Hupkonzerte in der Nacht - Sternfahrer rauben vielen Berlinern den Schlaf

Mo 15.01.24 | 18:41 Uhr | Von Yasser Speck
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Archivbild: Zahlreiche Traktoren fahren bei einer Demonstration von Landwirten durch Berlin. (Quelle: dpa/Jutrczenka)
Video: rbb|24 | 15.01.2024 | Janek Kronsteiner | Bild: dpa/Jutrczenka

In der Nacht von Sonntag auf Montag rollten Kolonnen laut hupender Traktoren und Lkw durch Berlin. Für die Menschen, die an den Zufahrtsrouten der Sternfahrer leben, war die Nacht kurz und laut. Von Yasser Speck

Für viele Berlinerinnen und Berliner endete die Nacht in den frühen Morgenstunden. Sie wurden unsanft von den Hupen der Traktoren und Lkw geweckt, die durch die Stadt fuhren. Ihr Ziel: die Straße des 17. Juni - und offensichtlich so viele Berlinerinnen und Berliner wie möglich zu wecken. Anders lässt sich das nächtliche Hupkonzert nicht erklären.

Das Signalhorn eines Traktors oder eines Lkw ist übrigens rund 110 Dezibel laut. Um es greifbarer zu machen: Damit ist es lauter als ein Presslufthammer. Und den möchte wohl kaum jemand die ganze Nacht vor dem Fenster haben. Aber genau das ist passiert. Es stellt sich die Frage: Warum schritt die Polizei nicht ein?

In Deutschland gilt Hupverbot

"Natürlich ist es verboten einfach hupend in der Weltgeschichte herumzufahren", bestätigt eine Sprecherin der Berliner Polizei. Und dennoch taten die Traktoren und Lkw genau das und raubten vielen Brandenburgern und Berlinern den Schlaf. Die fünf Zufahrtsrouten zur Demo waren vorab bekannt und das nächtliche Hupen der Demonstranten war kaum zu überhören. rbb|24 hat bei der Berliner Polizei nachgefragt, warum sie die Lärmbelästigung dennoch gewähren lies.

Die Berliner Polizei antwortet schriftlich. "Auf den regulären Zufahrtsrouten zu der angemeldeten Versammlung haben die Einsatzkräfte alle Veranstaltungsteilnehmenden, die unzulässigen Lärm verursacht haben, angesprochen und das Hupen unterbunden", heißt es aus der Pressestelle der Berliner Polizei.

Diese Aussage steht im krassen Kontrast zu dem, was Menschen berichten, die an genau diesen offiziellen Zufahrtsstraßen wohnen.

Nächtlicher Lärm an den offiziellen Zufahrtsrouten

Eine WG aus Charlottenburg, die an der offiziellen "Route 5 - West" wohnt, schreibt rbb|24 auf Instagram folgendes: "Wir wohnen direkt am Kaiserdamm und seit heute Nacht um 2 Uhr wird gehupt und geböllert. An Schlaf war spätestens seit 4 Uhr nicht mehr zu denken."

Andere wählen drastischere Worte.

So zum Beispiel ein Anwohner des Tempelhofer Damms. Dort führt die "Route 4 - Süd" entlang. Er schreibt dem rbb per Mail. "Das ist nicht Ausübung von Meinungs- oder Versammlungsfreiheit, sondern einfach nur unverhohlener, brutaler Terror!". Er sagt, es treffe die falschen. Er hätte keine Einwirkung auf die Anliegen der Demonstranten. Dennoch würden sie ihm in den vergangenen Tagen den "Schlaf und den letzten Nerv rauben".

Karte: Traktoren-Sternfahrt am 15.01.2024 in Berlin. (Quelle: rbb)

Diese und weitere Zusendungen zeichnen ein deutliches Bild: Die Polizei hat offenbar nicht überall, wie sie selbst sagt, "alle Veranstaltungsteilnehmenden, die unzulässigen Lärm verursacht haben, angesprochen und das Hupen unterbunden".

