Fragen und Antworten - Was Sie zum Volksentscheid "Klimaneutral 2030" wissen sollten

Di 14.03.23 | 08:02 Uhr
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Symbolbild:Mutter mit zwei Kindern in der Wahlkabine.(Quelle:dpa/J.Krick)
Video: rbb24 Abendschau | 25.03.2023 | Nachrichten | Bild: dpa/J.Krick

Am 26. März wird abgestimmt: Ein Bündnis will mit einem Volksentscheid erreichen, dass Berlin bereits 2030 und nicht erst wie bislang vorgesehen bis 2045 klimaneutral wird. Die wichtigsten Fragen und Antworten zu der Abstimmung.

Wer darf abstimmen?

Gut 2,4 Millionen Berlinerinnen und Berliner können am 26. März darüber abstimmen, ob die Stadt schon 15 Jahre früher als bisher geplant bereits 2030 klimaneutral sein soll. Am Volksentscheid darf teilnehmen, wer älter als 18 Jahre ist, die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt und seit mindestens drei Monaten seinen Hauptwohnsitz in Berlin hat.

Damit das Berliner Klimaschutz- und Energiewendegesetz entsprechend geändert wird, reicht eine Mehrheit der Abstimmenden allein nicht aus: Ein Viertel der Berechtigten muss mit Ja stimmen, das sind knapp 613.000 Bürgerinnen und Bürger.

Wie kann man am Volksentscheid teilnehmen?

Anfang März sollten alle Stimmberechtigten die Abstimmungsbenachrichtigungen in ihren Briefkästen gehabt haben. Bis zum 24. März können die Verzeichnisse noch korrigiert werden. Wer am Volksentscheid per Brief teilnehmen möchte, kann sich wie bei einer Wahl die Unterlagen zuschicken lassen. Der Antrag dazu kann unter anderem auf der Internetseite des Landeswahlleiters gestellt werden.

Was soll der Volksentscheid bringen?

Die Initiatoren halten die bisherige Selbstverpflichtung Berlins auf die Ziele des Pariser Abkommens zum Klimaschutz aus dem Jahr 2015 für unzureichend. Sie wollen dem Senat nur noch sieben statt 22 Jahre Zeit geben, um den Ausstoß von Treibhausgasen um 95 Prozent im Vergleich zum Ausgangsjahr 1990 zu senken. Außerdem fordern sie mehr Verbindlichkeit und wollen den Senat ausdrücklich verpflichten, die gesetzlich festgelegte Absenkung tatsächlich zu erreichen. Bislang werden in dem Gesetz lediglich Ziele formuliert.

Was sagt der Berliner Senat zu den Forderungen?

Der Senat hält diese Vorgaben für unrealistisch. Vor allem, weil eine Großstadt wie Berlin bei der Energieversorgung von außen abhängig und darauf angewiesen ist, dass klimaneutrale Energiequellen außerhalb Berlins ausgebaut werden. Auch die technischen Entwicklungen zum Beispiel bei der Wasserstoff-Wirtschaft könne das Land Berlin nicht steuern. Und der Bund mache Vorgaben, die Berlin etwa bei Genehmigungen von Ölheizungen und Kraftwerken einhalten müsse.

Für das, was der Senat selbst in der Hand hat, wie zum Beispiel die energetische Sanierung der öffentlichen Gebäude, reiche die Zeit nicht aus. Schon wegen des Mangels an ausreichend Handwerkern, schreibt der Senat in seiner Stellungnahme zum Volksbegehren.

Was würde ein Erfolg des Volksentscheids in der Folge kosten?

Bei der für jeden Volksentscheid vorgesehenen Kostenschätzung will der Senat keine Prognose vorlegen: Die Kosten für das Land Berlin ließen sich "nicht seriös beziffern". Einerseits müsse man mindestens mit einem zweistelligen Milliardenbetrag Gesamtkosten rechnen, die zum Teil durch den Landeshaushalt finanziert werden müssten. Andererseits könne es auch Arbeitsplatzeffekte geben, Energieeinsparungen, die Vermeidung von Klimaschäden – aber auch diese Faktoren ließen sich nicht unmittelbar beziffern.

Welche politische Folgen hätte ein erfolgreicher Volksentscheid?

Anders als beim letzten angenommen Volksentscheid zur Enteignung großer Wohnungsunternehmen, über dessen konkrete Umsetzung immer noch gestritten wird, würde die Änderung des Energiewendegesetzes automatisch in Kraft treten und müsste durch den Senat unmittelbar umgesetzt werden. Allerdings hat das Abgeordnetenhaus das Recht, auch per Volksentscheid zustande gekommene Gesetze zu ändern.

Wie sind die Aussichten?

