Neubau und Klimaschutz - Geisel will auf der Berliner Elisabeth-Aue höher hinaus

Sa 30.07.22 | 08:59 Uhr | Von Jan Menzel
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Archivbild: Blick auf die Elisabeth-Aue mit dem in der Entfernung liegendem Fernsehturm am 02.06.2015 in Berlin-Pankow. (Quelle: dpa/Jörg Carstensen)
Bild: dpa/Jörg Carstensen

Berlin könnte seinen Charakter als grüne Metropole verlieren, wenn nicht anders gebaut wird, befürchtet Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel. Er will deshalb höhere Wohnhäuser - gerade dort, wo es grün ist. Von Jan Menzel

Mit den Zielen ist es so eine Sache, vor allem wenn sie sich widersprechen. Auf der einen Seite hat der Senat die Klimanotlage erklärt und dem "Flächenfraß" den Kampf angesagt. Auf der anderen Seite sollen zehntausende neue Wohnungen her, die fast zwangsläufig zu einer Versiegelung des Bodens führen. Wie schlecht sich beide Ziele vereinbaren lassen, kann man seit Jahren in der Elisabeth-Aue im Norden Pankows besichtigen.

Das rund 70 Hektar große Areal ist eine grüne Oase. Das Gebiet wird landwirtschaftlich und von Spaziergängern genutzt und wenn es nach der örtlichen Bürgerinitiative geht, würde das auch so bleiben. Stadtplaner werfen dagegen seit Jahren begehrliche Blicke auf die Fläche. Zuletzt hatte der Bezirk durchblicken lassen, dass er sich dort um die 1.000 Wohnungen vorstellen könnte. Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) will aber fünf Mal so viel Wohnraum schaffen.

Weniger versiegelte Fläche durch höheres Bauen

Geisel macht nun deutlich, wie er sich eine Lösung dieses Konflikts um die Elisabeth-Aue vorstellt: "Wir können nicht nur dreigeschossig bauen sondern müssen mit bis zu sieben Geschossen planen, wo das möglich ist", so der SPD-Politiker gegenüber dem rbb. Kritisch hinterfragen will der Senator auch die Abstände der Wohngebäude zueinander.

Wenn dichter und höher gebaut werde, bedeute das weniger Bodenversiegelung, was gut fürs Klima sei, argumentiert der Senator. Statt die gesamte Fläche zu nutzen, könnte womöglich die Hälfte reichen. Der Rest bliebe unangetastet und grün. Aber es ist nicht nur die Ökologie, sondern auch das Geld, das der Stadtentwicklungssenator ins Feld führt.

"Höher und dichter" für alle großen Stadtquartiere

Neben einer Schule, die in der Elisabeth-Aue gebaut werden soll, geht es um einen Anschluss an das Straßenbahnnetz. Sowohl die Tramlinie 50 als auch die Tramlinie 1 bieten sich für eine Verlängerung an. Nach älteren Schätzungen dürften sich die Kosten für diese zeitgemäße Verkehrsanbindung auf mindestens 30 Millionen Euro belaufen. Solche Investitionen rechnen sich nur für größere Quartiere "mit ein paar tausend und nicht ein paar hundert Menschen", gibt Geisel zu bedenken.

Bei seinem "höher und dichter" hat der Stadtentwicklungssenator nicht nur die Elisabeth-Aue, sondern alle 17 großen Stadtquartiere im Blick, die der Senat erschließen will. Auch in den geplanten Neubaugebieten in Karow könne es nicht bei dreigeschossigen Wohnhäusern bleiben, betont er. In allen neuen Stadtquartieren müsse versucht werden, Grünflächen zu erhalten und wo dies möglich sei, die Bebauung auf bereits versiegelte Areale zu konzentrieren.

Geisel: Neuer Stadtentwicklungsplan nach der Sommerpause

Geisel kündigte gegenüber dem rbb zudem an, dass der neue Stadtentwicklungsplan Klima (StEP Klima) nach der Sommerpause vom Senat behandelt und beschlossen werden soll. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung sei mit der Fortschreibung des StEP Klima fertig. Jetzt werde das Planwerk mit den anderen Ressorts insbesondere der Umweltverwaltung abgestimmt.

Im Vergleich zum bisherigen StEP Klima werde es deutliche Veränderungen geben, sagte Geisel. So sei die Ausweisung weiterer ökologischer Ausgleichsflächen vorgesehen. Bei Neubauvorhaben würden Schneisen für Kaltluft freigehalten. Die Planungen würden den Anstieg der Temperaturen stärker einbeziehen und Ansätze berücksichtigen, um Quartiere besser zu kühlen.

