Jährliches Schwarzbuch - Bund der Steuerzahler kritisiert Kostenexplosion bei Berliner Projekten

Di 17.10.23 | 20:51 Uhr
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Die frühere Achterbahn "Spreeblitz" steht am 16.09.2021 abgesperrt und eingewachsen im Berliner Spreepark. (Quelle: dpa/Annette Riedl)
Video: rbb24 Abendschau | 17.10.2023 | Franziska Hoppen | Bild: dpa/Annette Riedl

Wenn in Berlin saniert, renoviert oder gebaut wird, bleiben die Kosten selten im Rahmen: 15 Millionen mehr für ein Freizeitbad hier, 400 Millionen mehr für ein Opernhaus dort. Die Liste der Verfehlungen ist laut Bund der Steuerzahler lang.

Der Bund der Steuerzahler kritisiert in seinem neuesten bundesweiten Schwarzbuch auch mehrere Berliner Fälle, bei denen nach seiner Einschätzung öffentliche Gelder verschwendet wurden. In der am Dienstag vorgestellten Publikation benennt der Verband unter anderem sehr starke Kostensteigerungen bei der Sanierung der Komischen Oper und des Paracelsus-Bades im Bezirk Reinickendorf.

Der Berliner Landesvorsitzende des Bunds der Steuerzahler, Alexander Kraus, kritisierte, dass der Berliner Senat die Aussetzung der Schuldenbremse plane, um ein kreditfinanziertes Klimasondervermögen aufzubauen. "Unser Schwarzbuch zeigt hingegen exemplarisch, dass auch im laufenden Haushalt noch Spielräume vorhanden sind", so Kraus.

Teure Berliner Projekte

Im Falle der Komischen Oper seien die veranschlagten Kosten von anfänglich 80 Millionen Euro in der Finanzplanung 2015 bis 2019 auf mittlerweile 478 Millionen Euro gestiegen - ohne dass der endgültige Umfang der Sanierung, der noch untersucht werde, klar sei.

Beim Paracelsus-Bad sei am Beginn der Sanierung 2019 von 8 Millionen Euro Kosten die Rede gewesen, inzwischen von rund 23,3 Millionen Euro. Und statt 2021 eröffne das neue Bad nunmehr voraussichtlich 2024.

Als aus seiner Sicht teure Fehlleistungen prangert der Bund der Steuerzahler auch einen sogenannten Fahrradtresen in Kreuzberg an, an dem Radfahrer pausieren können.

Gleiches gilt für die laut Gericht rechtswidrige Einrichtung einer Busspur in der Clayallee in Dahlem/Zehlendorf, die wieder zurückgebaut werden muss.

Kritisch sieht der Verband auch millionenschwere Pläne für eine Wiederbelebung des verfallenen Spreeparks als Freizeit- und Vergnügungsort nebst Riesenrad und Restaurant. Das Projekt solle 86 Millionen Euro kosten.

Als vermeidbar bezeichnet er veranschlagte Kosten von zusammen 39 Millionen Euro für die Wiederholungswahlen zum Abgeordnetenhaus und den Bezirksverordnetenversammlungen und für eine möglich Wiederholung der Bundestagswahl in Berlin.

Als weiteren Kritikpunkt nennt er Ausgaben der Umweltverwaltung von rund 130.000 Euro für externe Fotografen im Jahr 2022, unter anderem bei Terminen mit der damaligen Senatorin Bettina Jarasch (Grüne), und für Social-Media-Werbung.

Senatsverwaltung beschwichtigt

Die Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt nahm auf Anfrage der Nachrichtenagentur DPA zu drei Punkten Stellung, für die sie zuständig ist. Der Spreepark werde viele Besucher anlocken, er werde eine neue und zugleich traditionsreiche Attraktion sein und sei damit eine gute Investition für die Stadt und ihre Menschen. Kostensteigerungen gingen vor allem auf einen allgemeinen Anstieg der Baukosten zurück.

Bei der Aufhebung der Busspur in der Clayallee handele es sich um eine "Einzelfallentscheidung", die auf besonderen Umständen beruhe. Bei der Strecke habe sich gezeigt, dass der Linienbusverkehr auch ohne eigene Spur durchkomme.

Die Ausgaben für Fotos und Social Media beträfen die Vorgängerregierung. Die Senatsverwaltung habe die Aufgabe, über die Arbeit an der Verkehrswende auf verschiedensten Kanälen zu informieren.

Sendung: rbb24 Abendschau, 17.10.2023, 19.30 Uhr

37 Kommentare

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  1. 37.

    Bundesrechnungshof, Landesrechnungshöfe und Bund der Steuerzahler - alles wichtige KOntrollinstanzen und Glücksfälle für Deutschland.

