Schwarz-rote Pläne - Wo Berliner CDU und SPD im Doppelhaushalt Schwerpunkte setzen

Mo 20.11.23 | 13:56 Uhr | Von Jan Menzel
  35
Zwei Säckchen, auf denen "CDU 400 000 000 €" und "SPD 400 000 000 €" steht, liegen am 20.11.2023 während eines Pressegesprächs zum Berliner Doppelhaushalt 2024/25 auf einem Tisch. (Quelle: Picture Alliance/Sebastian Gollnow)
Video: rbb24 Abendschau | 20.11.2023 | Boris Hermel | Bild: Picture Alliance/Sebastian Gollnow

Jeweils 400 Millionen Euro wollten CDU und SPD im neuen Haushalt für eigene Schwerpunkte verplanen. Nun steht fest, wo das Geld hingehen soll: Unter anderem soll der Kampf gegen Antisemitismus und Diskriminierung gestärkt werden. Von Jan Menzel

  • Beide Parteien wollen weitere Millionen für Kampf gegen Antisemitismus
  • Außerdem soll in soziale Infrastruktur investiert werden
  • Charité, Bäderbetriebe und freie Schulen bekommen mehr Geld
  • CDU will eine Magnetschwebebahn für Berlin testen lassen

CDU und SPD haben sich auf die Eckwerte für den Doppelhaushalt 2024/25 verständigt. Die beiden Regierungsfraktionen mobilisierten noch einmal mehrere Hundert Millionen Euro für Projekte und Maßnahmen in verschiedenen Bereichen. Damit gebe es keinen "sozialen Kahlschlag" stellten die Fraktionsvorsitzenden Dirk Stettner (CDU) und Raed Saleh (SPD) am Montag übereinstimmend fest. Zugleich kündigten beide einen "Prozess" an, mit dem Ausgaben mittelfristig reduziert werden sollen.

Die vergangenen Jahre seien bedingt durch die vielen Krisen von Milliardenausgaben geprägt gewesen, "wo einem schwindelig wird", sagte der SPD-Fraktionschef Saleh. "Wir müssen jetzt beginnen, zu konsolidieren", so CDU-Fraktionschef Stettner.

Bezirke müssen nicht verbrauchtes Geld zurückgeben

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Torsten Schneider, bezifferte das so genannte strukturelle Defizit - also die Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben - auf drei Milliarden Euro pro Jahr. Geschlossen wird die Lücke in den nächsten beiden Jahren durch das Aufbrauchen sämtlicher Rücklagen. Für danach brauche es aber jetzt ein "Stoppschild", so Schneider.

Künftig will die schwarz-rote Koalition mehrere große Posten kürzen. So sollen die Bezirke Personalmittel, die nicht für die Besetzung neuer Stellen verwendet werden, zurückgeben müssen. Bisher wurde dieses Geld meist zum Stopfen von Löchern an anderer Stelle verwendet. Das könnte je nach Bezirk pro Jahr 18 Millionen Euro erbringen, so grobe Schätzungen.

"Flächenoptimierung" soll beim Sparen helfen

Mit einem generellen Sperrvermerk belegen die Regierungsfraktionen auch die langfristigen finanziellen Bindungen des Senats. Diese Verpflichtungsermächtigungen belaufen sich bisher für das kommende Jahr auf ein Rekordvolumen von 53,4 Milliarden Euro. Mit diesen Bindungen sollen langfristige Vorhaben etwa zum Ausbau des ÖPNV, im Wohnungsbau oder bei der Hochschulfinanzierung abgesichert werden. Hier kündigt die Koalition die "Rückführung auf ein haushaltswirtschaftlich übliches Niveau an".

Ein weiterer Punkt läuft unter der Überschrift Flächenoptimierung im Bereich der Verwaltung. Künftig soll es grundsätzlich keine (teure) Neuanmietung für Behörden und Ämter geben. Außerdem soll der Flächenbedarf einer "Revision" unterzogen werden. Die Vermutung ist hier, dass mehr Home Office in den Verwaltungen Einsparmöglichkeiten eröffnet.

