Regierungskoalition verweist auf den Bund - Keine Unterstützung aus Brandenburg für Berlins Neun-Euro-Ticket-Pläne

Mi 31.08.22 | 16:22 Uhr
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Deutsche Bahn DB, mit der Regio RE3 durch die Uckermark in Brandenburg (Quelle: imago images/Jürgen Ritter)
Audio: Antenne Brandenburg | 31.08.2022 | Jim-Bob Nickschas | Bild: imago images/Jürgen Ritter

Der Vorstoß der Berlin SPD für ein Neun-Euro-Ticket nur in der Hauptstadt stößt im Brandenburger Landtag auf teils schroffe Ablehnung. Zu einem möglichen Nachfolgeticket gibt es in den Fraktionen ganz unterschiedliche Ideen.

Der gemeinsame Wille von Berlins Landesregierungsfraktionen SPD, Grüne und Linke, das 9-Euro-Ticket für die Region anzubieten, wird von ihren drei Landesparteien in Brandenburg nur teilweise geteilt.

Lediglich die in Brandenburgs Landtag oppositionelle Linke macht sich wie auch die Berliner Linke für eine regionale Nachfolgelösung stark, fordert aber hier statt eines Tickets für den ABC-Bereich, ein Ticket für den gesamten Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB). Brandenburgs Regierungsfraktionen von SPD und Grünen dagegen lehnen die vom Senat nun geplante regionale 9-Euro-Lösung ab und verweisen darauf, dass hier der Bund in der Pflicht sei.

49-Euro-, 29-Euro- oder Brücken-Lösung - jede Fraktion hat ganz eigene Ideen

Brandenburgs SPD-Fraktionschef Daniel Keller sagte, man wolle zunächst eine Nachfolgevereinbarung im Bund abwarten. Aus seiner Sicht wäre ein bundesweit gültiges Ticket für den Nahverkehr für 49 Euro im Monat denkbar. "Wir brauchen eine bundeseinheitliche Lösung, keine Sonderwege einzelner Länder", betonte Keller.

Der verkehrspolitische Sprecher der Grünen, Clemens Rostock, warb für ein regionales 29-Euro-Ticket und ein bundesweit gültiges Nahverkehrsticket für 49 Euro. Da eine bundesweite Lösung erst im Januar zu erwarten sei, könne man aber über eine Brückenlösung für die Region sprechen, meinte er.

Linke dringt auf einen Übergang

Der verkehrspolitische Sprecher der Linke-Fraktion, Andreas Büttner, forderte die Brandenburger Landesregierung auf, entsprechende Verhandlungen mit Berlin aufzunehmen. Grundsätzlich setze sich die Linke für eine bundesweites 365-Euro-Ticket im öffentlichen Nahverkehr ein, sagte er. Da sich der Bund aber nicht bewege, müsse es wenigstens für den VBB eine schnelle Anschlusslösung geben, begründete er die Forderungen seiner Partei. Das bundesweite 9-Euro-Ticket läuft nach drei Monaten am Mittwoch aus.

Brandenburgs Union sieht ausschließlich den Bund in der Finanzpflicht

Auch die in Brandenburg mitregierende CDU hatte in der Debatte um eine Verlängerung des Neun-Euro-Tickets immer ausschließlich den Bund in der Pflicht gesehen. So hatte Verkehrsstaatssekretär Rainer Genilke (CDU) bereits im Juli erklärt: "Wer bestellt, bezahlt. Der Bund muss sich dazu bekennen, auch ein Nachfolgeangebot zu finanzieren."

Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hatte in Sachen Folgeangebot für die Neun-Euro-Tickets umgekehrt immer auf die Länder verwiesen. Am Mittwoch allerdings reagierte die Bundesregierung auf die Forderungen nach einer Anschlusslösung. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) erklärte, er sei nun offen für eine Unterstützung des Bundes bei einer Nachfolgeregelung. In Absprache mit Wissing plädiere er dafür, dass mit einem Bruchteil der Finanzmittel des Neun-Euro-Tickets ein bundesweit nutzbares, digital buchbares Ticket realisiert werden könne. Die Länder müssten sich nun auf eine Finanzierung einigen und wenn das klar sei, könne der Preis festgelegt werden.

