Fassade muss übermalt werden - Malerarbeiten am "Happy Go Lucky"-Hostel sollen ab 13. November starten

Mo 06.11.23 | 16:23 Uhr
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Die Hausfassade des "Happy Go Lucky" aufgenommen am 26.04.2022 in Berlin-Charlottenburg. (Quelle: Imago Images/Sascha Steinach)
Bild: Imago Images/Sascha Steinach

Seit 2012 sorgt die Fassade des "Happy Go Lucky"-Hostels für Streit. Dem Bezirk war sie erst zu werblich, dann zu bunt. Der Betreiber sah eine "Zensur wie in Nordkorea" und ließ Fristen verstreichen - nun soll eine vom Bezirk beauftragte Firma anrücken.

  • Ab kommender Woche soll die Fassade des "Happy Go Lucky"-Hotels übermalt werden
  • Betreiber ließ Fristen verstreichen - Bezirk beauftragte daraufhin eine Fremdfirma
  • Haus wird eingerüstet, Kosten liegen bei mindestens 40.000 Euro

Die Bauarbeiten für die Übermalung der Fassade des "Happy Go Lucky"-Hostels am Stuttgarter Platz in Berlin-Wilmersdorf sollen in der kommenden Woche starten. Das geht aus einer Mail des Bezirks an den Anwalt des Betreibers des Hostels hervor, die rbb|24 vorliegt.

Die erforderlichen Arbeiten an der Fassade sollen "voraussichtlich in der 46. Kalenderwoche, etwa ab 13.11.2023 beginnen", heißt es darin. Dazu werde eine "Baustelle eingerichtet und das erforderliche Baugerüst aufgestellt". Eine entsprechende Nachricht des vom Bezirk beauftragten Unternehmens habe das Amt am Freitag erreicht.

Bezirksamt schätzt Kosten auf rund 40.000 Euro

In einer früheren Mail des Bezirks an den Anwalt werden die voraussichtlichen Kosten der Arbeiten mit 39.068,12 € angegeben. Diese Schätzung beruhe auf dem Angebot des ausführenden Unternehmens von Anfang Oktober. Zuvor hatte der Hostel-Betreiber diverse Fristen verstreichen lassen. Er wurde mehrfach aufgefordert, selbst für die Übermalung zu sorgen.

Gleichwohl wies der Bezirk darauf hin, dass diese Kosten noch steigen könnten, wenn sich zum Beispiel "bislang nicht entdeckte Defekte an der Fassade" auftun würden, die die Tragfähigkeit des Untergrunds für den Farbanstrich betreffen. Dies könne erst dann sicher beurteilt werden, wenn das Baugerüst stehe, hieß es.

Erbitterter Rechtsstreit damit auf der Zielgeraden

Um die nun geplanten Arbeiten wurde lange juristisch gestritten.

Die Auseinandersetzung reicht zurück bis ins Jahr 2012, als der Eigentümer Alexander Skora die Fassade orange streichen ließ und ein Schriftzug darauf die Internetadresse des Hostels zeigte. Dies wertete der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf als "unzulässige Werbung".

2016 beauftragte Hauseigentümer Skora den irischen Street-Art-Künstler Dom Browne damit, die Fassade zu besprühen. Seitdem ist das Haus am Stuttgarter Platz ein buntes Kunstwerk aus Smileys, Pilzen, imperialen Sturmtruppen aus den "Star Wars"-Filmen und Porträts von Jack Nicholson, Kurt Cobain und Bruce Lee. Der Schriftzug wurde in "Happy Go Lucky Hearts" ohne Internetadresse geändert. Damit könne nicht mehr von Werbung die Rede sein, hieß es damals von Skora.

Das Bezirksamt wollte dies dulden, knüpfte das aber an Bedingungen, die Skora wiederum nicht erfüllen wollte und schwere Geschütze auffuhr: Das Bezirksamt führe sich auf "wie eine Zensurbehörde eines totalitären Staates und erinnert an Repressalien gegen Künstler in Staaten wie Nordkorea, China oder Russland", so Skora damals.

