesucht werde als Interimsleitung eine "integre Persönlichkeit", die von der Belegschaft und der Öffentlichkeit akzeptiert werde und gut kommunizieren könne.
Rundfunkratsmitglied Ingo Senftleben (CDU) sagte vor der Sitzung, es gehe nun darum, zu klären, "wie lange die jetzige Geschäftsführung noch die Aufgaben wahrnehmen kann". Zuvor hatte die ARD den Leitungsgremien des rbb ihr Vertrauen entzogen. Außerdem werde der Rundfunkrat besprechen, ob und wie man einen Interimsintendanten bestimmen kann. "Wir brauchen jemanden, der in der Übergangszeit den Rückhalt genießt", so Senftleben, "für die Aufklärungsarbeit aber auch für den weiteren Umbau." Es dürfe keinen Stillstand beim rbb geben, sagte der medienpolitische Sprecher der Brandenburger CDU-Fraktion. Die Interimslösung müsse "in Tagen, nicht Wochen" gefunden werden.
Kapek: "Zeit des freundlichen Miteinanders ist vorbei"
Nach den Enthüllungen über fragwürdige Entscheidungen der ehemaligen rbb-Intendantin Patrizia Schlesinger habe auch der Rundfunkrat über Konsequenzen nachgedacht, bestätigte die Grünen-Politikerin Antje Kapek dem rbb. "Wir haben uns der Fragen gestellt, ob wir kollektiv zurücktreten."
Dem Rundfunkrat wird vorgeworfen, bei der Kontrolle der rbb-Führung versagt zu haben. Man wolle als Gremium nun trotzdem regulär bis Ende des Jahres fortsetzen, so Kapek. Allerdings müsse der dann neu gewählte Rundfunkrat "die Lehren aus dieser Misere ziehen". Dazu zählen laut Kapek unter anderem bessere Kontrollverfahren und eine von der Intendanz unabhängige Geschäftsstelle des Rundfunkrates. "Wir haben in der Vergangenheit ein sehr freundliches Miteinander gepflegt - das ist jetzt vorbei."
Programmdirektor führt derzeit die Geschäfte
Aktuell führt eigentlich Verwaltungsdirektor Hagen Brandstäter die Geschäfte. Weil Brandstäter aber krankgeschrieben ist, nimmt Programmdirektor Jan Schulte-Kellinghaus diese Aufgabe wahr.
Berichte unter anderem über umstrittene Ausgaben hatten zum Rücktritt Schlesingers, zu ihrer Abberufung durch den Rundfunkrat und schließlich zu ihrer fristlosen Kündigung durch den Verwaltungsrat geführt.
Gegen sie, ihren Ehemann - den Journalisten Gerhard Spörl - sowie den früheren Verwaltungsratschef Wolf-Dieter Wolf ermittelt die Generalstaatsanwaltschaft Berlin wegen des Verdachts der Untreue und der Vorteilsannahme.
Sendung: Radioeins, 25.08.2022, 09:20 Uhr