Corona-Krise - Brandenburg spannt millionenschweren Rettungsschirm

Mit 500 Millionen Euro will die Landesregierung in Brandenburg gegen die Auswirkungen des Coronavirus vorgehen. Das Geld soll vor allem Unternehmen zukommen, die nun besonders unter den Schließungen und Reise-Beschränkungen leiden.
Die rot-schwarz-grüne Landesregierung in Brandenburg spannt in der Corona-Krise einen 500 Millionen Euro schweren Rettungsschirm für die angeschlagene Wirtschaft auf. Dass gab Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) am Mittwoch in Potsdam bekannt. Das Geld soll über Kredite finanziert und über einen Nachtragshaushalt zur Verfügung gestellt werden. Bereits am Dienstag hatte SPD-Fraktionschef Erik Stohn diesen Schritt angekündigt.
Gleichzeitig wird das öffentliche Leben in Brandenburg ab Mittwoch in weiten Teilen stark eingeschränkt: Viele Geschäfte und Gastronomiebetriebe müssen schließen, zudem müssen etliche Freizeitangebote bis Ende April in eine Zwangspause gehen. Ausnahmen sind nur mit Genehmigung möglich. mit Veranstaltungen ab 50 Teilnehmern sind grundsätzlich untersagt. Der Öffentliche Personennahverkehr soll hingegen weiter ohne Einschränkung aufrecht erhalten bleiben.
Woidke: Jeder Kontakt kann ein Kontakt zuviel sein
“Ich weiß, dass diese Regelungen für viele Menschen das Leben, das sie bisher kannten, nicht mehr möglich machen", sagte Ministerpräsident Woidke. Man verfolge damit laut Woidke nur ein Ziel: Die Ausbreitung des Coronavirus deutlich zu verlangsamen, das Risiko für die Bevölkerung abzubremsen und dafür zu sorgen, dass das Gesundheitssystem mit der Infektion Schritthalten kann.
"Ich kann alle nur bitten, Verständnis zu zeigen", so Woidke. Die außerordentliche Lage mache diese Maßnahmen unausweichlich. "Wir werden von staatlicher Seite keinen Erfolg haben, wenn uns die Bürger nicht unterstützen." Jeder Einzelne müsse nun sein eigenes Verhalten überprüfen. "Jeder Kontakt kann ein Kontakt zuviel sein."
Alle Krankenhäuser sollen nun ihr gesamtes Personal auch für den Einsatz auf Intensivstationen und den Umgang mit Beatmungsgeräten nachschulen, fügte Woidke hinzu. Auch der Besuch von Patienten in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen und Hospitzen wird massiv eingeschränkt. Nur Schwerstkranke und Kinder unter 16 Jahren dürfen Seelssorger sowie einmal am Tag eine beliebige Person für eine Stunde empfangen - sofern diese nicht selbst an einer Atemwegsinfektion leiden.
Ausnahme für 17.000 Berufspendler nach Polen
Brandenburgs Finanzministerin Katrin Lange sprach von einer "bitteren Medizin mit unerwünschten Nebenwirkungen". Die finanzielle und wirtschaftlichen Auswirkungen der erheblichen Einschränkungen des öffentlichen Lebens seien bislang noch nicht absehbar, so die SPD-Politikerin. Der Fokus liege nun darauf, wirtschaftliche Härten abzufedern. Der beschlossenen Rettungsschirm werde mit 500 Millionen Euro über den Nachtragshaushalt ausgestattet.
Das Geld soll auf Antrag "schnell und unbürokratisch" den jeweiligen Ressorts zur Verfügung gestellt werden. Das Land Brandenburg wird dafür neue Kredite aufnehmen. "Damit ist eine finanzielle Handlungsfähigkeit der Landesregierung für den Fall gegeben, falls unser Landtag nicht mehr beschlussfähig ist." Zudem soll der Rettungsschirm helfen, einen "dauerhaften, gesellschaftlichen Zusammenbruch" zu vermeiden. Nun muss noch der Landtag zustimmen.
Lange kündigte zudem an, dass die rund 17.000 Berufspendler eine Ausnahmegenehmigung zur Ein- und Ausreise aus Polen bekommen sollen. Das habe man mit der polnischen Regierung so ausgehandelt.
Notsituation von außergewöhnlicher Bedeutung
Die Schuldenbremse sehe diese Möglichkeit bei Notsituationen von außergewöhnlicher Bedeutung vor, sagte bereits am Dienstag der CDU-Fraktionsvorsitzende Jan Redmann. Eine solche Situation liege vor, weil damit gerechnet werde, dass sich viele Brandenburger mit dem neuartigen Coronavirus infizieren werden und es besondere Herausforderungen für das Gesundheitssystem gebe wird. Außerdem würden bereits Maßnahmen ergriffen, um eine weitere Ausbreitung zu verhindern. Die Grünen-Fraktionschefin Petra Budke sagte: "Es ist uns wichtig, alles zum Schutz unserer Bürgerinnen und Bürger zu tun."
Landtag verkürzt Plenumssitzung
Der Brandenburger Landtag hat seine turnusmäßige Plenarsitzung wegen der Corona-Krise im April auf einen Tag verkürzt. Nur am 1. April werden die Parlamentarier zusammenkommen, sagte Landtagssprecher Mark Weber am Dienstag auf Anfrage nach der Sondersitzung des Landtagspräsidiums. Ursprünglich waren die Plenarsitzungen vom 1. bis 3. April geplant.
Seit Samstag hat die Landesregierung außerdem einen ministerienübergreifenden Koordinierungsstab eingesetzt, der das Krisenmanagement koordiniert. Als zentraler Ansprechpartner im Kampf gegen das Coronavirus arbeitet er sieben Tage die Woche und steht täglich im Austausch mit den Landkreisen und kreisfreien Städten, teilte das federführende Gesundheitsministerium am Dienstag mit. "Wir helfen den Verantwortlichen vor Ort und unterstützen sie im Kampf gegen den Coronavirus. Ziel ist es, die Ausbreitung des Coronavirus zu verlangsamen und so gut es geht einzudämmen", sagte Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne).
Linke forderte Soforthilfen
Die Linksfraktion hatte sich bereits am Dienstag ebenfalls für einen Soforthilfefonds ausgesprochen. "Wir können hier im Land Brandenburg nicht zu lange warten", sagte Fraktionschefin Kathrin Dannenberg am Dienstag in Potsdam. Der Fonds sollte laut Co-Fraktionschef Sebastian Walter ein Volumen von zunächst 250 Millionen Euro haben.
Die Beschäftigten in wichtigen Berufen, etwa im Gesundheitswesen und Einzelhandel, sollten aus Sicht der Linken eine steuerfreie Zulage bekommen und müssten vom Land mit Schutzausrüstung ausgestattet werden. Für Krankenhäuser und Pflegeheime müsse es Nothilfen geben, außerdem seien Hilfen für Einzel-Selbstständige und Kleinstunternehmen, Sozialverbände, Kultureinrichtungen und Sportvereine nötig. Bund und Land planen ebenfalls Hilfen für Unternehmen.
Die Fraktion der Freien Wähler forderte, dass Kindertagesmütter ab Mittwoch ebenfalls nicht mehr arbeiten. Kitas schließen dann – nur eine Notbetreuung für Kinder von Eltern mit wichtigen Berufen ist geplant.