Anschlag vom Breitscheidplatz - Ermittler durchsuchen Unterkunft von 26-jährigem Tunesier
Nach dem Terroranschlag in Berlin hat die Bundesanwaltschaft einen neuen Verdächtigen im Visier. In einem Berliner Flüchtlingsheim wurde am Dienstag die Unterkunft eines Tunesiers durchsucht, der angeblich mit dem Attentäter Anis Amri in Kontakt stand.
Die Bundesanwaltschaft hat am Dienstag einen möglichen Helfer des mutmaßlichen Berlin-Attentäters Anis Amri ins Visier genommen. Beamte der Bundespolizei und des Bundeskriminalamtes hätten die Unterkunft eines 26-jährigen Tunesiers in einem Berliner Flüchtlingsheim durchsucht, teilte die Bundesanwaltschaft am Abend in Karlsruhe mit.
Kontakt "in zeitlicher Nähe zum Anschlag"
Der Tunesier stehe im Verdacht, von Amris Anschlagsplänen gewusst und ihm dabei möglicherweise geholfen zu haben. Bei dem Anschlag mit einem Lastwagen auf einem Berliner Weihnachtsmarkt waren am 19. Dezember zwölf Menschen ums Leben gekommen und mehr als 50 verletzt worden. Der Täter war nach den bisherigen Erkenntnissen der 24-jährige Tunesier Anis Amri. Nach Erkenntnissen der Bundesanwaltschaft floh er über die Niederlande und Frankreich bis nach Mailand, wo er am 23. Dezember von der Polizei erschossen wurde.
Der 26-Jährige, dessen Unterkunft am Dienstag durchsucht wurde, soll Amri spätestens seit Ende 2015 gekannt haben und "in zeitlicher Nähe zum Anschlag mit ihm in Kontakt" gestanden haben, erklärte die Bundesanwaltschaft. Nach Informationen des SWR wurde die Durchsuchung von der Spezialeinheit GSG9 der Bundespolizei durchgeführt. Dabei gilt der betroffene Tunesier als "Beschuldigter". Der Generalbundesanwalt sieht also genügend Anhaltspunkte, dass der Mann am Anschlag auf den Breitscheidplatz beteiligt gewesen sein könnte. Einen Haftbefehl beantragten die Ermittler in Karlsruhe allerdings nicht. Trotzdem wurde der 26-Jährige vorläufig festgenommen, die Staatsanwaltschaft Berlin ermittelt in einem anderen Verfahren gegen ihn.
Anderer Verdächtiger am Donnerstag wieder freigelassen
Darüber hinaus wurde auch eine Wohnung in Berlin durchsucht. Dort soll sich ein früherer Mitbewohner Amris aufgehalten haben, wie die Bundesanwaltschaft mitteilte. "Nach den bisherigen Erkenntnissen hatte der Zeuge möglicherweise ebenfalls in zeitlicher Nähe zum Anschlag Kontakt zu Anis Amri", hieß es. Die Durchsuchung diene dazu, weitere Erkenntnisse über das Verhalten Amris vor und nach der Tat zu gewinnen. Zu Festnahmen oder Befragungen wurde nichts mitgeteilt.
Die Bundesanwaltschaft will am Mittwochnachmittag weiter über den Stand der Ermittlungen informieren.
Erst am vergangenen Donnerstag war ein Tunesier, der ebenfalls als Kontaktmann Amris galt, wieder auf freien Fuß gekommen. Die Bundesanwaltschaft hatte gegen den 40-Jährigen keinen Haftbefehl erwirkt. Ermittler hatten den Mann am Mittwoch in Berlin vorläufig festgenommen. Seine Nummer war in dem Telefon Amris gefunden worden.
Debatte um Reform des Verfassungsschutzes
Zum Anschlag in Berlin hatte sich die Terror-Organisation "Islamischer Staat" bekannt. Die Bundesanwaltschaft hatte ein entsprechendes Bekennervideo als echt eingestuft. Amri war den Sicherheitsbehörden als Gefährder bekannt und wurde auch überwacht, allerdings nicht mehr zum Tatzeitpunkt. Er hatte im Frühjahr 2016 einen Asylantrag gestellt, der bereits kurze Zeit später abgelehnt wurde.
Der Berliner Anschlag hatte eine Debatte über die Sicherheitsbehörden in Deutschland ausgelöst. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) stellte in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" am Dienstag Vorschläge zu einer grundlegenden Reform der Sicherheitsbehörden vor, die allerdings beim Koalitionspartner SPD sowie bei der Opposition und auch in den Bundesländern scharfe Kritik hervorrief.