Entscheidend für Erfolg oder Misserfolg dürfte die Mobilisierung für den Abstimmungstermin werden. Die Initiatoren hatten ursprünglich verlangt, den Volksentscheid am selben Tag wie die Wiederholungswahl durchzuführen. Der Landeswahlleiter und der rot-grün-rote Senat hatten dies aber vor allem mit Blick auf eine pannenfreie Organisation der Wiederholungswahl abgelehnt. Bei Abstimmungen an Wahltagen ist die Beteiligung regelmäßig höher, an Tagen ohne parallele Wahl hatte nur ein einziger Volksentscheid das Quorum erreicht: Das war 2011 der zur Rekommunalisierung der Wasserbetriebe.

Was passiert, wenn das Klimaneutralitätsgesetz bis 2030 nicht eingehalten würde?

Unmittelbar würde nichts passieren, denn es sind keine Sanktionen für diesen Fall vorgesehen. Die Klimavolksentscheids-Initiative hatte darauf verzichtet, Sanktionen in den Gesetzestext zu schreiben, über den beim Volksentscheid abgestimmt wird. Sie begründete dies auf rbb Anfrage damit, dass dies rechtlich nicht ganz unkompliziert sei. Zudem hätte es viel Zeit gekostet, Sanktionen juristisch wasserdicht einzuarbeiten. Um mit dem Volksbegehren 2021 starten zu können, haben sie lediglich in der Begründung zu ihrem Gesetz dem Berliner Senat aufgetragen, Sanktionen zu erlassen.

Nur weil keine Sanktionen festgeschrieben sind, heißt das jedoch nicht, dass das Gesetz keine Wirkung erzielen kann. Denn immerhin ist in dem Gesetzestext der Klimainitiative (über den per Volksentscheid abgestimmt wird) die Klimaneutralität bis 2030 für Berlin vorgeschrieben. Sie ist keine Kann-Bestimmung. Sollte dieses Ziel 2030 nicht erreicht sein, könnte dagegen geklagt werden, bestätigte der Verwaltungsrechtsexperte Christian Pestalozza dem rbb.

Sendung: rbb24 Inforadio, 14.03.2023, 10:10 Uhr

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141 Kommentare

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  1. 141.

    Stimme mit "Ja" obwohl ich weiss /davon ausgehe: Werden nicht alle Verbrenner verboten. Werden nicht alle Öl- und Gasheizungen verboten. Ist weder volkswirtschaftlich noch sozial durchsetzbar. Geht nur in Bereichen, mit hohem Geldumlauf - mit Infrastruktur genug Geld verdient wird. Sonst sind die sozialen /sozio-ökonomischen Folgen nicht einzugrenzen. Bezahlen werden sonst einmal mehr die (strukturell) Armen. Da hilft keine intellektuelle Elite, die sich das moralische Leben leisten kann. Aber mehr als 100 Jahre Kapitalismus-Analyse und ihre eigene Stellung in ihrer Gesellschaft schlicht verweigert. Die wählt man nicht einfach aus sich selbst heraus.

    Die Aufgabe der Industrienationen besteht darin, faire Weltwirtschaftsordnung mit dem notwendigen Technologietransfer zu verbinden, der ALLER WELT Zugang zu klimaneutraler Ökonomie ermöglicht. Ein Widerspruch zur kapitalistischen Konkurrenz.
    Wer das bewegt tut mehr, als einen alten (privaten)Verbrenner gleich morgen zu verschrotten.

  2. 140.

    Hallo Martina , der Ausspruch stammt von Herbert Wehner, gerichtet an Willy Brandt. Helmut Schmidt war Oberleutnant.
    Gruß
    Elmo

  3. 139.

    Natürlich. Es reicht ja auch ein Kochbuch zu lesen, um satt zu werden.

  4. 138.

    zu Ihren Einzelfragen:
    " Die Einsparungen eines stadtweiten Tempo 30 sind evident"
    Mag sein. Wenn ich allerdings statt mein E-Auto mit 50+ bewegen zu dürfen, meine Spaßauto mit Tempo 30 durch Berlin bewege, wird der Ausstoß klimaschädlicher Abgase "evident" steigen ;-)

    "wegen sagenhaft ineffizientem Brennwert, vergleichsweise hohem CO2-Ausstoß, geisteskrank hohem Feinstaubausstoß (PM2,5 fühlt sich besonders wohl in der Lunge, besonders bei Kindern; Autos sind überhaupt nix dagegen) und da haben wir noch nichtmal vom ganzen Abholzungswahn gesprochen, wo dringend Aufforstung notwendig wäre...."
    Wie geschrieben: Mein Kamin ist keine primäre Heizquelle, ausgestattet mit Partikelfilter, betrieben mit zertifiziertem Holz aus nachhaltiger Brandenburger Forstwirtschaft. Öl/Gas ist noch nie in meinem Haus verheizt worden - dümmliche Mutmaßung Ihrerseits, die Sie besser lassen sollten.

  5. 137.

