So wird das Hauptstadt-Derby (vielleicht) ablaufen - Drei Punkte fürs Herz

Di 05.04.22 | 21:11 Uhr
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Andreas Voglsammer von Union Berlin (imago images/Matthias Koch)
Bild: www.imago-images.de

Es wird das sechste Aufeinandertreffen von Hertha BSC und Union Berlin in der Fußball-Bundesliga. Es wird ein Spektakel. Es wird ein Desaster. Und am Ende küssen sich zwei. Von Ilja Behnisch

Es gibt viele Gründe, den Fußball zu lieben. Zum Beispiel: Weil man sich so schön ausmalen kann, wie alles werden wird. Weshalb hier der (vielleicht) wahrscheinlich (gar nicht) exakte Fahrplan dieses sechsten Bundesliga-Hauptstadt-Derbys (mit Livestream-Vollreportage auf rbb|24) kommt. Eine Anregung.

Samstag, 9. April, 18:25 Uhr

Gänsehaut in Charlottenburg. Was klingt wie der Titel eines Arztromans ist musikalische Wirklichkeit, da die 74.475 Zuschauer ein Frank-Zander-Nina-Hagen-Mash-up-Duett zu hören bekommen, für das die beiden nachträglich sowohl mit dem Bambi (Integration) als auch mit der Goldenen Stimmgabel (ehrenhalber, nachträglich) ausgezeichnet werden. Und jetzt alle: "Den Sieg vor den Augen – den Blick weit nach vorn, und sowieso, woho, woho."

18:30 Uhr

Anstoß Hertha BSC. Klappt. Berlins beliebtester Co-Trainer, Mark Fotheringham, jubelt: Wie im Training!

5. Minute

Die Anfangsphase gehört den Gastgebern. Die Rückpässe von Peter Pekarik kommen mit chirurgischer Präzision. Die Statistiken Vladimir Daridas zeigen bereits nach fünf Minuten zwei Ballkontakte und fünf Kilometer Laufleistung an. Einzig Marvin Plattenhardt scheint nicht ganz auf der Höhe. Herthas Linksverteidiger starrt unentwegt die Balljungen an. Kein Wunder, schließlich, so stellt sich später heraus, sollte sich Plattenhardt besonders auf die ruhenden Bälle konzentrieren.

17. Minute

Ecke Trimmel, Kopfball Knoche, Tor. Der Gästeblock jubelt sich in Ekstase und auch in den sozialen Netzwerken gibt es kein Halten mehr. Twitter-User "SchlosserJunge0815" schreibt: "Jaaaaaa!!! Wie geil!!! Union führt!!!" Friedrich Merz (fm) gefällt das.

18. Minute

Marvin Plattenhardt verwandelt den folgenden Anstoss direkt und damit regelwidrig. Mark Fotheringham jubelt: Wie im Training!

28. Minute

Hertha spielt weiter gefällig bis zum Strafraum. Problem: Es ist der eigene.

41. Minute

Trotzdem beste Stimmung in den Kurven. Hier kommt aber auch wirklich jeder Kampfsport-Fan auf seine Kosten.

19:15 Uhr

Der Schiedsrichter pfeift zur Halbzeitpause. Beifall von den Rängen. Richtige Entscheidung.

19:21 Uhr

Besondere Zeiten erfordern besondere Maßnahmen. Deshalb: Facetime in der Hertha-Kabine. "Da muss mehr kommen, Jungs! Ich weiß, es ist nicht einfach! Aber ich habe es doch auch geschafft. Ich bin jetzt an einem besseren Ort. Und ihr könnt das auch schaffen! Aber ihr müsst alles raushauen! So wie damals Kalou mit dem Facebook Live. Erinnert Ihr Euch noch? Also Vamos!!! Ha, Ho, He, Euer Matheus Cunha."

55. Minute

In der Schlange vor dem Berghain steht ein mittelalter Mann, als eine Push-Nachricht sein Handy-Display erleuchtet: "Now trending in Berlin: #BSCFCU". Nachdem die Power-Recherche ergeben hat, dass es sich bei "BSC" um einen sogenannten "Big City Club" handelt, eilt Elon Musk sofort Richtung Olympiastadion.

70. Minute

Es ist aber inzwischen auch ein mitreißendes Spiel! Dann gelingt Peter Pekarik und Vladimir Darida (aktuelle Laufdistanz: 42,195 Kilometer) ein Doppelpass. Jetzt ist alles möglich!

75. Minute

Aber weiter 1:0 für bravourös verteidigende Unioner gegen tapfer anstürmende Herthaner. An der Seitenlinie macht sich derweil Davie Selke für seine Einwechslung bereit. Auf der Pressetribüne sagt ein Klugscheißer zum nächsten: "Warum er jetzt die Defensive stärkt - kapier' ich nich'!"

81. Minute

Grundregel: Es kommt immer anders als man denkt. Außer es kommt, wie es kommen muss. Deshalb: 1:1. Plattenhardt-Freistoß. Selke-Kopfball mit dem Po. Tor. Mark Fotheringham jubelt: Wie im Training! Dann muss auch er lachen.