Sendung: rbb24 Abendschau, 29.07.2022, 19:30 Uhr

Beitrag von Jan Menzel

70 Kommentare

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  1. 70.

    Herr Geisel, bevor neu entwickelt und noch mehr gebaut wird, wäre der Plan vielleicht, die Verwahrlosung vieler Berliner Grünflächen zu bearbeiten, die zugewachsenen und kaputten Fußwege wieder begehbar zu machen .. oder den vorhandenen Dreck und Müll zu beseitigen ..
    hier wird gebaut, Grün angelegt und dann setzt die Verwahrlosung ein .. das soll hauptstadtwürdig sein ?

  2. 69.

    "Auch ich stelle für mich ganz nüchtern fest, dass Regierungen mit grüner Beteiligung die Gentrifizierung vorantreiben "

    Dann nennen sie doch mal ein Beispiel statt ihrer subjektiven Empfindung. Viel mehr scheint das ja nicht zu sein wenn ich diesen Blödsinn lese:

    "Insbesondere die finanziellen Aufwendungen (Gebäude) und die mobilität-und transport-technischen Einschränkungen (nicht wetterfest und möglichst nur Muskelkraft), die „grüne Politik“ von alteingesessenen bzw. alten Bürgern verlangt, führt in der Konsequenz fast immer zur Gentrifizierung".

    Gentrifizierung hat völlig andere Gründe, Profitgier und weil man den Markt der "freien" Wirtschaft zum Fraß vorgeworfen hat. Bedanken sie sich bei der FDP und cDU. da bekommt der Begriff Vetternwirtschaft eine ganz neue Bedeutung.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Horst_Vetter#Politik

  3. 68.

    Auch ich stelle für mich ganz nüchtern fest, dass Regierungen mit grüner Beteiligung die Gentrifizierung vorantreiben … Ja, vielleicht nicht vorsätzlich … Aber alles planen und handeln berücksichtigt kaum oder nicht die Belange der älteren und/oder „finanziell-nicht-so-leistungsstarken“ Bürger … Insbesondere die finanziellen Aufwendungen (Gebäude) und die mobilität-und transport-technischen Einschränkungen (nicht wetterfest und möglichst nur Muskelkraft), die „grüne Politik“ von alteingesessenen bzw. alten Bürgern verlangt, führt in der Konsequenz fast immer zur Gentrifizierung … Jung gegen Alt … Reicher gegen Ärmer … "Neu-und-ungebunden-Berliner" gegen "Alt-und-arbeit-und-familiengebundener-Berliner" … Im Berliner-Ring-Bahn-Blase-Bereich, mindestens.

  4. 67.

    "Stimmt, Gentrifizierung unter R2G/RRG bedeutet: Turbo ist eingeschaltet." Ihre Lügen sind so durchschaubar wie sie schnell wiederlegt sind.

    "Daher bitte R2G/RRG nur weiter wählen, denn dann geht es schneller mit der Verdrängung, kaum einer einer will es aber wahrhaben."

    Interessante Taktik, nur nicht neu. Ihr plumper Versuch geht nicht auf.

  5. 66.

    "Warum zählen Sie Genossenschaften und städtische Gesellschaften bloß zur Immobilienmafia?" Lesen sie nochmal nach wen ich zur Immobilienmafia zähle und wen nicht. https://de.wikipedia.org/wiki/Andreas_Geisel#Mauerpark

    "Ideologie ist oftmals peinlich." Nein, IHRE Ideologie und Kommentare sind IMMER peinlich. Das kommt von ihrer selektiven Lesart und Weltanschauung.

  6. 65.

    Ja, Jeder möchte eine Wohnung in Berlin und am Besten nur 3 stöckiges alleinstehendes Wohngebäude, Bäume vor dem Fenster, Park in Sichtweite, aber mit U- und S-Bahn Anschluss. Dazu noch mindestens 1 Haustier und mindestens 1 Anwohnerparkplatz.

  7. 64.

    Wir haben aus unserem Reihenhaus in Oberhavel, auch keinen freien Blick auf Felder oder Wiesen. Der freie Blick ohne Nachbarn, soll aber in einer 3,7 Millionen Einwohner Stadt, ein Grundrecht sein ???

  8. 63.

    Tja, man muss sich halt manchmal entscheiden.

    In Berlin wäre das auf der einen Seite das in der Verfassung von links immer als Argument genannte Grundrecht auf Wohnen und nun - so z. B. von Ihnen - das „Recht auf Erholung“ in Berlin.