Mehr Geld für soziale Projekte und für Schienenverkehr

Mit diesem Kurs wolle die Koalition Fehler der Vergangenheit vermeiden, sagte SPD-Fraktionschef Saleh in Anspielung auf den rigiden Sparkurs unter dem ehemaligen Finanzsenator Sarrazin. "Wir wollen früher beginnen und nicht eine Vollbremsung hinlegen." Trotz dieser mittelfristig angekündigten Konsolidierung werden die Ausgaben 2024 und 2025 mit jeweils über 40 Milliarden Euro noch einmal ein Rekordniveau erreichen. Die Fraktionen von CDU und SPD packen sogar im Vergleich zum Entwurf des Senats noch mal rund 800 Millionen Euro obendrauf.

So werden allein für den gesellschaftlichen Zusammenhalt insgesamt 105 Millionen Euro zusätzlich ausgeben. Damit soll sowohl jüdisches Leben in der Stadt gestärkt und geschützt als auch die Projektarbeitet gegen Rassismus und Diskriminierung ausgeweitet werden. Knapp 100 Millionen zusätzlich sind für Schulerweiterungen vorgesehen. 40 Millionen bekommen die Schulen in Freier Trägerschaft in top.

Weitere 100 Millionen Euro plant die Koalition für die Verbesserung des Schienenverkehrs ein. Außerdem wird es mehr Geld für Rad- und Fußwege geben. Polizei, Feuerwehr und Verfassungsschutz erhalten 80 Millionen Euro zusätzlich für mehr Personal und Ausrüstung. Mehr Geld wird es auch für Krankenhäuser, Sportanlagen und Bäderbetriebe, die Sanierung eines Frauenhauses, den Katastrophenschutz und die Digitalisierung der Verwaltung geben.

CDU wünscht sich Magnetschwebebahn

Die SPD reklamiert für sich, im Umweltetat acht Millionen Euro zum Schutz von Kleinstgewässern und Mooren aktiviert zu haben. 33 Millionen sollen zusätzlich für Verkehrssicherheit und die Infrastruktur verwendet werden.

Die CDU hatte als ihren verkehrspolitischen Schwerpunkt eine Teststrecke für eine Magnetschwebebahn angekündigt. Einen möglichen Linienverlauf wollte Fraktionschef Stettner zunächst noch nicht nennen. Die Teststrecke könnte den Überlegungen zufolge eine Länge von fünf bis sieben Kilometern haben.

Schon am Wochenende war bekannt geworden, dass die CDU im Haushalt besonders die Schulen in freier Trägerschaft finanziell besser ausstatten will. Die CDU hat ebenfalls dafür gesorgt, dass Hilfsdienste wie das Deutsche Rote Kreuz oder die Malteser für den Katastrophenschutz in den beiden kommenden Jahren einmalig acht Millionen Euro mehr bekommen.

Sendung: rbb24 Abendschau, 20.11.2023, 19:30 Uhr

Beitrag von Jan Menzel

35 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 35.

    Interessant wäre es, noch einmal nachvollziehen zu können, welche Pläne der Senat im vergangenen Haushaltsbeschluss hatte und welche Projekten dann tatsächlich umgesetzt/begonnen wurden. Papier ist geduldig, nur Taten zählen.
    Auch interessiert mich, woher die 400 Mio. kommen sollen. Nur aus eingenommenen Steuergeldern kann ich mir nicht vorstellen. Die Schuldenbremse gilt letztendlich auch für die Länder und kann nur ausgesetzt werden, wenn es eine Notlage gibt. Das ist ja nicht mehr der Fall. D.h., dieses immer wieder sogenannte "Sondervermögen" sollte besser beziffert und unter die Lupe genommen werden. Die Möglichkeit, dass dieses auch vom Gericht kassiert werden könnte, ist nicht unwahrscheinlich.

  2. 34.

    Wenn ich das so lese, bekomme ich noch mehr graue Haare.
    Magnetschwebebahn? Schwachsinn! Finanzen für private Schulen? Schwachsinn! Diese sollten auch privat finanziert werden, auch durch ihre Freien Träger. Noch mehr sinnlos Geld in irgendwelche Antidiskriminierungsprojekte? Ebenfalls Schwachsinn! Das alles verpulvert Geld, welches sinnvoller und zielführender investiert werden könnte:
    Ein besseres, staatliches Schulsystem (sollte Vorrang vor privaten haben) incl. Personal und Sanierung der vorhandenen , viel zu oft maroden Schulen. Dummheit ist oft ein Grundübel und wirkt wie ein Dominoeffekt.
    Polizei und Feuerwehr nicht nur besser und sicherer ausstatten, sondern der Polizeit weitere Kompetenzen im Kampf gegen Kriminalität/Diskriminierung ermöglichen. Ausreiched Gesetze sind ja vorhanden. Diese sollten nur besser angewandt werden. Landeseigener Wohnungsneubau, Verbesserung u. Ausbau der Öffis und, und, und...Die Liste der bereits vor Jahren beschlossenen Vorhaben ist lang...