Bauernverband schweigt zum nächtlichen Hupen

Der Deutsche Bauernverband hat zu der Demonstration am Montag aufgerufen. Diesem Aufruf sind Tausende Menschen gefolgt und störten die Ruhe der Nacht. Wusste der Bauernverband von dem Hupkonzert? Das hat rbb|24 den Deutschen Bauernverband schriftlich gefragt. Leider gab der Bauernverband keine Antworten auf diese Fragen.

Die Demonstration der Bauern am Brandenburger Tor ist mittlerweile beendet. Es scheint, als könnten die Berlinerinnen und Brandenburger in der kommenden Nacht ruhiger schlafen. In der Nacht von Donnerstag auf Freitag könnten sich Ohrenstöpsen allerdings wieder lohnen. Dann rollen die Spediteure an. Sie wollen am Freitag am Brandenburger Tor demonstrieren.

Sendung: rbb|24 Abendschau, 15.01.2023, 19:30 Uhr.

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Beitrag von Yasser Speck

203 Kommentare

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  1. 203.

    Es geht nicht um diese eine Nacht, es geht um das Verhalten gegenüber anderen im Allgemeinen. Die Bauern wollen meinen Respekt? Dann sollen sie sich auch anderen gegenüber so verhalten. Mit diesem Verhalten haben sie meinen Respekt vor ihnen auf keinen Fall vergrößert.

  2. 202.

    Das Jahr hat 365 Tage, in diesem Jahr sogar 366. Mir war nicht bewusst, dass es in Berlin so viele überempfindliche Leute gibt. Dieses Gejammer über EINMAL früh Hupen ist schon ziemlich peinlich. Die meisten werden wohl eine Arbeitswoche haben, die aus fünf Tagen besteht. Landwirte sieben. Denkt nochmal kurz nach, und überlegt, warum ihr wegen ein paar Stunden so ein Fass aufmacht.

  3. 201.

    Ich konnte in der Silvesternacht auch nicht Schlafen, weil vermutlich auch viele euch hier sich die Feuerwerkskörper nicht verkneifen konnten.
    Da darf doch wohl mal ein wenig gehupt werden.

  4. 200.

    Vielleicht sollten die ganzen ahnungslosen Städter regelmäßig nächtliche Ausflüge aufs Land zu Agrarbetrieben machen. Dann lernen sie mal, wie das wahre Leben so läuft. Aber bitte die ganze Nacht im Kreis fahren, damit man ja nichts verpasst. Und Dauerhupen nicht vergessen! (Das gehört sich anscheinend so)

  5. 199.

    Wer sein Unternehmen, und Landwirte sind nun mal Unternehmer, auf Subventionen aufbaut, hat wohl das unternehmerische nicht verstanden.

  6. 198.

    Da ziehen Landmänner mit ihren Landmaschinen und Trecker aus Protest durch die Stadt, um auf sich und ihr Problem aufmerksam zu machen, und die von Woknees getriebenen Bessermenschen raubt das eine Nacht den Schlaf.
    Soviel Selbstzufriedenheit lässt mich kotzen.
    Solange es nicht um Eure Pfründe geht, ist das Gejammer groß, statt Euch mit einzureihen, denn morgen kann es auch Euch in Eurer Blase treffen.

  7. 197.

    Kein Verständnis !

  8. 196.

    Sind das nicht die gleichen Hörner, die bei Hertha und Union benutzt werden? DAS nenne ich sinnloses Rumtröten! Und wenn man bitte mal Fanmeile und Suff und Lärm wegen Fußball unterbinden könnte?!?

    Ich war erst vor Ort und habe dann ab 3 Uhr aus dem Bett den Fanfaren gelauscht. Eine ganz spezielle Atmosphäre. Bauern müssen laut sein, sonst werden sie, wie wir alle, überhört!

    Die nächsten Gängeleien haben Olaf, Robert und vor allem Christian schon im Schubfach. Es reicht langsam. Erst Corona, dann Ukraine, was kommt als nächste Ausrede? Pendel schlagen zurück, Achtung...

  9. 194.

    Bravo! Hätte ich auch gemacht. Würde gerne was für Ihre Kaffeekasse spenden :-)

  10. 193.