    Wenn es zu 2. kein Grundrecht ist (ich habe die Verfassung nicht gelesen, habe daher k. A.), hat sich die Frage aber doch zumindest in der Theorie abstrakt von alleine beantwortet.

  9. 62.

    So hat die GESOBAU in Heiligensee verdichtet…vom Schlafzimmer sehen wir in die Küche vom neben Haus…..das nennt sich
    Wohnhaus Verdichtung.

  10. 61.

    Wenn man höher baut und dichter baut, bleiben unten (theoretisch) mehr grün und mehr Freiflächen übrig. Dann müsste man aber auch in unterirdische Tiefgaragen und Stellplätze investieren, das wollen aber viele Investoren nicht bezahlen.

  11. 60.

    Ja, wenn man nur Parks und Ähnliches erfasst, dann mag es stimmen.
    Letztendlich hat München die höchste Bevölkerungsdichte pro 1km2, dort sind es 4 789, und in Belin "nur" 4 111.
    Berlin hat viel Wasserflächen und anderses grün, was wohl nicht erfasst wurde, außerdem sind in Berlin die meisten Straßen von Bäumen etc.gesäumt.

  12. 59.

    Lesen Sie doch bitte meinen Text noch einmal, darin steht ganz klar beide Anliegen miteinander verbinden., nicht nur an das Grün denken.

  13. 58.

    Vollkommen richtig: 5000 Wohnungen auf 70 Hektar Fläche, ist auf jeden Fall effektiver, als nur 1000 Wohnungen auf der selben Fläche. Ja Herr Geisel, wann beginnt hier endlich der erste Spatenstich ?

  14. 57.

    5 000 Wohnungen auf der Fläche wäre natürlich noch besser und vor allem sozialer, weil das Angebot spürbar ausgeweitet würde. Wann beginnt denn hier endlich der erste Spatenstich, Herr Geisel?

  15. 56.

    Höher bauen, um weniger Fläche zu versiegeln ist eine gute Idee. Und 1000 Wohnungen auf der Fläche sind absolut Pflicht, damit der Wohnungsmarkt von der Angebotsseite entlastet wird.

  16. 55.

    Das hört sich für mich logisch und vernünftig an aber wenn hoch dann aber bitte nicht so dicht, dass man in die Räume schauen kann und sieht was der Nachbar im Nebenhaus zu Mittag ißt.

  17. 54.

    Berlin ist voll.. wie beim Regionalzug mit 9 Euro Ticket müssen einige wieder aussteigen, damit der Zug weiter fahren kann. Das ist die Realität. Und wenn hier manche von Gentrifizierung reden, dann muss man denen deutlich sagen, wer hier die Gentrifizierer sind, kann man an den Wahlergebnissen ablesen, denn das sind die, die hier wohnen und wählen. Wie man auch in München nicht die CSU sondern die SPD vorne sieht und das ist in quasi allen Großstädten so. Denn das sind die Leute, die in die Städte ziehen.

  18. 53.

    Die Stadt fault von innen heraus. Wenn ich sehe, wie in bester zentraler Lage vom Spekulantius befallene Immobilien vor sich hingammeln, Baulöcher wie Karies jährlich größer werden und größenwahnsinnige Projekte wie Steglitzer Kreisel auf halber Sanierungsstrecke einfach liegengelassen werden... Und was war noch mal mit dem SEZ? Aber immer schön weit draußen noch ein bisschen Grün verschandeln. Welcher Baulöwe hat denn da den Geisel auf n Drink eingeladen?

  19. 52.

    „Anders geht's wahrscheinlich nicht als in die Höhe zu bauen angesichts der vielen Wohnungssuchenden wenn Berlin seine Grünflächen erhalten will.“

    Das ist wohl richtig. Die Höhe eines siebengeschossigen Neubaus dürfte übrigens in etwa der Gesamthöhe eines Altbaus mit vier Obergeschossen (bzw. fünf bei ausgebautem Dach) entsprechen; also absolut nix neues für Berlin. Unter dieser Höhe sollte überhaupt nicht mehr gebaut werden.

    Umso mehr wundert es mich, dass am Markgrafendamm in Friedrichshain gerade erst ein Discounter in einem lediglich eingeschossigen Neubau neu- bzw. wiedereröffnet hat. Wie es passieren konnte, dass oben drüber nicht auch nur eine einzige Wohnung gebaut wurde, ist mir wirklich unbegreiflich.

  20. 51.

    Andreas Geisel kennt und schätzt den Plattenbau als Mittel zur Lösung der Wohnungsfrage als soziales Problem bis zum Jahr 1990^W 2030.

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