  3. 33.

    "...CDU wünscht sich Magnetschwebebahn..."
    Keine Ahnung, welche feuchten Träume der verkehrspolitischer Sprecher der Berliner CDU-Fraktion, Johannes Kraft, hatte oder ob ihm diese Schnapsidee am Stammtisch mit einem leitenden Siemens-Mitarbeiter kam. Auf jeden Fall sind wir nicht bei "Wünsch dir was"! Die dafür veranschlagten 80 Mio € sollte der Senat besser in die BVG und damit in die öffentlichen Verkehrsmittel samt Personal stecken. Wenn die Öffis ausgebaut, pünktlich und reibungslos funktionieren, klappt´s auch mit der Verkehrswende. Und das bereits 1991 wieder eingestampfte Pilotprojekt einer Magnetbahn kann (wieder) zurück in die Tonne. Solche Ideen zeigen nur wieder einmal in aller Deutlichkeit, wes Geistes Kind unsere Regierenden und wie weit von der Realität entfernt sie sind.

  4. 32.

    Im Haushaltsplan sind bereits knapp 11 Mrd. für Bildung vorgesehen - mehr als im Haushalt davor. Hier geht es um 400Mio., die verplant werden sollen. Man kann damit einverstanden sein oder nicht. Aber immer nur meckern, ohne Background zu haben, ist unseriös…

  5. 31.

    So lange man bei Bürgerämtern zwei Monate auf einen Termin warten muss oder ein Wohngeldantrag erst nach 5 - 6 Monaten bearbeitet wird, ist die Politik in dieser Stadt gescheitert. Aber Geld für Gedöns wird trotzdem verplempert.

  6. 30.

    Was für eine Katastrophe!! 105 Mio. für sozialen Zusammenhalt und gegen Antisemitismus, mehr als für Schulen und Infrastruktur und das, obwohl in diesen Bereichen bereits Unsummen, weitgehend erfolglos!! ausgegeben werden. Und 80 mio für Magnetschwebebahn, ein Scherz!! Und Geld aus Klimafonds ausgeben. Lieber in Elektrobusse etc. investieren. Was macht eigentlich die Digitalisierung der Verwaltung, wahrscheinlich kein Geld da. Problem wohl eher fehlende Kompetenzen im Senat. Oje Berlin

  7. 29.

    Das Klimavermögen ist ein Sondervermögen und zwar von der selben Konstruktion wie der KTF. Damit dürfte das Kind schon in den Brunnen gefallen. Die nächste Normenkontrollklage steht dann vor dem höchsten Berliner Gericht ins Haus!

  8. 28.

    Wo kommt das Geld her?

  9. 27.

    Schulen in freier Trägerschaft sind ANERKANNTE ERSATZSCHULEN und somit keinesfalls losgelöst vom „staatlichen Bildungssystem“. Diese sind von den Bildungministerien genehmigt. Ohne freie Träger, würden manche Kommunen übrigens nicht über die nötige Anzahl an Schulplätzen in den unterschiedlichen Schulformen verfügen. Warum nur … ?
    Freie Schulen sind aus der Bildungslandschaft nicht mehr wegzudenken. Gewährleisten Schulplätze und Vielfalt.
    Deshalb 1:1 finanziell zu unterstützen. Nicht einzig mit 93% der Personalkosten für pädagogische Fachkräfte. Besonders andere Bildungsangebote unterstützen die „Eliteeltern“ bestimmt gerne.

  10. 26.

    Auf jeden Fall sollte die Berliner Stadtregierung nicht die Frechheit der Bundes-Ampel-Regierung übernehmen und Sonderschulden in Sondervermögen umtaufen, zwei verfasssungswidrige Haushalte, die Lindner verzapft hat, sind genug. Nicht das jetzt in den einzelnen Bundesländern auch derselbe Schwindel blüht.