20.31 Uhr

Nach zehn Minuten Nachspielzeit (Schiedsrichter: "Ich wollte, dass es nie vorbei geht!"), sieben hundertprozentigen Torchancen pro Team und einem spontanen Bruderkuss zwischen Hertha-Präsident Werner Gegenbauer und Hertha-Investor Lars Windhorst vor dem Marathon-Tor des Olympiastadions kommt es auch bei der Abwanderung der Fans zu herzzerreißenden Szenen. Fans beider Vereine, wildfremde Menschen, teils sogar Familien liegen sich in den Armen, schunkeln und singen: "Den Sieg vor den Augen – den Blick weit nach vorn, und sowieso, woho, woho."

Sendung: inforadio, 09.04.2022, 15 Uhr

11 Kommentare

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  1. 11.

    Erstmal muss ich sagen ein super Artikel. Das wäre für jeden Berliner Fußballfan das größte eine Hymne für ein Derby. Ich hoffe natürlich das Union gewinnt. Und sollte Hertha in die Relegation müssen( was ich nicht hoffe) würde ich mich freuen als Unioner die alte Dame zu unterstützen weil Berlin 2 Bundesligisten gut tut.
    In den Farben getrennt und im Herzen vereint.

  2. 10.

    Das waren hier alles richtig gute Meiningen zum Derby. Bis CS hier Schärfe rein bringt. Warum muss man den Gegner schlecht machen? Mach deine Mannschaft stark mit Argumenten, und hör auf so rum zu labern. Ich könnte ne Menge Argumente bringen,das Union das Spiel gewinnt und ich hoffe dass auch. Aber das ist Derby, und da kann alles passieren. Und so soll es auch sein. EISERN

  3. 9.

    Bitte falle nicht auch die auf dieses Märchen rein, dass es bei Union anders wäre. Du vergleichst hier gerade 60.000 Tickets mit 7.500 Tickets. Auch bei Hertha im Vorverkauf waren 7.500 Tickets innerhalb kürzester Zeit weg. Aber das würde nicht ins Narrativ passen, oder? :)
    Union hat seine internationalen(!) Spiele, wo die aktive Fanszene anwesend war (!!) übrigens auch nicht ausverkauft bekommen. Und da gab es eine Grenze von 25.000 Karten aufgrund von Corona. Gegen Rotterdam wurde das Gästekontingent aufgestockt, worüber sich ja bei Hertha wieder lustig gemacht wird. Aber hey, die einen sind halt kultig :)

  4. 8.

    Ich bin Herthamitglied und habe auf die Möglichkeit verzichtet, das Spiel in einer VIP-Lounge zu sehen. Das ist mir alles zu aufgeladen und Herthas Situation zu prekär. Ich kann so ein Spiel nicht als Derby feiern, wenn es bei Hertha einfach nur gegen den Abstieg geht. Da ist der Gegner egal und das Spiel nur eines von lauter Endspielen. Und weil Hertha über keine brauchbare Offensive verfügt, bin ich ziemlich pessimistisch. Deshalb überlasse ich das Stadion gerne jüngeren Menschen, die das alles besser verdauen können, ggf. auch die Häme der Unionfans. Und hoffe von zuhause aus auf ein blau-weißes Wunder. Und danach auf noch weitere. Hertha braucht Wunder in Serie.

  5. 7.

    Die blaue Begeisterung scheint keine Grenzen zu kennen. Immerhin hatten 40.051 Mitglieder 4 Wochen Zeit um pro Nase 6 (!) Tickets erwerben zu können. Ergebnis: Der Rest ging gestern in den freien Verkauf. Was macht man nicht alles um eine Begeisterung pro Big City Club zu suggerieren.
    Bei Union waren die 7.500 Gästetickets innerhalb einer Stunde weg, ich ging leider leer aus, zum Glück gab es gestern.

  6. 6.

    Lustiger Artikel. Gerne öfter mal... :))

  7. 5.

    Ach das wäre schön :) danke für diesen Artikel

  8. 4.

    ...ich habe auch so meine Gefühle, lassen wir doch einfach mal den sportlich Bessseren an diesem Tag gewinnen. Alte "Sportler-Weisheit". Bin Sportsmann durch und durch und liebe Fairness. Liebe Grüße aus dem Südosten der Haupstadt!

  9. 3.

    Hertha wird über sich hinaus wachsen müssen. Und mit Wille. Einsatz. Und Glück. Siegen....

  10. 2.

    Ich habe so ein komisches Gefühl das es 3: 3 ausgeht, und beide Mannschaften ein gutes Derby abliefern
    Aber nur so ein Gefühl

  11. 1.

    Ich habe so ein komisches Gefühl, dass ausgerechnet im Derby die olle Hertha über sich hinauswächst und 3:1 gewinnt. Wie gesagt, ein merkwürdiges Gefühl.

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