In der vergangenen Woche begründete der Brandenburger CDU-Fraktionschef Jan Redmann die Ablehnung einer eigenen Landeslösung oder eine Zusammenarbeit mit Berlin mit den stark gestiegenen Energiekosten als "Herausforderung für die Finanzierung des Nahverkehrs": "Unsere Priorität ist, das aktuelle Angebot ohne einen massiven Anstieg der Ticketpreise zu erhalten. Schon diese Aufgabe werden die Länder nicht ohne den Bund stemmen können." Für eine Fortführung des Neun-Euro-Tickets sieht Brandenburgs Union den Bund "in der Finanzierungsverantwortung".

Sendung: Antenne Brandenburg, 31.8.2022, 6:00 Uhr

68 Kommentare

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  1. 68.

    "Ihr unqualifizierter Kommentar lässt tief blicken!!!" Ach ja? In welche Abgründe meiner tiefschwarzen Seele hat sie denn die eine Frage geführt? Wenn sich die "sozial schwachen Menschen" nicht mehr als ein 9-€-Ticket leisten können, wie sind sie denn davor zur Arbeit gekommen? Wer berufstätig ist, kann seine Fahrtkosten von der Steuer absetzen oder sich einen Freibetrag eintragen lassen. Also wer sind bitte die "sozial schwachen Menschen"??
    Andere als unqualifiziert abstempeln, weil sie ein Thema verstehen wollen ist schön einfach.

  2. 67.

    Wenn Sie da Anhaltspunkte für unlauteres oder unrechtmäßiges Verhalten sehen, steht Ihnen der Rechtsweg offen. Ich kann Ihnen da nicht helfen.
    Bei der Gelegenheit aber Berlin gleich mit rannehmen, die nun außerordentliche Mehreinnahmen zur Subventionierung des ÖPNV nutzen wollen. Verzichtet Berlin deshalb auf Geld aus dem Finanzausgleich? Nein? Dann bezahlen wir alle das in gewisser Weise indirekt mit. Bitteschön.

  3. 66.

    Das bestätigt doch die Sinnfrage.
    Warum sollten ländliche Gemeinden P+R Plätzen bauen?
    Gewerbe angesiedelt ist doch viel lukrativer und wertschöpfender als ein Parkplatz und vermeidet vielleicht sogar pendeln.
    Und was interessiert es eine Gemeinde in BRB wenn irgendwelche Parkplätze in Berlin überlastet sind?
    Bilanz der SVG FF zum 9 EUR Ticket."ernüchternd" Heute in der MOZ
    50% weniger Einnahmen die sie nun vom Land/Bund zurückbekommen bei nur wenig mehr verkauften Tickets.
    Das für FF mit lokal guten bis ausreichendem Angebot in alle Himmelsrichtungen was Regioverkehr angeht.
    Nun extrapolieren Sie das mal auf Kreisbetriebe die eben nur über die Dörfer tingeln.
    Erfolgsgeschichten hört man nur von Urlaubern und Freizeitreisenden. Das sollen wir alle subventionieren?

  4. 65.

    Irgendwie wollen Sie es nicht begreifen. Also nochmal: Wer auf dem Dorf wohnt, muss oft erstmal zum nächsten Bahnhof oder Busbahnhof kommen, also entstehen Kosten fürs Auto. Der Preis für das Monatsticket käme dann noch dazu. Bei einem Preis von mehr als 100 Euro kein kleiner Posten, also spart man sich das Geld und fährt man mit dem Auto weiter, denn die Fixkosten dafür sind ja sowieso bezahlt. Sie können mir doch aber nicht erzählen, dass die Leute Spaß dran haben, jeden Tag früh und nachmittags im Stau zu stecken.

  5. 64.

    Gerade weil Brandenburg viel P&R-Ausbau versäumt hat, wäre nun ein echt günstiges Pendler-Ticket umso wichtiger, damit keiner mehr den P&R-Bedarf kleinreden kann.

  6. 63.

    Was hat das Solidarprinzip eine Pflichtversicherung mit dem ÖPNV zu tun? Gar nichts.
    Mein Beitrag war eine Antwot auf #26 boomer, vieleicht lesen Sie erst worauf ich geantwortet habe.

  7. 62.