  2. 36.

    dass die Komische Oper durchschnittlich 200.- Euro kostet pro Einwohner ist krass,den die meisten sind nicht in der Lage weder finanziell noch zeitlich oder sprachlich eine Vorstellung dort zu besuchen. Die Sanierung sieht nach Filz aus.Das anprangern der Kosten für Neuwahlen krass befremdlich!!

  3. 35.

    Auch diese Sichtweise muss es geben. Nur ist die Liste der kritisierten Ausgaben ganz anderer Natur als Sie behaupten. Die Sie meinen werden nur dann erwähnt, wenn die Differenz zwischen beantragten Kosten und tatsächlichen Kosten zu weit, extrem weit auseinanderliegen. Steht im Text zum nachrechnen. Und dann ist nicht das Objekt gemeint, sondern desaströse Kalkulation. Das zu verschweigen, weil es um einen „Spielplatz“ geht hat moralische Grenzen.
    Ansonsten haben Sie aber recht, mit den anderen Prüfern...

  4. 34.

    Ich möchte noch hinzufügen:....und warten Sie sehr geduldig, bis der öffentliche Auftraggeber endlich zahlt, währenddessen Sie schon mal die Umsatzsteuer ans Finanzamt abdrücken müssen, für Einnahmen, die noch gar nicht auf dem Konto sind. Muss wohl Gründe geben, warum kleinere Firmen nicht an Ausschreibungen teilnehmen, mal abgesehen von der damit verbundenen Bürokratie.

  5. 33.

    Und an dieser Stelle setzt ein liberaler Staat ein. Der Flanken schafft, damit nicht die Allgemeinheit haften muss. Es gibt aber immer Ausnahmen. Systemrelevante nämlich. Der Streit darüber, was systemrelvant ist, muss ausgetragen werden.

  6. 32.

    achso,ganz vergessen: ganz besonders lustig wird es ,wenn Unternehmen in Krisenzeiten nach dem Staat, den sie ansonsten weitestgehend ablehnen, rufen und um Steuermilliarden bitten.

  7. 31.

    Ja Steffen, wir erinnern uns ja gerne an R.Reagan:" Der Staat löst keine Probleme, er ist das Problem ". Wirtschaftsliberale Politiker haben unter dem Slogan "schlanker Staat " schon immer Wohlstand für alle zu geringeren Kosten versprochen. Das das Unsinn ist, sehen wir ja in Krisenzeiten (Corona, Bankenkrisen) immer öfter. Niemand anderer als d. Staat ist in Krisenzeiten handlungsfähiger. Unternehmen, Banken ,Finanzmärkte sind fernab jeder gesellschaftlichen Verantwortung.

  8. 30.

    Beim Bund der Steuerzahler habe ich immer mehr den Eindruck, dass hier eine einschlägig "verbalradikale Truppe" politische Maßnahmen zugunsten finanziell ärmeren Bevölkerungskreise deshalb als unnötig ansieht, weil das vom eigenen, vermutlich vglw. hohen Einkommen nicht recht plausibel erscheint.

    Ein Kinderspielplatz bspw. ist für die wirtschaftliche Entwicklung und die allseitig ausgerufene Konkurrenzfähigkeit nur indirekt förderlich, sprich als "weicher Standortfaktor" ; als "harter Standortfaktor" ist er das nicht. In solches Metier wuchert immer stärker der Bund der Steuerzahler.

    Die anderen Punkte sind beim Bundesrechnungshof und bei den Landesrechnungshöfen besser aufgehoben.

  9. 29.

    Jo ,leider bezieht sich die Schelte auf alle Bundesländer.
    Also es geht wohl Deutschlandweit um weit höhere Beträge.
    Der Depp ist der Steuerzahler der das ausbaden darf.
    Wann werden endlich die Täter zur Verantwortung gezogen ?
    Ja leider nie .

  10. 28.

    Das mag sein, das heißt aber noch lange nicht, dass sie neoliberal agieren würden, wie Sie es unterstellt haben. Aufgabe des Staates ist es nicht, sämtliche Wirtschaftsbereiche zu lenken sondern Leitplanken zu bestimmen, innerhalb derer Gesellschaft und Wirtschaft lenken (agieren). Der Staat ist ob seiner Verbraucherferne immer träger und unwirtschaftlicher, als es Unternehmen sind, die aufgrund ihrer Gewinnerzielungsabsichten immer deutlich näher an der Nachfrage und Stimmung sind. Ein schlanker Staat ist immer erfolgreicher, als ein übergriffiger. Neoliberal wäre das vollständige Heraushalten des Staates, was heute aber in allen Ländern dieser Erde längst nicht mehr existent ist, nicht einmal in den USA.

  11. 27.

    Eine liberale Nähe wäre sehr sehr gut. Für Alle. Das Sie „neo“ gerne verwenden zeigt Ihre nicht liberale NÄHE an. Sie wollen polarisieren... Aber weil Sie es erwähnen, die Offenlegung der Geldmittelflüsse und Vergabekriterien könnte transparenter sein. „Ross und Reiter“ sollten direkt neben der Verschwendung stehen.