    Eigentlich ein Witz mit der "Völkerrechtlerin". Aber das hat der Wahlleiter durchgewunken. Steht sogar auf dem Wahlzettel als Berufsbezeichnung.

  6. 136.

    Kommen sie mal aus ihren vier Wänden raus und entdecken andere Lönder, andere Menschen, reden sie mit diesen Menschen. Sozialer Kontakt besteht nicht nur aus einem Internetanschluss!

  7. 135.

    Mich nerven andauernde und teils dilettantisch organisierte Volksentscheide. Ich erinnere an Bebauung Tempelhofer Feld oder Enteignung von Unternehmen, und jetzt schon wieder! Wir haben doch gerade erst gewählt und leben in einer parlamentarischen Demokratie. Selbst das Wahlverfahren ist ja schon fehleranfällig. Volksentscheide aber sind noch fehleranfälliger für Irrtum und Missbrauch (siehe Brexit). Stoppt Volksentscheide!

  8. 134.

    Bleibt dann aber bitte in Berlin und zieht nicht in mein schönes Brandenburg.
    Ich denke Wohnen und Leben wird dann in Berlin zu einem Luxus.

  9. 133.

    Natürlich stimmen wir mit NEIN. Alles andere wäre der entgültige wirtschaftliche Untergang.

  10. 132.

    Wenn man mal in anderen Ländern unterwegs ist, wird man schon gefragt, ob die deutschen einen an der Waffel haben. Dieser Klimavolksentscheid ist sicher eine solch eine Geschichte.

  11. 131.

    "Geht nicht", sagt selbst die noch amtierende Klimaschutzsenatorin des Landes Berlin. Daraus ergeben sich zwei Alternativen:
    - Es geht wirklich nicht.
    - Sie hatte keine Bock, ihre Arbeit zu machen.
    Es könnte natürlich auch eine Mischung von beidem sein.

  12. 130.

    Unabhängig vom inhaltlichen Urteil zum Thema "Klimawandel" dürfen wir eins nie vergessen:
    Geld regiert die Welt.
    Hat der Kapitalismus in Form von Großkonzernen usw. Lunte an neuen Märkten gerochen, wird er sämtliche Hebel in Bewegung setzen, um diese auch zu erschließen und davon zu profitieren.

  13. 128.

    Absichtliche Volksverdummung oder Satire? Sie würfeln jeden Zuständigkeiten des Landes, des Bundes und der EU wirr durcheinander. Auf welcher Rechtsgrundlage soll das Land Berlin z B Verbrenner verbieten können?

  14. 127.

    Der Volksentscheid ist eine große Chance für die Menschen und auch die Berliner Wirtschaft. Denn klimaneutral bedeutet auch besser gegen die absehbar kommenden Hitzewellen geschützt zu sein. Und unabhängiger von (Fracking-)Gas und Öl aus Russland, Katar und Saudi Arabien werden wir so auch.

  15. 126.

    Man schaut sich sich die Karte der letzten Wahl an und weiß: Das Ding krachend scheitern....

  16. 125.

    Wo ist das Problem, Jens?
    Ich aber hoffe auf die Vernunft der Berliner, die den von außen finanzierten "Volksentscheid" mit NEIN bescheiden.

  17. 124.

    Wer mit Nein stimmt muss wissen, daß alle Verbrenerautos weiter fahren dürfen und nicht ins Ausland exportiert werden müssen, daß alle gerade auf Gas umgestellt Kraftwerke weiterlaufen können, daß alle Gas- und Ölheizungen weiterbetrieben dürfen, dass die Industrie fossile Brennstoffe weiter nutzen darf.
    Schade ist auch, dass man dann in Brandenburg nicht durch riesige Windparks und Feldern mit Photovoltaikanlagen Wander kann.
    (Ironie aus)

  18. 123.

    An Sabas, was haben Sie gegen wohnen im Haus am Stadtrand? Nur Neid! Ich wohne in eine Mietwohnung, und wenn jemand ein Haus und großes Auto hat, dann muss er dafür Arbeiten um den Kredit für Haus /Auto bedienen. Wenn die Leute in den Urlaub fahren, dann ist es so. Die Leute die jeden Tag fleißig zur Arbeit gehen, haben natürlich keine Zeit sich an irgendwelche Straßenkreuzungen festzukleben. Niemanden wird es gelingen alles in einer Richtung zu biegen.
    Wie wäre es mit China da geht noch was

  19. 122.
    Antwort auf [D. Heymann] vom 14.03.2023 um 16:58

    Tschechien ist ja auch allgemein als weltweiter Motor des gesellschaftlichen, technischen und allen möglichen Fortschritts anerkannt und somit Vorbild für alle anderen Länder der Welt.
    Dann muss man die Meinung einiger Tschechen über Deutschland natürlich ernst nehmen und sich sofort anpassen.

    Bissel mehr Selbstbewusstsein für sein eigenes Land schadet nicht und tut auch nicht weh. Einfach mal ausprobieren.

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