    Und warum läuft es nicht optimal? Weil BB entgegen den Vereinbarungen nicht bereit ist eigene Mittel in die Hand zu nehmen. Es substituiert seinen Anteil durch Zweckentfremdung von Bundesmitteln und versucht in allen Bereichen zusätzliche Geldmittel vom Bund zu erlangen, obwohl zB die aktuelle Kassenstatistik vom Juli erneut ein Überschuss ausweist. Die Statistik finden Sie auf der Homepage des BMF unter Themen/öffentliche Finanzen/föderale Finanzbeziehungen/Länderfinanzen

  8. 61.

    Bitte lesen Sie die Stellungnahme des BRH zu den Regionalisierungsmitteln.
    Zum Anderen warum sind P&R in Berlin überlastet? Weil BB es versäumt und immer noch versäumt entsprechende P&R anzulegen. Ein Arbeitskollege kommt aus Brandenburg. Wenn er aus Berlin Abends zurückkommt, ist der letzte Bus schon zwei Stunden vorher von Bahnstation abgefahren. An dieser Station existiert kein P&R und seit Jahren, vielmehr wurde auf einer leeren Fläche neben dem Bahnhof ein Gewerbe angesiedelt.

  9. 60.

    Kurz nachdenken.
    Welchen Nutzen haben die Gemeinden von möglichst kostenlosen P+R Plätzen?
    Ist das knappe Geld der Gemeinden nicht besser in Kitas, Schulen, Turnhallen, Spielplätze, Dorfstraßen, Gewerbeförderung, Wasser, Abwasser etc.investiert? Das sind die Probleme die BRB bewegt, mehr als ÖPNV.
    Berlin muss P+R am Stadtrand anbieten, weil es davon profitiert, durch weniger Autos, Lärm, Dreck in der Stadt und mehr Nutzer der BVG+S-Bahn.
    Autoverkehr ist in BRB Gemeinden kein lokales Problem sondern eher global durch Energieverschwendung etc.

  10. 59.

    Wieso versuchen Sie irgendetwas in meine Aussage hineinzu intepretieren. Das was Sie sagen ist alles richtig, hat aber wenig mit dem zu tun was ich zum Ausdruck bringen möchte.
    Ja ÖPNV kann man besser machen als in BRB. Läuft einiges nicht optimal.
    Mir geht es nur darum dass einige Kommentatoren sich darüber aufregen dass BRB nicht Hurra ruft und sofort auf den Zug, billiges Ticket aufspringt den Berlin ins Rollen bringt.
    Einfach weil sowas momentan für BRB im allgemeinen weniger bedeutend oder sinnvoll ist.
    Ja es gibt viele Pendler Richtung Berlin, die sind aber bislang klar gekommen und kommen es auch weiterhin. Ab Dezember noch besser für viele.
    Ein solches Ticket wird in BRB nur unwesentlich mehr Fahrgastzahlen aber wesentlich weniger Ticketeinnahmen und somit mehr Förderbedarf erzeugen.
    In Berlin sind die Chancen auf Grund des guten Angebots umgedreht. Allein mit cleveren Tarifen und etwas mehr Fahrzeugen kann man viele Autos von den Straßen bekommen.

  11. 58.

    Das sehe ich anders. Ein 365€-Jahreskarte wäre sicher eine dauerhafte Motivation zum Umstieg vom Auto in den ÖPNV, vor allem auch nur für Teilstrecken mit dem Auto bis zum nächsten Bahnhof (im ländlichen Raum).

  12. 57.

    Das schafft man aber auch bisher schon nicht mal annähernd zu den Kosten eines Jahrestickets Berlin ABC. Geld ist schlicht keine Motivation zum Umstieg, denn dann wäre das jetzt schon erfolgt. Ein noch weiter verbilligtes Ticket ist ein reiner Mitnahmeeffekt. Als Entlastung durchaus nicht zu verachten, zugegeben, aber das wäre auch auf andere Art und Weise möglich und sogar sinnvoller, als dem ÖPNV noch weiter Einkünfte zu entziehen, die staatlich nur teilweise kompensiert werden.

  13. 56.

