Berliner Bezirk setzt Frist - Fassade des "Happy Go Lucky"-Hostels muss bis 1. Oktober übermalt werden

Fr 25.08.23 | 10:19 Uhr
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Hostel "Happy Go Lucky" am Stuttgarter Platz (Quelle: dpa/Joko)
Audio: rbb24 | 25.08.2023 | Kerstin Reinsch | Bild: dpa/Joko

Erst ging es um "unzulässige Werbung", dann um den Blick auf ein denkmalgeschütztes Haus. Fest steht, dass die bunte Fassade des "Happy Go Lucky"-Hostels in Berlin-Charlottenburg übermalt werden muss. Nun wurde "letztmalig" eine Frist gesetzt.

Das Berliner Hostel "Happy Go Lucky" am Stuttgarter Platz muss seine Fassade bis einschließlich 1. Oktober endgültig übermalen und damit die vorhandene, großflächige Street-Art des irischen Künstlers Dom Browne entfernen. Eine entsprechende Frist hat das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf dem Eigentümer gesetzt. Andernfalls will das Amt eine Zwangsvollstreckung auf Kosten des Eigentümers Alexander Skora einleiten.

Der Bezirk hat das Ultimatum am vergangenen Dienstag per E-Mail zugestellt. Das Schreiben liegt dem rbb vor.

Ultimatum per e-Mail zugeschickt

"Letztmalig" gebe man dem Hostel die "Gelegenheit zur selbsttätigen und vollständigen Umsetzung der behördlichen Entscheidungen", heißt es darin.

Sollte die Fassade nicht rechtzeitig übermalt worden sein, werde eine "Ersatzvornahme" beauftragt, heißt es in dem Schreiben weiter. Zuerst hatte der "Tagesspiegel" [Bezahlschranke] berichtet. Demnach hat Skora noch nicht entschieden, ob und wann er der Aufforderung des Amtes nachkommen wird.

Der Frist ist ein jahrelanger Rechtsstreit vorausgegangen: Zuerst war es um "unzulässige Werbung" gegangen, weil der Eigentümer den Namen seines Hostels auf die Fassade geschrieben hat.

Am Ende steht die Entscheidung des Berliner Verwaltungsgerichts, wonach das - so wörtlich - "schreiend bunte" Street-Art-Gemälde den Blick auf ein nahes denkmalgeschütztes Haus beeinträchtigt. Bei einer "Verunstaltung des Ortsbildes" sei die "Kunstfreiheit nicht schrankenlos", heißt es in dem Urteil.

Gebäude muss beige oder grau angemalt werden

Der zuständige Bezirksstadtrat Christoph Brzezinski (CDU) hatte dem rbb im Mai gesagt, der Ermessenspielraum sei sehr gering. Die Fassaden-Gestaltung verstoße gegen den Denkmalschutz und das baurechtliche Verunstaltungsverbot. Deshalb habe der Rechtsstaat keine andere Möglichkeit, als das Urteil durchzusetzen.

Die "Beseitigungsanordnung" wurde vom Bauamt Charlottenburg-Wilmersdorf bereits im August 2016 ausgestellt. Skora klagte dagegen. Im Juni gab es einen "nicht erfolgreichen Einigungsversuch".

Skora hatte die Fassade vor elf Jahren orange streichen lassen. 2016 verzierte sie der irische Künstler Brown mit Smileys, Herzen und einem stilisierten Schriftzug mit dem Namen des Hostels. Nun soll die Wand beige oder grau übermalt werden.

Sendung: rbb24 Abendschau, 25.08.2023, 19:30 Uhr

131 Kommentare

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  1. 131.

    Das Leben ist schon grau genug. Überall nur Schreckes-Nachrichten.
    Warum muss jetzt so eine schöne bunte Fassade für eine fade, unwillkommene Farbe weichen?
    Die Mehrheit der Berliner und auch Touristen erfreuen sich an diesem wunderschönen Anblick dieses liebevoll bunt gestalteten Gebäudes. Es ist traurig, daß alles immer grau in grau sein muss.
    Mir hat diese schöne Fassade immer wieder Freude bereitet und ein Lächeln ins Gesicht gezaubert.
    Bitte lasst es so wie es ist.
    Dankeschön


  2. 130.