  12. 26.

    Der BdSt setzt sich für Forderungen der Wirtschaft ein, niedrige Steuern und einen schlanken Staat ("Privat vor Staat "). Da wird dann klammen Kommunen gerne mal empfohlen Bibliotheken oder Schwimmbäder zu schließen, um Geld zu sparen. Nicht zu Unrecht wird dem BdSt eine Nähe zur FDP unterstellt. Ich zitiere mal die IGM - Jugend: " Der BdSt bewirkt-im Geleitzug mit anderen-den schleichenden neoliberalen Umbau der Gesellschaft ".

  13. 25.

    Das ist so nicht wahr. Viele Firmen bieten bei staatlichen Aufträgen gar nicht mehr mit. Das verringert den Wettbewerb. Das hat mit der miserablen Zahlungsmoral staatlicher Auftraggeber genau so zu tun, wie die unangenehme Zusammenarbeit, weil im Nachhinein ständig noch Änderungswünsche hinzukommen. Gleichzeitig wird gerne so kleinteilig vergeben, dass es niemanden gibt, der dann die ganzen Firmen noch koordinieren kann und die abgelieferten Leistungen kontrolliert. Der BER ist ein Paradebeispiel für genau dieses staatliche Missmanagement. Weil man sparen wollte, wurde kein Generalunternehmer beauftragt sondern man wollte es selbst managen. Am Ende gab es unzählige Mängel, von falschen Materialien über Durchbrüche in Brandabschnitten bis hin zur Rolltreppe, die zu kurz war und vor einer Treppenstufe ins nächste Stockwerk endete. Am Ende war es um Welten teurer. Und das ist eher die Regel, als die Ausnahme.

  14. 24.

    Wenn man eines im Schwarzbuch der Steuerverschwendung garantiert nicht findet, dann ist das die Forderung nach einem schlanken Staat. Dann wäre das Buch noch um ein Vielfaches dicker jedes Jahr. Es geht um einen vollkommen unverantwortlichen Umgang des Staates mit den Steuern, die zwangsweise der wertschöpfenden Wirtschaft zwangsweise und in stetig steigender nominaler Höhe abgenommen werden. Die Einschränkung auf "wertschöpfend" ist absichtlich gewählt, da Staatsbedienstete zwar auch Steuern zahlen müssen, diese aber ursprünglich auch nur aus Steuermitteln kommen, also linke Tasche, rechte Tasche. Die Politik und die Verwaltungen handeln all zu oft nicht wirtschaftlich oder, was noch schlimmer ist, sie beschließen erkennbar unrealistisch kalkulierte Projekte, damit es politisch Einklang findet und hinterher gibt es Kostensteigerungen um ein Vielfaches, weil Dinge nicht berücksichtigt wurden oder einfach nur teure Änderungen im Nachhinein eingebracht werden.

  15. 23.

    Teuer, weil der Staat baut oder teuer, weil man die Preise nicht kennt, die private Firmen zahlen?

  16. 22.

    Was nützt der Bund der Steuerzahler wenn sich nichts ändert und die oft verplemperten Gelder zwar auf dem Papier stehen aber die Behörden und die Regierung weiter so machen. Das sind dann nur sichere Arbeitsplätze .

  17. 21.

    Dann gründen sie doch so eine Firma, wenn das sooo einfach ist.

  18. 20.

    "Es wird auf jeden Fall teuer, da die eine Spezialfirma, die so eine Anlage umbauen kann, auf die Rechnung x5 addiert, weil der Staat als Auftraggeber draufsteht" - Genau das ist der Punkt, Staatsaufträge sind leider richtig teuer bzw die Firmen schlagen da schön drauf.

  19. 19.

    „ Wenn die Fachleute vom Bund der Steuerzahler wissen wie man es besser macht würde ich mir wünschen dass sie im öffentlichen Dienst anfangen und zeigen wie man besser arbeitet.“
    das ist eine kindische Reaktion…
    Zuerst schaut man … könnte nicht doch jemand anderes Schuld sein.
    Dann …. vielleicht gibt es ja umstände die das rechtfertigen.
    Und zum Schluss … mach es doch besser.
    Ich hätte lieber Mitarbeiter, die sich die Kritik ansehen und ggf. daraus lernen es zukünftig besser zu machen. Und manchmal (sie die 3. Brücke in Hamburg innerhalb von 200 Meter) ist es sogar besser einfach nichts zu machen.

  20. 18.

    Mich wundert es, dass die 56.000 Euro für einen nicht-barrierefreie WC-Container mit Hockurinal am Kotti, der schnell kaputt war, nicht als Zeichen "erfolgreicher" Kommunalpolitik erwähnt werden.

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