Polizei-Bilanz - 31 Festnahmen bei AfD-Demo in Berlin
Im Berliner Regierungsviertel haben nach Polizeiangaben mehr als 10.000 Unterstützer der AfD gegen die Regierungspolitik in der Energiekrise demonstriert. Etwa 1.400 Kritiker stellten sich ihnen entgegen.
AfD-Anhänger haben am Samstag in Berlin gegen die Politik der Bundesregierung demonstriert. Nach Angaben der Polizei folgten "mehr als 10.000" Menschen einem Protest-Aufruf der Partei - und damit deutlich mehr als die ursprünglich angemeldeten 4.000.
Insgesamt wurden laut Polizei 31 Personen festgenommen. Es gab 25 Strafermittlungsverfahren unter anderem wegen des Verdachts des Raubes, der Körperverletzung, der gefährlichen Körperverletzung, der Beleidigung und nach dem Zeigen des Hitlergrußes, wie die Berliner Polizei am Sonntag Bilanz zog. Am Tag der Demo hatte die Polizei gemeldet, dass es zu keinerlei größeren Störungen am Samstag gekommen war.
Gegendemonstranten versuchten zur AfD-Demo durchzukommen
In Reaktion auf die AfD-Veranstaltung liefen parallel mehrere Gegendemonstrationen. Eine Polizeisprecherin nannte zum Abschluss der Kundgebung die Zahl von insgesamt 1.400 Teilnehmern. Damit fielen die Gegendemonstrationen laut Polizei kleiner als erwartet aus.
Teilnehmer zweier Gegenkundgebungen im Spreebogenpark und an der Heinrich-von-Gagern-Straße versuchten nach Polizeiangaben mehrfach durch die Absperrungen der Einsatzkräfte zu gelangen, um die AfD-Kundgebung auf dem Platz der Republik zu stören. Beim AfD-Demonstrationszug haben Gegendemonstranten versucht, deren Weg zu blockieren. Den Einsatzkräften sei es gelungen, das zu verhindern.
Auf dem Pariser Platz kam es laut der Polizei noch zu Auseinandersetzungen zwischen Teilnehmern der AfD-Veranstaltung und anderen, die dagegen protestiert hatten. Auf dem Leipziger Platz nahm die Polizei eine 18-jährige Frau fest, die den Hitlergruß gezeigt hatte. Sie wurde nach Feststellung ihrer Identität entlassen, muss sich aber wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen verantworten.
Russische Flaggen und Reichsfahnen
Aufgerufen hatte die AfD zu Protesten unter dem Motto "Energiesicherheit und Schutz vor Inflation - Unser Land zuerst". Ab Mittag gab es zunächst bei regnerischem Wetter eine Kundgebung am Platz der Republik vor dem Reichstagsgebäude, bei der der AfD-Bundesvorsitzende Tino Chrupalla sprach. Bei der AfD-Kundgebung waren unter anderem deutsche Flaggen zu sehen, aber auch russische. Gezeigt wurden auch Reichsflaggen und "Reichsbürger"-Symbolik. Auf Plakaten standen Sprüche wie "Ampel-Irrsinn stoppen" oder "Ja zur Kernkraft". Nach der Kundgebung starteten die Teilnehmer einen Marsch durch Berlin-Mitte. Der Protestzug endete am Ausgangsort, wo eine Abschlusskundgebung stattfand.
Elf Gegendemonstrationen angemeldet
In unmittelbarer Nähe zur AfD-Demo versammelten sich Hunderte Menschen mit Fahnen, auf denen Sprüche wie "Kein Platz für Nazis" zu lesen war.
Organisationen, Bündnisse und Initiativen hatten im Zuge des AfD-Aufrufs elf Gegendemonstrationen angemeldet. Sie warfen der AfD vor, die steigenden Kosten für Lebensmittel und Energie zu instrumentalisieren. Auf Basis der Anmeldungen rechnete die Polizei zunächst mit einer Teilnehmerzahl im "mittleren vierstelligen Bereich".
Zur größten Gegendemonstration unter dem Motto "Solidarität ist unsere Antwort auf die Krise!" hatten die Initiative "Aufstehen gegen Rassismus" und das Bündnis für ein weltoffenes und tolerantes Berlin aufgerufen, zu dem zahlreiche Organisationen vom Landessportbund bis zum Zentralrat der Muslime in Deutschland gehören. 3.000 Menschen waren erwartet worden.
Angriff auf ein Filmteam
1.900 Einsatzkräfte der Polizei wurden eingesetzt, darunter rund 400 Beamte aus anderen Bundesländern. Der Polizei sei auch ein Vorfall mit einem Kamerateam bekannt, sagte Ostertag. Dazu hatte Jörg Reichel von der Deutschen Journalist:innen Union (DJU) getwittert, es sei zu einem "tätlichen Angriff" gekommen, "gerempelt und geschubst" worden. "Dabei soll ein Handy beschädigt worden sein", sagte Ostertag der DPA. Das Filmteam habe aber keine Anzeige erstattet, sondern seine Arbeit fortsetzen wollen.
Probleme im Bahnverkehr
Ob und inwieweit sich Probleme bei der Bahn am Samstag auf die Teilnehmerzahlen auswirkten, ist unklar. Das lasse sich schwer einschätzen, hieß es von der Polizei. Ein Sprecher der AfD sagte, es sei aber davon auszugehen, dass es Auswirkungen gebe. Gunnar Lindemann, Mitglied des Abgeordnetenhauses, vermutete auf Twitter, dass Störungen im Zugverkehr im direkten Zusammenhang mit der AfD-Demonstration stünden. "Ausgerechnet dann" stelle die Bahn den Zugverkehr nach Berlin großflächig ein, so Lindemann.
Nahezu der gesamte Zugverkehr in Niedersachsen, Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein war am Samstagmorgen eingestellt worden. Die Bahn geht von Sabotage aus.
Sendung: rbb24 Inforadio, 08.10.2022, 12 Uhr