    Die Schuld nur BB zuschieben zu wollen, geht an der Realität weit vorbei. Auch die P+R Angebote Berlins sind vollkommen unzureichend und die Gemeinden in Brandenburg mit Bahnhof haben in der Regel weder den Platz noch die finanziellen Mittel, hier zusätzliche Kapazitäten bereitzustellen. ÖPNV ist Ländersache und dazu gehört eben auch, Möglichkeiten zum Umstieg zu schaffen. Warum errichtet man nicht zusätzliche Haltestellen auf freier Strecke, wo der Platz für P+R vorhanden wäre? Dann braucht der Zug halt ein paar Minuten länger, bis nach Berlin rein. Aber es gäbe immerhin ein akzeptables Angebot für Autopendler, den Weg mit dem eigenen PKW so klein wie möglich zu halten. Wenn wir Bahn immer nur als Verbindung Stadt zu Stadt verstehen, wird das nie was mit der Verkehrswende, genau so wenig, wenn wir weiterhin immer nur bis zur Landesgrenze denken.

  14. 55.

    Um bei meinem Beispiel zu bleiben: Von Werder nach Berlin-Schöneberg sind es rund 60 km, die man ohne Stau in einer Stunde schafft. Sind bei 21 Arbeitstagen im Monat 1.260 Kilometer. Die fährt man nicht mit nur 9 Euro. Da brauche ich gar nicht groß zu rechnen.

  15. 54.

    Wie kommen Sie denn darauf, dass ich nicht weiß, wie der ÖPNV auf dem Land ist, nur weil ich in der Stadt wohne? Ich habe genügend Verwandte auf dem Land ringsum Berlin und bin selbst lange Zeit ohne Auto von Berlin nach Phöben bei Werder/Havel und zurück gefahren. Deshalb auch mein Werder-Beispiel, denn viele aus dem Dorf fahren nach Berlin zum Arbeiten. Da der Bus äußerst selten fährt, fahren sie entweder mit dem Auto und stecken schon auf dem Berliner Ring im ersten Stau oder lassen das Auto in Werder stehen und fahren für viel Geld mit der Bahn weiter. Die zahlen also für ihr Auto und dann noch über 100 Euro für das Bahnticket. Das überlegt man sich dann aber.
    Es gibt nicht genügend P+R-Plätze. Da stimme ich Ihnen zu.

  16. 53.

    "die gründet auf dem Solidarprinzip der Gesellschaft..." nö, das würde bedeuten, dass (wie z. B. bei der gesetzlichen Krankenversicherung Jede/r für den ÖPNV bezahlt, egal ob er genutzt wird oder nicht und das ist nicht gerecht! Wer den ÖPNV BRAUCHT, soll ihn bezahlen, dafür gibt es in Berlin ausreichend bezahlbare Tarife; gerne Ausweitung auf den VBB, aber nicht bundesweit für Spaß an der Freude auf Kosten des Steuerzahlers. Drei Monate Spaß gehabt ist genug.

  17. 52.

    Woran liegt das Fehlen von P&R in Brandenburg? Die Gemeinden und die Landesregierung weigern sich entsprechend Angebote auszubauen, da Berlin ja Angebote bereithält. Leider wird übersehen, dass diese Parkplätze nicht in den Dimensionen bereitgestellt werden können um zusätzlich Nutzer aus Brandenburg aufzunehmen. Landesregierung verschiebt seit Jahren die Last für die Pendler auf die Schultern anderer Pendler und Berlin.

  18. 51.

    Auch sozial schwache Menschen sind oft berufstätig! Ihr unqualifizierter Kommentar lässt tief blicken!!!

  19. 50.

    Einer gerechten Lösung, die gründet auf dem Solidarprinzip der Gesellschaft, und damit ist klar, dass die Jenigen, die begünstigt sind, einen Beitrag leisten, um die erschwerten Bedinungen der Anderen zu erleichtern.

  20. 49.

    Dann schauen Sie nach BW und dort auf die Alp oder googeln Sie nach HZL wie man in dünnbesiedelten Bereichen einen attraktiven Nahverkehr aufbaut! Zudem vergessen Sie dass viele Brandenburger ihre Brötchen in Berlin verdienen. Auch sie brauchen attraktive Verbindungen nach Berlin. Ein Beispiel aus der letzten Zeit, die Diskussion um den Wiederaufbau der Stammbahn oder der S-Bahn über Blankenfelde hinaus!

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