  11. 25.

    Aha. Was hat man denn in den vergangenen Monaten im Rahmen der Haushaltsplanung gemacht? Verpflichtungsermächtigungen sind doch Bestandteil. Warum wurde nicht schon dort inhaltlich hinterfragt und ggf. gekürzt anstatt nun scheinbar mit dem Rasenmäher über alle einen kompletten Stillstand der langfristigen Planungen herbeizuführen? Aufgrund der Jährlichkeit des Haushalts sind Verträge, die eine längere Laufzeit haben bzw. ein bestimmtes Volumen erzeugen, welches in zukünftigen Gaushaltsjahren liegt ohne Verpflichtungsermächtigung nicht abzuschließen. Das bedeutet wieder mal Stillstand und im Zweifel weitere Bürokratisierung von Entscheidungsprozessen.

    Immerhin können wir zumindest in Gedanken bald durch Berlin schweben...

  12. 24.

    Nun die Foristen kennt wohl den alten Spruch nicht:

    Non scholae sed vitiae discimus

    Nicht für die Schule, sondern für's Leben lernen wir!

    ;-)

  13. 23.

    Nun, dann platzen Sie! Aber als ehemaliger Ausbilder kann ich Ihnen sagen, dass die Leistungen die an den staatlichen Schulen zumeist erbracht werden meist unter aller Kanone sind! Um die Schulabgänger erst einmal fit für die Ausbildung zu bekommen, mussten wir die grundlegendsten Lücken der Schulabgänger erst mal beseitigen. Oder was würden Sie sagen, wenn ein Abiturient Ihnen einen Bericht vorlegt, der von Deutschkenntnissen etwa der fünften Klasse entspricht, oder der in Mathematik noch nicht einmal in der Lage ist die grundlegendsten Rechenarten ohne Taschenrechner zu berechnen oder eine Recherche in einer Bibliothek zu betreiben? Bei solchen Leistungen ist es kein Wunder, dass Ausbilder die sprichwörtliche Nase voll haben. Wir können die Mankos der Schule nicht ausbaden! Da waren die Leistungen der Schüler, die von Schulen privater Träger kamen wesentlich besser und es war eine Wohltat!

  14. 22.

    Löwenzahn, ist da nicht auch die SPD dabei und macht mit? Haben Sie wohl übersehen oder haben vielleicht auf dem linken Augn eine Sehschwäche.

  15. 21.

    "Wir müssen mit dem Konsolidieren beginnen" ... aber erst brauchen wir 2 Jahre unsere Rücklagen auf und nach der nächsten Wahl können dann also im Zweifelsfall andere aufräumen. Das ist sehr unseriös.

  16. 20.

    @rbb24: Was ist denn mit den hunderten Neumillionen im Verkehrsetat? Bissel dünn, was da im Artikel steht und nicht mal ansatzweise die Höhe erklärend, die bis jetzt im Raum stand.

  17. 19.

    Die zusätzlichen Mittel für "gesellschaftlichen Zusammenhalt" könnte man lieber zusätzlich für die Digitalisierung der Verwaltung und Bürgermeister ausgeben. Hier muss sehr viel nachgeholt werden.

  18. 18.

    Daß unter diesen Bedingungen der Gedanke an eine Magnetschwebebahn überhaupt erwähnt wird, zeigt m. E. wie realitätsfern die Berliner CDU ist.

  19. 17.

    Bildung ist nicht "solidarisch". Es ist für einen selbst. Die absurde Denke, Privatschulen sind nur für Millionärskinder, ist lächerlich und entspricht nicht den Tatsachen. Es gibt genug Modelle, die sich nach der finanziellen Leistungsfähigkeit richten. Will nur keiner hören, weil der nächste Malle-Dröhn-Urlaub ist wichtiger.

  20. 16.

    Ines schauen Sie sich mal die Antwort von Lincoln an. Mehr muss man nicht dazu sagen. Es ist immer und überall besser, wenn man mehrere Angebote hat und kann dort (einkaufen) hingegen, wo es gut und günstig ist. Eine ideologische Brille hat nirgends etwas gebracht.

Nächster Artikel