    Das ist schlicht nicht wahr. Der Bezirk war zu Kompromissen bereit und der Immobilienspekulant war so frech eine Kostenbeteiligung des Bezirks einzufordern.

    "Das Bezirksamt bot an, diese Gestaltung zu dulden, falls sie regelmäßig gepflegt werde. Gutachter sollten alle fünf Jahre prüfen, ob etwas aufgefrischt werden müsse. Der Kompromiss scheiterte, weil Skora eine Kostenbeteiligung des Bezirks verlangte und sich auch weiteren Spielraum in der Gestaltung offen halten wollte: "Das Bezirksamt führt sich auf wie eine Zensurbehörde eines totalitären Staates und erinnert an Repressalien gegen Künstler in Staaten wie Nordkorea, China oder Russland.", so Skora damals. Auch im aktuellen Interview mit rbb|24 steht er zu diesem Zitat."

  3. 129.

    Apropos Zusammenhänge, mir erschließt sich nicht der Zusammenhang zwischen zu wenig Platz für Graffiti und einem Immobilienspekulanten, der sich nicht an Vereinbarungen und Gerichtsbeschlüsse hält und in Vergangenheit mehrmals bewiesen hat was er von Gesetzen und Rechtsprechung hält.

    Das wurde hier doch bereits verlinkt. "So ließ der Bezirk Neukölln im Oktober 2017 das Fantastic Foxhole Hostel schließen, das Skora in der Weserstraße 207 über mehrere Monate illegal betrieben hatte. Bewohner/innen des Hauses, die sich in der Nachbarschaftsinitiative Weserstraße zusammengeschlossen hatten, beklagten Lärm und die Zweckentfremdung von Wohnraum. Nach der Schließung warf Skora dem Bezirk auf Twitter Stasi- und Nazimethoden vor. [...] Auch das Haus in der Weddinger Hochstraße 13 ist im Besitz von Alexander Skora. „Er lässt das Haus einfach verfallen“, klagt ein langjähriger Mieter, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will."

  4. 128.

    Jeden Tag findet man in Berlin mindestens tausend WIRKLICH relevante Probleme, um die sich niemand schert. Aber wehe, die Verwaltung hat sich mal irgendwo verbissen. Dann gibt’s keine Gnade. Koste es, was es wolle.

  5. 127.

    Auf 25.000 KünstlerInnen kommen 3 legale Wände in Berlin. Qualität haste da nicht wenn du nur 5 min zeit hast und dich ständig umdrehen muss. Stell dir mal vor 25.000 Fußballspieler und nur 1 Fußballplatz. Menschen haben es verlernt zu denken und können keine Zusammenhänge erkennen. Oder wollen ee nicht?

  6. 126.

    Kunst entsteht im Auge des Betrachters. Sie sollte nicht verschwinden, nur weil es in meinen Augen keine ist oder sie mir nicht gefällt.

  7. 125.

    Bunt lassen wäre doch schön gewesen.

  8. 124.

    Mit gehts gerau anders herum: Aus der S-Bahn habe ich mich jedes Mal gefreut über diesen Farbtupfer mitten im Einheitsgrau. Das ist nicht nur Farbe. Das ist Kunst.

  9. 123.

    Leider, ich finde bunt schöner und mal ehrlich, der Städtebau hat wohl dringenderes zu tun.
    Kunst sollte nicht hinter dicken Türen stattfinden. Lasst es so wie es ist, es passt zu Berlin.

  10. 122.

    Der Künstler hat meines Erachtens ggfs. Schadensersatzanspruch gegen dem Eigentümer, da kommt es auf den Wortlaut des Vertrages zwischen Künstler und Eigentümer an. Das Bezirksamt hat damit nichts zu tun. Es muss Recht und Gesetz gegenüber dem Eigentümer durchsetzen. Und diesbezüglich hat es wohl schon einige Gerichtsentscheidungen gegeben.

  11. 121.