    "Wie egoistisch viele Berliner geworden sind!"

    In diesem Artikel geht es um das Hupen in der Nacht von Bauern, deswegen gebe ich Ihnen jetzt Ihren Satz leicht verändert zurück:

    Wie egoistisch viele Bauern geworden sind.

    Und schon klingt er ganz anders oder? Man kann die Dinge immer von verschiedenen Seiten aus betrachten. So ist das eben.

  11. 191.

    Nicht schweigend zuschauen, sondern kritisch Fehler der Regierung benennen. Das gehört zur Ddmokratie.

  12. 190.

    Wissen Sie, was stiller Protest in unserem Land bringt? NICHTS! Sorry Leuts, ist nun mal so: Ohne viel Lärm gibts kein Medieninteresse und nur hämische Blicke von Politikern.
    Zur aller höchsten Not für Tagschläfer an Demostrecken empfehle ich zeitweise Ohrstöpsel aus der Drogerie. Ihr wisst ja... die Dinger aus Viscoschaum, die man in den Fingern dünn rollt, in die Ohren und da dehnen die sich aus und alles ist seeeeehr gedämpft wie gaaaaanz weit weg.

  13. 189.

    Wegen einer Nacht so eine Aufregung? Klar weiß fast jeder, dass das Gemüse nicht im Supermarkt wächst usw.. Trotzdem wird keiner mit den Landwirten tauschen wollen.
    Sie sind für Haus, Hof, Familie, Angestellte, Zeitarbeitskräfte usw. zuständig. Dass ist viel mehr, als ein normaler Angestellter Städter jemals in seinem Leben als Verpflichtung und Verantwortung fühlt.
    Warum nicht einfach mal 12 Monate tauschen ehe man sich da beklagt?

  14. 188.

    Stimmt, der gemeine Berliner wartet vor dem Supermarktregal, bis das Mehl darin wächst.
    Jede Gruppe möchte gern Opfer sein und eine Riesenportion Mitleid in Form von Geld.
    Ich fürchte, wir alle müssen verstehen, dass die goldenen Zeiten erstmal vorbei sind und entsprechend der Gürtel etwas enger wird. Jahrzehntelang hat Dt. auf Kosten des Klimas Gewinne gemacht und seine Produkte in die ganze Welt verkauft. Viele Länder haben aufgeholt, Klimaschutz kostet. Da ändert auch Protest nichts.

  15. 187.

    Komisch - nach meinem Gefühl regen sich viel weniger über die Böllerei außerhalb der Feuerwerkszeiten auf als jetzt. Wie egoistisch viele Berliner geworden sind! Keiner wird so viel Papierkram erledigen müssen wie diese Landwirte. Kaum einer wird solche Arbeitszeiten haben. Ich bin kein Landwirt, doch ich habe Verständnis dafür, dass bei ihnen als erstes der Rotstift angesetzt wird, während beliebige Großunternehmen globale Steuervermeidung betreiben.

  16. 186.

    Solange Getreide an der Börse gehandelt wird, da stimmt doch der reelle Preis eh nicht, d.h. weit weg von den Bauern werden die Preise vorgegeben, auf die der Bauer keinen Einfluss hat. Krank! Und dass betrifft ja wohl die industrielle große Landwirtschaft, und mit Sicherheit nicht den Biobauern, der regional anbaut und verkauft.

  17. 185.

    Ich muss den Artikel zustimmen, die Woche war schlimm an An Durchschlafen war überhaupt nicht zu denken. Es war egal auf welcher Seite (zur Straße oder nicht) man geschlafen hat, das Hupen war störend.
    Was am schlimmsten war war das Abspielen von Raketenalarm von Sa zu So. Wir standen im Bett. Wie müssen sich dann die Flüchtlinge und die älteren Menschen gefühlt haben?
    Wut hin oder her. Die Demo ist am Brandenburger Tor etc. nicht ab der Stadtgrenze.

  18. 184.

    Ich wurde um 6 Uhr geweckt. Mein Beileid für alle im Schichtdienst. Ihr habt der Sympathie für euer Anliegen einen Bärendienst erwiesen.

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