Der Streit eskalierte: Am Ende stand die Entscheidung des Berliner Verwaltungsgerichts, wonach das - so wörtlich - "schreiend bunte" Streetart-Gemälde den Blick auf ein nahes denkmalgeschütztes Haus beeinträchtigt. Bei einer "Verunstaltung des Ortsbildes" sei die "Kunstfreiheit nicht schrankenlos", hieß es in dem Urteil.

Skora wurde eine Frist bis zum 1. Oktober gesetzt, danach beauftragte der Bezirk wie angekündigt einen externen Dienstleister. Dieser soll nun also ab kommende Woche mit den Arbeiten beginnen.

Sendung: rbb24 Abendschau, 06.11.23, 19:30 Uhr

76 Kommentare

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  1. 75.

    Hallo, "Namensvetter", was wollen sie uns mit diesem "Kommentar" eigentlich sagen?

  2. 74.

    Wäre das Hostel mit senkrecht angebrachten Regenbogenfarben gestrichen gewesen, hätte sich wohl keiner der Charlottenburger „Würdenträger“ daran gestört. Da hätten sie sich mit der Lobby der ABCDE….XYZ- Community angelegt.

  3. 73.

    Sie empfinden die Umsetzung von Gerichtsentscheidungen als "Rache"? Eine merkwürdige Rechtsauffassung.

  4. 72.

    grässlich was da von amtswegen jetzt vorgeht,damit ginge ein Stück echtes Berliner Leben verloren,möglicherweise besteht künstlerische Freiheit und nach Baurecht Bestandsschutz. Ich hoffe es gäbe doch noch einen Sieg über das Spießertum

  5. 71.

    Sie haben mich überzeugt, so eine turbokapitalistisch bunte Fassade ist nicht zeitgemäß. Da muss ein nachhaltig optimistisches und solidarisch gerechtes grau/beige her. : (
    Mag ja sein, dass dieser Scora ein unangenehmer Mensch ist, aber muss man sich dafür ausgerechnet an dieser bunten Fassade rächen?

  6. 70.

    Wir kommen gern vorbei und malen die Fassade orange an.

  7. 69.

    Zumindest zur Person Alexander Skora kämen wir wohl überein: Dass hier ein selbst ausgerufener self-made-man jegliche Form von Gemeinschaft - auch die staatliche - nur dann akzeptiert und duldet, wenn sie ihm zu Diensten ist. Demokratie und Rechtsstaat aber bedeuten grundsätzlich, Entscheidungen auch dann zu akzeptieren, wenn sie einem nicht gefallen oder nützen.

  8. 68.

    Ihre Überzeugung kollidiert mit der Rechtslage wie Sie zudem weiterhin verkennen, wer hier die ganze Zeit seit wann mehrere Bezirksämter beleidigt. Ist Ihnen nicht bekannt, dass hier das Bezirksamt den Fassadenanstrich hatte dulden wollen, Skora aber die Auflagen nicht akzeptieren hatte wollen, sondern lieber weiter eskaliert hatte? S. https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2023/11/berlin-wilmersdorf-stuttgarter-platz-happy-go-lucky-hostel-fassade-street-art-skora-dan-browne.html

  9. 67.

    Dem Vorgehen des Bezirks in dieser "Sache", eine angemessene Wortwahl.

  10. 66.

    Meiner Überzeugung verkenne ich da garnichts. Das Bezirksamt hat eine Auflage gemacht, die für andere und zehnfach größere Gebäude nicht gilt und schätzt Formalien höher ein als eine tatsächliche Draufsicht auf die vorfindbare ästhetische Situation. Der Hauseigentümer bolliert ob solchen Amtswaltens zurück und fühlt sich nicht in der Lage, einem eingefleischten deutschen Amtswalten auf andere Art und Weise beizukommen, obwohl dazu Dutzende von Möglichkeiten bestehen.

    Genau das meine ich mit gegenseitiger Aufschaukelung. - Wäre das Grundlage für ein Stück absurden Theaters, so wäre das schon bühnenreif. ;-

  11. 65.