    Obs nun schön ist, liegt im Auge des Betrachters. Was mir sauer aufgestoßen ist, dass das BZA ja die jetzige Bemalung geduldet hätte und eine Einigung nur daran scheiterte, dass der Grundstückseigentümer nicht alle fünf Jahre prüfen lassen wollte, ob Renovierungsbedarf für die Fassade besteht und dann ggfs. auch renovieren hätte müssen.

  12. 120.

    Endlich greift der Staat mal durch! Natürlich bei einem wirklich wichtigen Problem. Würden die Hausbesitzer das Gebäude verkommen, womöglich jahrelang leerstehen lassen, könnte man leider, leider nichts machen. Aber eine bunte Fassade! Wo kommen wir da hin, noch dazu an so einer schmucken Ecke wie dem schnuckligen Stutti.

  13. 119.

    Also, ich freu mich, wenn das Haus übermalt wird. Aus der S Bahn sieht man es immer und schön fand ich das nie.

  14. 118.

    Der irische Künstler kann hier klagen wie er will. Er wird in jedem Fall vom Gericht behandelt werden wie ein Graffitisprüher, der eine S-Bahn besprüht hat. Der hat auch kein Anrecht das sein Kunstwerk wiederhergestellt wird. Klingt komisch, ist aber so. Wenn eine Leinwand(in diesem Fall die Hauswand ) nicht legal ist, hat man kein Anrecht diese Leinwand trotzdem zu bemalen. Das gleiche gilt für den Inhaber der Verwertungsrechte. Der kann jetzt gegen den Hoteleigentümer Klage einreichen, weil dieser mit "seinem" Kunstwerk nicht sachgemäß umgegangen ist. Grundsätzlich könnte das übrigens auch ein Fall von Betrug zulasten des Inhabers der Verwertungsrechte sein, wenn der Hoteleigentümer die Verwertungsrechte an dem Kunstwerk verkauft hat und über den Denkmalschutz und seine Regeln Bescheid wusste.

  15. 117.

    Helmut Krüger:
    "Ermessen? In Deutschland ein Fremdwort."

    Falsch! Es gibt in Deutschland im Verwaltungsrecht gebundene Entscheidungen - also ohne Ermessen - und Ermessensentscheidungen - also mit Ermessensspielraum. Das ist in den verwaltungsrechtlichen Gesetzen geregelt. Gesetzliche Normen, die einen Ermessensspielraum eröffnen, erkennt man immer daran, dass der gesetzliche Tatbestand und die Rechtsfolge durch das Wort "kann" bzw. "können" miteinander verbunden sind. Es gibt Rechtsgebiete, wo es keinen Rechtsanspruch, sondern nur Ermessensentscheidungen gibt, z.B. bei der Gewährung von Subventionen und im Arbeitslosenrecht bei der Bewilligung von Förderung von Weiterbildungsmaßnahmen.


    P.S.
    Hier finde ich es sehr schade, dass ein buntes Kunstwerk einer öden grauen Fassade weichen soll. Ich sehe auch nicht, wie diese Fassade ein denkmalgeschütztes Nachbargebäude beeinträchtigen könnte. Ich denke, hier geht der Denkmalschutz zu weit.

  16. 116.

    Wer schützt uns vor diesen Denkmalschützern und ihren grauen Fantasien?

  17. 114.

    Der Tristheit der Umgebung folgt u. a. auch die Tristheit des Nachtlebens, da reißt es ein Gebäude mit aufgepeppter Fassade auch nicht mehr raus. Das Nachtleben hat sich schlichtweg zu anderen und kreativeren Orten in der Stadt verlagert.

    (Bewusst zugespitzt: Wer stehenbleibt und sich "auf der Insel inmitten des Kommunismus" über alle Zeiten hinweg einbunkert, den überrollen die Verhältnisse; das betrifft u. a. auch den Kurfürstendamm.

  18. 113.

    GRAUsamkeit

  19. 112.

    Die ganze Stadt ist Rattenverseucht.
    Interessiert niemanden.
    Aber bei einem Haus, das nicht aschgrau ist, bekommen Schrouffeneger & Co
    Herzklabaster.
    Abartig.

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