    Skora wollte nicht nur hier mit dem Kopf durch de Wand, sondern hatte auch bei anderen Hostels turbokapitalistisch ohne Rücksicht auf geltendes Recht gehandelt. Beim "Fantastic Foxhole Hostel" in der Weserstraße wurde ihm vom OVG bewusster Rechtbruch bescheinigt. Skora reagierte auch darauf mit wüsten Beschimpfungen wie "Stasi- und Nazimethoden".

  12. 64.

    >"Die Welt ist doch schon grau genug. Warum gönnt man uns denn nicht die Freude an diesem einmaligen Kunstwerk?"
    Weil Verwaltungsvorschriften keine Mehrschichtigkeit können, sondern nur schwarz oder weiß.
    Aber ich erinnere doch mal an die Entstehung dieser Gestaltungssatzung in diesem Stadtbezirk. Die wurde dereinst von den gewählten Vertretern so beschlossen. Sicher ist das schon paar Jahrzehnte her, als es wahrscheinlich noch keine bunten Farben im Baumarkt gab. Verwaltungsvorschriften entstehen zum Teil auch durch Beschlüsse der gewählten Volksverteter. Theoretisch gäbe es auch die Volksmacht, diese zu ändern. ;-))

  13. 63.

    Sie verkennen, warum sich die Situation seit 2012 so zugespitzt hat. Eine ersten Eindruck können Sie hier bekommen: https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2023/11/berlin-wilmersdorf-stuttgarter-platz-happy-go-lucky-hostel-fassade-street-art-skora-dan-browne.html
    Daraus:
    "Die Auseinandersetzung reicht zurück bis ins Jahr 2012, als der Eigentümer Alexander Skora die Fassade orange streichen ließ und ein Schriftzug darauf die Internetadresse des Hostels zeigte. Dies wertete der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf als "unzulässige Werbung",
    2016 beauftragte Hauseigentümer Skora den irischen Street-Art-Künstler Dom Browne damit, die Fassade zu besprühen.
    ...
    Das Bezirksamt wollte dies dulden, knüpfte das aber an Bedingungen, die Skora wiederum nicht erfüllen wollte und schwere Geschütze auffuhr: Das Bezirksamt führe sich auf "wie eine Zensurbehörde eines totalitären Staates und erinnert an Repressalien gegen Künstler in Staaten wie Nordkorea, China oder Russland", so Skora damals."

  14. 62.

    Sorry, ein paar Smileys und Schablonen sind keine große Kunst. Und der Rest? Mir sind Jugendliche bekannt, die mehr drauf haben. Aber bitte.

  15. 61.

    x-beliebige Schmiererei? Dann sollten Sie unverzüglich einen Optiker aufsuchen...

  16. 60.

    Auf mich wirkt das wie jede x-beliebige Graffiti- Schmiererei. Aber den Leute gefällts wenn man sagt, es war ein Künstler. Bunt ist ja schön, aber mit Stil und mehr Harmonie. Das hat einfach nix. Kann also weg.

  17. 59.

    "Das Bezirksamt wollte dies dulden, knüpfte das aber an Bedingungen, die Skora wiederum nicht erfüllen wollte und schwere Geschütze auffuhr: Das Bezirksamt führe sich auf "wie eine Zensurbehörde eines totalitären Staates und erinnert an Repressalien gegen Künstler in Staaten wie Nordkorea, China oder Russland", so Skora damals."

    Mir scheint es, als ginge es dem Eigentümer vornehmlich darum, Recht zu haben.

    "Bedingungen erfüllen? Ich? Niemals!"

    Letztlich ist Fassadenkunst eh vergänglich.

  18. 58.

    Nö, finde ich nicht, dass die Umgebung trist aussieht. Eben normal, aber nicht so aggressiv grellbunt.

  19. 57.

    Das tolle ist, daß irgendwer im Senat dann wieder die Street Art für teuer Geld wird fördern wollen. Weil Berlin ja so cool ist.
    Oder doch blos Provinz, wo die Farbe vom Gartenzaun dem Gemeinderat gefallen muss? Andererseits: Wenn das Amt solche Sachen akribisch verfolgt, muss doch noch zu viel Personal vorhanden sein - evtl. umsetzen, damit manche Leute ihren Aktivismus sinnvoll ausleben dürfen?

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